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Plenarsitzung

Schulen: Anhörung zum Thema Handyverbot

Wie sollten Schulen und Bildungspolitik auf die Risiken reagieren, die soziale Medien bergen? Manche fordern gar ein flächendeckendes Smartphone-Verbot an Schulen. In einer umfangreichen Anhörung im Bildungsausschuss des Landtags von Sachsen-Anhalt äußerten sich am 27. November 2025 Fachleute zum Thema. Ein flächendeckendes Verbot lehnen die meisten ab, darunter auch Bildungsminister Jan Riedel.

Grundlage der Anhörung war ein Selbstbefassungsantrag der Fraktion Die Linke. Anlass dafür war die Veröffentlichung desDiskussionspapiers „Soziale Medien und die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“, das von der Leopoldina – der Nationalen Akademie der Wissenschaften – herausgegeben wurde.

Mehrere Schüler mit Smartphones in der Hand

Private Smartphones an Schulen sorgen immer wieder für Diskussionen.

Dr. Julia Brailovskaia von der Leopoldina erklärte: „Wir erleben eine globale Krise psychischer Erkrankungen junger Menschen.“ Die Forschung deute darauf hin, dass soziale Medien eine Ursache dafür seien. Zwar seien die Erkenntnisse in diesem Bereich vor allem korrelativ und nicht kausal – dennoch sehe man politischen Handlungsbedarf. Eine Maßnahme, die die Verfasser des vorgelegten Diskussionspapiers empfehlen, besteht darin, die Nutzung von Smartphones in Schulen bis einschließlich der zehnten Klasse zu verbieten. Die Regelung müsse jedoch pädagogisch begleitet und regelmäßig evaluiert werden, sagte Braillovskaia. Als weitere Maßnahmen schlagen die Autoren etwa einen „digitalen Bildungskanon“ vor, der fächerübergreifend unterrichtet werden solle. Auch eine datenschutzfreundliche Möglichkeit zur Altersverifikation sei sinnvoll, um altersabhängige Regelungen für Social-Media-Plattformen umsetzen zu können.

Schülerrat gegen Verbot

Auch die Perspektive der Schülerinnen und Schüler hatte Raum in der Anhörung. Lucienne Balke sprach als Vorsitzende des Landesschülerrats und erklärte, dass Medienkompetenz aktiv in den Schulen vermittelt werden müsse. „Ein Verbot bietet keine Grundlage für das Erlernen von Kompetenzen, sondern sorgt für eine noch unkontrolliertere und ungesundere Nutzung außerhalb der Schule. So ist es notwendig, dass fächerübergreifend der richtige Umgang mit digitalen Medien gelehrt wird.“ Auch seien private Endgeräte schon deshalb nötig, weil es unrealistisch sei, dass alle Schulen mit eigenen Geräten ausgestattet würden.

Lehrer lehnen generelles Verbot ab

Für den Lehrerhauptpersonalrat sprach Stefan Hofmann. Man lehne ein generelles Handyverbot ab, „zugunsten schulinterner Lösungen“. „Wir müssen unbedingt die Vorteile nutzen, die diese Medien bieten.“ Allerdings sollte die Mediennutzung auf den Unterricht bezogen sein. Wichtig sei, das Schulen Geräte zur Verfügung gestellt würden – das trage auch dazu bei, soziale Segregation zu mindern. Auch die Schulsozialarbeit gelte es unbedingt zu fördern. Sie vermittele soziale Kompetenzen, die auch bei Aktivitäten im Internet gefragt seien.

Minister: Kein landesweites Verbot

Ein landesweites Endgeräteverbot werde es nicht geben, erklärte Bildungsminister Jan Riedel (CDU). Man wolle einen doppelten Ansatz wählen: Handlungsfreiheit für Schulen mit einem rechtlichen und pädagogischen Rahmen durch das Land. Wichtig sei es, die Handlungsautonomie der Schulen zu stärken. Klar sei auch, dass Medienkompetenz eine der Schlüsselkompetenzen sei.

1,3 Millionen Kinder mit riskanter Nutzung

Steffen Meyrich, sprach als Leiter der DAK in Sachsen-Anhalt. In einer Studie untersuche seine Krankenkasse seit 2019 das Mediennutzungsverhalten junger Menschen in Deutschland. Dem aktuellen Stand zufolge gebe es 1,3 Millionen Kinder zwischen 10 und 17 Jahren, bei denen eine sogenannte riskante Nutzung im Bereich der sozialen Medien vorliege. 360.000 hätten eine sogenannte pathologische Nutzung. Wichtig seien entsprechend Prävention und ein gesamtgesellschaftlicher Ansatz.

