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Plenarsitzung

Transkript

Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport): 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Im Zuge der Großen Anfrage haben wir eine Fülle an Fragen beantwortet. Ich frage mich, ob die Antworten eigentlich ernsthaft gelesen worden sind. 

(Zustimmung bei der AfD - Daniel Rausch, AfD: Ja! - Guido Kosmehl, FDP: Nein!) 

Ich fange damit an, dass sich durch die Antwort der Landesregierung wie ein roter Faden eine klare Unterscheidung zieht zwischen gewollter Fachkräfteeinwanderung - dass es politisches Asyl in Deutschland gibt, wird von uns mitgetragen - und der Einwanderung von Menschen, die ohne Schutzgrund kommen, die irregulär einreisen und die auch zurückgeführt werden. 

(Zuruf von der AfD: Danke!)

Diese Trennung zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Beantwortung der Großen Anfrage. Darüber, dass wir die Fachkräfteeinwanderung dringend benötigen, haben wir nicht nur in der letzten Landtagssitzung intensiv gesprochen. Man muss nur die Tageszeitung aufschlagen, um zu lesen, wie Unternehmen bei uns im Land Schwierigkeiten haben, ihre Produktivität aufrechtzuerhalten, 

(Lothar Waehler, AfD: Wenn mal die zu uns kommen würden, die die Unternehmen brauchen!)

weil ihnen schlicht und ergreifend die Menschen in den Betrieben fehlen, um die Aufträge abzuarbeiten. 

Es wird typischerweise darüber lamentiert, wie eine Situation ist, dass es weltweite Migrationsströme gibt. Dazu, wie die Lösungen aussehen, haben Sie etwas präsentiert, was vielleicht mit Remigration überschrieben ist und von dem wir wissen, wie weit es geht, weil das auch nicht assimilierte deutsche Staatsbürger betreffen soll. 

(Oliver Kirchner, AfD: Das ist ja Quatsch! - Lothar Waehler, AfD: Das ist ja eine Frechheit, was!)

Da wir beim letzten Mal schon intensiv über Fachkräfteeinwanderung gesprochen haben, will ich mich für die Landesregierung jetzt darauf konzentrieren, wie wir irreguläre Migration weiter begrenzen und dazu ganz konkrete Vorschläge machen. 

Wir wissen, dass wir in Sachsen-Anhalt im letzten Jahr 7 754 Asylbewerber aufgenommen haben. Das ist eine bundesgesetzliche Verpflichtung. Dieser bundesgesetzlichen Verpflichtung der Unterbringung kommt Sachsen-Anhalt nach. Wir wissen auch, dass seit der Einführung von temporären Binnengrenzkontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz die Zahl der Zu-uns-Kommenden zurückgegangen ist. Das heißt, die Binnengrenzkontrollen zeigen Wirkung.

Wir sehen das auch in den ersten Wochen und Monaten des Jahres 2024. Die Asylzugangszahlen im ersten Quartal sind um rund 25 % gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Aber ich sage auch ganz klar: Darauf dürfen wir uns nicht ausruhen. Unter denen, die nach Deutschland und Sachsen-Anhalt gekommen sind, sind immer noch viele ohne Schutzgrund gekommen. Wer ohne Schutzgrund nach Deutschland kommt, der muss Deutschland wieder verlassen. 

(Zurufe von der AfD) 

Das ist auch deshalb unabdingbar, um Unterbringungs- und auch Integrationskapazitäten auf diejenigen zu konzentrieren und für diejenigen vorzuhalten, die mit einem Schutzgrund gekommen sind bzw. noch kommen. Deshalb muss es in den nächsten Monaten weiter darum gehen, irreguläre Migration stärker zu begrenzen. Es geht dabei um den Schutz der europäischen und deutschen Außengrenzen, ebenso wie um die konsequente Rückführung Ausreisepflichtiger und die Minimierung von Fehlanreizen für eine irreguläre Einreise. Aus meiner Sicht geht es zur Begrenzung irregulärer Migration insbesondere um folgende zehn Maßnahmen: 

Erstens. Die stationären Grenzkontrollen an den deutschen Außengrenzen sind im weiteren Verlauf des Jahres 2024 fortzusetzen. Im Augenblick sind diese stationären Grenzkontrollen bei der Europäischen Union notifiziert. Aber die Grenzkontrollen zu Polen, Tschechien und der Schweiz sind nur bis zum 15. Juni notifiziert. Die Grenzkontrollen zu Österreich sind nur bis zum 11. Mai notifiziert. Es ist aus meiner Sicht zwingend erforderlich, dass eine Verlängerung dieser Grenzkontrollen erfolgt und damit alle Möglichkeiten des europäischen Rechts ausgeschöpft werden. Das ist notwendig, weil wir im Augenblick noch einen unzureichenden Schutz der EU-Außengrenzen haben.

