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Plenarsitzung

Transkript

Dr. Katja Pähle (SPD):

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Sachen Corona gibt es erfreuliche Gründe für Optimismus. Im Bundesmaßstab sinken die Inzidenzwerte. Lockerungen werden möglich. Die medizinischen Möglichkeiten verbessern sich, nicht nur beim Impfschutz, sondern auch bei der Behandlung von Covid 19 mit neu entwickelten Medikamenten. Das nennt man Wissenschaft und Fortschritt.

Es gibt aber auch gute Gründe zur Vorsicht. In Sachsen-Anhalt sind die Infektionszahlen derzeit besonders hoch. Die Omikron-Variante kam in diesem Land später an als anderswo; so hält es sich eben auch länger. Deshalb beteiligt sich unser Land zwar an der Strategie von Lockerungen und Öffnungen, aber mit Augenmaß, wie wir an dem Zeitplan für das weitere Vorgehen an den Schulen sehen. Ich bin sehr froh darüber, dass und wie Petra Grimm-Benne diesen Prozess handhabt.

Es gibt schließlich auch gewichtige Gründe für eine gesunde Skepsis; denn der Rückgang der Inzidenzzahlen erinnert uns an das Frühjahr 2021, als wir ebenfalls sinkende Inzidenzzahlen hatten und im Herbst 2021 erleben mussten, wie das Virus mit Wucht und mit neuen Varianten zurückkam. Das wollen wir nicht wieder erleben. Wir wollen zurück zur Normalität und die Pandemie hinter uns lassen. Dafür reicht ein saisonaler Rückgang aber nicht aus.

(Zustimmung)

Wir müssen es schaffen, dass das Coronavirus im Spätsommer und im Herbst 2022 auf andere Voraussetzungen trifft als im Herbst 2021. Dafür ist aber die Impfquote in Deutschland, insbesondere in Sachsen-Anhalt, zu niedrig.

(Zurufe)

Aus diesem einfachen Zusammenhang heraus halte ich die Impfpflicht für alle Bürgerinnen und Bürger ab 18 Jahren für richtig.

(Zustimmung - Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Um Gottes willen! - Zurufe: Pfui! - Pfui!)

Niemand hat sie gewollt, aber sie ist notwendig geworden, nicht zuletzt dank der unverantwortlichen Verbreitung von Fake News, Herr Siegmund,

(Zurufe: Oh! - Ey! - Was denn für Fake News?)

über falsche Zusammenhänge,

(Zuruf

wie auch heute wieder.

(Zurufe: Was denn? - Was?)

- Wir haben uns immer wieder über die verschiedenen Aspekte unterhalten, aber Sie lernen nicht dazu, weil Sie nicht dazulernen wollen.

(Zuruf: Was denn?)

- Dafür ist mir meine Redezeit an dieser Stelle zu schade.

(Zustimmung - Zurufe: Aber Sie lernen noch dazu! - Sie werden noch dazulernen müssen!)

Ganz ähnlich ist es mit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht im Gesundheitswesen und in der Pflege. Dass sich auch dort eine verantwortungslose Minderheit dem Aufbau eines solidarischen Immunschutzes verweigert und die ihnen anvertrauten besonders verletzlichen Menschen in Gefahr bringt, das ist erschreckend. Aber während die gesetzgeberische Entscheidung bei der allgemeinen Impfpflicht noch aussteht, ist bei der berufsbezogenen Regelung die Sachlage klar: Die Impfpflicht tritt Mitte März 2022 in Kraft. Das ist geltendes Recht und wird umgesetzt werden. Ministerin Grimm-Benne hat immer klargemacht, dass daran in Sachsen-Anhalt nicht gerüttelt wird. Dafür bin ich ihr dankbar.

(Zustimmung)

Sie setzt damit eine gute Tradition fort. Unser Ministerpräsident gehörte zu den ersten Ministerpräsidenten, die sich für diese Form der Impfpflicht eingesetzt haben. Er hat diesem Gesetz im Bundesrat am 12. Dezember 2021 für das Land Sachsen-Anhalt zugestimmt.

Selbstverständlich wird es in der Umsetzung der Neuregelungen genügend praktische Schwierigkeiten geben. Deshalb ist es gut, dass die Landesregierung Kommunen und Trägern ihre Unterstützung zugesagt hat. Die offene Situation bei der allgemeinen Impfpflicht und die Umsetzungsfragen zur berufsbezogenen Impfpflicht sind Grund genug, über das Thema in den Ausschüssen weiter zu beraten.

