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Plenarsitzung

Transkript

Ulrich Siegmund (AfD): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Stellen Sie sich vor, Sie haben ihr Leben lang fleißig gearbeitet, haben Steuern gezahlt, waren sparsam, haben sich auf den Lebensabend vorbereitet, haben sich auf eine Notsituation vorbereitet oder haben den Anspruch gehabt, Ihren Kindern oder Enkelkindern irgendwann einmal etwas übrig zu lassen, etwas weiterzugeben und eine bessere Zukunft vorzubereiten. 

Jetzt stellen Sie sich vor, Sie haben alles verjubelt, haben nie irgendeinen Cent gespart, haben immer in den Tag hinein gelebt, haben unser Sozialsystem ausgenutzt, waren faul und haben sich absichtlich nicht auf den Lebensabend vorbereitet. 

Jetzt tritt die Situation ein, Sie sind pflegebedürftig, Sie brauchen Hilfe. Dann ist es wahnsinnig ungerecht in diesem Land. Darum geht es heute, um den sogenannten Pflegeeigenanteil. 

Warum es eigentlich für jeden Menschen, unabhängig vom Alter, wichtig ist, das möchte ich heute einmal herausstellen. Ich möchte auch jedem mit auf den Weg geben, sich unabhängig vom Alter jetzt schon auf diese Situation vorzubereiten, weil es über kurz oder lang in jeder Familie in diesem Land Thema werden wird. Dazu komme ich gleich.

Wir sind nicht gleichgestellt, wir sind ziemlich weit weg. Wir haben eine Pflegeversicherung, die nicht alles abdeckt. Viele in diesem Land wissen das nicht. Deswegen plädieren wir als ersten Lösungsvorschlag für eine Pflegevollversicherung. Wir möchten aus der Teilkasko eine Vollkasko machen. Wir möchten, dass sich jeder Mensch in diesem Land, der eingezahlt hat, auf ein würdevolles Leben im Alter verlassen kann. 

Es geht heute aber vor allem darum, dass in diesem Land für jeden und alles das Sozialamt einspringt, aber wehe, Sie haben irgendeine Lebensleistung gehabt, wehe, Sie waren fleißig, wehe, Sie haben Geld gespart, dann werden Sie in diesem Land richtig zur Kasse gebeten. Wie das abläuft und warum es für viele Familien wirklich zu einer Katastrophe werden könnte, darum geht es heute in meinem Debattenbeitrag. Das ist eigentlich der Kern, der den Menschen in diesem Land bewusst gemacht werden muss, weil viele gar nicht wissen, was eigentlich im Alter auf sie zurollt. 

Wie läuft es denn aktuell ab? - Jemand wird pflegebedürftig in Ihrer Familie und bekommt einen Pflegegrad. Eine Summe X wird jeden Monat überwiesen. Er muss in ein Heim - das wissen wir alle  ; das ist die große Summe Y. Das Heim kostet nämlich deutlich mehr. Diese Differenz, dieses Delta, müssen Sie privat tragen. Bei vielen Menschen reicht die gesetzliche Rente dafür aus, aber bei sehr vielen Menschen reicht sie dafür nicht aus. Genau diese Differenz trägt bei vielen Leuten in diesem Land das Sozialamt, wenn Sie einen entsprechenden Antrag stellen.

Was ist aber, wenn Sie einer derjenigen sind, wozu ich am Anfang gesagt habe, der sich bewusst darauf vorbereitet hat, der gespart hat, der fleißig war, der 20 000 €, 30 000 € oder 40 000 € in seinem Leben gespart und zur Seite gelegt hat oder der ein kleines Häuschen als Altersvorsorge hat? - Der wird zur Kasse gebeten. Der wird nämlich gezwungen, bis auf ein Schonvermögen alles Vermögen, das er in seinem Leben erwirtschaftet hat, hierfür bereitzustellen und den Eigenanteil aus eigener Tasche zu bezahlen. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist absolut ungerecht, weil es ein erneuter Schlag gegen die Leistungsträger unserer Gesellschaft ist, gegen die Menschen, die sich selbstständig auf diese Situation vorbereitet haben.

(Beifall bei der AfD)

Der große Hammer - das weiß keiner - ist die zehnjährige Frist für die rückwirkende Anfechtung bspw. von Schenkungen in Familien. Das kann das Sozialamt machen. Das weiß kaum jemand in diesem Land. Wer der Meinung ist, er bereitet sich darauf vor, indem er sein Vermögen loswird, z. B. indem er es an seine Enkelkinder überweist, der kann bis zu zehn Jahre lang rückwirkend zur Kasse gebeten werden. 

Stellen Sie sich vor, Sie bekommen von einem Großeltern- oder Elternteil 10 000 € geschenkt, weil es sagt, irgendwann werde ich ein Pflegefall, ich möchte nicht, dass der Staat das Geld bekommt, ich möchte, dass du ein schönes Leben hast. Acht Jahre, neun Jahre oder teilweise zehn Jahre später kann das Sozialamt, wenn dieser Pflegefall eintritt, um die Ecke kommen und sagen, diese Schenkung wird rückgängig gemacht, und dann teilweise sogar Zinsen auf den Betrag verlangen, wie ein Gerichtsurteil aus Celle bewiesen hat. Das heißt, Ihre Kinder, Ihre Enkelkinder können eines Tages richtig zur Kasse gebeten werden, nur weil Sie eines Tages die Entscheidung getroffen haben, ihnen ein gutes Leben zu ermöglichen. Das ist alles, meine sehr geehrten Damen und Herren, aber nicht gerecht und ein Schlag ins Gesicht aller fleißigen Menschen in diesem Land.

(Beifall bei der AfD)

Übrigens - das gebe ich jedem mit auf den Weg - gilt das auch für eine Immobilie. Wenn Sie eine Immobilie, ein kleines Häuschen, als Altersvorsorge hatten und es auf Ihre Kinder oder Enkelkinder überschrieben haben, dann kann auch das zehn Jahre später per Gerichtsbeschluss rückabgewickelt werden. Das muss man sich einfach auf der Zunge zergehen lassen.

Jetzt haben wir das Problem einer katastrophalen Entwicklung in der Pflege. Das wissen wir alle. Was möchten die LINKEN? - Die Fraktion möchten heute mit ihrem Antrag - ich formuliere es in einem Satz - die Leistungsträger dieser Gesellschaft weiter zur Kasse bitten, noch mehr zur Kasse bitten, indem sie den Anteil, den diejenigen bezahlen sollen, die ein Einkommen haben, die das alles finanzieren sollen, höher setzen wollen. Das möchten wir nicht. Deswegen lehnen wir diesen Antrag ab.

Ich finde diese Debatte heute sehr traurig. Noch nicht einmal wurde die Grundproblematik der Schieflage in der Pflege angesprochen. Wir plädieren ganz klar nicht für eine Symptomlösung, wir möchten eine Grundlösung: demografische Katastrophe beheben, Pflegepersonalnotstand beheben und natürlich den aktuellen Inflationswahnsinn beheben. Diese drei Punkte führten überhaupt erst dazu, dass wir uns über diese Situation unterhalten müssen, dass wir eine Katastrophe in der Pflege haben und dass dieser Eigenanteil immer weiter ausufert. 

Deswegen - lange Rede kurzer Sinn - weg von dieser Problembehandlung der LINKEN, weg von einer weiteren Belastung der Leistungsträger in unserer Gesellschaft, hin zu einem lösungsorientierten Ansatz der Grundprobleme in diesem Land. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)