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Plenarsitzung

Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannten die Synagogen in Deutschland. Es war die Nacht, in der organisierte Schlägertrupps unzählige jüdische Geschäfte und Gotteshäuser in Brand setzten, Tausende Juden misshandelt, verhaftet oder getötet wurden. Im sechsten Jahr an der Macht demonstrierten die Nationalsozialisten ganz unübersehbar, dass Antisemitismus und Rassismus bis hin zum Mord Teil der staatlichen Politik geworden waren. „Zum 77. Mal jährt sich dieses Mahndatum in diesem Jahr – es hat an seiner Brisanz keinen Deut verloren“, erklärt Landtagspräsident Detlef Gürth.

Dokumentation über die Reichspogromnacht (gesendet bei Phoenix). Youtube

Die verharmlosende Bezeichnung „Reichskristallnacht“, deren Herkunft nicht definitiv geklärt ist, bezieht sich auf die überall verstreuten Glasscherben vor den zerstörten Wohnungen, Läden und Büros, Synagogen und öffentlichen jüdischen Einrichtungen.

Das Pogrom wurde am Abend des alljährlichen Treffens der NSDAP-Führerschaft anlässlich des gescheiterten Hitler-Putsches am 9. November 1923 nach Zustimmung Hitlers von Propagandaminister Joseph Goebbels durch eine Hetzrede ausgelöst. Goebbels verwies auf die bereits stattgefundenen Pogrome in den NSDAP-Gauen Kurhessen und Madgeburg-Anhalt und machte die Bemerkung, dass die Partei antijüdische Aktionen zwar nicht organisieren, aber auch nicht behindern werde.

„Die Deutschen waren in dieser Nacht Zeuge, wie viele ihrer Nachbarn oder Kollegen zu Tätern wurden und die Menschenwürde mit Füßen traten“, erklärt Landtagspräsident Detlef Gürth. „Viele, zu viele haben dabeigestanden und sich dieses makabre Schauspiel angesehen.“ Der Landtagspräsident lobte den Mut unserer heutigen Zivilgesellschaft, sich gegen Hass und Hetze zu stellen: „Geben wir die Freiheit zu sprechen, zu leben und zu helfen nicht her! Lassen wir uns nicht von jenen vereinnahmen, die wider besseres Wissen zu Hass und Gewalt aufrufen.“

Hintergrund: Ein Attentat als Rechtfertigung

Das Attentat am 7. November 1938 auf den Legationsrat der deutschen Botschaft in Paris, Ernst vom Rath, durch den siebzehnjährigen polnischen Juden Herschel Grynszpan wurde zum Anlass für ein gegen die Juden gerichtetes und angeordnetes Pogrom genommen – eine Mord-, Brandstiftungs- und Plünderungs-, in letzter Konsequenz auch Raub- und Vertreibungsaktion bisher nicht gekannten Ausmaßes.

SS und Gestapo organisierten die Verschleppung von bis zu 30 000 jüdischen Jugendlichen und Männern in die Konzentrationslager Buchenwald, Dachau und Sachsenhausen. Viele von ihnen kamen dort infolge von körperlichen und psychischen Schikanen, von Medikamentenentzug und anderen Umständen ums Leben. Vielen wurde der Verzicht auf Eigentum abgezwungen. Im Anschluss an die Pogromnacht wurden fast alle jüdischen Organisationen aufgelöst und die jüdische Presse verboten. Zudem hatte der jüdische Teil der Bevölkerung die sogenannte Judenvermögensabgabe von mehr als einer Milliarde Reichsmark als „Sühneleistung“ für an sie selbst verübte Verbrechen zu leisten.