(Zuruf von der AfD: Genau!)

Zweitens. Die Asylverfahren an den EU-Außengrenzen sind zügig einzuführen. Im April hat das Europäische Parlament nach jahrelangen Diskussionen die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems beschlossen. Diese Reform sieht unter anderem vor, dass Asylverfahren für bestimmte Personengruppen zukünftig an den EU-Außengrenzen durchgeführt werden. Das ist richtig und muss zügig eingeführt werden. Das bedeutet, dass eine frühzeitige Identifizierung von Schutzsuchenden, deren Antrag voraussichtlich keinen Erfolg hat, möglich ist. Das heißt auch, dass über Anträge schneller entschieden werden kann. Vor allem heißt es, dass bei einem negativen Ergebnis die Rückkehr in das Herkunftsland ohne vorherige Einreise in die EU organisiert werden kann. 

Drittens. Der Bund sollte keine weiteren Aufnahmeprogramme initiieren. Die in den letzten beiden Jahren wieder stark angestiegenen Asylzugangszahlen und die parallel erfolgte Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine bringt Länder und Kommunen bereits an die Grenze ihrer Unterbringungs- und Integrationsmöglichkeiten. In dieser überaus herausfordernden Situation ist es geboten, alle Maßnahmen zu unterlassen, die rechtlich nicht zwingend geboten sind, die aber die Aufnahmesysteme zusätzlich belasten würden.

Viertens. Die Gewährung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten sollte bis auf Weiteres ausgesetzt werden. Nach § 36a des Aufenthaltsgesetzes können derzeit 1 000 Visa im Monat für den Familiennachzug zu Personen mit subsidiärem Schutzstatus erteilt werden. Darunter fallen natürlich insbesondere Asylzugänge aus Syrien, aus Afghanistan und auch aus dem Irak. Die nachzugswilligen Familienangehörigen derjenigen, die als subsidiäre Schutzberechtigte nach Deutschland gekommen sind, können Anträge auf Familiennachzug bei der zuständigen deutschen Auslandsvertretung stellen. 

Wir haben den Familiennachzug wegen der Überlastung der Aufnahmekapazitäten durch die hohe Asylmigration in den Jahren 2015 und 2016 schon einmal ausgesetzt. Diese Aussetzung sollte nun erneut erfolgen; denn aktuell besteht eine vergleichbare Belastungssituation, da neben in den letzten beiden Jahren wieder gestiegenen Asylzugängen auch die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine untergebracht, aber eben auch in Kitas, Schulen und Arbeitsmarkt integriert werden müssen. 

Fünftens. Die Liste der sicheren Herkunftsstaaten ist zu erweitern. Dabei habe ich insbesondere die Staaten Indien, Armenien und die Maghreb-Staaten im Blick, also Algerien, Marokko und Tunesien. Alle fünf Länder müssen zwingend auf die Liste der sicheren Herkunftsstaaten gesetzt werden. 

(Zustimmung bei der CDU) 

Sechstens. Die Kooperationsbereitschaft relevanter Herkunftsstaaten ist signifikant zu verbessern, auch durch den Abschluss weiterer Migrationsabkommen. 

Wieso betone ich diesen Punkt? - Diesen Punkt betone ich, weil Sachsen-Anhalt dort, wo wir es als Land selbst in der Hand haben, Abschiebungen deutlich forciert hat. Ich nenne Ihnen einfach einmal die Zahlen aus dem letzten Jahr. Im letzten Jahr ist es uns gelungen, die Zahl der Abschiebungen im Vergleich zum Vorjahr um 54 % zu erhöhen. Bundesweit gab es einen Anstieg um 27 %. Daran sehen Sie: Das, was wir als Land in der Hand haben, reizen wir aus.

