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Plenarsitzung

Dublin, Hochschulen, Aufnahmegesetz

  • Einigkeit: Flüchtlingen Hochschulzugang ermöglichen 
  • Dublin-Abkommen muss überprüft werden
  • Finanzminister stellt 48 Millionen Euro für Aufnahmegesetz bereit

Flüchtlingen den Zugang zu Hochschulen in Sachsen-Anhalt zu ermöglichen – das war das Ziel eines Antrags der Fraktion DIE LINKE. Darin soll die Landesregierung unter anderem aufgefordert werden, gemeinsam mit den Hochschulen dafür zu sorgen, dass ein Studium nicht aus aufenthaltsrechtlichen Gründen untersagt und trotz Asyl möglich ist. Dazu seien Veränderungen hinsichtlich der Ausbildungsförderung, aber auch spezielle Sprach- und Vorbereitungskurse nötig. 

Wenn asylsuchende in Sachsen-Anhalt studieren möchten, dann sollten sie auch die Chance dazu bekommen, so fraktionsübergeifende Meinung im Landtag. Foto: contrastwerkstatt/fotolia.com

Hendrik Lange (DIE LINKE) lobte das bereits erfolgte Engagement der Hochschulen und den Erlass der Landesregierung über den Hochschulzugang für Flüchtlinge. Dieser werde derzeit von der Hochschule Magdeburg-Stendal am weitesten genutzt, hier könnten auch Studenten ohne formale Zeugnisse studieren. „Denn wer flüchtet oder vertrieben wird, hat nicht immer alle Zeugnisse dabei“, so Lange. Wichtig sei seiner Fraktion unter anderem auch der Ausbau der Studienkollegs, weil sie es seien, die Menschen kostenlos auf ein Studium vorbereiteten.

Im Wesentlichen waren sich beim Thema Hochschulzugang alle Fraktionen einig, was auch der nur leicht veränderte Alternativantrag der Koalitionsfraktionen bewies. So stimmte Hartmut Möllring, Minister für Wissenschaft und Wirtschaft (CDU), dem Linken-Politiker zu, dass Bildung ein hohes gesellschaftliches Gut sei, egal ob die Flüchtlinge für immer blieben oder später in ihrem Heimatland zum Aufbau des Landes beitragen würden. Möllring warnte bei aller Unterstützung der Hochschulen davor, die Standards an den Universitäten zu senken. Er versicherte, dass es Überlegungen gebe, weitere finanzielle Mittel für die Hochschulen bereitzustellen.

Die derzeitigen Diskussionen müssten ohne Angst, aber auch ohne Träumerei geführt werden, sagte Dr. Katja Pähle (SPD). Nicht alle Flüchtlinge würden hochgebildete Akademiker sein, dies sei jedoch nicht schlimm. Denen, die es sind, müsse frühzeitig gezeigt werden, welche Möglichkeiten sie in Sachsen-Anhalt hätten. Uwe Harms (CDU) ergänzte, dass Flüchtlinge nicht nur eine Studien-, sondern auch eine Berufsberatung erhalten sollten. Denn die Berufsausbildung im Handwerk biete ebenfalls jede Menge Chancen.

Prof. Dr. Claudia Dalbert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) erinnerte daran, dass ihre Fraktion bereits Anfang Juni einen ähnlichen Antrag im Landtag gestellt hatte und man sich im Wesentlichen offenbar fraktionsübergeifend einig sei. Unterschiede machte sie bei der Frage aus, für wen die Angebote der Hochschulen gelten sollten. Während die Linken auch Flüchtlinge mit „ungeklärtem Aufenthaltsstatus“ einbeziehen, spreche der Antrag der Fraktionen von CDU und SPD von „Geflüchteten mit Aufenthaltsstatus“. In diesem Punkt unterstützten die Grünen eindeutig den Antrag der Fraktion DIE LINKE.

Dem Alternativantrag wurde mit den Stimmen von CDU und SPD zugestimmt, die Oppositionsfraktionen enthielten sich.

Dublin-Abkommen überprüfen

Die Überwindung des Dublin-Abkommens war im Juli 2015 Ziel eines Antrags der Fraktion DIE LINKE. Mit dem Antrag sollte der Innenminister gebeten werden, sich auf Bundesebene für ein neues „gerechteres System der Verantwortungsteilung in Europa“ einzusetzen. Laut Dublin-Verfahren sind Asylsuchende verpflichtet, in dem europäischen Land einen Asylantrag zu stellen, in dem sie erstmals angekommen sind. Der Ausschuss für Inneres und Sport empfahl dem Landtag nun, den Antrag in veränderter Fassung anzunehmen.

Dr. Ronald Brachmann (SPD) erklärte als Berichterstatter des  Ausschusses für Inneres und Sport, dass die Delegationsreise nach Sizilien im Sommer alle mitreisenden Abgeordneten überzeugt hätte, dass das Dublin-Verfahren so nicht haltbar sei. Nach Beratung im Innenausschuss wurde nun die Beschlussempfehlung erarbeitet, die sich für eine Überprüfung des Dublin-Übereinkommen ausspricht.

