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Plenarsitzung

Transkript

Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Sie kennen mich hoffentlich als streitbare Sozialpolitikerin. Unter „Teilhabe für alle“ mache ich es nicht. Nimmt man wie ich und viele von Ihnen Menschenwürde und das Solidarprinzip ernst, dann folgt daraus das Versprechen auf einen starken und verlässlichen Sozialstaat, der den Menschen etwas zutraut, der auf Eigeninitiative setzt und der mit sozialpolitischen Maßnahmen dazu befähigen will, eigenverantwortlich zu handeln, der aber eben auch unabhängig vom Wohlverhalten des Einzelnen soziale Teilhabe materiell sicherstellt.

Ich glaube nicht, dass wir als Sozialstaat faule oder träge Menschen mittels Arbeitsanreizen anschubsen müssen. Das mag das Menschenbild eines Privatjetfliegers seien, meines ist es nicht. Ich denke, mündige Bürgerinnen und Bürger können sich durchaus selbst organisieren und selbst motivieren, also im eigentlichen Sinne Subjekt ihres Lebens sein, Sozialtransferbezug hin oder her. - Das war ein großer Bogen, damit Sie meine Ausführungen zu diesem Antrag nicht missverstehen.

Ich halte die Forderung nach einem Preisdeckel und nach einem perspektivisch kostenfreien Mittagessen nicht für das drängende Problem in diesem Bereich. Die Qualität in der frühkindlichen Bildung, die Personalausstattung in den Kitas, der Ausbau von Ganztagsschulen, multiprofessionelle Teams - all das brennt mir auf den Nägeln. All das sichert Bildungschancen für alle Kinder und ein gutes Arbeiten für die Fachkräfte. Dafür sollten wir alle Kräfte bündeln. 

Elternportemonnaies, und zwar dicke und dünne, zu schonen steht dabei zurzeit einfach hintenan. Für die dünneren Portemonnaies existiert - das hat die Ministerin ausgeführt - mit dem Bildungs- und Teilhabepaket eine sozialpolitische Flankierung der Mittagsverpflegung. Ich halte es selbstverständlich auch für nötig, denjenigen Unterstützung zukommen zu lassen, die diese sozioökonomisch brauchen. Aber das reicht dann auch aus.

Ich sagte es an dieser Stelle schon einmal: Politik wird dann schwierig, wenn es gilt, Prioritäten zu setzen und zwischen verschiedenen grundsätzlich sinnvollen oder wünschenswerten Forderungen abzuwägen. Ich wäge an dieser Stelle ab und sage: So schön der Antrag auch klingt, wir werden ihn heute nicht unterstützen. 

Einzig der Punkt zur Mehrwertsteuer ist für uns vollständig nachvollziehbar. Daher rührt auch unser Alternativantrag. Kita- und Schulessen sind nun wirklich kein Luxusprodukt. Das ist auch etwas anderes, als wenn die Eltern essen gehen. Das ist nichts, was dem Vergnügen oder der Freizeit dient. Es ist schlicht Essen, das Kinder brauchen. Deshalb bitten wir das Land, in diesem Bereich auf eine dauerhafte Mehrwertsteuersenkung hinzuwirken. Um die Initiative, die dahin gehend schon unternommen wurde, zu unterstützen und darauf hinzuwirken, dass sie weitergeht, haben wir unseren Alternativantrag gestellt.

Zu dem gleichzeitig in Rede stehenden Kinderförderungsgesetz ist das Nötigste bereits gesagt worden, und zwar mehrmals. Es ist schön, dass die Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung und zur Elternentlastung wiederum für ein Jahr verlängert werden. Noch schöner wäre es gewesen, wenn das Land dabei einmal den Mut gehabt hätte, sich unabhängig vom Bundesgesetz dazu zu bekennen. Das war auch das Credo in der Anhörung zu dem Gesetzentwurf. Die Regierung will es aber lieber scheibchen- und jahresweise. Das ist nicht schlecht, aber auch nicht zustimmungsfähig.

Der gewünschten Überweisung würden wir zustimmen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Es gibt eine Frage von Herrn Gebhardt. Wollen Sie die beantworten, Frau Sziborra-Seidlitz?


Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):

Gern.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Ganz offensichtlich, Herr Gebhardt. Das gibt Ihnen die Chance, sie zu stellen.


Stefan Gebhardt (DIE LINKE):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Kollegin, ich möchte eine Frage zu Ihrem Alternativantrag stellen, der nur aus einem Satz besteht und der sich lediglich auf die Bundesebene bezieht. Ist Ihnen, wenn es auf der Bundesebene nicht gelingt, aktiv zu werden oder erfolgreich zu sein, eine Landeslösung wirklich egal? Aber Sie haben diese Frage quasi schon beantwortet. Sie haben gesagt, dass das für Sie nachrangig ist, und Sie haben die Dinge aufgezählt, die für Sie in der Politik und in diesem Bereich wichtig sind.

Ich frage Sie jetzt aber einmal sehr direkt: Halten Sie bezahlbares Kita- und Schulessen für Kinder in unserem Land tatsächlich für nachrangig? Ist das Ihre private Position oder ist das die Position der Fraktion?

(Zustimmung von Nicole Anger, DIE LINKE)


Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):

Die Initiative, die auf die Bundesebene zielt, bezieht sich auf Steuerregelungen, die wir im Land nicht zu regeln haben.

Die Position zum bezahlbaren Kita- und Schulessen habe ich sehr deutlich gemacht. Es geht nicht darum, dass das insgesamt nachrangig ist. Selbstverständlich ist es wichtig, dass diejenigen, die sozioökonomische Bedarfe haben und denen es nicht so gut geht, diejenigen mit den dünnen Elternportemonnaies, an dieser Stelle Unterstützung bekommen, um Kita- und Schulessen finanzieren zu können. Das passiert bereits. Ich halte nur nichts davon, mit der Gießkanne auch diejenigen Familien zu entlasten, die es sich eigentlich leisten können. Dann ist die Qualität wichtiger.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Es gibt offensichtlich noch eine kurze Nachfrage. - Bitte sehr.


Stefan Gebhardt (DIE LINKE):

Entschuldigung, aber genau so könnte man bei den Kita-Beiträgen agieren. Ich dachte bisher, dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Position hat, dass es hierbei um die Kinder geht und nicht um die Eltern. Es geht um Kita-Essen und das sollten die Kinder einnehmen, genauso wie Schulessen, und weniger die Eltern.


Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):

Genau. Deswegen ist es wichtig, nicht mit der Gießkanne alle Eltern zu entlasten, sondern die Eltern zu entlasten, bei denen die Entlastung notwendig ist, damit deren Kinder genau wie alle anderen Kinder an all dem teilnehmen können.

(Beifall bei den GRÜNEN - Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Es geht nicht um die Eltern!)