Cookies helfen uns bei der Weiterentwicklung und Bereitstellung der Webseite. Durch die Bestätigung erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden.

Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 5

Beratung

Bibliotheken zukunftsfest weiterentwickeln - Nach 30 Jahren endlich einen neuen Bibliotheksentwicklungsplan auf den Weg bringen

Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 8/3599

Alternativantrag Fraktionen CDU, SPD und FDP - Drs. 8/3649 

Alternativantrag Fraktion AfD - Drs. 8/3659


Wir haben jetzt die Möglichkeit, die Einbringung zu hören; denn derjenige, der das tut, Herr Aldag, steht bereits am Rednerpult. Er hat nunmehr das Wort. - Bitte sehr. 


Wolfgang Aldag (GRÜNE): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass das Haus heute Morgen bei diesem wichtigen Thema im Prioritätenblock gleich voll ist. Es geht heute um die Bibliotheken. 

Haben Sie in letzter Zeit einmal darüber nachgedacht, wann Sie das erste Mal in einer Bibliothek waren? Bei mir war es in der Grundschule, in der dritten Klasse. Wir bekamen damals alle einen Büchereiausweis und gemeinsam mit unserer Lehrerin gingen wir in die Bücherei. Dort wurde uns erklärt, wie das mit dem Bücherausleihen so geht. In der Folge sind wir als Knirpse immer wieder in die Bücherei gegangen, haben uns dort vor die großen Bücherregale gestellt und überlegt, was wir denn so für Bücher ausleihen könnten. Ich war damals froh, dass dort immer kompetente Personen vor Ort waren, die uns an die Hand genommen und uns gezeigt haben, wie das alles funktioniert, und die uns Bücher empfohlen haben, die uns möglicherweise interessierten, und die eben auch altersgerecht waren. 

Während meines Studiums lernte ich auch unsere Hochschulbibliothek zu schätzen. Als angehender Landschaftsarchitekt war es für mich wichtig, die Gärten dieser Welt kennenzulernen. Reisen waren zeitintensiv und auch kostspielig, 

(Zuruf von Siegfried Borgwardt, CDU) 

deswegen war ich froh, dass unsere Bibliothek farbenprächtige Bildbände vorhielt, die relativ teuer sind. Unsere Bibliothek half mir dabei, in diese Welt der Gärten einzutauchen. 

Auch in meiner Tätigkeit als Stadtrat hatte ich Kontakt mit Bibliotheken, als unsere Stadtbibliothek in Halle zu dem Format „Man(n) liest vor“ einlud. In diesem Rahmen habe ich mit vielen anderen Vorlesestunden für Kinder in der Stadtbibliothek durchgeführt. 

Mein letzter Kontakt zu einer Bibliothek ergab sich schließlich im Rahmen unserer Ausschussreise nach Portugal. Der Besuch der Bibliothek der Universität in Coimbra war wirklich irre. Alle, die dabei waren, können sicherlich bestätigen, dass das ein beeindruckendes Erlebnis war. 

Sie sehen anhand meiner persönlichen Erlebnisse, welche vielfältigen Funktionen Bibliotheken heute innehaben. Ja, man kann dort einfach Bücher ausleihen, aber Bibliotheken sind mehr als das. Bibliotheken sind Treffpunkte, Orte des Austausches, Orte, an denen diskutiert wird. Bibliotheken sind Veranstaltungsorte. Bibliotheken sind bedeutende kulturhistorische Orte. Aber genau diese Vielfalt, meine Damen und Herren, ist in Gefahr. Deshalb ist die Debatte über den Erhalt und die Entwicklung der Bibliotheken in Sachsen-Anhalt so wichtig. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir als bündnisgrüne Fraktion haben bei den parlamentarischen Frühstücken des Landesbibliotheksverbandes gut zugehört. Im November 2023 haben wir ein fraktionsinternes Fachgespräch mit verschiedenen Vertreterinnen und Vertretern der öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken sowie Mitgliedern des Landesverbands Sachsen-Anhalt im Deutschen Bibliotheksverband durchgeführt. Alle haben ein eindrückliches Bild der Situation der Bibliotheken im Land gezeichnet. Diese ist in weiten Teilen besorgniserregend. 

Mehr als 50 Bibliotheken wurden in den letzten drei Jahren geschlossen. Fast überall herrscht Personalmangel. Ausgebildet wird nur noch in Halle und Magdeburg. Viele Stadtbibliotheken sind unsicher finanziert, da das Vorhalten von Bibliotheken als freiwillige Aufgabe der Kommunen deklariert wird. Alle Bibliotheken stehen vor großen Herausforderungen im Rahmen der Digitalisierung. 

