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Plenarsitzung

Transkript

Matthias Redlich (CDU):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns in einer schwierigen Situation, nämlich in der, dass wir in vielen Bereichen steigende Verbraucherpreise zu verzeichnen haben. Eine höhere Inflationsrate als im Dezember 2021 hatten wir zuletzt vor fast 30 Jahren. Treiber dieser Entwicklung sind vor allem die Preise für Gas und Strom. Gerade in den letzten Wochen gab es an der Strombörse enorme Steigerungen; dies alles haben wir heute schon gehört. Dadurch müssen z. B. Senioren in einem Zweipersonenhaushalt mit mindestens 300 € zusätzlich pro Jahr und Familien mit zwei Kindern mit zusätzlich rund 1 000 € pro Jahr rechnen.

Die Folgen dieser Entwicklung treffen aber nicht nur jene, die für niedrige Löhne schuften, unter Armut leiden und wegen Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit Einkommensverluste erleiden bzw. hinnehmen müssen oder aus anderen Gründen jeden Euro zweimal umdrehen müssen, wie DIE LINKE behauptet. Die Folgen dieser Entwicklung treffen alle Bevölkerungsteile und -gruppen gleichermaßen.

(Zustimmung)

Zu den besonderen Belastungen für die Menschen mit Grundsicherung und niedrigem Einkommen haben wir heute schon viel gehört. Ja, prozentual zur Einkommenshöhe belastet die Energiepreisentwicklung diese Menschen besonders stark, doch auch alle anderen Bevölkerungsgruppen leiden massiv unter der aktuellen Preisentwicklung. Betrachtet man die Aufwendungen für höhere Energiepreise in absoluten Zahlen, dann sind viele unserer mittelständischen Unternehmen diejenigen, die überproportional von den gestiegenen Rohstoff- und Energiepreisen betroffen sind.

(Zustimmung)

Im Gesamtwirtschaftskreislauf wirken sich die Energiepreissteigerungen dabei auf jede Wertschöpfungsstufe bis hin zum Endverbraucher durch Preissteigerungen mehrfach aus. Dies wird unter anderem bei der Herstellung von Lebensmitteln und Gebrauchsgütern sehr deutlich werden. Beispielsweise - dies hat Herr Köhler bereits kurz angedeutet - steigen auch die Energiepreise bei der Produktion von Düngemitteln und führen dort zu Kostensteigerungen. Dadurch steigt der finanzielle Druck auf unsere Landwirte weiter. Mittelfristig steht der Fortbestand einiger dieser landwirtschaftlichen Betriebe so zusätzlich unter Gefahr. Ebenso drohen Ernteeinbußen und höhere Lebensmittelpreise. Wenn konventionelle Landwirte und energieintensive Unternehmen aus Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig sind und den Standort aufgeben, mögen das manche hier im Landtag gar nicht schlimm finden. Meine Fraktion gehört nicht dazu. Wir wollen Arbeitsplätze und Wertschöpfung in Deutschland halten.

(Zustimmung)

Einmal ganz von der Grundversorgungsfunktion der Landwirtschaft abgesehen, sichern unsere Unternehmen nämlich auch Hunderte von Arbeitsplätzen, und auch das ist Sozialpolitik.

(Zustimmung)

Für uns als Union sind Sozial- und Wirtschaftspolitik deshalb eng verzahnt, und die FDP   das wissen wir; Frau Tarricone, vielen Dank - haben wir dabei an unserer Seite; denn sozial verantwortliche Politik bedeutet immer auch, eine solide Wirtschafts-, Finanz- und Energiepolitik zu gestalten.

(Zustimmung)

Im Fall des Strom- und Energiemarktes ist jetzt die Bundesregierung gefordert. Sie muss die notwendigen Weichen für eine nachhaltige, preisstabile und sichere Energieversorgung stellen sowie auch kurzfristige Maßnahmen einleiten. Soziale Garantien gegen Energiepreisexplosionen, darum geht es in dieser Aktuellen Debatte. Dass einkommensschwache Privathaushalte ihre Energiekosten tragen können, ist auch eine sozialpolitische Aufgabe. Reflexartig fordert DIE LINKE aber bei diesem Thema sofort höhere staatliche Leistungen und stärkere Regulierung. Niemand soll frieren - das war schon einmal das Thema einer Debatte. Dabei äußerte unsere Sozialministerin Petra Grimm-Benne, dass die Bezahlbarkeit der Energieversorgung für vulnerable Verbraucherinnen und Verbraucher über zügige Anpassungen beim sozialen Leistungsumfang und mit separaten Zuschüssen über die Bundesebene erreicht werden soll.

Nun mag man sagen: Wenn der Bund zahlt, warum nicht? Aber ist das sozial gerecht? Löst dies die bestehenden Probleme, die wir haben? - Wir haben in Deutschland schon seit vielen Jahren die höchsten Energiepreise in ganz Europa. Finanzielle Unterstützung für einzelne Gruppen von Endverbraucherinnen und Endverbrauchern ändern daran überhaupt nichts. Bevor wir sozialpolitisch versuchen, eine teure Ergebniskosmetik für einzelne Gruppen zu betreiben, sollten wir einmal überlegen, wie wir die steigenden Energiepreise für alle Verbraucherinnen und Verbraucher sowie für unsere Unternehmen und Betriebe abfedern können.

