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Plenarsitzung

Transkript

Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Als die Covid 19-Pandemie Anfang März 2020 auf Deutschland übergriff, wurden bekanntermaßen auch in unserem Land umfangreiche Eingriffsmaßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger und zur Vermeidung einer Überlastung des Gesundheitssystems erforderlich. 

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Diese in Übereinstimmung mit anderen Ländern und dem Bund getroffenen Maßnahmen waren mit bedeutsamen Grundrechtseingriffen in nahezu allen Bereichen unserer Gesellschaft verbunden. Auch vor dem Hintergrund des wellenförmigen Pandemieverlaufs hat die Landesregierung die Eingriffsmaßnahmen ständig auf ihre Verhältnismäßigkeit hin überprüft und Maßnahmen der jeweiligen Lage angepasst.

Dies zeigt sich auch an der Zahl von insgesamt 18 Eindämmungsverordnungen und 35 Verordnungsänderungen. Am 7. Dezember 2022 lief die Eindämmungsverordnung des Landes aus bzw. wurde in Teilen durch bundesweite Maßnahmen, welche am 6. April 2023 endeten, abgelöst.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Der Deutsche Bundestag hat zusammen mit der Bundesregierung zwischenzeitlich einen unabhängigen Sachverständigenausschuss zur Evaluierung der Rechtsgrundlagen und Maßnahmen der Pandemiepolitik eingesetzt, welcher am 30. Juni 2022 seinen Abschlussbericht vorlegte. Viele weitere Studien und Auswertungen folgten, bspw. zu den Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche. 

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Der Landesregierung ist sehr daran gelegen, die in Sachsen-Anhalt gemachten Erfahrungen aus der Zeit der Pandemiebekämpfung, aber auch landesspezifische Erkenntnisse aufzuarbeiten und somit die bundesweiten Evaluierungen sinnvoll zu ergänzen. Dies erfolgt mit dem Ziel, für künftige pandemische oder epidemische Situationen besser vorbereitet zu sein.

Deshalb hat die Landesregierung am 21. November 2023 beschlossen, eine unabhängige Regierungskommission „Pandemievorsorge“ einzusetzen, welche möglichst in den ersten Monaten des kommenden Jahres ihre Arbeit aufnehmen soll. Wichtig war der Landesregierung dabei, dass die Expertinnen und Experten durch ihre wissenschaftliche oder gesellschaftliche Tätigkeit einen Bezug zu unserem Land aufweisen, gleichzeitig aber gerade nicht - das war uns ganz wichtig - an der aktiven Pandemiebekämpfung beteiligt waren. 

Auf der Grundlage der Ergebnisse der genannten Evaluierung auf der Bundesebene sollen durch die Kommission vor allem landesspezifische Aspekte der Pandemiebekämpfung untersucht werden. Ich will nur kurz vier Punkte nennen.

Erstens: das Thema Datenmanagement. Welche Daten brauchen wir künftig auf der Grundlage welcher Indikatoren, um mit Pandemiegeschehnissen fundiert umgehen zu können? Welche Dateninfrastruktur brauchen wir? Welche Datenqualität ist erforderlich? 

Zweitens: Welche Krisenkommunikation ist künftig zur Risikobewältigung erforderlich? Wie kann einerseits niederschwellig aber auch angemessen über die Gefahren in einer vergleichbaren Situation aufgeklärt werden? 

Drittens: Welche Maßnahmen brauchen wir, um auf Geschehnisse zielgerichtet, aber auch angemessen reagieren zu können? Dazu gehört meines Erachtens auch die Frage der Auswirkungen einzelner Maßnahmen auf sämtliche gesellschaftlichen Gruppen. 

Viertens sollten die rechtlichen Aspekte in den Blick genommen werden, bis hin zu der Frage, wer im Falle künftiger Lagen welche Entscheidungsbefugnisse haben soll.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Eines wird klar: Natürlich gehört der Blick zurück dazu, wenn man für die Zukunft besser gerüstet sein will. Ja, viele von uns blicken auf einzelne, damals nötige Entscheidungen auch kritisch zurück. Kernaufgabe der Kommission soll es aber sein, zu schauen, wie besser eine Vorsorge für künftige Pandemien organsiert werden kann. 

Wir wollen wissen, was man künftig besser machen kann. Wir wollen nötige Schritte, die uns die Kommission empfiehlt, möglichst noch in dieser Legislaturperiode angehen. Daher soll der Abschlussbericht, soweit möglich, im ersten Quartal 2025 vorliegen. Ich bin mir sicher, dass wir über diesen Abschlussbericht hier im Hohen Hause diskutieren werden. Das ist gut und richtig so.

