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Plenarsitzung

Transkript

Sebastian Striegel (GRÜNE): 

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem Appell des Vorredners kann ich mich nur anschließen. Wer morgens am 17. Januar vielleicht noch etwas schlaftrunken und mit einer Tasse Kaffee in der Hand den Laptop aufgeklappt und seine RSS-Feeds studiert hat, der musste sich möglicherweise die Augen reiben. Denn was gab es dort zu lesen? Ein Antrag zur Einbürgerungserklärung? Ja sind wir denn im Bundestag? Oder hatte die AfD etwa versehentlich versucht, einen Änderungsantrag zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts in unseren Landtag einzubringen? - Ein schneller Blick auf die Seite des Bundestages erhärtete letzteren Verdacht. Dort war jedenfalls kein Änderungsantrag der AfD-Bundestagsfraktion zum Gesetzentwurf zu finden und es kam bis zur Verabschiedung des Gesetzes durch den Deutschen Bundestag am vergangenen Freitag auch keiner mehr.

(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE)

Es tut mir leid, dass ich Ihnen das erst jetzt mitteilen kann, aber ich will es Ihnen trotzdem sagen: Wir sind hier im Landtag unzuständig für die Belange des Staatsangehörigkeitsrechts. Das gilt im Übrigen auch für die Alleingänge unserer Innenministerin, die das Bekenntnis zum Existenzrecht Israels ohne gesetzliche Grundlage zum Inhalt der Einbürgerungserklärung machte. Dieser Vorgang begegnet - bei aller Sympathie, Frau Ministerin, für die notwendige Bekämpfung des Antisemitismus - erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Existenzrecht Israels als Staatsräson zu begreifen ist eine richtige politische Entscheidung. Sie ist aber kein Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung.

(Zustimmung von Dr. Heide Richter-Airijoki, SPD)

Die Ampel hat mit dem bereits erwähnten neuen Bundesgesetz ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht geschaffen, das endlich der Lebenswirklichkeit vieler Menschen in Deutschland gerecht wird. Es sind Menschen, die aus verschiedenen Gründen ihre bisherige Staatsangehörigkeit nicht aufgeben wollten oder konnten, hier aber seit Jahren leben, arbeiten, Steuern zahlen, von unseren Entscheidungen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene betroffen sind, aber bisher keinen Zugang zu politischer Teilhabe haben. Die Bundesregierung hat mit diesem Gesetz insbesondere für die Gastarbeitergeneration eine wirkliche Verbesserung ihres Lebens und eine Anerkennung ihrer Situation und Leistung erreicht. 

Zudem hat der Bundestag eine gelungene Konkretisierung des Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung geschaffen. Demnach sind auch - ich zitiere  , „antisemitisch, rassistisch oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen [...] mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes unvereinbar.“ Sie schließen eine Einbürgerung aus.

Weiterhin müssen sich einbürgerungswillige Personen zukünftig zur - ich zitiere erneut - „besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihre Folgen, insbesondere für den Schutz des jüdischen Lebens, sowie zum friedlichen Zusammenleben der Völker und dem Verbot der Führung eines Angriffskrieges“ bekennen.

Es wird dabei deutlich, dass unsere Verfassung einen Gegenentwurf zum nationalsozialistischen Unrechtsstaat darstellt. Ich würde daher darum bitten, dass die Innenministerin die neue Gesetzeslage zur Kenntnis nimmt und die Einbürgerungserklärung in Sachsen-Anhalt gesetzeskonform anpasst.

Ich möchte noch kurz etwas zum Inhalt des Antrags der AfD sagen. Viele Menschen, die zu uns kommen und sich einbürgern lassen wollen, sind vor Repressionen in ihrer Heimat geflohen. Nehmen Sie bspw. die heute schon angesprochenen vielen Iranerinnen und Iraner, die hier leben. Diese Menschen sind vor der Verfolgung und den Repressionen des iranischen Regimes geflohen und haben hier Schutz gefunden und ihr Leben aufgebaut. Natürlich verbindet diese Menschen immer noch eine Menge mit ihrer ursprünglichen Heimat, mit dem Iran. Natürlich haben diese Menschen eine Menge zu den politischen Geschehnissen im Iran zu sagen. Diese Menschen dürften sich nach ihrem Antrag, meine Herren von der AfD, nicht mehr hinsichtlich der politischen Lage im Iran und der iranischen Außenpolitik engagieren. Ich meine, das wäre ein schlechter Scherz.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Dr. Heide Richter-Airijoki, SPD)

Deswegen ist auch Ihr Antrag sehr deutlich abzulehnen. - Vielen herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)