(Zustimmung)

Lassen Sie uns dazu kurz einen Blick auf die Ausgangslage werfen: Um eine sogenannte Energiewende herbeizuführen, wurden auf der Bundesebene seit der Jahrtausendwende verschiedene Umlagen und Abgabeverfahren eingeführt; die genaue Ausführung haben wir dazu schon gehört. Zur Deckung von rund 50 % unseres Energiebedarfes brauchen wir aber immer noch konventionelle Energieträger. Diese benötigen wir auch, um kurzfristige und saisonale Schwankungen bei den erneuerbaren Energien auszugleichen. Gleichwohl plant die Bundesregierung, konventionelle Kraftwerke sogar noch eher, als bisher vorgesehen, vom Netz zu nehmen. Unsere Energiebilanz ist schon jetzt durch relativ hohe Stromimporte und -exporte geprägt. Zur Stromnetzqualität und zur Stabilität werden wir in der nächsten Debatte noch etwas hören. Aber fest steht, dass seit Ende letzten Jahres europaweit die Energie- und Strompreise an den Börsen massiv gestiegen sind.

Dies hängt einerseits damit zusammen, dass sich die globale Wirtschaft erholt und wir, damit verbunden, steigende Stromverbrauche sowie steigende Rohstoffpreise - gerade für Öl, Gas und Kohle - haben. Andererseits kam es in den letzten Monaten - gerade im Dezember - aber auch zu Schwankungen in der Stromproduktion. Reaktorwartungen in Frankreich sorgten für Produktionsausfälle und haben das Angebot zudem dadurch verknappt, dass zusätzliche Stromlieferungen nach Frankreich nötig wurden. Hinzu kam in Deutschland ein überproportionaler saisonaler Rückgang der gesamten Produktion der erneuerbaren Energien.

Doch schon davor war der Strompreis in Deutschland der höchste in Europa, nicht nur absolut, sondern auch im Verhältnis zum Durchschnittseinkommen. Bei den damals über 30 Cent/kWh waren es 41 % staatlich veranlasste Steuern, Abgaben und Umlagen. Wir müssten uns dazu vielleicht noch einmal austauschen, woran es liegen könnte, dass Sie auf 50 % kommen. 23 % waren Netzentgelte und rund 36 % verbleiben für Stromerzeugung und -vertrieb.

Die Stellschrauben, um die steigenden Energiepreise für alle Verbraucherinnen und Verbraucher sowie für unsere Unternehmen und Betriebe kurzfristig abzufedern, sind folglich eine schnelle Senkung der bundesstaatlich veranlassten Steuern, Abgaben und Umlagen und eben nicht zusätzliche Bürokratie und Regulierung. Dazu gehört die sofortige Abschaffung der EEG-Umlage - nicht erst 2023  , die zeitweise Aussetzung oder zumindest Senkung von Energie- und Mehrwertsteuer für Strom und Gas sowie eine intensive inhaltliche Auseinandersetzung der Bundesregierung mit der Problematik, wie eine nachhaltige, preisstabile und sichere Energieversorgung für unseren Wirtschafts- und Industriestandort zukunftsfähig gestaltet werden kann.

Mit Blick auf die drohenden massiven wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der aktuellen Preissteigerungen muss die Ampelkoalition jetzt handeln. Ich danke in diesem Zusammenhang unserem Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten Sven Schulze, der sich bereits in diesem Sinne einsetzt und den Bundeskanzler zum Handeln auffordert.

(Zustimmung)

Statt teurer sozialpolitischer Ergebniskosmetik für einzelne Gruppen brauchen wir übergreifende Lösungen für alle Bürgerinnen und Bürger und unsere Unternehmen im Land. Ja, auch das ist Sozialpolitik, wie wir sie betreiben. - Vielen Dank.

(Zustimmung)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Redlich. Herr Redlich, einen Augenblick noch. Herr Rausch hat eine Frage.


Tobias Rausch (AfD):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrter Kollege, ich bin Ihnen erst einmal dankbar für Ihre Rede; denn Sie haben viele Sachen gesagt, die sich sehr gut angehört habe. Man sieht, was es für Wunder bewirken kann, wenn die CDU auf einmal in der Opposition ist. Denn ich frage mich: Welche Partei hat denn in den letzten 16 Jahren den Kanzler gestellt und die Energiewende vorangetrieben? Wer trägt denn die Schuld für diese Steuern, die Sie jetzt kritisieren?

(Unruhe)

Ich finde das schon interessant. Ich möchte Sie jetzt aber einmal bei Ihrem Vorschlag packen. Sie haben davon gesprochen, die EEG-Umlage jetzt auszusetzen und die Mehrwertsteuer überbrückungsweise zu senken. Sie sind Mitglied der CDU-Fraktion, der größten Fraktion im Landtag.

(Zuruf: Gott sei Dank!)

Sie stellt den Ministerpräsidenten. Ich hoffe, Sie setzen sich dafür ein, dass wir in einer Debatte im Landtag bald befinden können, dass sich der Landtag dazu bekennt, die Bundesregierung aufzufordern, sich dafür einzusetzen, die Steuern, die Sie gerade aufgezählt haben, zu senken. Das wäre eine Maßnahme, für die Ihnen die Bürger danken würden. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung)


Matthias Redlich (CDU):

Kurz: Erstens haben wir keinen Kanzler gehabt, sondern eine Kanzlerin.

(Zustimmung)

Wir hatten eine Koalitionsregierung und waren nicht allein an der Macht. Das muss man vielleicht auch anmerken.

Zweite Anmerkung. Wenn Sie mir aufmerksam zugehört hätten, dann hätten Sie gehört, dass sich unser Minister bereits dafür einsetzt, bestimmte Punkte umzusetzen. Genau das, was Sie angesprochen haben, ist dabei. - Vielen Dank.

(Zustimmung)