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Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 1

Beratung

Befragung der Landesregierung nach § 45a GO.LT

 

Nach § 45a unserer Geschäftsordnung ist die Reihenfolge festgelegt und die SPD-Fraktion darf heute beginnen.


Dr. Falko Grube (SPD):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Es geht uns heute um das Thema „Führerscheinumtausch. Wir sind seit 2013 dabei, die alten Führerscheine durch die neuen, handlichen Karten zu ersetzen. Das wird sukzessive gemacht. Im Moment wären die Jahrgänge der Jahre 1953 bis 1958 dran. Da gab es nach der Dritten Führerscheinrichtlinie den Stichtag 19. Januar dieses Jahres. Bis vor einer Woche hätten ihn also alle Leute umgetauscht haben müssen.

Die Verkehrsministerkonferenz im Dezember letzten Jahres hat dazu beschlossen, diesen Stichtag zu verlängern. Ich finde, das ist aus drei Gründen eine weise Entscheidung. Erstens haben wir Corona. Zweitens hatten wir hier in Sachsen-Anhalt ein Datenleck. Ich weiß gar nicht, wie in dem Landkreis überhaupt der Sachstand der Abarbeitung ist. Drittens muss ich gestehen, mir erschließt sich mit Blick auf die Bundesregelung die Sinnhaftigkeit nicht so richtig, warum Leute, die vielleicht im europäischen Ausland gar nicht fahren, unbedingt neue Führerscheine brauchen. Aber das sei jetzt dahingestellt.

Es gab dazu Anfang des Jahres eine gemeinsame Pressemitteilung vom Infrastruktur- und vom Innenministerium, worin steht, dass die Polizeibeamtinnen und -beamten auf ihren Ermessensspielraum hingewiesen werden.

Die Frage ist: Ist das, was da verschickt wurde, ausreichend, um zu verhindern, dass trotz eines Verkehrsministerkonferenzbeschlusses, die Frist zu verlängern, hier in Sachsen-Anhalt nicht flächendeckend Bußgelder erhoben werden?


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Frau Hüskens kommt.

 

Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann für die Landesregierung klar antworten. Herr Grube, ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, dass Sie hier noch einmal nachgefragt haben. - Ja, die Landesregierung hat in den letzten Wochen alles getan, um zu verhindern, dass Menschen, die tatsächlich nichts dafür können, zu Bußgeldern herangezogen werden.

Vielleicht sage ich einmal ganz kurz zwei Sätze zur Genesis. Denn wenn ich hier in den Raum schaue, stelle ich fest, natürlich sind alle so jung, dass sie aktuell noch nicht von der Umtauschpflicht betroffen sind.

(Zurufe)

Der eine oder andere vielleicht schon, er hat sich aber bestimmt für Anverwandte schon einmal gekümmert.

Sie haben alle gemerkt, dass es das eine oder andere Problem gab, zu Terminen zu kommen. Das ist tatsächlich der Hintergrund gewesen. Es hat im letzten Jahr im Sommer schon deutschlandweit erste Hinweise von einzelnen Landkreisen gegeben, dass sie Schwierigkeiten hätten, einen entsprechenden Umtausch sicherzustellen. Dem ist man nachgegangen.

Zunächst war es so, dass eine Reihe von Landkreisen, vielleicht auch ein Stückchen an der Ehre gepackt, über den Sommer dann gesagt hat, doch, wir schaffen das trotzdem, auch darauf vertrauend, dass die Menschen sich alle impfen lassen würden und dass man dann zum Herbst hin quasi in einen Normalbetrieb gehen könnte. Als man dann festgestellt hat, dass das so nicht war, gab es vermehrt warnende Hinweise, dass wir den Termin 19. Januar erreichen würden und doch eine ganze Reihe von Menschen in Deutschland ohne eigenes Verschulden keinen gültigen Führerschein haben würde.

In einem Rechtsstaat gilt normalerweise das geltende Recht. Das heißt, wenn jemand dann in eine entsprechende Kontrolle gekommen wäre, hätte er mit einem Bußgeld von 10 € rechnen müssen.

Das war der Hintergrund. Dazu hat es in der Verkehrsministerkonferenz einen Antrag von Sachsen gegeben, dem wir beigetreten sind, dieses auszusetzen. Dieser hat dann in der Verkehrsministerkonferenz Zustimmung gefunden.

Wir werden dies, nachdem auch die Innenministerkonferenz - Sie haben das wahrgenommen - Entsprechendes beschlossen hat, so umsetzen. Und ja, im Land sind die Polizisten entsprechend sensibilisiert. Ich gehe davon aus, dass niemand, der in dem Alter ist, jetzt tatsächlich Probleme bekommt. Wichtig ist auch, dass er diese auch dann nicht bekommt, wenn er zum Beispiel Kinder oder Enkelkinder irgendwo in einem Nachbarland besucht. Denn darum geht es ja auch. Wir müssen innerdeutsch immer analog verfahren.

