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Plenarsitzung

Kinder zu eigenem Recht kommen lassen

Kinder seien zwar eigenständige Grundrechtsträger/innen und könnten sich also auf alle Grundrechte im Grundgesetz berufen, kinderspezifische Rechte seien aber nicht explizit im Grundgesetz verankert, moniert die Fraktion DIE LINKE. Auf deren Antrag hin sollte sich die Landesregierung auf Bundesebene für die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz einsetzen. Dabei solle vor allem festgeschrieben werden, die Rechte von Kindern bei allen Entscheidungen, die sie betreffen, stärker zu berücksichtigen und die Kinder im Rahmen der Vorhaben maßgeblich einzubeziehen und anzuhören.

Gruppenbild von fröhlichen Jugendlichen, die mit dem Finger in die Kameralinse zeigen.

Kinder und Jugendliche sollen mit eigenen Rechten im Grundgesetz berücksichtigt werden, so ein Wunsch der Fraktion DIE LINKE.

„Nur angemessen statt vorrangig“

Die UN-Kinderrechtskonvention sei am 20. November 1989 beschlossen worden, erinnerte Eva von Angern (DIE LINKE). Diese habe Standards zum Schutz von Kindern vor Diskriminierung, für deren Gesundheit und die Wahrung derer Interessen durch Beteiligungsrechte beinhaltet. Die Umsetzung der Kinderrechtskonvention lasse in ihrer Gesamtheit immer noch auf sich warten. Die Konvention habe trotz der Ratifizierung immer noch keinen Verfassungsrang in Deutschland, ins Grundgesetz seien gesonderte Kinderrechte noch immer nicht aufgenommen worden. Das liege unter anderem daran, dass „Kinderrechte in Deutschland nur angemessen statt vorrangig behandelt“ würden, monierte von Angern. Sie warb zudem für die Schaffung einer Kindergrundsicherung, damit Kinder nicht in Armut aufwachsen müssten. „Wir können und dürfen es uns nicht erlauben, dass auch nur ein einziges Kind auf der Strecke bleibt.“ Die bereits vorhandenen Maßnahmen gegen Kinderarmut reichten nicht aus.

Neuer Gesetzentwurf wird eingebracht

„Kinderrechte sind grundlegende Prinzipien, die jedem Kind gleiche Chancen garantieren sollen“, erklärte Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD). Sie benötigten besonderen Schutz, der bisher allerdings nicht ausdrücklich aus dem Grundgesetz abgeleitet werden könne. Im Jahr 2021 habe die damalige Bundesregierung zwar bereits einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, die Verfassungsänderung sei jedoch an der nötigen Zweidrittelmehrheit gescheitert. Die jetzige Koalition im Bund werde einen neuen Gesetzentwurf in den Bundestag einbringen, durch den die Kinderrechte auf Basis der UN-Kinderrechtskonvention ins Grundgesetz aufgenommen werden sollen. Zudem sei im Koalitionsvertrag im Land verankert, dass sich Sachsen-Anhalt positiv in die Einführung einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung einbringen werde.

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen schaffen

Kinderrechte hätten bereits ins Grundgesetz eingehen können, wenn der damalige Gesetzentwurf im Bundestag die nötige Mehrheit erlangt hätte, bedauerte Tobias Krull (CDU). Seine Fraktion finde, dass die Verantwortung für die Kinder zunächst bei deren Eltern liege, erst im Sorgefall dürfe der Staat eingreifen. Kinderarmut bedeute auch immer Familienarmut, deswegen müssten die richtigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit Familien mit ihren Einkünften ein selbstgestaltetes Leben führen könnten. Krull warb dafür, den Antrag in die Fachausschüsse zu überweisen.

Staat hat nur Wächterfunktion

Jeder würde wohl zustimmen, wenn man ihn fragte, ob Kinderrechte ins Grundgesetz geschrieben werden sollten, meinte Gordon Köhler (AfD). Dies dürfe allerdings nicht dazu führen, dass Eltern bei elementaren Fragen der Kindererziehung zurückgedrängt würden (zum Beispiel wenn Eltern sich gegen eine Behandlung von Trans-Kindern aussprechen, die Kinder selbst aber die Behandlung wünschen). Die Kindererziehung müsse bei den Eltern liegen, dem Staat stehe nur eine Wächterfunktion zu.

Ausgeglichenes Verhältnis

Die Relevanz von Kinderrechten sei selbsterklärend, denn Kinder seien Individuen, die sich zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten entwickelten, sagte Konstantin Pott (FDP). Das Grundgesetz gelte für alle Menschen in Deutschland, also selbstverständlich auch für Kinder, so Pott. Die separate Aufnahme von Kinderrechten sei also eher ein symbolischer Akt. Das ausgeglichene Verhältnis zwischen Eltern, Kind und Staat müsse gewahrt werden, die Elternrechte dürften nicht unterwandert werden. Die Kindergrundsicherung, die vermutlich im Jahr 2025 eingeführt werde, bedeute eine Bündelung vorhandener Maßnahmen und also weniger Bürokratie. Sie soll sich nach dem persönlichen Bedarf des Kindes richten, die Mittel müssten freilich bei der Zielgruppe ankommen; häufig flössen die Mittel nicht ab.

Voraussetzung für Teilhabe

„Kinderrechte gehören ins Grundgesetz und Kinderarmut gehört mit der Einführung einer Kindergrundsicherung abgeschafft“, betonte Susan Sziborra-Seidlitz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Sie sei froh, dass in der letzten Legislaturperiode die Kinderrechte in die Landesverfassung von Sachsen-Anhalt aufgenommen worden seien. Eine armutsfeste Kindergrundsicherung sei die unabdingbare Voraussetzung für Teilhabe in Bildung und Gesellschaft, so Sziborra-Seidlitz. Wenn im Regelsatz für Unter-6-Jährige nur ein Euro pro Monat für Bildung vorgesehen sei, sei dies schon ein Hinweis auf verwehrte Lebenschancen von Kindern und Jugendlichen.

Nicht nur ein symbolischer Akt

Der Blick auf Kinder und deren Wohlergehen stehe heute stärker im Fokus, konstatierte Juliane Kleemann (SPD). Es sei richtig, dass die Ampel im Bund sich darauf verständigt habe, einen erneuten Vorstoß zu wagen, die Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen. Die Aufnahme sei schon deshalb relevant, weil Kinder bisher ihre eigenen Interessen nicht selbstständig einfordern könnten. Es sei also mehr als nur ein symbolischer Akt. Eltern wären weiter für die Erziehung und Entwicklung ihrer Kinder verantwortlich, der Staat dürfe nur eingreifen, wenn das Kindeswohl gefährdet sei, so Kleemann. Kinderrechte zu stärken bedeute auch, Familienrechte zu stärken, denn Eltern hätten mehr Möglichkeiten, die Rechte ihrer Kinder einzufordern. Die Einführung einer Kindergrundsicherung führe zum Abbau von Bürokratie. Es dürfe keine Rolle spielen, in welchem Elternhaus ein Kind aufwachse, seine Entwicklung dürfe nur auf dessen Fähigkeiten und Bedürfnisse ausgerichtet sein.

Im Anschluss an die Debatte wurde der Antrag der Linken in die Ausschüsse für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung (federführend), für Recht, Verfassung und Verbraucherschutz sowie für  Finanzen (beide mitberatend) überwiesen.