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Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 24

Erste Beratung

Leistung muss sich wirklich lohnen - Arbeit der Studierenden gerecht entlohnen

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 8/3307


Einbringen wird den Antrag Herr Lange. - Herr Lange, bitte schön.


Hendrik Lange (DIE LINKE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich ist es ungewöhnlich, dass ein Tarifvertrag und Tarifverhandlungen in einem Antrag im Landtag thematisiert werden. Aber ganz ehrlich: So wie die Tarifverhandlungen derzeit ablaufen - ohne Angebot und mit wenig Wertschätzung gegenüber den Beschäftigten  , wäre das durchaus einmal eine Debatte wert.

Ein trauriges Beispiel ist dabei der Hamburger Finanzsenator Dressel - er ist wohlgemerkt von der SPD  , der tatsächlich vorgeschlagen hat, dass doch untere Einkommensgruppen Wohngeld beantragen sollen, wenn sie nicht mehr über die Runden kommen. Abgesehen davon, dass das auch Steuergeld wäre, muss man sich einmal vorstellen, wie herablassend mit den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes umgegangen wird. Das ist unfassbar und das ist zurückzuweisen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das musste jetzt raus. - Jetzt weiter zum Antrag. Wir sind den ungewöhnlichen Schritt gegangen, weil in dieser Tarifrunde ein neues Tarifwerk mitverhandelt werden soll, nämlich ein Tarifvertrag für studentische Beschäftigte, der sogenannte TV Stud.

Es gibt seit vielen Jahren die Forderung, dass studentische Beschäftigte ein eigenes Tarifwerk bekommen sollen. Jetzt haben sich die Studierenden zu einem deutschlandweiten Netzwerk zusammengeschlossen und sind bereit, für ihre Interessen zu kämpfen. Das ist gut so.

Meine Damen und Herren! Studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte leisten wichtige Arbeit an unseren Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Sie betreuen Experimente oder sie tragen durch Fleißarbeit zur Sammlung wissenschaftlicher Daten bei. Manchmal werden sie für administrative Aufgaben und Bürotätigkeiten, wie das Kopieren von Klausuren, gebraucht.

Viele studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte geben Tutorien. Das heißt, sie unterstützen andere Studierende beim Lernen. Anders gesagt: Sie übersetzen in verständliche Sprache, was die Profs eigentlich gemeint haben. Es sind also viele Arbeiten, die an den Hochschulen erledigt werden müssen.

Meine Damen und Herren! Bundesweit ist es sehr unterschiedlich, wie diese Gruppen von Beschäftigten definiert werden. Auch darum gibt es Forderungen nach einem einheitlichen Tarifwerk, nach einer bundesweit einheitlichen Bezeichnung für Hilfskräfte und Tutoren und nach einer einheitlichen Beschreibung von Tätigkeiten für ein bundesweit geltendes Stundenentgelt, das endlich einmal über dem Mindestlohn liegt.

Meine Damen und Herren! Leider ist die Realität so, dass oft nur der Mindestlohn gezahlt wird. Manchmal wird durch die Gestaltung der Arbeitsbedingungen selbst der unterschritten. Oder Studierenden arbeiten über die Bezahlung hinaus, weil sie auf den Job angewiesen sind.

Das führt dazu, dass manchmal unentgeltlich vor und nach Vertragsbeginn bzw.  ende gearbeitet wird. Die Studierenden fühlen sich als Verfügungsmasse, die mit sehr kurzfristigen Aufträgen umgehen muss; eine ständige Verfügbarkeit wird vorausgesetzt.

(Alexander Räuscher, CDU: Viertagewoche für Studierende!)

Zudem hangeln sich die Studierenden von einem kurzzeitig befristeten Vertrag zum nächsten, sodass sie immer Gefahr laufen, kurzfristig ohne Job dazustehen und über die Runden kommen zu müssen. Um es exemplarisch zu machen, zitiere ich den „Kölner Stadtanzeiger“. Und nein, dieses Beispiel ist kein Einzelfall aus Köln, sondern es ist exemplarisch.

