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Plenarsitzung

Die erste Landtagswahl in Sachsen-Anhalt

Vor der Wahl hatte sich die Bonner Politprominenz (von Helmut Kohl über Oskar Lafontaine bis hin zu Hans-Dietrich Genscher) quasi die Klinke in die Hand gegeben, um ihre jeweiligen Parteikollegen in Sachsen-Anhalt zu unterstützen. Nach Auszählung der Stimmzettel ist klar: die CDU gewinnt die Wahl mit deutlicher Mehrheit (39 Prozent der Stimmen). Die Christdemokraten entscheiden 48 der 49 Wahlkreise für sich. Nur in Magdeburg II gewinnt die SPD mit Reinhard Höppner ein Direktmandat.

Die Wahlbeteiligung bei der ersten Landtagswahl nach der Wiedervereinigung lag bei 65,1 Prozent. Zum Vergleich: Bei der Landtagswahl 2011 lag sie nur noch bei 47,7 Prozent. 14 Tage nach der Wahl wurde Gerd Gies (CDU) von der Mehrheit der Landtagsabgeordneten zum ersten Ministerpräsidenten des Landes gewählt.

Gewählt wurde freilich auch in den anderen „neuen Ländern“. Sonntag, der 14. Oktober 1990, war ein „Superwahltag“. In sechs der nun 16 Bundesländer ging es um die neue Zusammensetzung der Landtage und damit um die Bestimmung der Landesregierungen. Was im Freistaat Bayern einer Routine gleichkam, war ein Novum in den neuen Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Zum ersten Mal seit mehr als 40 Jahren konnten die Bürgerinnen und Bürger dort in freier, gleicher, allgemeiner, geheimer und unmittelbarer Wahl ihre Repräsentanten in den Landesparlamenten bestimmen.

Kaum Überraschungen am Wahlabend

Als am Abend die ersten Hochrechnungen über die Bildschirme liefen, gab allerdings es kaum Überraschungen: Während in Bayern die CSU siegte, lag in vier ostdeutschen Ländern die Schwesterpartei CDU an erster Stelle der Wählergunst. Eine Ausnahme machte Brandenburg. Dort errang die SPD mit ihrem Spitzenkandidaten Manfred Stolpe die meisten Stimmen. In Sachsen-Anhalt bildete sich unter Führung des CDU-Ministerpräsidenten Gerd Gies eine Koalitionsregierung mit der FDP.

Auch wenn aus heutiger Sicht die Wahlbeteiligung bei den ersten Landtagswahlen in Ostdeutschland hoch war, zeigten sich damals bereits erste Ermüdungserscheinungen. Gingen bei der Volkskammerwahl im Frühjahr 1990 über 93 Prozent und bei den Kommunalwahlen 75 Prozent der Bürger zur Wahl, so blieb am 14. Oktober 1990 jeder Dritte den Urnen fern.

Bereits 14 Tage nach der Wahl waren alle Landesparlamente arbeitsfähig. Auf dem Programm der Abgeordneten standen nun die Einsetzung der Landesregierungen, die Bestimmung der Landeshauptstädte, die Ausarbeitung der Landesverfassungen und schlicht die parlamentarische Alltagsarbeit. Von nun an waren die neuen Länder, wie sie schon juristisch seit dem Tag der Wiedervereinigung bestanden, auch im vollen Umfang geschäfts- und handlungsfähig – dies auch auf der Ebene der Bundespolitik durch ihre Mitwirkung im Bundesrat.

Veränderungen im Bundesrat

Mit dem Einigungsvertrag, der am 3. Oktober 1990 in Kraft getreten war, änderte sich auch die Stimmenverteilung im Bundesrat. Um eine Schieflage im Verhältnis zwischen großen und kleinen Ländern zu verhindern, hatte man sich für eine Neuregelung der Stimmenverteilung im Zuge der Wiedervereinigung entschieden.

Die neue Stimmenzahl im Bundesrat – sie lag 1990 bei 68 – und die Ergebnisse der Landtagswahlen führten auch zu einer veränderten politischen Konstellation in der Länderkammer. Besaßen die SPD-regierten Länder in den Monaten vor der Wiedervereinigung noch die Mehrheit, drehte sich das Verhältnis nach den ersten Landtagswahlen in Ostdeutschland zu Gunsten der CDU-geführten Länder um.

Zum ersten Mal trat der Bundesrat mit Vertretern aller 16 Landesregierungen schließlich am 9. November 1990, genau ein Jahr nach dem Mauerfall, in der Berliner Kongresshalle zusammen. Nach einigen Reden zur Würdigung des besonderen Ereignisses begann das Plenum mit der Sacharbeit und beriet über 70 Tagesordnungspunkte.