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Plenarsitzung

Transkript

Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt):

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Vor wenigen Tagen haben wir ein aktuelles Gutachten der Stadt Sandersdorf-Brehna erhalten, das die Situation in Roitzsch bewertet. In Roitzsch gibt es momentan eine Deponie der Deponieklasse II, die schon betrieben wird, und einen Antrag auf eine weitere Deponie   der Abg. Lange hat es gerade beschrieben   der Deponieklassen 0 und I.

Die DK II, wie es im Verwaltungsdeutsch heißt, ist eine bestandskräftig planfestgestellte Deponie. Die Zulassung erfolgte im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens gemäß § 35 Abs. 2 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes mit integrierter Umweltverträglichkeitsprüfung. Der Beschluss ist auf den 9. August 2013 datiert. Abfalleinlagerungen gibt es seit dem Jahr 2015.

Diese Planfeststellungsverfahren, um Sie in das Thema einzuführen, erfolgen auf der Grundlage eines bundesrechtlich vorgegebenen Rechtsrahmen, den wir im Land umsetzen. Die DK II Roitzsch wurde nach dem in der Deponieverordnung fixierten aktuellen Stand der Technik geplant, gebaut und nunmehr danach betrieben. Die rechtlich vorgeschriebenen Sicherungssysteme und sonstigen Vorkehrungen sind darauf ausgerichtet, die jeweilig zugelassene Schadstofffracht sicher und dauerhaft abzulagern.

Ob die Deponie diesen Ansprüchen genügt, wurde in dem hierfür gesetzlich vorgesehenen Verfahren mit der erforderlichen Verfahrensbeteiligung geprüft und mit der Zulassung 2013 bestätigt.

Aber auch das Bundesrecht geht durchaus davon aus, dass im Betrieb einer Deponie Probleme entstehen können. Gemäß Deponieverordnung überprüft die zuständige Behörde daher ihre Zulassungsentscheidungen alle vier Jahre, auch mit Blick auf die Einhaltung des Standes der Technik und den Anforderungen aus dem KWG, ob die getroffenen Anordnungen bestehen bleiben können oder ergänzt werden müssen.

Bereits seit Baubeginn der Deponie im Jahr 2014 wird eine engmaschige Überwachung der Deponie und ihres Umfelds nach dem Stand der Technik durchgeführt. Hierfür werden insbesondere Ergebnisse eines Grundwassermessstellennetzes mit insgesamt 23 Messstellen zur Erfassung des Grundwasserstandes sowie Kontrollen der Entwässerungseinrichtung an der Deponiebasis auf Funktionstüchtigkeit und Setzungsverhalten herangezogen.

Die Behörden dürfen und müssen Anordnungen zum Planfeststellungsbeschluss der Deponie treffen, soweit von der Deponie verursachte Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit oder die Betriebssicherheit dies erfordern. Die bisherigen Kontrollen haben hierfür jedoch keine belastbaren Erkenntnisse erbracht. Die Untersuchungen im Einflussbereich der Deponie zeigen keinen Einfluss der Deponie auf das Grundwasser. Die regelmäßige Überwachung der Entwässerungssysteme an der Deponiebasis bestätigen deren Funktionstüchtigkeit.

Daher, Herr Lange, ist eine umgehende Einstellung des Deponiebetriebs aufgrund der Ergebnisse des Deponiemonitorings nicht zu vertreten. Nicht zu vertreten wäre es allerdings auch, das neue Gutachten nicht zu beachten. Diesbezüglich wird es im nächsten Schritt innerhalb der nächsten zwei Monate darum gehen, eine Überprüfung dieses hydrologischen Gutachtens der GBH-GmbH durch das Landesverwaltungsamt unter Einbeziehung   ich betone das   weiterer Fachbehörden vorzunehmen.

Ich halte es für sinnvoll, dass wir für alle sich daraus ergebenden Fragen einen dritten Gutachter beauftragen. Ja, man mag das jetzt möglicherweise in einer Reihe sehen, dann kommen der vierte und der fünfte Gutachter. Ich will es aber noch mal deutlich sagen: Wir hätten die Chance, einen dritten, einen unabhängigen Gutachter zu beauftragen, der sich dieser Fragestellung noch einmal und dann neutral annimmt.

