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Plenarsitzung

Arbeitsangebote seit drei Jahrzehnten Gesetz

Die AfD-Fraktion wollte mit einem Antrag erreichen, dass Asylbewerber zur Arbeit verpflichtet werden. Die Landesregierung sollte laut Antrag ein entsprechendes Konzept erarbeiten, in dem Kommunen und Landkreise einbezogen werden – auf Grundlage des Asylbewerberleistungsgesetzes. Dänemark sei mit dieser Strategie erfolgreich, daran könnte sich die Landesregierung orientieren, so die AfD-Fraktion. Die anderen fünf Fraktionen sahen diesen Ansatz sehr kritisch.

Eine junge Frau bringt sich in der Grünflächenpflege ein.

Eine junge Frau bringt sich in der Grünflächenpflege ein.

Bestehende Rechtslage umsetzen

Die Forderung seiner Fraktion müsste eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, sagte Ulrich Siegmund (AfD). Es müsse ein Zeichen für die Leistungsgesellschaft gesetzt werden, man müsse weg von den sozialen Anreizsystemen. Der Wirtschaftsmigration müsse ein Riegel vorgeschoben werden. Deutschland solle dem Vorbild Dänemarks folgen. Die Rechtslage für Leistungskürzungen gebe es bereits, sie müsse nur angewendet werden. Einsatzbereiche für Betroffene wären beispielsweise bei der Grünflächenpflege, der Straßenreinigung oder als Erntehelfer zu finden. „Bett, Brot, Seife – das ist, was jemand zu schätzen weiß, wenn man vor Krieg flüchtet“, so Siegmund. Wer ohne triftige Gründe eine Gegenleistung ablehne, müsse wieder gehen.

Seit 30 Jahren bereits in Praxis

Der Antrag der AfD zeige eine erschütternde Unkenntnis darüber, was seit Jahrzehnten im Bereich der Arbeit für Asylbewerber im Land praktiziert werde, erklärte Innenministerin Dr. Tamara Zieschang (CDU). Seit 1993 sei es möglich, Asylbewerbern Arbeit zur Verfügung zu stellen. Tätigkeiten gebe es bei der Unterhaltung der Unterkunft, in Kleiderkammern, auf dem städtischen Bauhof, bei der Sprachmittlung oder bei der Straßenreinigung, die entsprechenden Stellen könnten von Kommunen und gemeinnützigen Institutionen zur Verfügung gestellt werden.

Es werde eine Aufwandsentschädigung von 80 Cent pro Stunde gezahlt, für diese komme die Asylbewerberleistungsbehörde (also das Land) auf. Die Arbeit diene den Asylbewerbern dazu, ihre eigene Lebenssituation selbst mitzugestalten, Deutschkenntnisse zu verbessern, sich ein kleines Zubrot zu verdienen und mehr Akzeptanz in der örtlichen Gemeinschaft zu erreichen. Leistungsberechtigte seien kraft Gesetz verpflichtet, eine angebotene Stelle anzunehmen; wer sie ohne wichtigen Grund verweigere, dem würden die Leistungen eingekürzt. „Es werden bereits Arbeiten zur Verfügung gestellt und es werden auch Leistungskürzungen durchgesetzt“, betonte Zieschang.

„AfD zeichnet ein falsches Bild“

Arbeitsgelegenheiten seien ein wichtiges Instrument, mit dem Asylbewerbern und anderen Leistungsberechtigen nach dem AsylbLG gemeinwohlorientierte Tätigkeiten zugewiesen werden können, heißt es im Alternativantrag der Koalition. Die Leistungsempfänger erhielten hierdurch eine sinnstiftende Aufgabe, in die sie ihre Potenziale und Erfahrungen einbringen könnten und die ihrem Tagesablauf Struktur gebe, erklärte Heide Richter-Airijoki (SPD). Es herrsche ein Spannungsfeld zwischen Asylantrag und Zugang zum Arbeitsmarkt, räumte Richter-Airijoki ein, die Gesellschaft sei durch Arbeitsverbote für Asylbewerber geprägt, dies müsse sich ändern. Die AfD aber zeichne ein Bild des Migranten als Sozialschmarotzer, das jedoch nicht der Wahrheit entspreche.