Ich erstelle Stundenpläne und organisiere Abläufe wie eine Verwaltungsfachkraft. Davon, dass ich gute Arbeit mache, sind neun Semester meines Studiengangs abhängig, führte die Studentin aus, die im Studiengang Neurowissenschaften eingeschrieben ist. Mindestlohn als Bezahlung, ständige Erreichbarkeit für Nachfragen und ein Arbeitsvertrag, der alle paar Monate erneuert werden müsse, seien dafür ein völlig inakzeptabler Rahmen. - Recht hat die junge Frau.

Meine Damen und Herren! Auch das Durchsetzen von Urlaubsansprüchen ist schwierig. Zudem wird von vielen studentischen Beschäftigten gesetzeswidrig verlangt, Krankheitszeiten nachzuarbeiten. All das kann in der Studie mit dem Titel „Jung, akademisch, prekär“ nachgelesen werden.

Es geht in unserem Bundesland nicht um wenige Menschen. Im letzten Jahr gab die Landesregierung in der Antwort auf meine Kleine Anfrage an, dass mehr als 1 500 Personen als studentische Hilfskraft arbeiten. Bundesweit sind es Hunderttausende Studierende. Ihre Situation muss verbessert werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Darum unterstützt DIE LINKE die Forderung nach einem Lohn von 16,50 € pro Stunde im ersten Jahr und einem Anstieg in den Folgejahren.

(Andreas Silbersack, FDP: Ungelernt!)

Wir unterstützen die Forderung nach einem einheitlichen Urlaubsanspruch von 30 Tagen als Berechnungsgrundlage.

(Unruhe)

Wir unterstützen die Forderungen nach einer Mindestvertragslaufzeit und einem Mindeststundenumfang.

Meine Damen und Herren! DIE LINKE hat die prekären Lebensbedingungen der Studierenden schon oft thematisiert. Eigentlich ist es ein Armutszeugnis für unser reiches Land, dass Studierende neben Ihrem Studium noch arbeiten müssen. Denn nur 11 % der Studierenden erhalten BAföG und es werden wohl nicht mehr werden, wenn man sich die Kürzungen im BAföG-Haushalt der Bundesregierung ansieht. Ja, das ist ein sozial- und bildungspolitisches Armutszeugnis für die SPD-geführte Bundesregierung und für die FDP, die von einem elternunabhängigen BAföG gesprochen hat.

Meine Damen und Herren! Eine Lösung zeichnet sich indes bei den Studierenden der Pflegewissenschaften ab. Durch das Pflegestudiumsstärkungsgesetz zeichnet sich ab, dass ein duales Studium, wie bei den Hebammenwissenschaften, zukünftig der Weg ist. Darüber haben wir bereits häufiger diskutiert. Es braucht bloß noch eine zügige Umsetzung.

Meine Damen und Herren! Im Sommer dieses Jahres haben Medizinstudierende im praktischen Jahr ihren Unmut auf die Straße getragen. Bei den PJlern ist nämlich auch einiges im Argen. Das PJ ist die dritte Ausbildungsphase. Die Studierenden sind voll im klinischen Alltag eingebunden und übernehmen verantwortungsvolle Tätigkeiten. Ein Fulltime-Job, für den die Studierenden jedoch lediglich 400 € Entschädigung bekommen. Ihre Forderungen nach einer Entschädigung auf dem Niveau des BAföG-Höchstsatzes teilen wir. Denn es ist klar, dass man von 400 € nicht leben kann. Ich finde 934 € für einen Fulltime-Job echt bescheiden und um so machbarer muss die Umsetzung sein.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Auch im PJ muss geregelt werden, dass Krankheitstage angerechnet werden. Zudem ist bei der Arbeitsbelastung ein Abstand zu den Abschlussprüfungen von vier Wochen statt wie bisher zwei Wochen angemessen.

Schwieriger wird sicherlich die Forderung nach einer angemessenen Betreuung umzusetzen sein. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, jedoch leider nicht in unserem Klinikalltag. 

Zur sozialen Situation gehört auch, dass Praktika angemessen vergütet werden. Hierzu schlägt DIE LINKE einen Landesfonds vor, um daraus Praktikumsvergütungen für Pflichtpraktika zu ermöglichen.

(Andreas Silbersack, FDP: Praktika?)

