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Plenarsitzung

Landtag diskutiert den Umgang mit Wölfen

Zwischen 70 und 80 Wölfe gibt es derzeit in Sachsen-Anhalt. Das geht aus dem aktuellen Wolfs-Monitoring-Bericht der Landesregierung hervor – Tendenz steigend, denn Experten rechnen mit einer jährlichen Zuwachsrate von 30 Prozent. Dies sei Ergebnis des Artenschutzes und des damit verbundenen Verbots der legalen Wolfsbejagung, so die CDU-Fraktion. Sie sieht die Gefahr der Verharmlosung des Wolfes und einen zögerlichen Umgang der zuständigen Behörden. Vor diesem Hintergrund hat sich der Landtag in einer Aktuellen Debatte mit der Praxistauglichkeit des Wolfsmanagements auseinandergesetzt. 

CDU: Sicherheit der Menschen geht vor

„Der Wolf ist und bleibt ein Raubtier“, daran habe sich über die vergangenen Jahrhunderte nichts verändert, konstatierte Carsten Borchert (CDU). Experten gingen davon aus, dass deutschlandweit bald mit 2000 Tieren zu rechnen sei, wenn die Entwicklung so weitergehe. Das wären dann mehr als im dünnbesiedelten Skandinavien und dies mache den Menschen Angst.

Daher müsse die Anpassung der Leitlinie Wolf zügig erfolgen, forderte der CDU-Politiker. Schäfer und Nutztierhalter müssten besser entschädigt werden und es müsse schnell geklärt werden, wer die Entschädigung übernimmt, wenn Nutztiere aus Koppeln ausbrechen und Unfälle verursachen. Derzeit zahlten Versicherungen nicht, weil der Wolf nicht im Jagdrecht enthalten ist. Nicht nur deshalb bedürfe es perspektivisch der Aufnahme des Wolfes in das Jagdrecht und einer schnellen Klärung, ob ein Wolf ein Problemwolf ist oder nicht.

Borchert forderte weiter: „Wir wollen den Wolf nicht ausrotten, aber wir wollen, dass der Wolf aus der FFH-Richtlinie Anlage IV in die Anlage V gebracht wird.“ Damit würde anerkannt, dass der Wolf keine vom Aussterben bedrohte Art sei und es Möglichkeiten gebe, seine Population zu regulieren. Vorbilder könnten Frankreich und Schweden sein, wo etwa zehn Prozent der Wölfe pro Jahr entnommen werden dürften.

Dalbert: „Herdenschutz ist Wolfsschutz“

„Wo der Wolf lebt, geht es dem Wald gut“, sagte Umwelt- und Landwirtschaftsministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert (Grüne) und erläuterte einige Vorteile des Wolfes für das Ökosystem. Aber natürlich läge ihr auch das Wohl der Nutztierhalter am Herzen. Ihrer Ansicht nach werde es in den nächsten Jahren einen moderaten Zuwachs an Wölfen geben, weil viele Jungtiere aus Sachsen-Anhalt abwanderten, um eigene Rudel zu gründen.Beim Umgang mit dem Wolf habe die Landesregierung drei Aufgaben: „Beraten, Schützen, Entschädigen“. Dalbert betonte, die Gesellschaft müsste wieder lernen, mit dem Wolf zu leben, diese Aufgabe solle in erster Linie von den Wolfsberatern übernommen werden.

Die Ministerin räumte ein, dass man insbesonder beim Schutz von Nutztieren noch besser werden muss. Neben Elektrozäunen werde deshalb in Zukunft auch die Anschaffung von Herdenschutzhunden förderfähig sein. Gefördert werden Hunde der Rassen „Pyrenäen-Berghund“ oder „Maremmano-Abruzzese“ oder Mischungen aus diesen Rassen. Damit komme das Ministerium einer Forderung der Schafhalter nach.

Trotz aller Präventionsmaßnahmen könnten Übergriffe natürlich nicht hundertprozentig ausgeschlossen werden. Im vergangenen Jahr wurden laut Statistik 135 Nutztiere getötet, dafür habe das Land 18 500 Euro gezahlt, erklärte die Ministerin. Sie versprach, dass der Schadensausgleich zukünftig zügiger ablaufen werde. Dazu soll das Verfahren bei der Rissbegutachtung entschlackt und ein Netz von sechs nebenamtlichen Rissbegutachtern aus der Landesforstverwaltung eingerichtet werden, die eine landesweite Betreuung sicherstellen. Unter welchen Umständen ein Problemwolf getötet werden kann, und wer dies entscheidet, werde demnächst in der Leitlinie Wolf geklärt, die jetzt in die Verbändeanhörung komme.