„Die Dublin-Vereinbarung ist nicht mehr zeitgemäß, aber die Umstellung vom Dublin-Verfahren auf eine gerechtere Vereinbarung in Europa bedarf zunächst Regelungen“, betonte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU). Die einseitige Aufkündigung ohne anderweitige Regelungen führe zu einem ungesteuerten Zustrom in ein ganz bestimmtes Mitgliedsland der EU. Die Bundeskanzlerin habe mit ihrer Zusage die Dublin-Vereinbarung faktisch aufgehoben, erklärte der Minister.

Für Henriette Quade (DIE LINKE) ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses nicht zufriedenstellend. Zusammengefasst bedeute sie ihrer Ansicht nach: „Wir wissen zwar, dass Dublin nicht funktioniert, aber es soll konsequent angewandt werden.“ Schließlich solle sich der Landtag zur konsequenten Anwendung der EURODAC-Verordnung bekennen. Das sei kein erstrebenswertes europäisches Asylsystem, sondern ein System der Abschottung, das Menschen in die Arme von Schleusern treibe, so die Linken-Politikerin.

Jens Kolze (CDU) betonte, Deutschland stehe zu seiner humanitären Verpflichtung, allerdings könnten Deutschland und Schweden den Zustrom nicht allein bewältigen, es bedürfe einer gemeinsamen europäischen Anstrengung. Die Entscheidung der Bundeskanzlerin zur Entlastung Ungarns müsse eine Ausnahme bleiben, so Kolze. Ein Bleiberecht für alle, Freizügigkeit in der EU und die Balkanstaaten als nicht sichere Herkunftsländer, wie von den Linken gewünscht, seien kein Krisenmanagement, sondern Utopie.

Die aktuelle Situation zeige ganz eindeutig, dass das Dublin-Verfahren nicht tragbar sei, erklärte Sören Herbst (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Die Beschlussempfehlung sei eine Negierung des Antrags der Linken und könne nicht unterstützt werden. Er bezeichnete die Empfehlung und die Debatte als „zynisch“ und verwies darauf, was arme Länder wie die Türkei oder der Libanon derzeit leisteten, indem sie sich um Millionen von Flüchtlingen kümmerten. 

Auch Silke Schindler (SPD) vertrat die Auffassung, dass Dublin gescheitert ist. „Wir dürfen kein Europa der Abschottung werden.“ Die Flüchtlinge würden immer einen Weg finden, jetzt kämen sie nicht über Ungarn, sondern über Kroatien. Die  Verantwortung für die Flüchtlinge müsse in Europa gemeinsam getragen und die Lasten solidarisch verteilt werden.

Der Beschlussempfehlung wurde mit den Stimmen von CDU und SPD zugestimmt. 

FAG und Aufnahmegesetz ändern

Die Landesregierung hat einen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht, durch den das Aufnahmegesetz und das Finanzausgleichsgesetz geändert werden sollen. Die Mehrkosten innerhalb des Aufnahmegesetzes, die sich durch die erhöhte Aufnahme und Unterbringung von nicht dauerhaft aufenthaltsberechtigten Ausländerinnen und Ausländern ergeben, sollen demnach aus der Finanzausgleichsmasse bestritten werden.

Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) erklärte, dass 48 Millionen Euro aus dem FAG ins Aufnahmegesetz fließen und den Kommunen helfen sollen, die anstehenden Aufgaben bei der Aufnahme von Flüchtlingen zu bewältigen. Zudem beabsichtigt Bullerjahn, den Kommunen für 2015 und 2016 jeweils eine Einmalzahlung in Höhe von 25 Millionen Euro zukommen zu lassen. Die Kommunen erhalten Fallpauschalen in Höhe von 8 600 Euro pro Asylbewerber pro Jahr, die sie vierteljährlich abrufen können. Der Gesetzentwurf sieht außerdem vor, dass medizinische Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt oder Hilfe zur Pflege gesondert erstattet werden, soweit sie einen Betrag von 10 000 Euro je Person und Kalenderjahr übersteigen.

Grundsätzlich zeigten sich alle Fraktionen zufrieden mit den Vorschlägen des Finanzministers und unterstrichen, es sei richtig, die Kosten aus dem FAG zu finanzieren. Die Linken äußerten Zweifel, ob die 48 Millionen Euro ausreichen würden und ob die Pauschalierung der richtige Weg sei. Die SPD hielt eine Mischung aus Pauschal- und Spitzabrechnung für möglich. Die CDU begrüßte es, dass die Pauschale nicht Teil des Gesetzes ist, sondern eine Verordnung. Somit könnte sie leichter den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden.

Die Grünen brachten einen Änderungsantrag ein. Sie plädieren unter anderem dafür, dass weiterhin an dem Grundsatz festgehalten werde, in den Kommunen möglichst dezentrale Unterbringungsmöglichkeiten zu suchen. Außerdem sollen örtliche Steuereinnahmen nicht mehr zu 100 Prozent bei der Bedarfsermittlung angerechnet werden, um die Eigenverantwortlichkeit der Kommunen zu stärken. 

Der Gesetzentwurf wurde in den Ausschuss für Finanzen (federführend) und den Ausschuss für Inneres und Sport (mitberatend) überwiesen.