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Plenarsitzung

Transkript

Kerstin Eisenreich (DIE LINKE):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ehrlich gesagt, auch mir fällt es gerade schwer, in Anbetracht des Krieges in der Ukraine und der Debatten, die wir heute dazu geführt haben, bei der folgenden Debatte zu etwas Ähnlichem wie parlamentarischer Normalität zurückzukehren. Allerdings werden sich die seit Oktober 2021 hier geführten Debatten über die Preisexplosion und deren Auswirkungen auf die Menschen nunmehr weiter zuspitzen.

Im Übrigen reibt man sich da gerade die Augen. Allein auf der Grundlage von Spekulationen im Zusammenhang mit dem Kriegstreiben werden die Benzin- und Dieselpreise um 10 Cent pro Liter in die Höhe getrieben. Das ist der aktuelle Stand. So viel dazu. Das hat mit der CO2 Steuer und der EEG-Umlage überhaupt nichts zu tun.

(Zurufe)

Gleiches gilt im Übrigen für Getreide und andere landwirtschaftliche Rohstoffe. Hieran wird einmal mehr deutlich, dass auch den Spekulationen an den Börsen unbedingt ein Riegel vorgeschoben werden muss.

Doch weiter zu dem Antrag. Ausgehend von den extremen Preisanstiegen bei Energieträgern und den daraus folgenden Preiserhöhungen bei Strom, Heizung und Kraftstoffen sind die Preiserhöhungen längst bei den allgemeinen Lebenserhaltungskosten angekommen. Dies wirkt sich entsprechend stark auch auf die Lebensmittelpreise aus.

Die Teuerungsrate von 6 % im Dezember 2021 können sich viele Menschen im Land schlichtweg nicht mehr leisten. Für ca. 20 % der Menschen in Sachsen-Anhalt ist die Situation besonders dramatisch - 20 % sind ein Fünftel unserer Bevölkerung  ; denn diese 20 % gelten aufgrund ihres geringen Einkommens als arm. Bundesweit sind davon immerhin 13,1 Millionen Menschen betroffen.

Doch während immer mehr Menschen in einer prekären Situation leben, füllen sich die Eigentümer von Lidl, Aldi und Co. die Taschen mit riesigen Profiten. Weltweit ist die Anzahl der Milliardäre und deren Gesamtvermögen massiv angestiegen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist also ausreichend Geld vorhanden, nur muss endlich eine Umverteilung passieren,

(Zustimmung)

damit die Menschen, die am meisten unter den hohen Preisen leiden, endlich eine gerechte Unterstützung erfahren.

(Zustimmung)

Meine Fraktion kritisiert, dass alles, was dazu bisher im Bund angekündigt wurde, viel zu wenig ist, um für echte Entlastung zu sorgen.

(Zustimmung)

Denn das Problem, meine sehr geehrten Damen und Herren, heißt Armut, heißt Energiearmut und ist keinesfalls neu. Es existiert seit Langem und muss dringend bekämpft werden. Deshalb fordern wir mit dem heute vorliegenden Antrag weitere und weitergehende Maßnahmen. Wir fordern die Landesregierung auf, sich auf der Bundesebene dafür starkzumachen. Denn weder die bisher angekündigte Einmalzahlung des Heizkostenzuschusses für einen sehr eingeschränkten Empfängerkreis noch die jetzt versprochene Einmalzahlung eines Coronazuschusses für besonders Bedürftige in Höhe von 100 € können da Abhilfe schaffen oder gar die Not lindern. Noch dazu werden diese Auszahlungen frühestens im Sommer 2022 beginnen. Die Probleme der Menschen sind aber jetzt akut, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Die Sozialverbände fordern für einen durchschnittlichen Haushalt, also bestehend aus drei oder vier Personen, 500 € mehr für Energie. Wir fordern für alle, deren Einkommen unter der Armutsrisikoschwelle liegt, einen Sofortzuschuss in Höhe von 200 € pro Person.

(Zustimmung)

Davon könnten in der Bundesrepublik 13 Millionen Menschen profitieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit Langem ist ebenso klar, dass die Sätze des Arbeitslosengeldes II und der Grundsicherung unter dem existenzsichernden Minimum liegen. Mittelfristig müssen endlich die Sozialleistungen erhöht werden. Ein Betrag von 658 € ist das Minimum für den Hartz IV-Regelsatz. Vor diesem Hintergrund ist die bisherige Erhöhung um 3 € ein echter Skandal, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Zustimmung)

Als kurzfristige Unterstützung fordern wir daher, dass sowohl die Sätze des Arbeitslosengeldes II als auch der Grundsicherung sofort zumindest um die Höhe der Inflationsrate erhöht werden. Gleichzeitig muss das Wohngeld angepasst werden. Wir sehen hier als Grundlage die Bruttowarmmiete zuzüglich einer Komponente für Strom, da die bisherigen Regelsätze diese Kosten nicht ausreichend berücksichtigen.