Uns alle verbindet die Hoffnung, dass wir ein derartiges Pandemiegeschehen - lassen Sie mich nur an die Bilder von Bergamo erinnern -

(Oh! bei der AfD - Zurufe von der AfD: Bergamo? - Das kann doch nicht wahr sein! - Jetzt kommen die noch mit diesen alten Geschichten!)

nie wieder zu bewältigen haben werden. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Warten Sie, Frau Ministerin. Es gibt eine Intervention von Herrn Scharfenort. - Herr Scharfenort erhält das Wort. Bitte sehr.


Jan Scharfenort (AfD):

Frau Grimm-Benne, ich möchte noch ein bisschen ergänzen. Wir als AfD haben hier ständig auf das eine oder andere hingewiesen. Sie haben den Abschlussbericht der Untersuchungskommission erwähnt. Ich weiß nicht, ob Sie den gleichen meinen. Ich meine den vom 30. April 2021. Darin wurde festgestellt, dass die Pandemie zu keinem Zeitpunkt die stationäre Versorgung an ihre Grenzen gebracht hat. Sie haben immer damit argumentiert, dass die Krankenhäuser überlastet gewesen seien. - Punkt 1.

Ich will weiter ergänzen. Seit Dezember 2020 wussten alle Regierungen und auch Sie Folgendes aus dem Pfizer-Vertrag, der mittlerweile geleakt worden ist   ich zitiere aus dem Pfizer-Vertrag  : Die an dem Vertrag teilnehmenden Mitgliedstaaten nehmen zur Kenntnis, dass die Langzeiteffekte, die Wirksamkeit und die Sicherheit möglicher Nebenwirkungen des Impfstoffes derzeit nicht bekannt sind.

Was haben Sie uns hier erzählt? - Auch Sie haben immer wieder behauptet, die Impfung sei effektiv und sicher. Das war eine glatte Lüge und Sie mussten das wissen.

(Beifall bei der AfD)

Wir werden das in einem Untersuchungsausschuss in der nächsten Legislaturperiode alles aufarbeiten. Das verspreche ich Ihnen.

(Zustimmung bei der AfD)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Sie können, wenn Sie wollen, reagieren.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Das möchte ich nicht unerwidert lassen. Ich verweise nur auf meinen letzten Redebeitrag bei der Behandlung Ihrer Großen Anfrage. Wir haben auf 145 Seiten auch dazu detailliert Stellung genommen. Wir haben regelmäßig in den Ausschüssen berichtet. 

(Jan Scharfenort, AfD: Sie hätten mal lieber Lutz Trümper zuhören sollen, Ihrem Kollegen!) 

Sie bleiben bei Ihrer Auffassung. Wir bleiben bei unserer Auffassung und ich kann das auch belegen. Ich finde, Sie sollten mit solch harten Worten wie „Lüge“ ein bisschen vorsichtiger umgehen.

(Zuruf von der AfD: Nein! - Weitere Zurufe von der AfD) 

- Ja, das können Sie tun, aber ich kann das auch zurückweisen.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Dann fragen Sie mal Ihren Kollegen! - Jan Scharfenort, AfD: Sie hätten sich bloß mal Lutz Trümper anhören sollen! Der hat jeden Montag eine Pressekonferenz gegeben!)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Scharfenort, warten Sie mal. Sie haben Ihre Intervention beendet. Die Ministerin hat darauf geantwortet. Jetzt hat Herr Siegmund eine Frage. - Bitte sehr, Herr Siegmund.


Ulrich Siegmund (AfD):

Vielen Dank, Herr Präsident.- Frau Ministerin! Als Gesundheitsministerin werden Sie mir folgende Frage sicherlich beantworten können. Der Ministerpräsident dieses Landes, Dr. Reiner Haseloff, hat am 28. November 2023 empfohlen, einen Coronanotstand auszurufen, weil wir Spitzenwerte der Erkrankungen in Deutschland zu verzeichnen haben. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir eine Inzidenz von 29. 

(Zuruf von der SPD: Die Coronanotlage galt für den Haushalt! Mein Gott! Mal mehr als „Mickey Mouse“ lesen! - Unruhe)

Ich frage Sie als Gesundheitsministerin: Inwiefern ist eine Notsituation durch Corona gesundheitlich für unser Gesundheitswesen gegeben und woran genau wird das festgemacht?


