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Plenarsitzung

Parité-Gesetzentwurf in Ausschüsse überwiesen

28. Feb. 2019

Der Anteil der Frauen in der Bevölkerung in Sachsen-Anhalt beträgt etwas mehr als 50 Prozent. Im Landtag waren es seit 1990 nie mehr als ein Drittel. Um das zu ändern, legte die Fraktion DIE LINKE einen Gesetzentwurf zur Gewährleistung einer paritätischen Zusammensetzung der Verfassungsorgane des Landes Sachsen-Anhalt mit Frauen und Männern (Parité-Gesetz Sachsen-Anhalt) vor. Der Landtag von Brandenburg hatte kürzlich ein solches Parité-Gesetz beschlossen.

Knapp 22 Prozent der Landtagsabgeordneten in der 7. Wahlperiode sind Frauen. Grafik: Landtag

„Es kommt auf den politischen Willen an“

Frauen hätten ein Anrecht auf gleiche politische und wirtschaftliche Macht, konstatierte Eva von Angern (DIE LINKE) bei der Einbringung des Gesetzentwurfs ihrer Fraktion. Derzeit seien im Landtag von Sachsen-Anhalt kaum 22 Prozent Frauen (19 von 87 Abgeordneten). Dies sei im Vergleich mit den anderen Landesparlamenten der geringste Frauenanteil. Das habe Folgen für die Themen und Schwerpunkte, die im Landtag gesetzt würden, und für das Klima im Parlament.

Es bestehe Handlungsbedarf, darin stimmten die Vertreter von CDU, SPD, DIE LINKE und Grünen überein, mutmaßte von Angern. Das Zeitfenster sei günstig, um in die Debatte einzusteigen – „jetzt kommt es nur noch auf den politischen Willen an“. Würden Frauenrechte abgebaut (Stichwort § 219) sei dies ein Schritt zum Abbau demokratischer Rechte von allen, so die Abgeordnete der Linken.

Ein höherer Anteil von Frauen in Parlamenten zeige, dass beispielsweise Genderaspekte in Gesetzesverfahren besser berücksichtigt würden. Eine Änderung der Landesverfassung soll die gleiche Vertretung von Frauen und Männern gewährleisten. Dazu sei die Änderung des Wahlgesetzes vorgesehen. In jedem Wahlkreis sollen eine Frau und ein Mann zu wählen sein; im gleichen Zuge würde die Zahl der Wahlkreise auf 22 reduziert und mit alternierenden Wahllisten ausgestattet. „Lassen Sie uns darüber streiten, welcher der klügste und verfassungskonforme Weg für dieses Gesetzesvorhaben ist“, forderte von Angern.

Wahlrechtsforum soll Klarheit bringen

Das Brandenburger Parité-Gesetz sei zu kurz gesprungen, sagte Anne-Marie Keding (CDU), Ministerin für Justiz und Gleichstellung. Jede/r Gewählte vertrete das Volk, es falle aber schon auf, dass Frauen beispielsweise im Landtag von Sachsen-Anhalt stark unterrepräsentiert seien. Die Koalition habe sich der Frage der paritätischen Besetzung von Gremien angenommen, wie ein verfassungskonformes Parité-Gesetzes auf Landes- und kommunaler Ebene aufgesetzt werden könnte.

Kritik übte Keding am Linken-Modell der „doppelt so großen Wahlkreise“. Der Grundsatz, jede Region dürfe einen Abgeordneten entsenden, werde zurückgestellt. Die Gleichheit der Wahl und das passive Wahlrecht der Männer würden beim Zwang, dass (männerstarke) Parteien gleichviele Frauen als Kandidatinnen aufstellen müssen, negativ beeinflusst. Im Justizministerium werde derzeit ein Wahlrechtsforum mit Verfassungsrechtler/innen vorbereitet und soll noch im Laufe dieses Jahres stattfinden. Es soll die Grundlage für die mögliche Ausarbeitung eines Parité-Gesetzes sein, so Keding.

Gleichstellung in Verfassung verankert

Parität in allen Bereichen erscheint einfach logisch, zitierte Prof. Dr. Angela Kolb-Janssen (SPD) Bundeskanzlerin Angela Merkel. Diese Parität sollte im 21. Jahrhundert zwar selbstverständlich sein, allein sie sei noch lange nicht erreicht worden. „Hören Sie doch mehr auf die Damen in Ihrer Partei“, wandte sich Kolb-Janssen an die Koalitionspartnerin CDU.