Ganz anders ist es bei der Impfaufklärung an den Schulen. Es gehört zu den Fürsorgepflichten des Staates, Schülerinnen und Schüler auf wissenschaftlicher Grundlage über die Notwendigkeit eines breit angelegten Impfschutzes aufzuklären: Funktionsweisen, Chancen und natürlich auch die Risiken einer Impfung zu erläutern, für die Teilnahme an der Impfkampagne zu werben und Schülerinnen und Schülern einen niedrigschwelligen Zugang zum Immunschutz zu gewähren.

Die AfD setzt mit ihren Anträgen die bekannte Gräuelpropaganda gegen den Grundgedanken gesundheitlicher Vorsorge fort. Allein schon die Behauptung, dass Vakzine, die bei mehr Menschen eingesetzt wurden als jeder andere Impfstoff zuvor, sich noch immer in einem experimentellen Stadium befänden, ist absurd.

(Zuruf: So ein Quatsch! - Weitere Zurufe)

Ich bitte deshalb darum, den Antrag in der Drs. 8/726 abzulehnen und den Antrag in der Drs. 8/727 zu überweisen, und zwar zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung und zur Mitberatung in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Verbraucherschutz. - Vielen Dank.

(Zustimmung)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Danke. Frau Dr. Pähle, es gibt zwei Interventionen, wenn ich das richtig gesehen habe. Die erste kam von Herrn Siegmund. Jetzt aber steht Herr Lizureck dort. - Sie können auch tauschen, wenn Sie wollen.


Ulrich Siegmund (AfD):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Dr. Pähle, ich kann das so nicht stehen lassen - aus mehreren Gründen. Sie als SPD verantworten es, dass dieses Gesundheitswesen in diesem Land seit mehr als 15 Jahren gegen die Wand gefahren wird. Wir haben einen der bundesweit größten Investitionsstaus in den Krankenhäusern. Sie geben für alles Geld aus, Sie fördern irgendwelche Vereine, aber Sie haben dieses Gesundheitswesen über Jahre und Jahrzehnte hinweg ignoriert.

Heute stellen Sie sich hierhin und sagen: Alles muss jetzt darauf ausgerichtet werden; wir brauchen diese Impfpflicht. Sie sind nicht in der Lage, einmal auf Inhalte, die ich hier vorbringe, dezidiert einzugehen. Sie diskreditieren pauschal alles als Verschwörungstheorie. Sie setzen sich hier ohne Maske hin und beschließen, dass Kinder im Unterricht mit Maske sitzen müssen. Das ist ein Schlag ins Gesicht vieler Menschen, die einfach gehört werden wollen.

An der Universitätsklinik Magdeburg ist ungefähr ein Viertel der Mitarbeiter nicht geimpft. Sie bezeichnen diese   ich weiß nicht mehr genau, wie Sie das eben formuliert haben   als verantwortungsvolle Randgruppe.


Dr. Katja Pähle (SPD):

Verantwortungslose.


Ulrich Siegmund (AfD):

Das ist doch eine unfassbare, abgehobene Frechheit, wie Sie mit diesen Menschen umgehen.

(Beifall - Zurufe: Genau! - Das ist es!)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Sie können antworten.


Dr. Katja Pähle (SPD):

Herr Siegmund, im Gegensatz zu Herrn Tillschneider, der schon bei 13 Rückmeldungen von Eltern einen Eindruck gewinnt, habe ich mir die Mühe gemacht, einen Teil der Einrichtungen der Altenpflege und der Krankenversorgung in Halle zu kontaktieren, um mit ihnen zu sprechen. Ich muss Ihnen ganz deutlich sagen, dass die Situation in den Einrichtungen unglaublich unterschiedlich ist.

Ich kann Ihnen von einem sehr großen halleschen Anbieter von Altenpflege- und Behinderteneinrichtungen sagen, dass von 550 Mitarbeitern vier nicht geimpft sind. Ich kann Ihnen von Krankenhäusern in Halle sagen, dass von dem sehr großen, mehr als 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umfassenden Personalkörper, vielleicht vier nicht geimpft sind. Mit anderen Worten: Es gibt Unterschiede zwischen den Krankenhäusern.