Der Trend hinsichtlich steigender Rückführungszahlen setzt sich auch im Jahr 2024 fort. Wir haben im ersten Quartal des Jahres 2024 erneut mehr Abschiebungen, nämlich 18 %, als im Vergleichsquartal des Vorjahres vorgenommen. Am Ende wird eine signifikante Steigerung der Rückführungszahlen aber erst gelingen, wenn der Bund kohärent auf allen Ebenen und entschlossen gegen unkooperative Herkunftsstaaten vorgeht. Dies ist in der Vergangenheit nicht ausreichend erfolgt.

(Ulrich Siegmund, AfD: Indien z. B.!)

Ich denke dabei an den Visa-Hebel genauso wie an Migrationsabkommen. Der Bund hat erste Migrationsabkommen auf den Weg gebracht. Ich nenne Indien, Kirgisistan und Kolumbien. Jetzt muss es meines Erachtens darum gehen, dass der Bund weitere Migrationsabkommen mit für Rückführungen relevanten Herkunftsländern abschließt. Aus der Sicht des Landes Sachsen-Anhalt sind relevant die afrikanischen Staaten Benin, Burkina Faso, Guinea-Bissau, Kamerun, Mali und Niger. Mit diesen müsste der Bund dringend Migrations- und Rückführungsabkommen abschließen.

(Zustimmung bei der CDU)

Des Weiteren setze ich mich dafür ein, dass der Bund auch das EU-Türkei-Abkommen wiederbelebt und tatsächlich umsetzt.

Siebentens. Der Bund muss Rückführungsmöglichkeiten für Straftäter nach Afghanistan und Syrien schaffen. Rückführungen nach Afghanistan und nach Syrien sind seit Jahren nicht möglich. Damit können selbst schwerste Straftäter und Gefährder in diese Staaten nicht abgeschoben werden. Der Bund muss Wege eröffnen, damit die Abschiebung von hoch sicherheitsrelevanten Personen in diese Staaten möglich ist. Ich habe das bereits in die letzte Innenministerkonferenz eingebracht. Der Bund wird dazu und zu seinen Anstrengungen bei der nächsten Innenministerkonferenz berichten. Es ist zwingend erforderlich, dass zum Schutz der eigenen Bevölkerung alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um eben schwerste Straftäter und Gefährder nach Afghanistan und nach Syrien abzuschieben.

Achtens. Der Bund sollte Bundesausreisezentren an Flughäfen schaffen. Der Bund könnte die Länder und auch die Kommunen bei der Aufnahme Asylsuchender entlasten, indem er an den Standorten der großen deutschen Flughäfen Ausreisezentren betreibt, und zwar insbesondere für die sogenannten Dublin-Fälle, aber auch für Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten.

Neuntens. Infolge der Einführung einer Bezahlkarte wird Sachsen-Anhalt die Bargeldauszahlungen reduzieren. Sie wissen, dass wir noch in diesem Jahr eine Bezahlkarte für die Bezieher von Asylbewerberleistungen einführen. Mit dieser guthabenbasierten Karte sollen keine Überziehungen und insbesondere auch keine Überweisungen ins Ausland möglich sein. Des Weiteren soll die Bargeldfunktion begrenzt werden, und zwar nach Möglichkeit auf 50 €.

Zehntens. Die Möglichkeiten, Arbeitsgelegenheiten gegen eine geringfügige Aufwandsentschädigung anzubieten, sollten noch stärker genutzt werden.

(Zuruf von Lothar Waehler, AfD - Unruhe bei der AfD)

In der Zentralen Aufnahmestelle des Landes hat es sich seit vielen Jahren bewährt, Asylbewerbern Arbeitsgelegenheiten gegen eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 80 ct/h anzubieten. Das erfolgt bspw. für Reinigungsarbeiten, aber auch für Betreuungsaufgaben, z. B. in der Kleiderkammer der Zentralen Aufnahmestelle des Landes.

Auch die Landkreise und die kreisfreien Städte haben in der Vergangenheit teilweise schon Arbeitsgelegenheiten angeboten bzw. auch über gemeinnützige Träger organisiert. Ich meine, dass diese Möglichkeiten bei den Landkreisen und den kreisfreien Städten auch mit Blick auf die aktuelle bundesrechtliche Änderung noch stärker genutzt werden könnten.

Ich werde mich mit Nachdruck im Land, aber auch im Bund für die Umsetzung dieser zehn sehr konkreten Maßnahmen einsetzen. Die Bürgerinnen und Bürger treibt das Thema Migration um. Aber Sie erwarten, dass die Politik nicht nur lamentiert, sondern dass sie sehr konkrete Lösungen aufzeigt. Und genau das macht diese Landesregierung.

