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Plenarsitzung

Transkript

Sebastian Striegel (GRÜNE):

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Justizvollzug ist eine der elementarsten Aufgaben des Staates. Dass die Koalition dazu eine Debatte vermeiden will, ist aus unserer Sicht unangemessen.

(Guido Kosmehl, FDP: Sie haben zugestimmt!)

Angesichts der Probleme, die wir aktuell im Justizvollzug haben - ich nenne als Stichworte nur die sicherheitsrelevanten Aktenverluste, den mutmaßlichen Femizid in der JVA Burg und die Informations- und Entscheidungsfarce des CDU-Finanzministeriums um den Neubau der JVA Halle im Süden von Sachsen-Anhalt  , macht mir die fehlende Ernsthaftigkeit Sorge, mit der hier CDU, SPD und FDP, aber auch Die Linke unterwegs sind.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2023 festgestellt, dass das bisherige Vergütungssystem von arbeitenden Gefangenen nicht dem verfassungsrechtlich verankerten Gebot der Resozialisierung genügt und insbesondere die Höhe der Vergütung zu niedrig ist, um einen erkennbar positiven Anreiz zu schaffen.

(Zustimmung von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Wir sprechen hierbei aktuell über Stundenlöhne von durchschnittlich 2 €. Die Gerichtsentscheidung folgte auf eine Entscheidung aus dem Jahr 2002, in der das Bundesverfassungsgericht die Höhe der Vergütung ebenfalls als verfassungswidrig beanstandet hatte und im Anschluss der Bund eine minimale Anpassung der Löhne vornahm.

Damit bin ich auch schon bei dem uns vorliegenden Gesetzentwurf. Es gab nach der Gerichtsentscheidung ein Fenster zur Erarbeitung eines gemeinsamen Vergütungssystems, das sich erheblich von der bisherigen Systematik abhebt und unterschiedliche Resozialisierungsanreize umfasst hätte. Wir haben im Land Sachsen-Anhalt einen engagierten Sozialen Dienst der Justiz mit vielen hochmotivierten jungen Mitarbeiter*innen. Ich bin mir sicher, wir hätten in einer Zeit, in der sehr viel Bewegung im Justizsystem ist, zu mutigeren Lösungen finden müssen.

Die Anhebung der monetären Vergütung, Frau Ministerin, bleibt viel zu zögerlich. Wer eine wirkliche Resozialisierung will, wer die Wiedergutmachung für Opfer von Kriminalität unterstützen will und wer eine nachhaltige Beseitigung der Ursachen von Kriminalität im Blick hat, der muss angemessene Löhne auch im Gefängnis zahlen. Nur so können Einzahlungen in die Rentenkasse erfolgen, Schulden getilgt werden und Wiedergutmachung geleistet werden. 

Sie bleiben als Landesregierung auch hinter dem zurück, was bspw. Hamburg im Bereich der Freistellungstage oder Verfahrensschulden anbietet. Der Gesetzentwurf kann zentrale Konfliktpunkte wie die Zahlung von Verfahrensschulden, Rentenvorsorge, Arbeitslosenversicherung oder Unterhalt - mithin die Verhinderung von Ersatzfreiheitsstrafen und von Altersarmut  , oder wie die Verbesserung von Resozialisierung vor und nach der Entlassung nicht auflösen. Das muss im Ausschuss durch uns nachgebessert werden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich wünsche mir, dass wir über diese Dinge auch im Plenum sprechen und nicht nur dort. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)