Meine Damen und Herren! Zum Schluss haben wir die Graduiertenförderung zum Thema eines Antrages gemacht; das gehört dazu. Wir haben dazu bereits im Rahmen der Haushaltsberatungen einen Antrag gestellt. Die Situation stellt sich so dar, dass die Graduiertenförderung seit Jahren auf dem gleichen Niveau ist.

An dieser Stelle ist die Inflation zu berücksichtigen, die sehr stark zugeschlagen hat. Deswegen möchten wir, dass die Graduiertenstipendien des Landes - hierbei handelt es sich übrigens um eine Bestenförderung - maßvoll angeglichen und nach oben angepasst werden. Das ist auf jeden Fall machbar und es muss sichergestellt werden, dass dies nicht zur Absenkung der Zahl der Graduiertenstipendien führt.

Meine Damen und Herren! Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag

(Marco Tullner, CDU: Nein!)

damit sich Leistung wirklich lohnt. 

(Ulrich Siegmund, AfD: Jawohl!)

Die Studierenden haben es verdient.

(Beifall bei der LINKEN und bei der AfD - Zurufe von der AfD: Jawohl! - Tobias Rausch, AfD: Das war bis jetzt Ihr bester Redebeitrag! Der war topp!)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Es gibt eine Zwischenintervention von Herr Pott.

(Thomas Staudt, CDU: Das war das Bündnis Wagenknecht! - Zuruf von der AfD: Da macht der nicht mit! - Lachen bei der AfD)

Jetzt Herr Pott.


Konstantin Pott (FDP):

Sehr geehrter Kollege Lange, ich möchten Sie darauf hinweisen, dass Sie in Ihrem Redebeitrag der Bundesregierung etwas unterstellt haben, das nicht stimmt, nämlich, dass sie beim BAföG kürzt. Es ist richtig, dass der Haushaltsansatz gesenkt wurde. Er ist auf die Summe gesenkt worden, die in den vergangenen Jahren abgeflossen ist. Kein einziger Student, der einen Anspruch auf BAföG hat, wird durch diese Kürzung benachteiligt. Der Rechtsanspruch besteht weiterhin. Sie schüren Ängste, die nicht bestehen, und das gehört sich nicht.

(Beifall bei der FDP)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Herr Lange.


Hendrik Lange (DIE LINKE): 

Herr Pott, es gehört zum guten Ton, dass man zuhört, was der Redner sagt,

(Zustimmung bei der AfD - Ulrich Siegmund, AfD: Jawohl!)

bevor man sich zu Wort meldet und dann Unwahrheiten äußert.

Ich habe davon gesprochen, dass lediglich 11 % der Studierenden zurzeit BAföG bekommen 

(Konstantin Pott, FDP: Wir haben den Kreis der Anspruchsberechtigten erhöht!)

und es nicht mehr werden, weil im Bundeshaushalt massive Kürzungen anstehen.

(Guido Kosmehl, FDP: Das stimmt doch nicht!)

Wenn Sie ein wenig Ahnung von diesem ganzen Prinzip hätten, 

(Guido Kosmehl, FDP: Nur weil Sie 30 Jahre lang studiert haben, haben Sie noch lange nicht mehr Ahnung als jeder andere, der hier sitzt! - Zuruf von Konstantin Pott, FDP - Weitere Zurufe von der FDP - Unruhe)

- Sie können sich jetzt darüber aufregen oder Sie können mir zuhören. Das können Sie entscheiden.

Herr Pott hat selbst gesagt, dass das Geld nicht abgeflossen ist. Das liegt daran, dass die Gehälter gestiegen sind und immer mehr Menschen keinen Anspruch mehr auf BAföG-Leistungen habe. Das ist der Mechanismus, der dahintersteht.

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Sie können die Hände vor dem Gesicht zusammenschlagen, aber das ist nun einmal so. Wenn man zudem weiß, dass eine BAföG-Reform noch aussteht und man die Grenzen längst nicht in dem Bereich angesetzt hat, in den die Gehälter gestiegen sind, dann ist anzunehmen - das zeigt Ihre Bundesregierung, in dem Sie den Haushaltsansatz absenkt  , dass es nicht mehr Anspruchsberechtigte werden. Über nichts anderes habe ich geredet.

(Zustimmung bei der AfD - Zuruf von der AfD) 

Sie werden dafür sorgen, dass nicht mehr Studierende einen Anspruch auf BAföG haben.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei der AfD)