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Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 16

Beratung

Ohne Ablenkung lernen - Smartphones im Unterricht nur noch ausgeschaltet oder im Flugmodus erlauben!

Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/3286


Herr Tillschneider steht schon vorn am Rednerpult. - Bitte, Herr Tillschneider, Sie haben das Wort.

(Beifall bei der AfD)

Nicht ganz so laut, ich bin noch im Mittagsschlaf. - Das war ein Spaß - Verzeihung. - Herr Tillschneider.


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen! Als der Bildungsausschuss unseres Landtags Ende September in Irland weilte, besuchten wir unter anderem auch die Intel-Chipfabrik bei Dublin. Wir hörten Vorträge und führten Gespräche vor allem mit Personen, die sich der Gewinnung von Fachkräftenachwuchs für die IT-Branche widmen.

Einer von ihnen, er nannte sich, wenn ich mich recht erinnere, Bernie, hielt zu Beginn seines Vortrages ein Smartphone hoch und meinte, das Kernproblem bei der Nachwuchsgewinnung sei, dass die jungen Leute an der Schule dieses Gerät zwar mit Begeisterung zu nutzen verstünden, sich aber nicht die Bohne dafür interessierten, wie es funktioniert und wie es hergestellt wird und dass kaum noch ein Schüler Ehrgeiz zeige, sein Berufsleben der Herstellung und der Weiterentwicklung solcher Geräte zu widmen. Besser kann man die Krise der Digitalisierung kaum beschreiben.

Wenn wir so weitermachen wie bisher, dann werden wir in nicht mehr allzu ferner Zukunft einer Generation begegnen, die ohne Smartphone zwar nicht mehr leben kann, zugleich aber nicht in der Lage ist, Smartphones herzustellen. Man könnte von einer Dialektik der Digitalisierung sprechen.

Die Altparteien stecken vor diesem Problem den Kopf in den Sand, weil es unbequem ist, sich damit zu befassen und weil die Altparteien in ihrer typischen Altparteienbequemlichkeit jeder krisenhaften Entwicklung freien Lauf lassen. Aber wir, die AfD, weichen nicht aus. Wir sprechen dieses Problem an und wir gehen es an.

(Beifall bei der AfD)

Wir müssen unsere Kinder und Jugendlichen so erziehen und bilden, dass sie die Digitalisierung beherrschen und nicht von ihr beherrscht werden, dass sie Abstand nehmen können und verstehen, was vor sich geht, anstatt der technischen Entwicklung einfach nur dumpf ausgeliefert zu sein und sich hilflos in Abhängigkeiten treiben zu lassen, aus denen sie irgendwann niemand mehr befreien kann. Was wir brauchen sind Digitalisierungsfachkräfte. Was wir bekommen, wenn wir so weitermachen wie bisher, sind Digitaljunkies.

Der vorliegende Antrag meiner Fraktion schlägt eine ganz konkrete Maßnahme vor, um dieser Entwicklung entgegenzusteuern. Wir wollen den privaten Smartphone-Gebrauch aus dem Unterricht verbannen, weil die Nutzung privater Smartphones während der Unterrichtszeit einer der Gründe für das sinkende Bildungsniveau und damit für den Fachkräftemangel darstellt. Das ist keine bloße Behauptung der AfD, sondern das ist durch eine Fülle von Studien überreich belegt. Es ist im Grunde genommen schon eine Binsenweisheit der Hirnforschung.

Wir haben in Vorbereitung dieses Antrags mehr als 30 nationale und internationale Studien gesichtet, von denen jede einzelne nachweist, dass und wie genau Smartphones die kognitiven Fähigkeiten junger Menschen beschädigen. Dazu zählt z. B. die zwischen 2016 und 2017 deutschlandweit durchgeführte BLIKK-Studie, also: B, L, I, K, K - das steht für Bewältigung, Lernverhalten, Intelligenz, Kompetenz und Kommunikation. Diese Studie hat für die Gruppe der Zwei- bis 14-Jährigen nachgewiesen, dass Lese- und Rechtschreibschwäche stärker ausgeprägt sind, je intensiver Bildschirmmedien genutzt werden.

Nach einer aktuellen schulpädagogischen Studie der Universität Augsburg führt eine intensive Smartphone-Nutzung bei Schülern zu Lernrückständen von bis zu einem Jahr. Eine Studie, die schon 2015 mit dem Titel „The brain in your pocket“ in der renommierten Zeitschrift „Computers in Human Behavior“ veröffentlicht wurde, belegt einen signifikanten Zusammenhang zwischen intensiver Smartphone-Nutzung und verminderter Intelligenz.

