Staatliche Eingriffe hätten erfolgreiche Geschäftsmodelle der Autoindustrie beschädigt, moniert die FDP-Fraktion. Während der Konkurrenzdruck aus China massiv steige, sei der Standort Deutschland immer weniger wettbewerbsfähig. Wege aus dieser Krise sollten in einer von der FDP initiierten Aktuellen Debatte diskutiert werden.

Kein Benzin, sondern Strom: Ein Elektrofahrzeug wird an eine Ladestation angeschlossen.
Verbrenner-Aus auf dem Prüfstand
Zeitgleich zur Aktuellen Debatte finde in Berlin ein Autogipfel statt, bei dem geklärt werden soll, wie es mit der Autoindustrie in Deutschland weitergehen solle, sagte Andreas Silbersack (FDP). Insgesamt 270 Unternehmen böten der Autozulieferbranche in Sachsen-Anhalt eine Heimstatt, 25 000 Menschen im Land arbeiteten in diesem Bereich. Es herrsche hier Verunsicherung aus mehreren Gründen, darunter das geplante Verbrenner-Aus und die Zukunft der Förderung der E-Mobilität. Man müsse sich absolut technologieoffen verhalten, so Silbersack. „Wir müssen die Rahmenbedingungen so setzen, dass es passt, unser Interesse muss es sein, dass die Zahl der Beschäftigten stabil bleibt.“ Wenn entscheidend sei, dass die Automobilwirtschaft in Deutschland und Sachsen-Anhalt erhalten bleibe, müsse auch das für 2035 geplante Verbrenner-Aus noch einmal auf den Prüfstand. „Wir brauchen die wirtschaftliche Vernunft, wir brauchen den Markt.“
Anderer Zeitraum für Klimaziele
„Die Rahmenbedingungen sind so herausfordernd wie lange nicht mehr“, erklärte WirtschaftsministerSven Schulze (CDU). Die deutsche Zulieferindustrie haben schon Teile ihrer Produktion ins Ausland verlegt, dies habe jedoch nicht ausreichend zur Stabilität beitragen können. Schulze sprach sich dafür aus, weiter in neue Technologien zu investieren, um die Transformation zur Elektromobilität voranzubringen. Man müsse auch weiter über Klimaziele diskutieren, dabei aber auch anerkennen, dass der gesetzte Zeitraum nicht einzuhalten sei, ohne dass die „gesamte Wirtschaft den Bach runtergeht“.
„Der Elektrohype ist vorbei“
Diesmal gehe es um die Autoindustrie, das nächste Mal wohl um die Chemieindustrie, dann um das Bäckerhandwerk ‒ „hier geht einfach alles den Bach runter“, kritisierte Matthias Lieschke (AfD). Die europäische und die deutsche Politik hätten zugelassen, dass die deutsche Automobilindustrie den Bach runtergehe. „Das Aus vom Verbrenner-Aus muss sofort kommen“, dieses Ergebnis erhofft sich Lieschke vom Autogipfel in Berlin. „Der Elektrohype ist vorbei“, meinte Lieschke, Deutschland müsse sich darauf besinnen, wieder die besten Diesel- und Otto-Motoren zu bauen.
Unterstützung bei Ansiedlung
In China seien im vergangenen Jahr rund 13 Millionen Autos mit alternativem Antrieb verkauft worden, selbst in ärmeren Ländern nähme der Verkauf von Elektroautos deutlich zu, und Deutschland soll nun zurückrudern?, wunderte sich Holger Hövelmann (SPD). Statt sich auf innovative Antriebe zu konzentrieren, habe es in Deutschland den Dieselskandal gegeben. „Wir entscheiden in Sachsen-Anhalt nicht darüber, wie sich der Weltmarkt entwickelt, wir können aber unsere hiesigen Automobilzulieferer bei den aktuellen Herausforderungen unterstützen“, so Hövelmann. Er erinnerte an einen bereits im Landtag behandelten Antrag, der zur Förderung der Zulieferer bei der Umstellung auf neue Antriebsarbeiten abzielte, der die Unterstützung bei der Ansiedlung von Unternehmen vorsah und auf Förderung von Technik- und Forschungstransfer setzte. Zu hohe Lohnkosten seien jedenfalls nicht der Schwachpunkt in Sachsen-Anhalt, denn die Tarifbindung in der Branche betrage hierzulande nur 20 Prozent.
„Elektroautos haushoch überlegen“
Man müsse vornweg über Mobilität als Voraussetzung für das Wirtschaftswachstum reden, konstatierte Wulf Gallert (Die Linke). Um den Automobilbereich herum habe es in Deutschland traditionell eine extrem starke Subventionierung gegeben, beispielsweise im Straßenbau im Vergleich zum Schienenbau. So gebe es seit zwanzig, dreißig Jahren faktisch einen gesättigten Automarkt. Deswegen sei klar, dass die deutsche Automobilindustrie extrem auf den Exportmarkt ausgerichtet sei, so Gallert. Die Chinesen kauften millionenfach Elektroautos, weil diese dem Verbrenner haushoch überlegen seien. Die großen deutschen Automobilkonzerne hätten aber einen so großen Einfluss auf die Politik, dass sie mit ihrem alten Geschäftsmodell weiter so großen Erfolg hätten. Wenn man den Markt nicht verlieren wolle, müsse man auf Innovation setzen. E-Mobilität könne sich aber nicht entwickeln, wenn Normalverdiener an öffentlichen Ladesäulen mehr bezahlen müssten als für Kraftstoff an der Tankstelle.
„Der Markt verändert sich“
„Die Autozulieferer sind eine Schlüsselbranche für unser Land“, sagte Ulrich Thomas (CDU), man werde sich für jeden Arbeitsplatz einsetzen. Man habe versucht, Elektroautos wettbewerbsfähig zu machen, aber mit dem Wegfall der Kaufprämie sei dieses Wachstum in sich zusammengefallen. Der Ausstieg aus einer bestimmten Technologie bis zu einem bestimmten Stichtag funktioniere nicht, die Brücke zwischen den Technologien müsse verlängert werden, so Thomas. Der Diesel sei deutlich günstiger als das Fahren eines Elektroautos. Wie bekomme man Elektroautos so marktreif, dass man eher ein solches kaufe? „Der Markt verändert sich, darauf müssen wir uns einstellen.“ So warb Thomas für kurzfristige Liquiditätshilfen für die Autozulieferer, für sozialverträgliche Übergangsregelungen und die stärkere Förderung von Innovation. Man dürfe sich von der Konkurrenz nicht mürbemachen lassen.
„Keine grüne Verschwörung“
Die Zuliefererbranche habe mit ihren vielen Standorten eine große Bedeutung für Sachsen-Anhalt, sagte Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Die technologische Entwicklung der letzten Jahrzehnte hätte neue Antriebsmotoren hervorgebracht, zunächst mit günstigem Motor, aber teurer Batterie und teurem Laden. Doch mittlerweile sänken die Kosten, die Reichweiten stiegen. Die E-Mobilität sei keine „grüne Verschwörung“, sondern technische Entwicklung und die Reaktion des Marktes darauf, so Meister. Die FDP indes leiste sich „ideenloses Festhalten am Althergebrachten“. Man könne sich aufgrund des Klimawandels nicht noch mehr Zeit für die Transformation lassen. „Wir müssen in die Zukunft investieren und dürfen nicht an der Vergangenheit festhalten“, das heiße, Planungssicherheit zu schaffen und die Entwicklung voranzutreiben.
Im Anschluss an die Aktuelle Debatte wurden wie gewohnt keine Beschlüsse zur Sache gefasst.