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Plenarsitzung

Millionenschwere Hilfen für die Wirtschaft

30. Mär. 2020

Der Landtag von Sachsen-Anhalt ist nach der Verabschiedung des Haushalts 2020/2021 nach kurzer Zeit erneut zusammengetreten, da im Zuge der weltweiten Corona-Krise ein Nachtragshaushalt notwendig geworden ist, um negative wirtschaftliche Folgen aufzufangen. Nach der Einbringung des Nachtragshaushaltsgesetzes am Montag, 30. März 2020, soll es bereits am Donnerstag, 2. April 2020, verabschiedet werden.

Zwar standen nur zwei Tagesordnungspunkte auf der Agenda, trotzdem allerdings sechs Themen: Für diese Landtagssitzung (46. Sitzungsperiode) hatte sich der Ältestenrat einvernehmlich auf eine verbundene Debatte aller Themen verständigt. Jeder Fraktion stand dabei eine 15-minütige Redezeit zur Verfügung. Die Redereihenfolge war ebenfalls vom Ältestenrat festgelegt worden.

Großer Dank an die fleißigen Frauen und Männer im Land

„Wir befinden uns in einer der schwersten Krisen der jüngeren Zeit“, konstatierte Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff (CDU), „nichts ist mehr so, wie es mal war.“ Deutschland befinde sich in einem Ausnahmezustand. Klare Regeln seien zur Wahrung der Gesundheit aller unumgänglich. „Wenn es möglich ist: Bleiben Sie zuhause!“ Bis zum 19. April solle das öffentliche Leben in Sachsen-Anhalt weitgehend ruhen, so der Ministerpräsident, gegebenenfalls müsse diese Maßnahme – geschlossene Einrichtungen und Geschäfte sowie Kontakteinschränkungen – verlängert werden.

„Zur Bewältigung der Krise bringt die Landesregierung heute einen Nachtragshaushalt ein“, so Haseloff. Dieser besteht aus 141 Millionen Euro aus der Steuerschwankungsreserve, 100 Millionen Euro aus dem Verzicht auf die Altschuldentilgung sowie aus 259 Millionen Euro neuaufgenommener Kredite. Die Wirtschaft des Landes stehe vor einer gewaltigen Bewährungsprobe. Die Landesregierung biete Zuschüsse für Soloselbstständige und kleinere Unternehmen und schließe damit die Lücke bei der Bundesförderung.

Das Wirtschaftsministerium des Landes habe eine Richtlinie zur Corona-Soforthilfe mit einem Budget von 150 Millionen Euro aufgelegt; die Anträge könnten ab sofort auf der Internetseite der Investitionsbank gestellt werden. Die Kommunen erhielten den Ausfall der Kita-Gebühren zunächst für den Monat April erstattet. Auch die Rettungskräfte sollen mit einer millionenschweren Unterstützung bedacht werden. Eine kleine Hilfe gebe es auch für Künstlerinnen und Künstler.

Es zeige sich eindrucksvoll: „Unsere Gesellschaft ist nicht kalt und egoistisch. Die vielen ehrenamtlichen Helfer zeigen das menschliche Antlitz unserer Gesellschaft“, lobte Haseloff. „Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Krankenhäusern gilt mein tiefster Respekt. Das Gleiche gilt für viele verschiedene andere Berufsgruppen im Land: Den Menschen in den systemrelevanten Berufen wird dieser Tage viel abverlangt!“ Dafür spreche er seinen großen Dank aus.

„Standing Ovations“ allein reichen nicht

Wir begännen erst zu begreifen, wie stark die Auswirkungen der Corona-Krise für das Land seien, sagte Thomas Lippmann (DIE LINKE): „Wir müssen auch als Parlament arbeitsfähig bleiben.“ Auch die Abgeordneten des Landtags könnten eine solidarische Maßnahme leisten, indem sie auf die nächste Diätenerhöhung verzichteten, so Lippmann. Nicht nur für die Wirtschaft, auch für die Künstlerinnen und Künstler im Land müsse die Politik da sein, 400 Euro seien ein Anfang, aber da dürfe man nicht stehenbleiben.

Der Abbau des Sozialstaats, die Unterfinanzierung der Kommunen, der Investitionsstau – es gelte, diese Szenarien zu durchbrechen, so Lippmann. Die Schere zwischen Arm und Reich müsse jetzt mehr denn je verkleinert werden. Werde es einen Sozialfonds im 500-Millionen-Euro-Nachtragshaushalt geben?, fragte Lippmann. Es bedürfe schneller und niederschwelliger Hilfe für die Menschen, die bereits am Rande der Gesellschaft stünden oder jetzt dorthin abgedrängt würden. Auch in der Krisenzeit dürfe die Landesregierung nicht freie Hand erhalten, es müsse weiterhin die Unterstützung und Kontrolle durch das Parlament geben.

