Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):
Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Darf ich Ihnen kurz einmal mein ideales Bild von der Bildung in unserem Land vorstellen? In meiner idealen Welt haben alle Kinder in Sachsen-Anhalt die Möglichkeit, den für sie bestmöglichen Bildungsabschluss zu erreichen, egal ob ihre Eltern arm oder reich sind. Es ist auch egal, welche Hautfarbe oder Muttersprache die Kinder haben oder ob die Kinder eine Behinderung haben oder nicht. Alle Kinder können die für sie beste Bildung erhalten.
(Beifall bei den GRÜNEN)
In meiner idealen Welt gibt es Schulen, in denen Lehrkräfte gut und gern arbeiten. Sie können sich auf das Unterrichten konzentrieren, statt stundenlang Papierkram auszufüllen. Sie können auf ihre Gesundheit achten und ohne Überstunden arbeiten. Die Lehrkräfte haben Spaß an ihrem Job und kommen jeden Tag gern in die Schule. In meiner idealen Welt ist der Lehrberuf wieder ein Beruf, für den sich die Menschen entscheiden, weil er wertvoll ist, Selbstwirksamkeit bringt und tolle Arbeitsbedingungen hat.
Doch leider sieht die Realität in Sachsen-Anhalt ein bisschen anders aus. In der Realität sind viele Lehrkräfte am Ende ihrer Kraft. Die hohe Arbeitsbelastung macht unsere Lehrerinnen in den Schulen krank. Es sind die Unmengen an Papierkram, die Lehrkräfte ausfüllen müssen, neben ihrer eigentlichen Tätigkeit, dem Unterrichten. Es sind die hohen Erwartungen durch die Eltern und die ständige Erreichbarkeit. Ein völliges Unding ist es kennen viele von uns , dass viele Lehrkräfte mittlerweile ich weiß, dass das eigentlich nicht erlaubt ist, aber es ist Praxis und es passiert in „WhatsApp“-Gruppen mit ihrer Privatnummer mit Eltern kommunizieren. Es ist nicht zuletzt der Lehrkräftemangel und die ständig zu leistenden Überstunden, die damit verbunden sind.
Das Problem ist also da und es ist riesig. Knapp ein Jahr vor der Wahl fällt der Koalition aus CDU, SPD und FDP doch ein, dass man dagegen etwas machen könnte. Das hat ja nur vier Jahre lang gedauert. Aber ganz ehrlich: Wenn Sie so lange dafür brauchen manchmal brauchen Dinge Zeit, liebe Kolleginnen der Koalitionsfraktionen , dann hätte ich wenigstens erwartet, dass Sie hier auch etwas Handfestes zum Bürokratieabbau vorlegen können.
Stattdessen legen Sie uns das hier auf den Tisch: ein paar Prüfaufträge, ein paar Berichterstattungen im Bildungsausschuss. Das Bildungsministerium soll sich ein paar Konzepte überlegen. Ganz ehrlich: Was soll das? Dafür hätte auch ein Selbstbefassungsantrag im Bildungsausschuss gereicht. Aber natürlich lässt sich so ein Antragstitel besser vermarkten, und vielleicht guckt dort draußen niemand so genau aufs Detail.
Besonders zweifelhaft finde ich in Ihrem Antrag den Auftrag an das Bildungsministerium, die Einführung von Schulbudgets zu prüfen. Was ist denn dabei zu prüfen? Die Messen für Schulbudgets sind doch mit den letzten Haushaltsverhandlungen gesunken. Es gibt dafür schlichtweg kein Geld. Und im Bildungshaushalt fand man lieber noch zusätzliches Geld für Headhunter als für Schulbudgets oder für ein Schulbauprogramm.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Wir GRÜNEN kämpfen schon lange für ein flexibles Schulbudget, das Schulen frei und genau dort einsetzen können, wo sie es brauchen. Aber das in so einen Antrag zu schreiben, wohl wissend, dass es eh nicht mehr kommen wird, halte ich schon fast für bewusste Täuschung.
Wenn Sie wirklich etwas zur Arbeitsentlastung für Lehrkräfte tun möchten, dann würden Sie das Geld dafür bereitstellen, dass es an jeder Schule Verwaltungspersonal gibt, egal wie klein oder wie groß die Schule ist, und dass das Verwaltungspersonal vernünftig bezahlt wird, z. B. in derselben Höhe wie in der Kommunalverwaltung. Sie hätten schon längst ein Landesprogramm Schulsozialarbeit auf den Weg gebracht, durch das es an jeder Schule mindestens eine Schulsozialarbeitendenstelle geben würde. Die Beispiele von konkreten Maßnahmen zur Arbeitsentlastung der Lehrkräfte sind vielfältig; eingefallen ist Ihnen davon kein einziges.
Das, was die Koalition hier vorgelegt hat, reicht nicht für eine Zustimmung. Wir werden uns der Stimme enthalten. Wir GRÜNE kämpfen dafür, dass Lehrkräfte von unterrichtsfernen Aufgaben entlastet werden. Der beste Weg dahin sind insbesondere personell und finanziell gut ausgestattete multiprofessionelle Teams an allen Schulen. Die finden wir in Ihrem Antrag nicht. - Vielen Dank.

