Der Ausschuss für Recht, Verfassung und Verbraucherschutz des Landtags von Sachsen-Anhalt hat sich mit einem aus dem Plenum überwiesenen Antrag der AfD-Fraktion beschäftigt und eine Anhörung unter dem Antragstitel „Fakultative Anwendung des Jugendstrafrechts – bedingte Strafmündigkeit ab dem 12. Lebensjahr“ durchgeführt. Bei der Anhörung waren unterschiedliche Sachverständige aus der Praxis geladen und wurden vom Ausschuss gehört.
Bei der Anhörung wurden die unterschiedlichen Positionen der Landtagsfraktionen hinsichtlich des Antragsziels deutlich. Während die Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Die Linke eine Herabsetzung der Strafmündigkeit auf das 12. Lebensjahr ablehnen, befürwortet die AfD die Senkung, auch die Fraktionen von CDU und FDP halten die Herabsetzung unter bestimmten Voraussetzungen für möglich.

In einem AfD-Antrag geht es um die mögliche Herabsenkung des Alters für die Strafmündigkeit.
Als Fachleute waren bei der Anhörung Dr. Ute Ebersbach von der Salus gGmbH, Prof. Dr. Alexander Baur von der Georg-August-Universität Göttingen (Abteilung für Kriminologie, Jugendstrafrecht und Strafvollzug) sowie Dr. Katja Bach und Janusz Zimmermann vom Verband junger Medienmacher eingeladen.
Aus den Redebeiträge der Fachleute
In der Anhörung wurde deutlich, dass die Fachleute der Intention des AfD-Antrags nicht folgten. Dr. Ute Ebersbach betonte, dass Kinder und Jugendliche im Laufe ihrer Entwicklung zwar Straftaten begingen, dass aber die Anwendung des Jugendstrafrechts ab dem 14. Lebensjahr gut sei: der präfrontale Kortex im Gehirn sei noch nicht vollständig ausgeprägt, wodurch 12-Jährige keine Impulskontrolle hätten und somit unreif wären. Ebersbach machte deutlich, dass sie die Eltern der Kinder bei der Erlernung guten sozialen Verhaltens in der Pflicht sehe.
Prof. Dr. Alexander Baur stimmte Ebersbach in dem Punkt zu, dass Jugendkriminalität häufig und üblich in der Entwicklung von Kindern sei. Laut Bauer gebe es zwar seit 2019 einen Höchststand von Kinder- und Jugendkriminalität in der polizeilichen Kriminalitätsstatistik. Die Befunde ließen aber keine akut-krisenhafte Entwicklung dergestalt erkennen, die ein gesetzliches Gegensteuern zwingend erforderlich erscheinen lasse. Bauer zufolge sei die Entscheidung über die Strafmündigkeitsgrenze eine normative Entscheidung. Es gebe unterschiedliche Wege zur Feststellung der Strafmündigkeit; als Beispiel führte er die Schweiz an, wo Menschen ab dem 10. Lebensjahr als strafmündig gälten (Jugendstrafrecht).
Dr. Katja Bach und Janusz Zimmermann beschrieben in ihren Ausführungen, dass Kinder keine kleinen Erwachsenen seien und dass es Hilfen in den stationären Jugendhilfeeinrichtungen geben müsse.