Die Regelungen zum Kurzarbeitergeld bedeuteten für viele Menschen, dass das verdiente Geld für die Bestreitung des Alltags nicht reiche, erklärte der Linken-Abgeordnete, eine Aufstockung auf 90 Prozent sei dringend geboten. Lippmann erinnerte zudem daran, die zeitlichen Fristen im Volksabstimmungsgesetz zu ändern, da verschiedene Initiativen diese durch die Corona-Krise aktuell nicht einhalten könnten.

Allein mit Standing Ovations könne man keine Rechnungen bezahlen, so Lippmann: „Wir müssen über die Krise hinaus klarstellen, dass die medizinischen Berufe mehr Anerkennung, mehr Tarif und weniger Privatisierung verdienen.“

Baustein für Zukunftsfähigkeit des Landes

Die Beschränkungen durch Corona seien enorm, aber man könne froh sein, dass die Einsicht zu den beschlossenen Maßnahmen greife. Man dürfe nicht frühzeitig über die Lockerung der Maßnahmen entscheiden, der Gesundheitsschutz stehe an oberster Stelle, so Dr. Katja Pähle (SPD). Es bedürfe zur Bekämpfung der Pandemie keiner Sondergesetze, denn die bereits bestehenden Gesetze der Bundesrepublik (zum Beispiel das Infektionsschutzgesetz) griffen vollständig. „Sachsen-Anhalt kommt durch die Krise!“

Dort, wo es ein Mangel an Schutzmaßnahmen gebe, zeige sich deutlich, dass es keinen Rückzug des Staats in Fragen der Daseinsvorsorge geben dürfe, „wir werden in den nächsten Jahren erfolgreich gegensteuern“, betonte Pähle. Mit dem Nachtragshaushalt sollen die sozialen Folgen der Krise abgefedert werden. Es würden Mittel bereitgestellt, um Unternehmen und Selbstständige gegen die wirtschaftlichen Folgen der Krise zu schützen. Das Maßnahmenprogramm aus dem sachsen-anhaltischen Wirtschaftsministerium sei ein wichtiger Baustein für die Zukunftsfähigkeit des Landes.

Pähle wies auf die unbürokratische Hilfe bei den Kita-Gebühren hin, um die Kommunen zu entlasten. Auch die SPD spreche sich für eine Verlängerung der Fristen für laufende Initiativen auf Basis des Volksabstimmungsgesetzes aus. Des Weiteren gehe es bei den unterstützten Gesetzentwürfen um die Verschiebung der Personalratswahlen sowie um vereinfachte Verfahren für Verordnungen und Verkündigungen. Bei der von den Linken geforderten Aufstockung des Kurzarbeitsgelds sollten aber auch die Arbeitgeber mit am Zug sein, sagte Pähle.

„Totales Versagen der Bundesregierung“

Für Oliver Kirchner (AfD) zeige sich das totale Versagen der Bundesregierung wie bei der „illegalen Masseneinwanderung“ im Jahr 2015. Man hätte viel eher die Grenzen schließen und flächendeckende Tests durchführen müssen. Ärzten, Schwestern und Krankenpflegern fehlten die elementarsten Arbeitsmittel. Kirchner empfahl der CDU, sich von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zu trennen. Die vorgelegten Gesetzentwürfe würden von der AfD mit in die Ausschüsse überwiesen. Er dankte allen Menschen im Land, die dabei seien, die Krise für alle zu meistern.

Robert Farle (AfD) sagte, dass in dem Maßnahmenpaket des Ministerpräsidenten viele gute Ansätze enthalten seien und vieles von dem hätte die AfD-Fraktion bereits in ihrem alternativen Haushalt gefordert. Der Ministerpräsident habe zwar deutlich gemacht, dass die Regierung sich Gedanken gemacht habe, „aber wir können doch als Opposition nicht einen Blankoscheck ausstellen, der nicht mehr als eine bloße Absichtserklärung enthält.“

Bei der ihm bekannten Verhaltensweise der Behörden sei Farle jedoch skeptisch, dass all die Hilfsleistungen auch wirklich schnell ausgezahlt würden. Es gebe Existenzängste in der Bevölkerung, von denen sich viele Politiker gar keinen Eindruck machen könnten. „Man muss sich um die kleinen Leute wirklich kümmern“, so der AfD-Abgeordnete. Farle befürchtet schwerwiegende Folgen für die Wirtschaft des Landes. Deswegen brauche es jetzt in absehbarer Zeit eine Strategie, wie die Wirtschaft langsam, aber sicher wieder nach vorne gebracht werden könne.

