Cookies helfen uns bei der Weiterentwicklung und Bereitstellung der Webseite. Durch die Bestätigung erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden.

Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 8

Beratung

Kostenfreies Kita- und Schulessen in Sachsen-Anhalt einführen!

Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/331

Alternativantrag Fraktionen CDU, SPD und FDP - Drs. 8/382

Alternativantrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 8/395


Einbringen wird den Antrag für die AfD-Fraktion Herr Siegmund.


Ulrich Siegmund (AfD):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte, dass kein Kind mit knurrendem Magen aus der Kita oder aus der Schule nach Hause gehen muss. Aber leider ist genau das Realität für Tausende Kinder in unserem Bundesland. Aus diesem Grund beantragen wir hier und heute ein gesundes und kostenfreies Mittagessen für alle Kinder in unserem Land.

(Zustimmung)

Wir möchten damit jedem Kind die Chance geben auf ein gesundes Wachstum, auf eine gesunde Entwicklung. Wir möchten Familien und insbesondere die Alleinerziehenden, an die in diesem Land viel zu selten gedacht wird, finanziell und organisatorisch entlasten. Was mich bei diesem Antrag, bei unserem eigenen Antrag eigentlich ein bisschen stört, ist, dass der Inhalt, das, was ich heute beantrage, im Jahr 2021 eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte.

Wie kann es denn sein, dass fast ein Fünftel aller Kinder in diesem Land mittags nichts Vernünftiges zu essen bekommen? Die Gründe sind vielschichtig. Es liegt daran, dass sich die Eltern dieses entweder nicht leisten wollen oder nicht leisten können.

Die Antragshürden für diejenigen, die Zuschüsse beantragen können, sind relativ hoch. Es gibt aber auch Familien, die knapp oberhalb der Zuschussgrenze verdienen, für die jedoch 60 € ,70 € oder 80 € im Monat wirklich viel, viel Geld bedeuten. Man darf nicht vergessen: Das sind Nettobeträge. Das muss man erst einmal verdienen. Eine durchschnittliche Familie mit einem Kind oder mit zwei oder drei Kindern, die ein durchschnittliches Einkommen zur Verfügung hat, muss 5 % bis 10 % des gesamten Nettoeinkommens im Monat aufbringen, nur damit die Kinder etwas Vernünftiges zu Mittag essen können. Das ist eine ziemlich große Stange Geld.

Genau an diesem Punkt möchten wir ansetzen. Das ist dann auch schon das erste Argument für unseren Antrag für kostenfreies Kita- und Schulessen bis zur vierten Klasse. Wir möchten nämlich diejenigen entlasten, die normal arbeiten gehen und für die es keine Zuschussmöglichkeiten gibt. Wo bleibt denn eigentlich   das ist ein Thema, über das hier in meinen Augen viel zu selten diskutiert wird   in diesem Land überhaupt noch die Motivation zu arbeiten, wenn man unter dem Strich weniger Geld zur Verfügung hat als jemand, der nicht arbeiten geht, aber zuschussberechtigt ist?

(Zustimmung)

Wir brauchen auch eine Motivation für diejenigen, die fleißig sind. Dabei ist ein Satz sehr wichtig: Jemand, der in diesem Land arbeiten geht, der muss immer mehr Geld in der Tasche haben als jemand, der nicht arbeiten geht. Punkt.

(Zustimmung)

Fast ein Viertel aller Kinder bleibt mittags hungrig. Das ist die Realität. Die Gründe sind vielfältig: Mal kann es sich die Familie einfach nicht leisten, mal scheitern die Eltern an dem teilweise komplizierten Antragsverfahren. Manchmal - das gehört zur Wahrheit dazu - ist es auch eine Frage des Wollens. Manchmal gibt es in der Region auch gar kein vernünftiges Essen in der Kita - weder in der Quantität noch in der Qualität.

(Zuruf: Es gibt kein vernünftiges Essen in der Region?)

Die Konsequenz ist, dass sich die Kinder, die nichts essen können, nicht richtig entwickeln können. Dem Körper fehlen Nährstoffe, dem Körper fehlt Energie. Die Aufmerksamkeit und die Konzentration leiden darunter. Damit leidet auch der Unterrichtserfolg. Die Kinder haben also schon in diesen jungen Jahren eine nachteilige Voraussetzung für das ganze Leben. Das kann und darf doch wohl nicht sein, meine lieben sehr verehrten Damen und Herren.

(Zustimmung)

Dort möchten wir ansetzen. Wir möchten ein Mittagessen servieren, das den DGE-Zertifizierungen und den Normen entspricht. Wir möchten ein gesundes und ausgewogenes Essen.

In Berlin gibt es ein tolles Beispiel. Dort ist die Umsetzung des Vorhabens eines kostenfreien Schulessens schon an der Organisation komplett gescheitert. Berlin ist für mich das Synonym für all das, was in diesem Land nicht mehr funktioniert. Darauf möchte ich jetzt aber nicht eingehen. Das Vorhaben mündete darin, dass den Kindern lauwarme China-Nudeln in Pappboxen serviert wurden. Genau das möchte ich hier nicht. Das darf nicht passieren. Wir brauchen eine gewissenhafte Planung, eine vernünftige Finanzierung und eine sorgfältige Umsetzung, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zustimmung)

Wir wissen auch - das gehört zur Wahrheit dazu  , das Vorhaben ist nicht billig. Wir müssten einen höheren zweistelligen Millionenbetrag in die Hand nehmen. Aber diese Ausgabe unterscheidet sich von anderen Ausgaben: Das Geld wäre nämlich nicht weg, sondern es würde in das Wichtigste überhaupt in diesem Land investiert werden, nämlich in die Gesundheit der Kinder und somit in unser aller Zukunft.

