Положение о конфиденциальности
Plenarsitzung

Transkript

Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE): 

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die UN-Behindertenrechtskonvention ist seit etwa 16 Jahren geltendes Recht in Deutschland. Sie ist der strahlende völkerrechtliche Endpunkt einer gesellschaftlichen Auseinandersetzung, die in Deutschland Ende der 1960er-Jahre mit der sogenannten Krüppelbewegung ihren Anfang nahm. Die anfängliche Vernetzung und Solidarisierung von Betroffenen und Angehörigen, von Menschen, die tagtäglich an Barrieren stießen, die noch die inhumane und verbrecherische Euthanasiepolitik der Nazis direkt im Rücken und in Erinnerung hatten, ihr Engagement, ihr Kampf um Anerkennung, um Sichtbarkeit, um Teilhabe fand seinen krönenden Abschluss in der Ratifizierung der Behindertenrechtskonvention. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Damit verpflichtet sich unser Land und verpflichten sich die Staaten dieser Erde, eine inklusive Gesellschaft zu schaffen, also ein Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung zu fördern; eine Gesellschaft ohne Sonderräume, ohne Separierung, ohne Enklaven, wo Menschen mit Beeinträchtigungen unter sich bleiben und bleiben müssen; eine Gesellschaft, in der jede und jeder anders normal ist, die anerkannt hat: Behindert ist man nicht, behindert wird man. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Dies in die gesellschaftlichen Institutionen und Strukturen einzubauen und quasi in die Köpfe der Menschen zu bekommen, ist kein Spaziergang. Das gelingt nicht über Nacht und ist auch trotz des gemeinsamen Ziels von Politik, Betroffenen und Leistungserbringern überaus konfliktiv. Die Situation zum Landesrahmenvertrag und zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes in unserem Land zeugt davon. 

Aber wenn man den Geist der UN-Behindertenrechtskonvention wirklich in der Gesellschaft verankern möchte, dann muss man sich leider doch sehr darüber wundern, dass Förderschulen und Werkstätten in Deutschland auch heute, im Jahr 2025, weiterhin derart selbstverständlich und der Regelfall und seltenst eine Brücke in die inklusive Schule oder in den ersten Arbeitsmarkt sind. 

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der SPD)

Leider erschöpft sich die Beschlussempfehlung der Koalition einzig auf einen Verweis auf bestehende Aktivitäten, Programme und Förderungen des Landes in Sachen inklusive Gesellschaft. Natürlich sind im entsprechenden Landesaktionsplan viele sinnvolle Maßnahmen beschrieben. Natürlich leistet die unabhängige Teilhabeberatung viel, um vor Ort ganz konkret Menschen bei ihrem Recht auf Teilhabe zu unterstützen. Aber kann und darf das wirklich alles sein? War und ist nach 16 Jahren nicht mehr drin? Ist das das Optimum? - Ich glaube nicht. 

Neben der Riesenbaustelle der schulischen Inklusion ist das Hauptproblem meines Erachtens, dass Inklusion noch viel zu oft als Sonderthema eines Referats im Sozialministerium verstanden wird   das hat die Ministerin selbst beschrieben   und nicht als Querschnittsaufgabe aller Häuser. Solange das so ist, wird Deutschland weiterhin regelmäßig vom entsprechenden Fachausschuss der UN gerügt werden. Ihre BE wird daran leider erst einmal nichts ändern. Wir werden uns der Stimme enthalten. - Vielen Dank.