AfD: Auch Esel als Herdenschutz überdenken

Hannes Loth (AfD) bemängelte eine fehlende Aufklärung über den Wolf und eine gewisse Hysterie in den Medien. Damit würde die Bevölkerung verunsichert. so Loth. Die Weidetierhalter seien zulange vertröstet worden, sie wollten vor allem wirksame Sicherheit für ihre Herde und einen eindeutig geklärten Versicherungsschutz. Außerdem forderte er, dass Problemwölfe schnell entnommen werden müssten.

Seine Fraktionskollegin Lydia Funke betonte, dass die Entschädigung für die Nutztierhalter bei weitem nicht ausreiche, der „Marktwert“ allein sei nicht genug, da objektiv viel höhere Kosten anfallen würden. Sie erläuterte weiterhin, dass Herdenschutzhünde schon im Welpenalter in die Herde integriert werde müssten. Eine finanzielle Förderung von zwei Rassen würde kurzfristig keine Entspannung  beim Schutz vor Wölfen bringen. Auch Esel sollten bei der Gefahrenabwehr berücksichtigt werden. Abschließend sagte Funke: „Ein Zusammenleben zwischen Mensch und Wolf sollte in einem aufgeklärten Land möglich sein.“ Die AfD-Politikerin begrüßte die geplante Einrichtung des Wolfskompetenzzentrums und die Überarbeitung der Leitlinie Wolf.

SPD: Änderung des Schutzstatus ist kompliziert

Jürgen Barth (SPD) erklärte, die Änderung des Schutzstatus des Wolfes gehe nicht von heute auf morgen und müsste auf mehreren Ebenen abgestimmt werden. Eine Obergrenze für den Wolf zu fordern, sei zudem weitaus einfacher als sie konkret festzulegen. Es sei wichtig, die Bedenken der Menschen ernst zu nehmen, so Barth. Die SPD-Fraktion begrüße die Initiative der Ministerin, die Kompetenzen in Iden (Altmark) zu bündeln. Die Schadensregulierung müsste umgehend und angemessen erfolgen, zu überlegen wäre eventuell eine „Umkehrung der Beweislast“. Beim Umgang mit dem Wolf brauche man weder „Panikmache noch blinden Aktionismus“.

Linke: Wiederansiedlung ist kultureller Erfolg

Dass 78 Tiere zu einem handfesten Koalitionskrach führen, sage viel über den Zustand der Koalition aus, konstatierte Hendrik Lange (DIE LINKE) eingangs seiner Rede. Der respektvolle Umgang mit dem Wolf müsste erst wieder gelernt werden, zudem sollten auch die Menschen ihr Verhalten etwas anpassen. Er verstehe den Ärger und die Wut jedes Schäfers, der Tiere an den Wolf verliere. Lange hält es für angemessen, dass die Gesellschaft als Ganzes für ihre Schäden aufkommen müsste. Daher unterstütze seine Fraktion die geplanten neuen Präventions- und Förderungsmaßnahmen des Umweltministeriums.

Keinen Nutzen sieht Lange darin, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen. Eine Diskussion, dass Deutschland das internationale Artenschutzabkommen aufkündigen wolle, weil es 78 Wölfe in Sachsen-Anhalt gebe, könne man sich gesellschaftlich nicht leisten. Es sei ein kultureller Erfolg den Raubtieren wieder ihren Platz zu geben, den man ihnen einst genommen habe.

Grüne: Weder verharmlosen noch dramatisieren

Wolfgang Aldag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) verteidigte die geplanten Maßnahmen der Umwelt- und Landwirtschaftsministerin und stellte fest, dass es eigentlich viele Gemeinsamkeiten zwischen Grünen und CDU gebe. Niemand wolle den Wolf wieder ausrotten, Problemwölfe müssten zum Abschuss freigegeben werden können und die Aufklärung verbessert werden. Einig sei man sich auch darin, dass ein flächendeckendes Wolfsmanagement nötig sei und der Riss von Nutztieren schnell, unbürokratisch und gerecht entschädigt werden müsse.

Aldag betonte, das Thema „Wolf“ dürfe nicht verharmlost aber auch nicht künstlich dramatisiert werden. Seine Wiederausbreitung zeige, dass es in Teilen des Landes ein intakte Ökosystem Wald geben, dies sei ein positives Zeichen, erklärte der Grünen-Politiker. Die CDU-Forderung nach einer Aufnahme des Wolfes in das Jagdrecht lehnte Aldag jedoch kategorisch ab, weil der Wolf dann einer zwölfmonatigen Schonfrist unterliegen und eben nicht geschossen werden dürfte. „Nicht die Anzahl der Wölfe ist entscheidend, sondern der Umgang mit ihnen.“ 

Beschlüsse wurden am Ende der Aktuellen Debatte nicht gefasst.