Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):
Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich bei den meisten Diskutantinnen für die wertschätzende und sachgerechte Debatte bedanken und Ihnen allen, bis auf die Rechtsaußen, vor allen Dingen dafür danken, dass Sie nicht dem goldenen Steg gefolgt sind, hierzu einen Kulturkampf zu eröffnen, sondern tatsächlich in der Sache zu diskutieren.
Deswegen doch noch ein paar Worte zu Ihrem Debattenbeitrag. Das, was Sie als gesellschaftlichen Konsens bezeichnet haben - das wird häufig so bezeichnet , ging seit seinem Bestehen immer zu Lasten von Frauen. Das ist zu einem Zeitpunkt, zu dem aus Umfragen hervorgeht, dass 75 % der Deutschen die Regelung innerhalb des Strafgesetzbuches für falsch halten, nichts mehr, was man als gesellschaftlich ausgewogenen Konsens bezeichnen könnte.
Im Übrigen - Sie neigen ja ansonsten immer dazu, populistisch Ihr Fähnchen in den Wind zu halten - sollten Sie sich einmal damit beschäftigen, dass selbst unter den AfD-Anhängern 67,4 % der Meinung sind, dass der Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches geregelt werden sollte. Vielleicht checken Sie dazu einmal Ihre Prioritäten.
Inhaltlich kann ich Ihnen nur sagen, dass Sie auch bei dem falsch liegen, was Sie an dieser Stelle zu der Frage dargestellt haben, warum Frauen Schwangerschaften abbrechen. Die ELSA-Studie hat untersucht, wann Familien, wann Frauen eine Schwangerschaft als ungewollt bezeichnen. Der Hauptgrund, warum eine Schwangerschaft als schwierig eingeschätzt wird oder ungewollt ist, noch vor wirtschaftlichen Schwierigkeiten, sind schwierige Partnerschaften oder das Fehlen eines Partners. Der Hauptgrund für abgebrochene Schwangerschaften sind Männer. Das sagt die ELSA-Studie.
(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD - Katrin Gensecke, SPD, lacht)
Um einmal Ihrem Schauermärchen von „bis zur letzten Minute abgebrochener Schwangerschaften“ einen Riegel vorzuschieben, verweise ich auf die Expertinnenstudie, die sich sehr differenziert mit der Frage auseinandersetzt, die Menschenwürdegarantie für den Embryo oder Fötus gegen die Menschenwürdegarantie für die Frau abzuwägen; die dabei sehr wohl zwischen der Frühphase einer Schwangerschaft, in der ein Embryo unabhängig von einer Frau nicht lebensfähig ist, und der Phase, in der ein Embryo auch ohne die Frau lebensfähig wäre, unterscheidet. Die Empfehlung ist, bei der Bewertung dabei tatsächlich zu unterscheiden und das zu regeln. Das ist die Basis für alle möglichen neuen Regelungen in Deutschland.
Zusammenfassend sage ich: Sie sollten sich - wir haben Ihnen gesagt, worauf wir uns in der Debatte beziehen werden, nämlich auf die Studie und auf die Expertinnenkommission , zukünftig einfach inhaltlich besser vorbereiten; dann brauchen Sie hierfür nicht an den Haaren, an den Haaren von Frauen, herbeiziehen, worüber Sie diskutieren möchten. Dann klappt es vielleicht auch mit Debatte statt mit Plattitüde. - Vielen Dank.
(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der Linken)