In der gleichen Zeitschrift wurde 2014 eine Studie publiziert, die zeigt, dass Schüler und Studenten, die ihr Smartphone intensiv nutzen, schlechte Noten, mehr Angst und eine geringere Lebenszufriedenheit haben, als diejenigen, die ihr Smartphone seltener nutzen.

Eine Studie, die 2014 in China unter - sage und schreibe - 7 102 Jugendlichen der Jahrgangsstufen sieben bis zwölf durchgeführt wurde, zeigt, dass Smartphone-Nutzung in Zusammenhang mit Aufmerksamkeitsstörung steht, ebenso eine kalifornische Studie aus 2012. Ich könnte hier noch stundenlang solche Zusammenhänge referieren.

Der Fall ist klar: Die Bildschirmzeit verdrängt zunächst schlicht die Lernzeit. Die Kinder und Jugendlichen kommen einfach viel seltener dazu, sich den Schulaufgaben zu widmen; denn das Smartphone raubt ihre Zeit und füllt sie mit sinnloser Beschäftigung. Die wenige Zeit, die sie dann noch mit Lernen verbringen, wird schlechter genutzt, weil die Schüler aufgrund der dauernden Unterbrechung durch das Smartphone das Konzentrationsniveau, das für effizientes Lernen notwendig ist, gar nicht mehr erreichen - weniger Zeit zum Lernen und in der wenigen fragmentierten Zeit zugleich schlechtes Lernen.

Zu diesem doppelten Schaden kommen hirnphysiologische Veränderungen hinzu, die das Lernvermögen dauerhaft beschädigen. Eine Langzeitstudie der Universität North Carolina unter 169 Sechst- und Siebtklässlern hat mittels MRT Untersuchung nachgewiesen, dass bei ausgeprägter Nutzung sozialer Medien in dieser Altersgruppe die Gehirnareale, die für Motivation, gezielte Aufmerksamkeit und kognitive Kontrolle zuständig sind, beeinträchtigt werden.

Diese Studien beziehen sich zunächst nur auf die bloße Quantität der Smartphone-Nutzung. Dass diese einen zwanghaften Charakter annimmt und also die Qualität einer Sucht gewinnt, ist dabei längst keine nur vereinzelte Erscheinung mehr, sondern ein regelrechtes Massenphänomen. Nach einer österreichischen Studie waren 2008 inzwischen 9 % der Schüler von schwerer Internetsucht betroffen.

Eine Schulsozialarbeiterin aus Stendal, die sich letzte Woche in einem Brief an mich darüber beklagt hat, dass wir ihren Berufsstand eher kritisch sehen, hat den Sinn ihrer Tätigkeit unter anderem damit zu begründen versucht, dass immer mehr ihrer Betreuungsfälle unter Internet- und Smartphone-Sucht leiden. Das Problem besteht ohne Zweifel. Doch ich denke, statt aufwendiger sozialpädagogischer und schulpsychologischer Betreuung wäre es ein einfacheres und zugleich effektiveres Mittel gegen die Internetsucht ihrer Schüler, einfach einmal das Smartphone während der Schulzeit ausgeschaltet zu lassen.

(Beifall bei der AfD)

Auch, wenn keine regelrechte Sucht vorliegt, schadet die Präsenz des Smartphones im Unterricht. Der Psychologe Adrian Ward hat 2017 in den USA nachgewiesen, dass allein die Präsenz eines Smartphones auf dem Tisch ausreicht, damit Probanden bei Testfragen schlechter abschneiden. Ein in der Nähe befindliches eingeschaltetes Smartphone nimmt uns so in Beschlag, dass Ressourcen im Gehirn besetzt werden.

Schon 2010 hat eine in den USA durchgeführte Studie nachgewiesen, dass Wirtschaftsstudenten deutlich schlechtere Lernergebnisse aufweisen, wenn sie während der Lehrbuchlektüre das Smartphone benutzen. Um das zu wissen, braucht es freilich keine Studien. Jeder wird, wenn er es einmal auf einen Versuch ankommen lässt, die Erfahrung machen, dass er besser lernen und sich besser konzentrieren kann, wenn er das Smartphone aus seiner Lernumgebung entfernt.