Ich möchte daher sachliche Vorschläge zur Finanzierung unterbreiten. Na klar, das Geld fällt nicht vom Himmel. Wir haben in den vergangenen Jahren unzählige Einsparpotenziale im dreistelligen Millionenbereich aufgezeigt. Wir haben einen alternativen Haushalt aufgestellt. Es gibt unzählige Einsparpotenziale, die aber - das ist der entscheidende Punkt - einfach nur eine politische Frage sind. Man muss die Frage politisch beantworten, was uns mehr wert ist als eine solche tolle Sache. - Für uns gibt es da nicht viel, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zustimmung)

Man hat es in der Debatte über den Nachtragshaushalt gestern doch gehört: Theoretisch ist genügend Geld vorhanden. Deshalb bleibt für mich einzig und allein die Erkenntnis, dass es sich um eine politische Frage handelt. Aber   das motiviert mich halbwegs   der politische Wille müsste eigentlich vorhanden sein; denn im rot-rot-grünen Berlin wurde die Einführung von kostenfreiem Schulessen als politischer Erfolg dargestellt. Das heißt, die Stimmen von drei Fraktionen in diesem Haus müssten wir eigentlich schon sicher haben. Auch die CDU - das ist das Interessante - hat dieses Mal im Wahlkampf im Juni die Einführung von kostenfreiem Mittagessen gefordert.

(Zuruf: Richtig!)

Das heißt, es gibt eine weitere Fraktion, die wir bei diesem Vorhaben dabeihaben müssten.

(Zuruf: Erinnert euch mal daran!)

Umso unverständlicher ist für mich der vorliegende sogenannte Alternativantrag. Man muss sich das so vorstellen: Alternativanträge werden in aller Regel vorgelegt, um einem Antrag, wie er heute von uns eingebracht wurde, nicht zustimmen zu müssen. So ist es in aller Regel. Aber der Alternativantrag der Koalition, zu der auch die CDU-Fraktion und die SPD-Fraktion gehören, würde nichts verändern. Es würde alles genauso bleiben. Das heißt: Sie möchten kein kostenfreies Schulessen, Sie möchten insofern auch gar nicht Ihre Wahlkampfversprechen einhalten. Das kann ich überhaupt nicht verstehen. Aber da ich Optimist bin und motiviert bin, hoffe ich, dass ich Sie jetzt mit meinen Argumenten inhaltlich überzeugen konnte, sodass Sie unserem Antrag doch noch zustimmen und wir gemeinsam das wunderbare und ehrenwerte Ziele erreichen, endlich für jedes Kind in Sachsen-Anhalt ein kostenfreies Schulessen bereitzustellen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zurufe: Jawohl! - Starker Beifall)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Siegmund, Herr Bernstein hat eine Frage. Beantworten Sie diese?


Ulrich Siegmund (AfD):

Sehr gern.


Jörg Bernstein (FDP):

Herr Kollege Siegmund, ich finde es sehr löblich, wie Sie sich um die Kinder kümmern wollen. Das begrüße ich unbedingt. Ich möchte Sie nur gern auf eine bestimmte Sache hinweisen und fragen, wie Sie dazu stehen. Ich möchte dazu gern zitieren; Sie zitieren ja auch immer gern.


Ulrich Siegmund (AfD):

Ja.


Jörg Bernstein (FDP):

Bundestagswahl 2017. Gespräch der Korrespondenten der „MZ“ Jan Schumann und Hagen Eichler mit dem AfD-Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl, Ihrem Landesvorsitzenden Martin Reichardt.


Ulrich Siegmund (AfD):

Guter Mann.


Jörg Bernstein (FDP):

Das Zitat ist vom 14. September 2017, zu finden bei Facebook:

Die Kindergelderhöhungen, die habe ich miterlebt. Die haben auf dem erweiterten Taschengeldniveau stattgefunden. Ja also, von den Kindergelderhöhungen für meine drei Kinder, da hätte ich mir im Monat vielleicht eine Stange Zigaretten kaufen können.

Wie stehen Sie zu einer solchen Aussage?

(Zuruf: Was ist das jetzt? - Weitere Zurufe)


Ulrich Siegmund (AfD):

Das ist komplett aus dem Zusammenhang gerissen, Herr Bernstein.


Jörg Bernstein (FDP):

Das sehe ich nicht so.


Ulrich Siegmund (AfD):

Das ist komplett aus dem Zusammenhang gerissen. Herr Martin Reichardt ist wirklich ein Vorkämpfer, wenn es um die Fürsorge für Kinder geht. Er hat Hunderttausende Projekte angestoßen. Ich bin sehr stolz auf seine Arbeit, auch auf die im Deutschen Bundestag.

(Beifall - Zuruf: Jawohl! - Zurufe: Martin! Martin! Martin!)

Er macht einen hervorragenden Job. Demzufolge hat dieses Zitat überhaupt gar nichts mit diesem Antrag zu tun, Herr Bernstein.


Jörg Bernstein (FDP):

Es hat gar nichts damit zu tun?


Ulrich Siegmund (AfD):

Nein.


Jörg Bernstein (FDP):

Okay, das lässt tief blicken. - Danke.

(Zuruf: Schwacher Auftritt!)