Liebe Abgeordnete! Ich wünsche mir, dass wir uns unabhängig von der regelmäßigen Überprüfung der Deponie dann auch einen gemeinsamen Sachstand erarbeiten, mit dem wir weiterarbeiten können.

Die Deponie DK 0 und I in Roitzsch befindet sich am Anfang eines Planfeststellungsverfahrens, welches vom Landkreis Anhalt-Bitterfeld geführt wird. Auch hier wird unter Beteiligung der erforderlichen Fachbehörden die Prüfung erfolgen, ob die Genehmigungsvoraussetzungen gegeben sind. Dabei werden natürlich vorhandene für den Standort und das Vorhaben relevante Vorbelastungen berücksichtigt und relevante und das aktuell vorliegende Gutachten einbezogen.

In diesem Zusammenhang darf ich darauf hinweisen, dass uns das Thema nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch jetzt in zwei Selbstbefassungsanträgen zu diesem Thema im Umweltausschuss weiter beschäftigen wird. Und auch hier werde ich selbstverständlich über die Erkenntnisse informieren.

Zu einzelnen Punkten Ihres Abfallgesetzes will ich durchaus sagen, dass Sie zu Recht die Problematik eingrenzen, was wir denn im Lande tatsächlich von Rechts wegen lösen können und wo wir schlicht durch Bundes- und EU-Recht nur geringe Spielräume haben.

Ihre Anregung einer Konzentration der Zuständigkeiten für die Genehmigung und Überwachung von Deponien im Landesverwaltungsamt nehme ich übrigens gern auf. Aufgrund der niedrigen Fallzahlen in den einzelnen Landkreisen und der Notwendigkeit von Spezialwissen gestaltet sich der Aufbau von Kompetenz in den unteren Abfallbehörden schwierig. Über diesen und andere Punkte können wir in den Ausschüssen beraten. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Minister, Sie gehen in die Verlängerung, weil es Redebedarf bzw. Fragen gibt. - Als Erster spricht Herr Roi von der AfD-Fraktion. - Herr Roi, Sie haben das Wort.


Daniel Roi (AfD):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister, ich will zum 11. September des letzten Jahres zurückgehen. Damals sprach Frau Ministerin Dalbert für die Landesregierung. Ich zitiere aus dem Plenarprotokoll; hören Sie ganz genau zu:

„Das Landesverwaltungsamt hat ausgeführt, dass es zwei unabhängige Gutachten gibt. Es gibt das Ursprungsgutachten der Ingenieurgesellschaft für Geotechnik und es gab noch eine unabhängige Überprüfung dieses Gutachtens durch die Umweltmanagement Prof. Dr. Salomo und Partner GmbH. Insofern gibt es zwei voneinander unabhängige Gutachten.“

Das ist der erste Punkt. Herr Prof. Salomo hat damals übrigens auch für Papenburg gearbeitet. Das verstehen Sie als Land unter einem unabhängigen Gutachten, wenn derjenige, der für Papenburg den Untergrund beleuchtet hat, am Ende für die Landesregierung ein zweites unabhängiges Gutachten erstellt. Das als Erstes. Das hat die Landesregierung gesagt.

(Zustimmung)

Dann gab es noch ein drittes Gutachten von Dr. Lersow. Dieses Gutachten haben Sie als Landesregierung abqualifiziert, weil darin falsche Parameter zur Anwendung gekommen sind. Jetzt gibt es ein weiteres, viertes unabhängiges Gutachten der Stadt Sandersdorf-Brehna und das zeigt eindeutig auf, das im Planfeststellungsverfahren, also in dem Genehmigungsverfahren, eklatante Fehler gemacht wurden.

