Holger Hövelmann (SPD):
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es braucht keinen weiteren Kunstpreis und zudem keinen, der ausschließlich Werke auszeichnet, die im Stile von Caspar David Friedrich entstanden sind.
(Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Nicht im Stile!)
Die zeitgenössische Kunst, verehrter Herr Tillschneider, ist bereits 200 Jahre weiter als Ihr Kunstverständnis.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass Menschen gewürdigt werden sollen, die einen identitätsstiftenden Beitrag zu einer spezifisch deutschen Malerei leisten, und dies hätte Caspar David Friedrich gemacht.
Ich will nur einmal zur Historie sagen: Friedrich ist 1774 in Greifswald geboren worden; das ist schon genannt worden. Zu dieser Zeit war Greifswald 150 Jahre lang schwedisch.
(Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Ach!)
Dann ist es kurze Zeit napoleonisch besetzt gewesen. Nach dem Wiener Kongress wurde es dänisch. Die Dänen haben es dann - übrigens ganz Vorpommern - für 3,5 Millionen Taler an Preußen verkauft. Insofern ist die Frage berechtigt: Wie deutsch ist Caspar David Friedrich eigentlich?
(Felix Zietmann, AfD: Lächerlich! Völlig lächerlich! - Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE, lachend: Jetzt nimmt er ihnen noch ihren Friedrich weg!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die deutsche Kulturgeschichte hat zweimal schlechte Erfahrungen mit einer staatlich gelenkten Kulturpolitik gemacht, in der es ästhetische und ideologische Vorgaben und Zensur gab.
In Artikel 5 des Grundgesetzes heißt es - ich zitiere : „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.“ Meine sehr verehrten Damen und Herren, es darf nie wieder ein staatliches Kunstrichtertum geben, wo Politiker wie Sie entscheiden wollen, was gute und förderfähige Kunst ist und was nicht.
(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)
Verehrter Herr Tillschneider, Sie sagen, dass in der deutschen Romantik wir Deutschen zu uns selbst gefunden haben - Zitat aus Ihrem Antrag.
(Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Ja!)
Ich glaube, damit liegen Sie falsch.
(Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Nein, nein!)
Wenn man sich intensiver mit der Romantik beschäftigt, wundert man sich ohnehin, warum gerade diese deutsche Kulturepoche für Ihre ideologische Selbstvergewisserung herhalten muss. Ich vermute eher, dass Sie auf die Vereinnahmung der deutschen Romantik durch die Kulturkampfzeit der wilhelminischen Ära und der Nationalsozialisten hereingefallen sind
(Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Ach du Gott, was für ein Blödsinn!)
oder sich diese bewusst zu eigen machen.
(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Wenn Sie deutsche Romantik tatsächlich verstanden hätten, dann müssten Sie in den Gedanken der Romantiker Ideen von der Gleichstellung der Geschlechter,
(Lachen bei der AfD)
der Transkulturalität und formalen Entgrenzung erkennen. Sie müssten kulturelle Vielfalt, Diversität
(Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Ja, ja!)
und vor allem Meinungsvielfalt leben. Die Romantiker der Zeit, Schlegel, Goethe, Novalis, Heine, Eichendorff, waren keine homogene Gruppe, sondern verkörperten eine Vielfalt von Ansichten und Meinungen und vor allem an Stilen, die Sie ja ablehnen.
(Zustimmung bei der SPD, bei den GRÜNEN und von Angela Gorr, CDU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir am Ende eine Bemerkung. Ich weiß nicht, ob Sie es bewusst gemacht haben, aber ich unterstelle, Sie machen das alles bewusst.
(Zuruf von der AfD: Machen wir!)
Der von Ihnen beabsichtigte Preis richtet sich nur an Männer.
(Christian Hecht, AfD: Was?)
Vielleicht ist es tatsächlich ein merkwürdiges Frauenbild, das Sie haben. Vielleicht können Frauen aus Ihrer Sicht tatsächlich nicht malen, und wenn, dann maximal ein Gesicht und dann auch nur ihr eigenes. Ein abscheuliches Frauenbild, das hier wieder zutage kommt.
(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU - Beifall bei den GRÜNEN)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Koalition steht für künstlerische Freiheit, Vielfalt und Diversität. Wir lehnen Ihren Antrag ab.