Die Gleichstellung von Frauen und Männern sei in der Verfassung verankert, es müsse also alles getan werden, um diese auch zu erlangen – beispielsweise auch durch ein geändertes Wahlrecht. „Frauen wollen Parität – und zwar jetzt“, konstatierte Kolb-Janssen. Mit dem Gesetzentwurf der Linken sei die Diskussion um ein Parité-Gesetz nun auch nach Sachsen-Anhalt gelangt; das Ministerium für Gleichstellung habe leider zu lange mit Maßnahmen auf sich warten lassen.

„Verfassungswidriger Umbau unserer Verfassungsidentität“

Oliver Kirchner (AfD) baue darauf, dass die CDU-Fraktion diesen „verfassungswidrigen Umbau unserer Verfassungsidentität“ ebenso wie die AfD ablehne. Die Linken versuchten, dass Land von den Füßen auf den Kopf zu stellen. Wenn das Parlament real-spiegelbildlich besetzt würde – wo zöge man bei den Kriterien die Grenze? „Und wenn Sie Grenzen ziehen, wäre das ja wieder eine Diskriminierung.“ Kirchner gab den Linken zu bedenken, dass sie mit ihrem Gesetzentwurf beispielsweise Transgender und Hermaphroditen ausgrenzten. Der Gesetzentwurf sollte also noch einmal überarbeitet werden.

Sollte der Gesetzentwurf die erste Beratung überstehen, werde die AfD eine detaillierte Prüfung des Gesetzesvorhabens in Auftrag geben. Spätestens dann werde sich der von der AfD als solcher bezeichneter „Umbau der demokratischen Zusammensetzungsprozesse der Verfassungsorgane“ erledigt haben, so Kirchner.

„Ü-40-Veranstaltung – für Männer“

Die ungleiche Zusammensetzung des Landtags mit Frauen und Männern sei ein politisches und gesellschaftliches Problem, konstatierte Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Es handle sich hier um eine „Ü-40-Veranstaltung – für Männer“. Die Grünen sprächen sich schon lange für die paritätische Zusammensetzung des Landtags, auch der Kreistage und Stadträte, aber auch der Landesregierung aus.

Man könne die Parité einführen, ohne die Verfassung ändern zu müssen, meinte Lüddemann. Dazu müsse das Gleichstellungsgebot großzügig ausgelegt werden. Es sei absolut richtig, den Gesetzentwurf in die Ausschüsse zu überweisen und sachlich zu beraten. Es sei bedauerlich, dass aus dem Gleichstellungsministerium entsprechende Ergebnisse bisher ausgeblieben seien, auch wenn sie im Koalitionsvertrag festgeschrieben seien.

„Die Hälfte der Macht den Frauen“

Es solle geprüft werden, ob ein verfassungskonformes Parité-Gesetz auf den Weg gebracht werden könne, sagte Jens Kolze (CDU), er halte sich da an den Koalitionsvertrag. „Die Hälfte der Macht den Frauen“ – diesem Slogan könne sich Kolze durchaus anschließen. Dennoch müsse er die Euphorie etwas bremsen. Das Brandenburger Parité-Gesetz soll für die gleiche Vertretung von Frauen und Männern im Parlament sorgen, indem gleich viele Frauen und Männer auf den Landeslisten aufzustellen seien. Die Frage der Rechtskonformität sei jedoch schwierig und nicht abschließend geklärt.

Bundesweit gebe es verschiedene Vorschläge, wie eine paritätische Verteilung der Abgeordnetensitze hergestellt werden könne, so Kolze, beispielsweise die Aufstellung zweier Spitzenkandidaten (Frau und Mann) pro Wahlkreis. Kolze warb für die Überweisung des Gesetzentwurfs in die Ausschüsse, um hier eventuell den Weg zu einem verfassungskonformen Parité-Gesetz zu ebnen.

Der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE wurde im Anschluss an die Debatte in die Ausschüsse für Recht, Verfassung und Gleichstellung sowie für Inneres und Sport überwiesen.