Vizepräsident Wulf Gallert:

Sie haben das Wort.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Wir haben über die Coronanotlage am Montag diskutiert. Das hat Minister Richter für den Haushalt eingebracht, um daraus Ableitungen zu ziehen, wie wir mit Maßnahmen eine Pandemieresilienz erreichen. Das hatte überhaupt nichts mit dem zu tun, was wir jetzt haben.

Ich habe heute mit meinem Kollegen Armin Willingmann gesprochen. Sie alle haben gefordert, dass wir z. B. ein Abwassermonitoring auch hier im Land machen sollen. Man kann sagen, dass wir auf jeden Fall vor einer großen Welle stehen. 

(Zurufe von der AfD: O nein! - Furchtbar!)

Das merken wir auch daran, dass sich sehr viele Menschen krankgemeldet haben. Ich gebe Ihnen recht: Da es nicht mehr meldepflichtig ist, wenn man an Corona erkrankt ist, gibt es eine erhebliche Dunkelziffer dahin gehend, ob wir tatsächlich hohen Zahlen haben. Dass wir trotz dieser Welle hier im Landtag so zusammensitzen können, auch eng und ohne Maske, das liegt meiner Meinung nach an einer sehr erfolgreichen Impfung und Immunisierung dieses Landes. 

(Zustimmung bei der SPD - Lachen bei der AfD)

Ich denke, damit habe ich das beantwortet.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Gut. - Sie haben noch eine Nachfrage? - Dann bitte sehr, Herr Siegmund.


Ulrich Siegmund (AfD):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, ich möchte gern eine Nachfrage stellen. Sie haben eben zu Recht gesagt, dass gestern die Erklärung einer Notlage mit dem Haushalt begründet wurde. Dabei war man zur Abwechslung einmal ehrlich in diesem Haus. Ich möchte aber trotzdem noch einmal den Ministerpräsidenten zitieren, und zwar hat das Hagen Eichler von der „MZ“ bei Twitter hochgeladen. Ich zitiere:

„Ministerpräsident Haseloff will 2023 und 2024 die Notlage feststellen, um neue Kreditermächtigungen zu bekommen.“

Das haben wir gestern gehört. Aber er zitiert weiter:

„Bemerkenswert: Haseloff begründet die Notlage für 2023“

  also nur für dieses Jahr  

„mit der aktuellen Coronalage: ‚Sie sehen ja die aktuelle Situation, dass wir einen Spitzenwert an Covid-Erkrankungen in Deutschland haben. Es gibt Handlungsbedarf.‘“

(Dr. Falko Grube, SPD: Ja, haushalterisch!)

Jetzt möchte ich noch einmal fragen: Welchen konkreten Handlungsbedarf für das Gesundheitswesen sehen Sie durch die aktuelle Erkrankungssituation und inwieweit rechtfertigt die aktuelle Erkrankungssituation einen Gesundheitsnotstand?

(Dr. Falko Grube, SPD: Er hat nicht Gesundheitsnotstand gesagt! - Zuruf: Den hat gar keiner ausgerufen!)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Frau Grimm-Benne, Sie können noch einmal reagieren.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Man kann z. B. die Coronalage, also die derzeitige Situation, dass wir mehr Infektionen im Land haben, daran ablesen, dass all unsere Krankenhäuser im Augenblick selbst über ihre Hausmitteilungen sagen, dass es schön wäre, wenn man Masken tragen würde, 

(Zustimmung - Zuruf von der AfD: Aber die nutzen doch gar nichts! Nichts nutzt das! Nein, nichts!)

um das Infektionsgeschehen ein bisschen abzuschwächen, und dass man von Besuchen Abstand nehmen möchte, wenn man Symptome hat, um die Patientinnen und Patienten in den Krankenhäusern nicht zu gefährden.

(Zustimmung von Dr. Andreas Schmidt, SPD - Zurufe von der AfD: Sie reden sich noch um Kopf und Kragen! - Ich weise es Ihnen nach! Warten Sie mal! - Unruhe)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Jetzt möchte ich folgende Grundregeln noch einmal zur Sprache bringen. Erstens bitte ich um ein bisschen mehr Ruhe im Raum.

Zweitens. Man kann doch einer Ministerin eine Frage stellen, aber dann muss man auch die Antwort aushalten und man muss sie ausreden lassen. Wenn man das nicht aushält, dann darf man keine Frage stellen. 

(Lachen bei der LINKEN)

Ich würde einfach einmal versuchen, das als menschliches Grundprinzip in diesen Landtag einzuführen.

(Zustimmung bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wenn wir damit durch sind   das sind wir offensichtlich  , dann können wir zur Debatte der Fraktionen kommen.