(Zuruf: Na, schauen wir doch mal, was am 15. passiert!)

Aber das, was Sie immer wieder tun, ist: Sie stellen dar, dass das ein flächendeckendes Problem sei. Das stellt sich in einzelnen Einrichtungen möglicherweise so dar, aber nicht flächendeckend.

(Zuruf: Warum sind denn die Mitarbeiter geimpft? Weil sie gezwungen werden!)

Ich sage Ihnen eines ganz deutlich: Der MDR hat heute Morgen eine Umfrage von Infratest Dimap veröffentlicht, die klar belegt, dass die Mehrheit der sachsen-anhaltischen Bevölkerung noch immer hinter den Coronaschutzmaßnahmen steht.

(Lachen)

Das ist die Basis, auf die ich mich beziehe.

(Beifall)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Jetzt hat Herr Lizureck das Wort, bitte.


Frank Otto Lizureck (AfD):

Vielen Dank für die Worterteilung. - Ich möchte einmal ein Zitat anbringen. Am 19. Februar 2022 hat es in München eine Konferenz gegeben, an der auch ein Herr Bill Gates und unser Gesundheitsminister teilgenommen haben.

(Zurufe: Oh! - Ah! - Ach, Gott!)


Dr. Katja Pähle (SPD):

Ja.


Frank Otto Lizureck (AfD):

Herr Gates hat gesagt:

„Leider ist das Virus selbst   insbesondere Omikron   eine Art Impfstoff, schafft sowohl B Zellen- als auch T Zellen-Immunität und hat es besser geschafft, die Weltbevölkerung zu erreichen, als wir es mit Impfstoffen getan haben.“

Weiter heißt es:

„Leider hat Omikron eine bessere Arbeit geleistete als die Impfung.“

Ich denke, damit dürfte sich die Impfung ja wohl erledigt haben.

(Unruhe)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Sie können antworten.


Dr. Katja Pähle (SPD):

Herr Lizureck, ich weiß nicht, ob Sie sich jemals in Ihrem Leben gegen Grippe haben impfen lassen.

(Zuruf: Nein, würde ich nicht machen!)

Ich tue das aus Verantwortung in jedem Herbst.

(Zurufe: Oh! - Aus welcher Verantwortung?)

Wissen Sie auch, warum ich das in jedem Herbst mache? - Weil sich das Virus verändert. Was nach Omikron kommt, weiß ich nicht, wissen Sie nicht, weiß niemand. Eine Impfung, die angepasst wird, ist daher immer der beste Schutz vor einem Virus, das sich verändert, und schützt vor schweren Verläufen. Das können Sie am Beispiel der Grippeimpfung famos über Jahre und Jahrzehnte hinweg beobachten.

(Zustimmung)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Lizureck, jetzt haben wir ein Problem. Ich war einmal inkonsequent und das rächt sich jetzt. So können wir aber nicht weitermachen. Es gibt zwei verschiedene Instrumente. Das eine ist eine Frage. Wenn darauf jemand antwortet, kann man vielleicht noch eine Nachfrage stellen, wenn die Frage vorher nicht sehr lang war. Sie und Herr Siegmund haben aber eine Intervention vorgetragen. Zu einer Intervention kann man aber keine Nachfrage stellen, weil die Intervention ausschließlich auf den Inhalt einer Rede rekurriert. Darauf kann die Rednerin antworten; das hat sie auch getan. Aus einer Intervention kann man aber nicht eine Frage machen, um dann die Antwort darauf nochmals zu hinterfragen. Dieses Problem gab es auch bei Herrn Siegmund. Deswegen ist das jetzt beendet. Wie gesagt, bei Fragen kann man, wenn man sich kurzgefasst hat, eine Nachfrage stellen; bei Interventionen ist das nicht möglich.

Als Nächstes gibt es eine Frage von Herrn Roi. Wollen Sie die beantworten?


Dr. Katja Pähle (SPD):

Ich kann es probieren.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Das will sie. Herr Roi hat zumindest die Chance, die Frage zu stellen.