(Zustimmung bei der CDU - Lachen bei der AfD)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Es gibt zwei Nachfragen. Aber bevor ich diese zulasse, möchte ich mit Ihnen Damen und Herren der Kolpingsfamilie Eisleben, die oben auf der Tribüne Platz genommen haben, begrüßen. - Seien Sie herzlich willkommen! 

(Beifall im ganzen Hause)

Es gibt, wie gesagt, zwei Nachfragen. Von Herrn Roi kommt die erste Nachfrage und von Herrn Siegmund die zweite. - Herr Roi, bitte.


Daniel Roi (AfD): 

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Ministerin, ich stehe jetzt hier für eine Nachfrage wegen der Aussage zu den sicheren Herkunftsstaaten. Ich muss Ihnen wirklich sagen: Ich kann es nicht mehr hören.

(Oliver Kirchner, AfD, lacht)

Ich will Ihnen auch sagen, warum das nicht nur mich aus der Opposition frustriert, sondern auch die Menschen. Die Menschen in Sachsen-Anhalt haben hier in diesem Parlament eine Zweidrittelmehrheit, die dafür ist, die Liste der sicheren Herkunftsstaaten insbesondere auf die Maghreb-Staaten auszuweiten. Also ganz klar: Tunesien, Algerien und Marokko. 

Also, FDP, CDU und AfD haben hier eine deutliche Zweidrittelmehrheit. Diese Zweidrittelmehrheit gibt es schon seit 2016 hier im Parlament. Und immer wieder scheitert es daran, dass unser Bundesland im Bundesrat sich nicht gerade macht und das entsprechend beantragt, weil damals eine 5-%-Partei, DIE GRÜNEN, mitregiert hat und jetzt eine 8-%-Partei, nämlich die SPD, mitregiert. Dann reden wir immer über Demokratie und Probleme bei demokratischen Entscheidungsprozessen.

Genau darin liegt das Problem. Die Mehrheit der Menschen in Sachsen-Anhalt wählt bestimmte Positionen, gerade in der Migrationspolitik. Ich frage Sie: Wann setzen Sie als Landesregierung das denn einmal im Bundesrat um? 

Dann ändern Sie den Koalitionsvertrag. Sie müssen die Mehrheit der Meinungen in unserem Bundesland im Bundesrat vertreten. Das bedeutet, diese Liste der sicheren Herkunftsländer endlich zu erweitern. Dann können wir die Leute, die in Bitterfeld in den O2-Shop oder in den Vodafone-Shop eingebrochen sind, z. B. einen Tunesier, der drei Stunden später 


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Herr Roi. 


Daniel Roi (AfD):

wieder herausgelassen wurde, endlich nach Hause führen. Das wäre konkrete Politik für die Interessen unserer einheimischen Bevölkerung. 


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Herr Roi, sie reden schon sehr lange.


Daniel Roi (AfD):

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Ministerin, bitte.


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport): 

Herr Abg. Roi, ich habe sehr konkret die Erweiterung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten 

(Zuruf von der AfD) 

um genau diese Maghreb-Staaten, aber auch um Indien und Armenien, in die Innenministerkonferenz eingebracht. 

(Zurufe von der AfD) 

Die Innenministerkonferenz setzt sich aus Unions- und SPD-Innenministern zusammen. Es gibt einen einstimmigen Beschluss der Innenministerkonferenz, der besagt, die Liste der sicheren Herkunftsstaaten um diese fünf genannten Länder zu erweitern. Die Position der FDP dazu ist auch bekannt. Insofern müssen Sie nicht den Koalitionsvertrag des Landes bemühen, sondern Sie müssen den Koalitionsvertrag des Bundes bemühen. Aber davon sind eben nur zwei Partner auch hier in der Landesregierung vertreten. Ein Dritter ist eben nicht hier in der Landesregierung vertreten.

(Guido Kosmehl, FDP: Gott sei Dank!)

Insofern findet es die Landesregierung insgesamt misslich, dass dieser einstimmige Beschluss der Innenministerkonferenz am Ende im Bund nicht umgesetzt wird.

(Zustimmung bei der CDU)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Als zweiter Nachfrager hat sich Herr Siegmund gemeldet. - Herr Siegmund, bitte.


Daniel Roi (AfD):

Nachfragen sind wohl nicht mehr erlaubt?