Die diversen Chatgruppen und sozialen Medien bilden ein nicht enden wollendes Gespräch, eine Art ständige Versammlung, wo pausenlos Unmengen von Schwachsinn angehäuft werden, was uns immer wieder ablenkt und unterbricht. Im Berufsleben lässt sich diese Dauerpräsenz des Gequassels oft nicht mehr vermeiden. Wenn wir sie aber während der Schulzeit aus der Schule verbannen, dann tun wir unseren Kindern etwas Gutes. Wir ermöglichen Ihnen, ohne Ablenkung in Ruhe zu lernen.

(Beifall bei der AfD)

Auf die schädlichen Sekundäreffekte des Smartphone-Missbrauchs, wie etwa das sogenannte Cybermobbing, bei dem Mitschüler über soziale Medien drangsaliert werden, auf Übergewicht, ADHS, Schlafstörungen und viele weitere nachteilige Auswirkungen, die in dutzenden Studien nachgewiesen wurden, komme ich aus Zeitgründen nicht zu sprechen.

Fazit: Der Smartphone-Missbrauch ist nicht nur ein einfacher Störfaktor, sondern er bündelt eine Fülle von Ursachen, die Lern- und Bildungsvorgänge stören. Digitalisierungsfachkräfte, fähige Programmierer, Mikrotechniker und Elektroingenieure bekommen wir nicht dadurch, dass wir die Bildschirmzeit der Kinder maximieren, sondern nur, wenn wir unsere Kinder in Ruhe und ohne Ablenkung zu Konzentration, Reflexion und Beherrschung erziehen und ihre Kreativität und ihre Intelligenz fördern.

Nicht ohne Grund - das sollte Ihnen wirklich zu denken geben - schicken die Programmierer in Silicon Valley ihre Kinder ganz bewusst an Schulen, in denen die Schüler erst spät und dann nicht anwendend, sondern vorwiegend analysierend mit digitalen Geräten konfrontiert werden.

Der durchschnittliche BRD-Bildungspolitiker Hans Wurst des Jahres 2023 freilich, der in aller Regel nachplappert, anstatt nachzudenken, meint, er hätte etwas für den Fortschritt getan, wenn er die Kinder möglichst früh, möglichst flächendeckend und möglichst lange mit digitalen Geräten konfrontiert.

Die Schule ist ein Schutzraum und die Schulzeit ist eine Schutzzeit für unsere Kinder kommen, während der sie sich frei von schädlichen Einflüssen entwickeln können sollten, frei vom Dauer-online-Stress, frei von Ablenkung aus dem Internet.

Was wir wollen, ist dabei in Sachsen-Anhalt gar nichts Neues. In einigen Schulen gilt schon jetzt, dass Smartphones während des Unterrichts ausgeschaltet sein müssen, genauso, wie wir uns das vorstellen. Wir wollen nur, dass diese gute Praxis durch das Ministerium auf alle Schulen im Land übertragen wird.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag, der nicht mehr und nicht weniger wäre, als einfach ein kleiner Schritt hin zu einer besseren Bildung.

(Beifall bei der AfD)

Wenn Sie sich aber nun auch diesem Vorschlag der AfD-Fraktion verweigern, was ich befürchte, dann stützen Sie selbst die gängige Verschwörungstheorie, wonach die Bildungskrise Absicht ist und bei der es im Kern darum geht, ein geistig verarmtes Lektorat heranzuziehen, dem jede intellektuelle Kapazität fehlt, sich gegen subtile Reformen der Herrschaft zur Wehr zu setzen. Zeigen Sie, dass es nicht so ist! Stimmen Sie unserem Antrag zu!

(Beifall bei der AfD)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Herr Tillschneider, es gibt eine Frage an Sie. - Frau Karin Tschernich-Weiske.


Karin Tschernich-Weiske (CDU):

Herr Dr. Tillschneider, kennen Sie denn überhaupt noch eine Schule, in der die Schulleitung längst nicht die Nutzung des Smartphones während des Unterrichts versagt hat?


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Ja, dieser Antrag kommt aus der Praxis von Elternvertretern aus Magdeburg, die das gefordert haben. Ja, es gibt diese Schulen. Ich kenne sie persönlich nicht.

(Aha! von der CDU - Zuruf von den GRÜNEN)

Aber das tut nichts zur Sache. Natürlich, es gibt mehrere in Magdeburg. Ich kenne den Namen dieser Schule nicht, aber ich glaube doch den Elternvertretern. Wenn diese auf mich zukommen, dann habe ich doch keinen Grund dafür, ihnen zu misstrauen und das nachzuprüfen. Befassen Sie sich bitte sachlich und versuchen Sie sich nicht an solchen untauglichen Überrumpelungsversuchen.

(Beifall bei der AfD)