Weg auf den Arbeitsmarkt gestatten

Es gebe viele gute Gründe, über die Situation von Geflüchteten auf dem Arbeitsmarkt zu reden, ein von der AfD geforderter Arbeitszwang gehöre nicht dazu, betonte Henriette Quade (Die Linke). Die Arbeitsgelegenheiten verursachten viel Verwaltungsaufwand, festigten den prekären Status von Schutzsuchenden und sei ‒ zum Gefallen der AfD ‒ ein Instrument der Abschreckung und Demütigung. Wer wolle, dass Geflüchtete und Asylsuchende ihren Lebensunterhalt selbst verdienen, der müsse den Weg auf den Arbeitsmarkt so schnell wie möglich gestatten, betonte Quade. Die nach Deutschland gekommenen Menschen müssten schnell gute Gründe finden, hier arbeiten und leben zu wollen; so könnten der Verwaltungsaufwand gesenkt und staatliche Ausgaben reduziert werden. „Wir brauchen keinen Arbeitszwang, wir brauchen gleiche Rechte für alle.“

Gesetzliche Regelungen anwenden

„Wie können bestehende gesetzliche Regelungen häufiger und besser angewendet werden?“, fragte Guido Kosmehl (FDP), denn es gebe ja seit über dreißig Jahren entsprechende Regelungen im Asylbewerberleistungsgesetz. Das Instrumentarium müsse genutzt werden, aber nicht unbedingt da, wo man in eine Konkurrenzsituation mit Unternehmen eintrete; Kosmehl nannte hier beispielshaft die Grünflächenpflege. Man müsse diejenigen unterstützen, also Kommunen und Institutionen, die dieses Instrumentarium für sinnvolle Aufgaben einsetzten.

Berufliche Perspektive bieten

Der Alternativantrag der Koalition beschreibe bereits ganz gut die gesetzlichen Grundlagen für die Beschäftigung von Asylbewerbern, sagte Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Menschen, die in Deutschland ein neues Leben beginnen wollten, möchten sich durch Arbeit, Engagement und gesellschaftliche Teilhabe einbringen. Die Bundesregierung habe sich vorgenommen, Hürden bei der Arbeitsaufnahme von Geflüchteten abzubauen, dieser Ansatz sei auch Inhalt eines Änderungsantrags der Grünen zum Alternativantrag der Koalition. Die Menschen sollen und wollten ihren Lebensunterhalt selbst gestalten, hierfür sei ein Integrationspfad notwendig, so Striegel. Es gelte, ihnen eine Arbeits- oder Ausbildungsaufgabe zukommen lassen, um ihnen so eine berufliche Perspektive in guten sozialversicherungspflichtigen und tarifgebundenen Arbeitsplätzen zu bieten.

„Fördern und Fordern“

Die CDU lebe den Grundsatz „Fördern und Fordern“, betonte Kerstin Godenrath (CDU), die gesetzlichen Regelungen böten Vorteile für beide Seiten. Eine gute Hilfe sei der Leitfaden „Arbeitsgelegenheiten“ der Landesregierung für die Kommunen des Landes. Der Antrag der AfD laufe indes ins Leere. Man müsse nur an alle Kommunen und Landkreise appellieren, die Möglichkeiten in Anspruch zu nehmen.

Im Anschluss an die Debatte wurde der Antrag der AfD-Fraktion abgelehnt. Der Änderungsantrag der Grünen zum Alternativantrag der Koalition fand ebenfalls keine Mehrheit. Dem unveränderten Alternativantrag wurde mehrheitlich zugestimmt.