Gleichzeitig sind die Ansprüche an Bibliotheken mit der Zeit weit über das bloße Verleihen von Büchern hinausgewachsen. Bibliotheken sind außerschulische Bildungsorte, d. h., die Kooperation mit Schulen ist vielfältig und damit auch zeitaufwendig. Bibliotheken sind interkulturelle Begegnungsstätten und auch dabei werden die Aufgaben immer größer. Sie sind Orte von Veranstaltungen, die alle organisiert und durchgeführt werden müssen. Die Bibliothek ist ein Ort der Medienbildung; auch das stellt die Bibliotheken vor immer größere Herausforderungen. Insbesondere die wissenschaftlichen Bibliotheken sind für den Erhalt und die Archivierung von Kultur- und Wissensbeständen zuständig. Es ist auch im Zuge der Digitalisierung immer schwieriger, diese Aufgabe, die Kultur- und Wissensbestände zu digitalisieren, zu bewältigen. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Eine weitere Herausforderung ist der Anspruch an veränderte Öffnungszeiten. Familien möchten gern in die Bibliothek gehen, diesen Ort wahrnehmen. Das geht manchmal eben nur am Wochenende. Es ist eine neue Herausforderung, dann eben auch Öffnungszeiten an Samstagen und Sonntagen zu gewährleisten. 

Letztendlich hat uns das Gespräch gezeigt, dass wir als Landespolitik die folgenden Fragen stellen müssen: Was sollen Bibliotheken im 21. Jahrhundert leisten und wie müssen sie dafür ausgestattet sein - strukturell, personell und finanziell? Die Antworten auf all diese Fragen kann ein Bibliotheksentwicklungsplan liefern. Eine Neuausschreibung desselben ist bitter nötig; denn der letzte Bibliotheksentwicklungsplan stammt aus dem Jahr 1994. 

Mit einem Bibliotheksentwicklungsplan können Maßstäbe und Standards dafür herausgearbeitet werden, wie Bibliotheken betrieben werden können und sollen. Es können Perspektiven erarbeitet werden, wie Bibliotheken in den ländlichen Räumen erhalten bleiben können; denn insbesondere in diesen Gebieten sind Bibliotheken bedroht und werden oft auch nur ehrenamtlich betrieben. 

(Zustimmung von Cornelia Lüddemann, GRÜNE) 

Schlussendlich hätte ein Bibliotheksentwicklungsplan das Ziel, eine Basis zu schaffen, damit das Landesbibliotheksgesetz reformiert werden kann; denn dieses ist mittlerweile 14 Jahre alt und entspricht nicht mehr den Anforderungen, die notwendig sind, um eine gute Grundlage für die Arbeit der Bibliotheken in unserem Bundesland zu liefern. 

Meine Damen und Herren! Bibliotheken sind ein Ort zum Lesen und zum Bücherausleihen. Bibliotheken sind ein Ort für Gemeinschaft und Zusammenkommen. Bibliotheken bieten Raum für Diskussionen. Bibliotheken sind Veranstaltungsorte. Und Bibliotheken sind vor allem eines: ein Ort, an dem lebenslanges Lernen großgeschrieben wird. Bibliotheken sind ein Raum für alle Menschen. Deswegen brauchen Bibliotheken eine Zukunftsperspektive und genau das wird durch einen Bibliotheksentwicklungsplan ermöglicht. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es freut mich ausdrücklich, dass die Koalition unseren Antrag als Impuls, als Idee aufgegriffen und einen Alternativantrag auf den Weg gebracht hat, 

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Lachen und Zustimmung bei der SPD - Holger Hövelmann, SPD: So sind wir!)

der inhaltlich unserem Antrag gleicht und lediglich das Verfahren etwas anders beschreibt. Ich persönlich sehe das skeptisch; denn mit der vorgeschlagenen Prüfung durch die Landesregierung verlieren wir wertvolle Zeit, in der wir mit den Akteuren ins Gespräch kommen könnten. Ich bitte um Zustimmung zu dem Bündnisgrünen-Antrag; denn mit der Durchführung eines Fachgesprächs im Ausschuss, wie wir es vorgeschlagen haben, als erstem Schritt wäre der von uns gewählte Weg zielgerichteter und zeitsparender als der Weg, den die Koalition in ihrem Alternativantrag aufgezeigt hat. - Herzlichen Dank. 

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN und bei der SPD)