Es zeige sich zudem, wie fatal die Entscheidung der Bundesregierung gewesen sei, wichtige Medikamente im Ausland produzieren zu lassen. Die bürgerlichen Freiheiten im Land müssten, sobald es die gesundheitlichen Rahmenbedingungen wieder zuließen, zurückgenommen werden. „Die Grundrechte sollten nicht weiter eingeschränkt werden, als dass dies unbedingt nötig ist“, betonte Farle.

„Die Kenia-Koalition ist handlungsfähig!“

Cornelia Lüddemann(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) erklärte, sie sei stolz auf das gute Zusammenspiel zwischen Exekutive und Legislative und die Leistungsfähigkeit der Demokratie. Ihrer Fraktion sei es wichtig, dass der Finanzausschuss einbezogen und Ziele im Nachtragshaushalt beschrieben würden, damit auch eine parlamentarische Kontrolle gewährleistet sei.

„Dieser Nachtragshaushalt ist nötig, sachgerecht und angemessen!“ Zum einen müsste das Gesundheitssystem in allen Bereichen unterstützt werden, zum anderen die Wirtschaft. Das vom Ministerpräsidenten präsentierte Formular biete ihrer Ansicht nach schnelle und unbürokratische Hilfe. Jetzt ginge es allerdings darum, diejenigen in der Krise zu schützen und zu stärken, die es wirklich nötig hätten. Es könne nicht sein, dass große Firmen jetzt ebenfalls einfach beschlössen, keine Miete zu zahlen.

Lüddemann blickte auch schon auf die Zeit nach der Corona-Krise. Spätestens dann müsste eine neue Debatte über die Daseinsfürsorge geführt werden. Es bedürfe einer „besseren Wertschätzung und Aufwertung systemrelevanter Berufe“. Außerdem sei deutlich geworden, dass die Digitalisierung weiter vorangebracht werden müsse, denn jetzt in der Krise werde deutlich, wie wichtig sie sei. Die Botschaft des Tages an die Bürgerinnen und Bürger sei ihrer Ansicht nach: „Die parlamentarische Demokratie und die schwarz-rot-grüne Kenia-Koalition ist handlungsfähig!“

„Arbeiten Tag und Nacht an Lösungen“

Während der zurückliegenden Haushaltsberatungen habe seine Fraktion immer darauf hingewiesen, dass für schlechte Zeiten, wie wir sie jetzt haben, vorgesorgt werden müsse, konstatierte Siegfried Borgwardt (CDU). Daneben kritisierte er die Arbeit der Oppositionsfraktion DIE LINKE und deren Pressemitteilungen zum Landeshaushalt.

Zum vorgelegten Nachtragshaushalt der Landesregierung sagte er: Die Regierenden arbeiteten Tag und Nacht an Lösungen, um die finanziellen Folgen der Krise zu bewältigen. Der Finanzminister hätte bereits versichert, dass es nicht am Geld scheitern werde. Neben Direkthilfen sollen vor allem verbesserte Kredite helfen. Ähnlich wie das Land Sachsen-Anhalt habe auch der Bund mit Weitsicht reagiert, sagte der CDU-Abgeordnete und zählte die verschiedensten Maßnahmen auf. Seiner Ansicht nach habe die Landesregierung insgesamt „hervorragend und schnell zusammengearbeitet“, die vorgesehenen Maßnahmen würden den Bürgern im Land helfen.

Borgwardt plädierte für eine Überweisung des Nachtragshaushalts in den Ausschuss für Finanzen, damit der Haushalt am Donnerstag beschlossen werden könne, um den Bürgern ein wichtiges Signal zu senden: „In dieser Krise wird niemand alleingelassen!“ Der Antrag zum Arbeitsschutz könne nicht im Schnellschuss beschlossen werden, sondern müsse zunächst im Sozialausschuss beraten werden.

Am Ende der Debatte wurden alle Gesetzentwürfe und Anträge in die Ausschüsse überwiesen. Der Nachtragshaushalt wurde gleich im Anschluss an die Plenardebatte weiter im Ausschuss für Finanzen beraten.

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