In der Fachanhörung zu unserem Antrag wurde festgestellt, dass die Firma Papenburg selber unterschiedliche Messhöhen für den Grundwasserstand angegeben hat. All das müsste Sie als Minister doch jetzt veranlassen, den sofortigen Stillstand der Deponie herbeizuführen; denn das Gutachten der Stadt Sandersdorf-Brehna   das hat Herr Lange ausgeführt   sagt eindeutig, dort ist Gefahr im Verzug. Die Stadt hat mitgeteilt, der Deponiefuß steht im Wasser und jetzt müssen Sie handeln. Wir brauchen nicht noch ein weiteres Gutachten, um das alles weiter hinauszuschieben. - Vielen Dank.

(Beifall)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Minister, Sie können antworten. - Herr Roi, es war übrigens eine Punktlandung; Sie haben die zwei Minuten eingehalten.


Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt):

Herr Roi, lassen Sie uns nicht darüber streiten, was unabhängige Gutachten sind und was nicht. Sie haben schon reichlich Mühe, mir vorzuhalten, was Frau Kollegin Dalbert vor zwei Jahren hier gesagt hat.

Die Abgeordneten dieses Hauses kennen mich aus der Diskussion über Brüchau. Wir sind damals sehr gut damit gefahren, ein wirklich unabhängiges Gutachten einzuholen, um dann ganz ohne Vorbelastungen neu entscheiden zu können. Lassen Sie mir doch diese Möglichkeit, anstatt jetzt zu sagen, es gibt doch dieses und jenes aus der Vergangenheit, was möglicherweise unterschiedlich eingeschätzt wird.

Meine Leute hatten bislang nicht einmal Gelegenheit, das Gutachten anständig zu überprüfen. Wir haben Ihnen gesagt, das geschieht, das wird in den Ausschüssen vorgestellt. Ich halte den Hinweis im Alternativantrag, ein weiteres, ein unabhängiges Gutachten einzuholen, für richtig.

Wenn Sie dann die Geschichte von Brüchau noch einmal nachlesen   Sie tun das offensichtlich in den Protokollen  , dann werden Sie feststellen, dass es ganz erstaunliche Entwicklungen gab.

(Zustimmung)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Es geht weiter. Jetzt spricht Herr Lange. - Bitte.


Hendrik Lange (DIE LINKE):

Herr Minister, worauf Sie jetzt nicht eingegangen sind, ist im Prinzip das, was in dem Gutachten als fehlerhaftes Genehmigungsverfahren dargestellt wird. Ich habe ja in meiner Rede auf die Einhaltung der DIN hingewiesen. Jetzt können Sie sagen, na ja, ich habe noch keine Zeit gehabt, mich damit so richtig zu beschäftigen, oder meine Leute hatten die Zeit nicht. Hm, dann harren wir mal der Dinge, bis das vielleicht passiert. Aber Sie sind ja Jurist, da kann ich Sie gleich mal fragen: Was folgt denn daraus, wenn man feststellt, dass im Genehmigungsverfahren durch die Genehmigungsbehörde solche eklatanten Fehler nicht bemerkt wurden und man aufgrund falscher Tatsachen und falscher Untersuchungen des Untergrunds eine solche Genehmigung ausgesprochen hat? Müsste man dann nicht handeln?


Vizepräsident Wulf Gallert:

Sie haben das Wort, Herr Minister.


Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt):

Herr Lange, es wäre jetzt außerordentlich reizvoll, mit Ihnen in ein kleines Seminar einzutreten, was die Frage der Unwirksamkeit von Verwaltungsentscheidungen angeht, die auf der Grundlage unrichtiger Tatsachen ergangen sind. Das Problem ist nur, Sie müssen gerade mit ganz vielen Annahmen arbeiten. Was ist denn, wenn das so ist und das so ist und das so? Da lassen Sie mir jetzt bitte schön - das gehört auch zu einem seriösen Juristen - doch erst mal Zeit, es zu prüfen und anzusehen. Sie kennen mich doch als jemanden, der sehr ergebnisoffen prüft. Nur, was ich jetzt nicht tue, ist, die künftige Entscheidung zu determinieren.