Sie sagten, Herr Grube, dass Sie meinen, europäisch müsste das jetzt nicht ausgetauscht werden und einheitlich sein. - Doch, ich glaube das schon, auch wenn wir als Sachsen-Anhalter es immer planen können, wenn wir ins Ausland wollen. Es gibt in Deutschland auch eine ganze Reihe von Ländern mit europäischen Grenzen. Ich glaube, es macht schon Sinn, innereuropäisch dabei einheitlich zu verfahren. Nicht jeder möchte gerne Monate vorher entsprechend planen. Ich finde, innerhalb Europas sollte man das auch spontan können. Deshalb halte ich es für wichtig, auch wenn das - das muss man auch dazu sagen - natürlich eine zusätzliche Arbeit für die Straßenverkehrsbehörden ist, die den Umtausch vornehmen müssen. Das muss man hier so sehen.

Der eine oder andere hat einmal gefragt, warum wir das nicht einfach in einem großen Abwasch machen; jeder kann es machen, wann er es möchte. Die Staffelung ist durch die Länder festgelegt worden, um dafür zu sorgen, dass die Arbeitsbelastung bei den Behörden in den Kommunen gleichmäßig ist und nicht einen Peak hat. Dazu sage ich einmal etwas ganz Menschliches; das kennen wir alle von uns selbst: Wir neigen manchmal dazu, eine Aufgabe erst wahrzunehmen, wenn das Fristende herankommt. Das war die Sorge. Deshalb diese Staffelung. - Das von meiner Seite.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Herr Erben möchte gleich anschließen.


Rüdiger Erben (SPD):

Frau Ministerin, vielen Dank. - Ich teile Ihre Einschätzung, auch dazu, was die Beweggründe der Verkehrsminister für diese Entscheidung gewesen sind. Da ist es natürlich deutschlandweit nicht überall so extrem wie in Anhalt-Bitterfeld. Aber das Problem besteht allein schon wegen der Coronabeschränkungen überall.

Aber die Dinge sind dann immer sehr konkret. Nehmen wir jetzt das sicherlich extremste Beispiel: Soweit ich von meinem Kollegen Holger Hövelmann weiß, gibt es allein in Anhalt-Bitterfeld um die 5 000 Betroffene.

Nun kommt ein Mann oder eine Frau, dessen oder deren Führerschein nicht umgetauscht worden ist, heute in eine Polizeikontrolle.

Nach dem aktuellen Verwarngeldkatalog ist es so, dass das mit 10 € belegt ist. Nun kenne ich natürlich den Opportunitätsgrundsatz des OWiG. Aber wie entscheidet der Polizeibeamte? Denn der Regelfall ist nicht, dass im Rahmen eines Bußgeldverfahrens irgendwann in der Polizeiinspektion Zentrale Dienste die Entscheidung ansteht, wie man im Hinblick auf das Verwarngeld in Höhe von 10 € verfährt; vielmehr muss der Polizist auf der Straße in der konkreten Situation entscheiden: Will ich 10 € von dem- oder derjenigen oder will ich sie nicht? Der alte Mann und die alte Frau werden die 10 € regelmäßig herausrücken, weil sie nämlich darüber belehrt werden, dass das Thema mit den 10 € für ihn bzw. sie abgehakt ist. Wie entscheidet der Polizist?


Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):

Herr Erben, vielen Dank für die Nachfrage. Möglicherweise habe ich mich an dieser Stelle nicht klar ausgedrückt. Das Innenministerium hat die Polizeidienststellen darüber informiert, dass es angemessen ist, genauso zu verfahren, also in diesem Fall kein Ordnungsgeld zu erheben, bis wir auf der Bundesebene entsprechende Regelungen haben. Das heißt, die Opportunität ist durch die Landesregierung vorgegeben worden.


Rüdiger Erben (SPD):

Es gibt also, wenn ich nachfragen darf, eine klarere Regelung als die Formulierung in der Pressemitteilung?


Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):

Der Landesregierung, Herr Erben, ist völlig bewusst, dass wir nicht über Pressemitteilungen regieren.

(Zustimmung)

Hierbei ging es auf der einen Seite darum, dies in der Öffentlichkeit zu kommunizieren, weil es diesbezüglich Irritationen gab, und auf der anderen Seite ist das Innenministerium tätig geworden.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Gibt es weitere Fragen vonseiten der SPD? - Das sehe ich nicht.