 

Daniel Roi (AfD):

Vielen Dank. - Ich habe eine Frage. Die Ministerin Frau Feußner hat in der Debatte, als mein Kollege die Daten der BKK ProVita und das Schreiben an das Paul-Ehrlich-Institut genannt hat, gesagt, wir sollten uns nicht immer bei Querdenkern informieren. Ich frage Sie ganz einfach: Kennen Sie dieses Schreiben? Bewerten auch Sie es, wie es die Ministerin tut, als Verschwörungstheorie, dass bei der Auswertung der Krankheitsdaten festgestellt wurde, dass die Zahlen zehnmal so hoch sind wie die beim Paul-Ehrlich-Institut bisher aufgelaufenen Meldungen? Das ist meine ernstgemeinte erste Frage.

Die zweite Frage ist: Wann wollen Sie sich dafür entschuldigen, dass Sie   das Zitat wurde vorhin genannt   vor zwei Jahren gesagt haben: Wer glaubt, dass es geheime Pläne für eine Impfpflicht gibt,

(Zurufe: Geheime! - Da haben wir es doch schon: Geheime Pläne! - Weitere Zurufe)

der ist ein Verschwörungstheoretiker;

(Zurufe: Ja! - Genau!)

das sind Fake News.

(Unruhe)


Dr. Katja Pähle (SPD):

Ja.


Daniel Roi (AfD):

Jetzt haben Sie gesagt, Sie hätten Ihre Meinung geändert. Trotzdem bleibt der Fakt stehen, dass Sie uns als Verschwörungstheoretiker bezeichnet haben.

(Zuruf: Ja, der Fakt bleibt auch stehen!)

Es wäre jetzt an der Zeit, sich zu entschuldigen. - Vielen Dank.

(Zuruf: Der Fakt bleibt stehen, das stimmt!)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Sie können antworten, wenn Sie wollen.

 

Dr. Katja Pähle (SPD):

Ich fange mit der Antwort auf die erste Frage an. Herr Roi, ich habe die Veröffentlichung, die heute in der „Welt“ erschienen ist, gesehen. Ich konnte mir das, was dort auch von der BKK aufgelistet wird, aber noch nicht anschauen. Die Diskrepanz zwischen den Zahlen des PEI und denen der BKK muss geprüft werden. Ich kann Ihnen, weil ich mir die Daten nicht angeschaut habe, aber nicht sagen, ob unter den dokumentierten Nebenwirkungen, die die BKK jetzt veröffentlicht hat, Nebenwirkungen sind wie bspw. Fieber. Das ist ebenso eine Nebenwirkung von Tetanusimpfungen. Ich habe noch niemanden gehört, der für die Abschaffung von Tetanusimpfungen ist.

Ich weiß auch nicht, ob bei diesen durch die BKK dokumentierten Nebenwirkungen auch Erkältungssymptome erfasst sind. Das sind auch Nebenwirkungen einer normalen Grippeimpfung.

Mit anderen Worten: An dieser Stelle hat Herr Siegmund einen Punkt angesprochen, den ich gar nicht widerlegen will und kann. Aber man sollte sich die Daten tatsächlich noch einmal anschauen. Ich werde das sehr gern tun.

(Zuruf: Wir auch!)

Zu dem zweiten Punkt. Herr Roi, ich werde mich dafür nicht entschuldigen. Ich kann Ihnen auch sagen, warum. Als Sie das große „Da wird geplant“ an die Wand gemalt haben,

(Zuruf: Hatten wir recht!)

hat auf der Bundesebene und hier im Land niemand über eine Impfpflicht nachgedacht.

(Zustimmung - Zuruf: Wer soll das glauben! Das sind schon wieder Fake News!)

Was Sie in diesem zeitlichen Zusammenhang gemacht haben, ist das, was Sie immer tun: Sie behaupten Dinge, Sie nutzen Verschwörungstheorien.

(Lachen)

Und gelegentlich haben Sie an einer Stelle mit der Behauptung, da soll etwas eingeführt werden, einen Punkt getroffen. Bei der Impfpflicht ist das aktuell der Fall. Aber die Hintergründe, die Sie dargestellt haben, waren verschwörungstheoretisch und falsch.

(Lachen und Zurufe)

Mit dieser Propaganda machen Sie jetzt auf den Montagsdemos immer noch Werbung für Ihre Politik. Sie gefährden damit die Gesundheit von Menschen. Das ist Ihre Verantwortung.

(Beifall - Daniel Roi, AfD: Vielen Dank für die Antwort! - Weitere Zurufe)