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Plenarsitzung

Transkript

Rüdiger Erben (SPD):

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die antragsstellende AfD-Fraktion zeigt deutlich, als was sie sich hier versteht, nämlich als parlamentarischer Arm der Querdenker, Verschwörungsideologen, Coronaleugner, die sich

(Zustimmung - Zurufe)

- Sie springen gleich darauf an, Herr Büttner - selbst als   d a s   Volk bezeichnen und behaupten, in einer Diktatur zu leben.

Woher, Herr Büttner, nehmen Sie eigentlich die Erkenntnis, dass - ich zitiere aus Ihrem Antrag, Sie selbst haben es nicht getan - „die Demokratie‐ und Freiheitsbewegung der sogenannten Coronaproteste“ - jetzt genau darauf achten - „von einem Querschnitt der Gesamtbevölkerung getragen wird“? Woher nehmen Sie diese Erkenntnis?

(Zurufe: Wir reden mit den Menschen! - Sollten Sie auch mal machen! - GRÜNE, LINKE, SPD, Mitglieder - waren alle schon da! - Unruhe)

Das ist vielleicht eine Gesamtbevölkerung, die Sie sich wünschen würden, aber die es zum Glück nicht gibt. Ihr Denken ist Wunschdenken. Mich erreichen seit Wochen auch sehr viele Meinungsäußerungen von Menschen, die nicht verstehen können,

(Zuruf: Lüge!)

dass sich in Zeiten der Pandemie Hunderte, manchmal Tausende von Leuten ohne Maske und Abstand versammeln und der Staat aus ihrer Sicht nur zusieht.

(Zuruf - Unruhe)

Die Demonstranten gegen Coronamaßnahmen sind eine verschwindende Minderheit, die lautstark suggeriert, dass sie das Sprachrohr der angeblich schweigenden Mehrheit sei.

(Zustimmung)

An dieser Stelle erkenne ich sehr viele Parallelen zu den Pegidaprotesten vor einigen Jahren. Die Argumentationsmuster waren damals ähnlich. Die Ergebnisse kann man sich heute in Sachsen ansehen.

Mittlerweile ist doch jedem klar, wem man, bspw. in Magdeburg, hinterherläuft, wenn man an solchen Versammlungen teilnimmt.

(Zuruf: Wem denn?)

Um es mit den Worten des Bundespräsidenten zu sagen - ich zitiere -: Das Wort Spaziergang hat in den vergangenen Monaten seine Unschuld verloren.

(Zuruf: Oh!)

Hygieneregeln und Coronaauflagen werden bewusst umgangen. Märsche werden bspw. auch in meinem Wahlkreis vor Arztpraxen und Wohnungen von Impfärzten angedroht und organisiert.

(Zuruf: Quatsch! Nicht von uns!)

- Natürlich hat das stattgefunden.

(Zuruf: Was haben wir denn damit zu tun? - Weitere Zurufe)

- Ich habe ja nicht gesagt, dass Sie das organisiert haben.

In Teilen dieses Landes werden immer noch elementare Vorschriften des Versammlungsrechtes missachtet. In Magdeburger oder Halberstadt - Frau Ministerin ist eben darauf eingegangen - finden große Versammlungen statt, die nicht angemeldet worden sind. Im Umfeld des Landtages können wir Woche für Woche beobachten und erleben, mit welcher Brutalität einzelne Teilnehmer gegen Polizistinnen und Polizisten vorgehen.

Herr Büttner, wenn ich heute Ihre Rede gehört habe und ihren Antrag lese, dann fühle ich mich schon zwangsläufig an Ihre Hetzrede vom Juni 2020 genau an dieser Stelle erinnert,

(Zustimmung)

als Sie ankündigten - ich zitiere Sie von damals -,

(Zuruf: Aber bitte richtig!)

Demonstrierende, Pendler und Autofahrer mit Fackeln und Mistgabeln zu Büros von bestimmten Abgeordneten zu führen.

(Zuruf: Damit sie ihnen erklären können!)

Damit dies auch störungsfrei verläuft, wollen Sie mit Ihrem Antrag die Polizei dazu verdonnern, sich eben dem nicht entgegenzustellen. Sie mögen davon träumen, dass sich die Ereignisse von Washington im Januar 2021 auch in Sachsen-Anhalt wiederholen.

(Lachen)

Doch das wird nicht passieren.

(Zustimmung)

Polizei und Versammlungsbehörden müssen und werden geltendes Recht durchsetzen. Dazu gehören das Versammlungs- und das Infektionsschutzgesetz. Dazu gehört auch die Wahrung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit.

(Zuruf: Und das Recht auf körperliche Unversehrtheit!)

Letzteres funktioniert in vielen Orten in diesem Land Woche für Woche. Allerdings habe ich auch die dringende Erwartung, dass das nach Maßgabe der Gesetze erfolgt.

Herr Büttner, Sie und Ihre Kollegen zitieren immer gern den Artikel 8 des Grundgesetzes. Dabei zitieren Sie immer nur den Absatz 1. Ich empfehle Ihnen jedoch, auch Artikel 8 Abs. 2 zur Kenntnis zu nehmen.

(Zustimmung)

Daraus geht hervor: Die Versammlungsfreiheit ist nicht einschränkungslos. Das sollten Sie noch einmal nachlesen.

(Zustimmung - Zuruf: Was steht da genau drin? Zitieren Sie genau!)

- Ich weiß, was darin steht.

(Zuruf: Was steht da?)

- Darin steht, dass Versammlungen unter freiem Himmel angemeldet werden müssen

(Zuruf: Und weiter!)

und dass die Versammlungsfreiheit durch Gesetz eingeschränkt werden kann.

(Zuruf: Durch was? Und die normale Versammlung?)

- Durch Gesetze, durch was denn sonst?

(Zuruf: Wir haben hier eine Verordnung und kein Gesetz! Merken Sie was? - Genau! - Zurufe: Oh!)

- Nein, Herr Loth, die Versammlungsfreiheit ist in Sachsen-Anhalt ausgestaltet und gesetzlich beschränkt durch unser Versammlungsgesetz. Das Versammlungsgesetz des Landes hat nach meiner Erinnerung im Jahr 2008 das Versammlungsgesetz des Bundes abgelöst. Seitdem - übrigens war das wortgleich über Jahrzehnte im Versammlungsrecht des Bundes geregelt - gilt eine Anmeldepflicht von 48 Stunden vor Versammlungen unter freiem Himmel. Erzählen Sie doch nicht so ein Zeug, dass das durch eine Verordnung eingeführt worden sei.

(Zustimmung)

Ich schließe mit der Feststellung, dass die Versammlungsfreiheit in Sachsen-Anhalt gewahrt ist. Dabei muss aber auch klar sein, dass die Versammlungsfreiheit nicht dafür benutzt werden kann, dass Querdenker, Reichsbürger oder Verschwörungsideologen dem Staat auf der Nase herumtanzen und dies schon gar nicht durch einen Landtagsbeschluss festgestellt wird. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Erben. Es gibt eine Frage von Herrn Büttner (Staßfurt). Sind Sie bereit, diese zu beantworten?

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Ich nehme das zurück! Das hat ja keinen Sinn! - Zurufe: Oh! - Unruhe)

- Er nimmt das zurück. Wunderbar.


Rüdiger Erben (SPD):

Herr Roi hat sich gemeldet.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Er hat sich zu spät gemeldet, nicht während Ihrer Rede. Das geht dann nicht mehr.

(Unruhe)