Auch die Einführung des CO2-Preises auf Wärme wirkt sich für Mieterinnen und Mieter finanziell negativ aus. Zwar hat man sich im Bund darauf geeinigt, dass beide Parteien, also Vermieterinnen und Mieterinnen, jeweils 50 % zu zahlen haben. Aber aus unserer Sicht ist das nicht gerecht; denn schließlich sind die Mieterinnen und Mieter davon abhängig, ob ihre Vermieterinnen in moderne Heizungsanlagen und in energetische Sanierung investieren. Daher lautet unsere Forderung, dass die Vermieterinnen den CO2-Preis für das Heizen komplett übernehmen, um ihnen damit auch einen Anreiz zur Modernisierung und Umstellung auf erneuerbare Energien zu geben.

(Zurufe)

Damit sind wir bei den jetzt von der Bundesregierung vorgeschlagenen Steuererleichterungen. Ja, gut, Arbeitnehmerfreibetrag und Grundfreibetrag sollen steigen. Aber für Entlastung werden diese Maßnahmen erst im nächsten Jahr mit der Steuererklärung sorgen, und ausreichend sind sie ebenso wenig.

Einen Grund zum Feiern wegen der angekündigten Erhöhung der Fernpendlerpauschale gibt es überhaupt nicht. Entlastet werden mit dieser Pauschale jene mit guten und höheren Einkommen. Diejenigen aber, die nur geringe Einkommen erzielen, zahlen gar nicht so viel Steuern, dass sie die auflaufenden Kilometerkosten auch nur annähernd absetzen könnten. Deshalb fordern wir   das machen auch einige Sozialverbände   ein sozial gerechtes Mobilitätsgeld. Das heißt, unabhängig von dem genutzten Verkehrsmittel wird für alle Pendler der gleiche Betrag pro Kilometer ausgezahlt.

(Zustimmung)

Aber neben den Verbraucherinnen und Verbrauchern sind auch gerade die kleinen und mittleren Unternehmen in Sachsen-Anhalt von den steigenden Kosten betroffen, sei es die Bäckerei, die ihre Öfen heizen muss, seien es andere Handwerksfirmen, die zu ihren Kundinnen oder als Dienstleister zu anderen Unternehmen mit ihren Fahrzeugen unterwegs sind. Doch wenn ich mich so an vergangene Debatten hier im Hause und auch an Pressestatements erinnere, dann stelle ich fest, dass immer die Großunternehmen im Mittelpunkt standen. Dabei sind es doch aber die kleinen und mittleren Unternehmen, die die wichtigste wirtschaftliche Grundlage im Land sind. Deshalb verwundert mich dieses Herangehen schon sehr; denn sie brauchen dringend mehr Unterstützung von Bund und Land.

Erste Ansätze finden sich mit den vorgeschlagenen Steuererleichterungen und mit der Verlängerung des Kurzarbeitergeldes. Aber wir müssen diesen Unternehmen auch Unterstützung bei der derzeitigen Kostenbewältigung sowie die Chance geben, ihre Wirtschaftsweise auf mehr Effizienz und Ressourcen- sowie Energieschonung umzustellen.

Wegen der derzeitigen Energiekosten und der dringenden Notwendigkeit, auf erneuerbare Energieträger umzusteigen und generell energieeffizienter und ressourcenschonender zu werden, ist aus unserer Sicht die Einstellung des KfW-Förderprogramms für energieeffiziente Gebäude durch das Bundeswirtschaftsministerium ein falsches Signal. Wir fordern, dass Förderprogramme zur energetischen Sanierung und Modernisierung dringend fortgesetzt werden.

Wer nun noch bei allem immer und immer wieder behauptet, dass der Markt das schon irgendwie regeln wird, der liegt grundfalsch. Deshalb haben wir in unseren Antrag weitere Aspekte aufgenommen, die vor allem die stärkere Überwachung der Strompreise und ein schärferes Kartellrecht im Bereich von Strom, Gas und Öl zum Ziel haben. Außerdem kann es doch nicht sein, dass Energieunternehmen zufällig bedingte Gewinne, sogenannte Windfall-Profits, einstreichen, denen keinerlei Leistung der Unternehmen zugrunde liegt. Diese gehören eingezogen und sollen der Allgemeinheit zugutekommen.

Wir sind erneut an dem Punkt, dass es uns hier im Land auf die Füße fällt, dass der Ausbau von erneuerbaren Energien nicht vorankommt. Dieser muss stärker dezentral, regional, vor Ort passieren und damit einhergehen, dass die Menschen unmittelbar vor Ort direkt davon profitieren. Parallel dazu müssen die für die Daseinsvorsorge notwendigen Strom- und Wärmenetze in die öffentliche Hand überführt und viel stärker demokratisch kontrolliert werden.

Es gibt also eine ganze Reihe an Stellschrauben, um die Menschen im Land finanziell zu entlasten, nur muss daran auch endlich mal gedreht werden, und zwar in ausreichendem Maße. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.

(Zustimmung)