Fachleute kamen zu Wort

Michael Terhörst von der Bundeszentrale für Kinder –und Jugendschutz (BzKJ) teilte die Forderung nach einer effektiven Altersüberprüfung und brachte Elternbegleittools und effektive Meldemöglichkeiten als weitere Maßnahmen zur Sprache. Im Digital Services Act (DSA) gebe es bereits Leitlinien, diese müssten jedoch umgesetzt werden. Der Gesetzentwurf, den das EU-Parlament dazu jüngst beschlossen habe, entspreche dabei dem Papier der Leopoldina.

André Weßel von der Gesellschaft Medienpädagogik und Kommunikationskultur sprach sich gegen ein pauschales Smartphoneverbot an Schulen aus. Stattdessen brauche es unter anderem schulische Gesamtkonzepte zur Mediennutzung und eine landesweite Infrastruktur für Bildung in der digitalen Gesellschaft. Dazu gehörten etwa Fortbildungsangebote.

Auch Susanne von Holten von der Landesmedienanstalt sprach sich gegen ein Verbot aus. „Smartphones sind in jugendlichen Lebenswelten Werkzeuge für Kommunikation, Organisation und Lernen.“ Schule müsse ein Ort sein, an dem der Umgang mit den Geräten vermittelt werde.

Anbieter sozialer Medien sollten mehr in die Pflicht genommen werden, erklärte Dr. Katja Bach vom Verband fjp>media e. V. - Verband junger Medienmacher Sachsen-Anhalt. Viele der von der Leopoldina genannten Schutzmechanismen seien bereits umgesetzt – „Es steht und fällt jedoch mit der Altersverifikation.“ Hier befürworte man eine datensparsame Methode. Weiterhin sei die Verwendung eigener Geräte in der Schule sinnvoll, um gelerntes im Bereich der digitalen Bildung umsetzen zu können, erklärte Bachs Kollege Olaf Schütte.

„Verbotsdiskurse“ ohne Wirkung

Thekla Mayerhofer vom Grundschulverband erklärte, dass Kinder lernen müssten, Medien zu verstehen. Hier sei pädagogische Begleitung nötig. „Verbotsdiskurse“ hätten keine Wirkung.

Ähnlich äußerte sich Anne Seiffert vom Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt „Wir sehen, dass Verbote meistens keine Lösung sind, die von jungen Menschen verstanden und anerkannt wird.“ Ein Verbot würde jungen Menschen die Chance nehmen, Medienkompetenz im geschützten Raum zu entwickeln. „Den wirksamsten Schutz sehen wir in der Medienbildung.“

Martin Fischer vom Deutschen Kinderhilfswerk plädierte für eine deutschlandweit einheitliche Regelung zum Umgang mit Smartphones. Wichtig dabei sei, dass Kinderrechte gewahrt und junge Menschen mit einbezogen würden.

Stefan Schönwetter von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung Sachsen-Anhalt betonte in seinen Ausführungen, dass junge Menschen soziale Medien auch für positive Lebensaspekte nutzten, etwa um Kontakt mit Freunden zu halten. Aus der Praxis könne aber auch er bestätigen, dass soziale Medien negative Effekte haben können. Wolle man die Zeit reduzieren, die junge Menschen auf den Plattformen verbringen, solle man unter anderem analoge Angebote wie Jugendclubs stärken.

Für den Landesverband Bildung und Erziehung sprach Torsten Wahl. Ein Smartphoneverbot an Kindertagesstätten begrüße man, in Schulen lehne man ein generelles Verbot ab. Es sollte stattdessen einen klaren rechtlichen Rahmen geben, den Schulen mitgestalten könnten. Wichtig seien gemeinsame Absprachen zwischen Lehrern, Eltern und Schülern.

Ähnlich äußerte sich Jürgen Banse vom Verband Deutscher Privatschulen Sachsen-Anhalt. „Schulen brauchen mehr Rechts- und Handlungssicherheit, um selbstständig passende Regelungen treffen zu können.“ Nützlich wäre etwa ein klarer Handlungsleitfaden für Schulen.

Thomas Schödel sprach für das Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt (LISA). Er kritisierte eine Ausweitung der Diskussion auf alle digitalen Geräte und Dienste. „Verbote sollten im Schulumfeld nur die Ultima Ratio sein“, weshalb man ein flächendeckendes Verbot ablehne. Stattdessen sei es wichtig, die Regelungen an den einzelnen Schulen gemeinsam zu erarbeiten.