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Plenarsitzung

Mehr Flexibilität für Berufsschulen

Mit dem Beschluss in der Drucksache 7/1796 hatte der Landtag den Mehrwert der dualen Berufsausbildung gewürdigt und Impulse zur Stärkung der beruflichen Bildung gesetzt, erinnern die Fraktionen von CDU, SPD und FDP. Laut deren Antrag soll die Landesregierung die bestehenden Berufsschulangebote auch unter Berücksichtigung der Berufsschulstandort-Analyse der gewerblichen Kammern evaluieren und dabei Möglichkeiten einer Flexibilisierung der Angebote und wohnortnahen Beschulung umsetzen. Auch die Eigenverantwortung berufsbildender Schulen hinsichtlich Kooperationsmöglichkeiten in der Ausbildung und innerhalb des Schulnetzes soll gestärkt werden. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellte einen Änderungsantrag.

Mädchen zeigt lächelnd Handwerkerzange in die Kamera.

Die Berufsschulbildung dürfe nicht ins Hintertreffen gelangen; darin waren sich alle Fraktionen einig.

Freiwilliges Soziales Jahr im Handwerk?

Wenn die Ziele der Energiewende des Bundes nur annähernd eingehalten werden sollen, bräuchte es 120 000 zusätzliche Handwerker in Deutschland, die ausschließlich die Gebäudesanierung durchführten. „Genau diese Handwerker sehe ich nicht“, konstatierte Thomas Keindorf (CDU). Die Bundesregierung scheine in einem „Paralleluniversium“ gefangen und „auch die Politik scheint nicht vom Fachkräftemangel verschont zu werden“. Als Unternehmer dürfte man diesen utopischen Plänen eigentlich keine weitere Beachtung schenken. Keindorf  fürchtet jedoch, dass sie weiterverfolgt würden. Politik müsse die richtigen Rahmenbedingungen setzen und sollte nicht mit Verboten arbeiten. Die fehlenden Fachkräfte könnten auch nicht mit Menschen aus China oder Indien besetzt werden.

Aus diesem Grund forderten die Koalitionsfraktion unter anderem mehr Flexibilität bei der Wahl der Berufsschule für die Auszubildenden, die Kreisgrenzen würden sich hier als Barriere erweisen. Weitere Vorschläge lesen Sie im Antrag. Denkbar wäre für den CDU-Abgeordneten auch, dass Jugendliche nach der Schule zukünftig ein Freiwilliges Soziales Jahr im Handwerk absolvieren könnten. Auf diese Weise könnten sie das Handwerk kennenlernen und das Jahr könnte auf eine spätere Ausbildung angerechnet werden.

Modellprojekt „Blended Learning“

Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) verwies auf die große Bedeutung der Berufsausbildung, aktuell gäbe es etwa 22 000 Azubis in Sachsen-Anhalt. Digitalisierung sei kein Selbstzweck, sondern es müssten Konzeptionen entwickelt werden, wie Ausbildung effektiv neu gestaltet werden könnte. Sie verwies auf das Modellprojekt „Blended Learning“, an dem zwölf berufsbildende Schulen teilnähmen. Das Projekt erspare den Teilnehmenden nicht nur lange Fahrtwege, sondern vermittle auch nützliche kommunikative Kompetenzen, so die Ministerin.

Matthias Lieschke (AfD) betonte, dass es nichts Neues sei, dass die Azubis in Sachsen-Anhalt immer längere Wege zur jeweiligen Berufsschule zurücklegen müssten. Einer Studie zufolge ergebe sich pro Schultag eine Strecke von mehr als einer Million Kilometer allein für die Anfahrt zur Berufsschule, umgerechnet auf alle Azubis in Sachsen-Anhalt. Es brauche dringend wohnortnahe Lösungen, forderte der AfD-Abgeordnete. Außerdem sei der Antrag nicht konkret genug und man sollte nicht vergessen, dass die CDU den Mangel über Jahrzehnte selbst mitverursacht habe.

Berufsorientierung auch an Gymnasien anbieten

„Wir werden um eine geordnete Zuwanderung bei diesem Thema nicht herumkommen“, sagt Dr. Katja Pähle (SPD) in Richtung ihres Kollegen Keindorf. Grundsätzlich sei es ein gutes Signal, dass sich das Plenum mit der Berufsschulausbildung beschäftige, denn sie sei „keine Schmalspurausbildung“, sondern biete jungen Menschen vielfältige Möglichkeiten. Um mehr Jugendliche für die Ausbildung zu begeistern, müsste man sich endlich auch den Gymnasien zuwenden und hier Ausbildungsberufe vorstellen.

Thomas Lippmann (DIE LINKE) erklärte, dass seine Fraktion das Anliegen des Antrags nachvollziehen könne. Grundlage sei ein Schreiben der vier gewerblichen Kammern im Land gewesen, dass die Abgeordneten vor einiger Zeit erreicht hätte. Lippmann bezweifelte ebenfalls, dass der Antrag genügend Substanz habe, damit sich am Ende wirklich etwas ändern würde. Wie so oft würde geprüft und evaluiert, konkretes Handeln würde er jedoch vermissen. Daher schlug er vor, den Antrag zu überweisen und noch einmal mit den Kammern ins Gespräch zu kommen.

Schulgeldbefreiung für alle Azubis

Die Schülerzahlen seien in letzten Jahren um mehr als die Hälfte zurückgegangen, stellte Jörg Bernstein (FDP) fest, der früher selbst als Berufsschullehrer tätig war. Daher sei es nicht verwunderlich, dass Standorte haben geschlossen werden müssen, woraus längere Fahrtwege resultierten. Digitale Lernformate seien heute viel akzeptierter als vor der Corona-Pandemie, dies sollte genutzt werden. Blockunterricht könnte ebenfalls eine Lösung sein.

Sachsen-Anhalt leide besonders unter dem Fachkräftemangel, meinte Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Daher sei es wichtig, die Berufsausbildung zu stärken. Er plädierte ebenfalls für mehr Berufsorientierung an Gymnasien und eine bessere Wertschätzung der Berufsausbildung. Das Ziel des Antrags sei völlig in Ordnung, die Substanz des Maßnamenkatalogs sei allerdings nicht überzeugend. In ihrem Änderungsantrag forderten die Grünen darüber hinaus: „Damit auch schulische Ausbildungen in Sachsen‐Anhalt für junge Menschen attraktiv sind, sollten diese grundsätzlich vom Schulgeld befreit werden.“  

Am Ende der Debatte wurde der Antrag der Koalitionsfraktionen von CDU, SPD und FDP beschlossen. Der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde abgelehnt.