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Roi, Sie haben mehr als zwei Minuten für Ihre Nachfrage genutzt. Das war keine Frage, sondern das war ein Statement. Ich habe Sie ziemlich lange reden lassen. Deswegen ist jetzt Herr Siegmund an der Reihe.

(Zuruf von der AfD: Das waren keine zwei Minuten! - Weitere Zurufe von der AfD)


Ulrich Siegmund (AfD): 

Vielen Dank, Frau Innenministerin. Sie haben Ihre Rede mit den Worten beendet, dass Sie die Sorgen und Nöte der Menschen in diesem Land ernst nehmen. Deswegen möchte ich meine Frage, wie Sie es taten, auch humorvoll gestalten. 

Sie haben gesagt, dass die Hauptprobleme für die Verhinderung auf der Ebene des Bundes liegen, dass er quasi nicht in der Lage ist, die grundsätzlichen Probleme anzupacken. Dafür haben Sie den Applaus Ihrer CDU-Kollegen bekommen. Deswegen ist meine Frage - vielleicht können Sie mir helfen; mir ist es gerade entfallen -: Wer hat denn 16 Jahre lang, insbesondere in den entscheidenden Jahren von 2015 bis 2021, auf der Bundesebene regiert?

(Oh! bei der CDU - Angela Gorr, CDU: Was soll das denn?)


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport): 

Es stellen sich zu jeder Zeit unterschiedliche Fragen. 

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD) 

Auch Sie wissen, dass immer viele Dinge angegangen und forciert werden. So stellen sich eben zu jedem Zeitpunkt unterschiedliche Fragestellungen. 

Es ist nicht so - wenn Sie es so verstanden hätten, dann hätten Sie mich völlig missverstanden -, dass ich hierbei nur den Bund in die Pflicht nehme. Ich sage nur: Wir tun bei uns auch einiges. Ich nehme jetzt einfach einmal das Beispiel Indien. Natürlich wäre es für uns ideal, wenn Indien ein sicherer Herkunftsstaat ist. Die indischen Staatsangehörigen bilden bei uns seit Jahren die größte Gruppe der Ausreisepflichtigen.

(Ulrich Siegmund, AfD: Ja!)

Es gab dort schon in den Jahren 2017 und 2018 unterschiedliche Bemühungen der damaligen Bundesregierung, die dazu geführt haben, dass wir relativ viele ausreisepflichtige indische Staatsangehörige abschieben konnten. Das ist während der Coronapandemie vielleicht ein wenig eingeschlafen. Jetzt hat die neue Bundesregierung ein Migrationsabkommen mit Indien abgeschlossen. Ich fände es hilfreich, wenn parallel dazu Indien auf die Liste der sicheren Herkunftsstaaten kommt.

Bloß es ist so: Ein Migrationsabkommen abzuschließen ist das eine, es mit Leben zu erfüllen ist das andere. Wir haben eben nicht abgewartet, bis nach indisch-deutschen Regierungskonsultationen dieses Migrationsabkommen mit Leben erfüllt wird, sondern der Ministerpräsident und ich haben persönliche Gespräche mit dem indischen Botschafter geführt. Wir haben sozusagen unsere eigenen Gespräche geführt. Das hat unter anderem dazu geführt, dass in das Thema Abschiebung von ausreisepflichtigen indischen Staatsangehörige sehr viel Bewegung gekommen ist.

Ein anderes Beispiel: Natürlich ist es die Aufgabe des Bundes, das EU-Türkei-Abkommen wieder mit Leben zu erfüllen. Aber darauf kann ich als Land nicht warten. Also spreche ich mit der türkischen Generalkonsulin, um Wege zu finden, Passersatzbeschaffungen, die wir aus der Türkei brauchen, durchzuführen.

Also insofern geht es mitnichten darum, nur auf den Bund zu zeigen. Um signifikante, sozusagen höhere Abschiebezahlen zu bekommen, brauchen wir Passersatzbeschaffungen. In diesem Zusammenhang sind Außenpolitik und Ähnliches gefragt. Insofern würde das sehr helfen. Aber darauf ruhe ich mich mitnichten aus. Sie können in den zehn Punkten, die ich Ihnen genannt habe, auch sehr viele Maßnahmen sehen, die wir sehr konkret auch hier in Sachsen-Anhalt umsetzen können.

(Zustimmung bei der CDU - Oliver Kirchner, AfD: Tolle Rede!)