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Plenarsitzung

Transkript

Wulf Gallert (DIE LINKE): 

Natürlich haben wir - das ist bei einer solchen Debatte wahrscheinlich nicht zu umgehen - etwa 70 % unserer Zeit gerade mit typischen politischen Ritualen verbracht, nun gut. Ich bin lange genug in diesem Haus, um mich darüber nicht übermäßig aufzuregen. Aber vielleicht doch die eine Frage: Wenn es denn wirklich darum geht, ein sicheres, ein sauberes, ein ordentliches, ein handhabbares Gesetz zu machen - im Januar 2023 gab es die erste Ankündigung von Ihnen, Herr Willingmann, dass ein solcher Gesetzentwurf kommen wird  , dann stellen wir uns als Oppositionsfraktion natürlich die Frage, wie lange das denn dauern soll, bis dieser Gesetzentwurf irgendwann einmal diesen Landtag erblickt. Wir sind natürlich davon ausgegangen, dass wir spätestens vor der Sommerpause einen solchen Gesetzentwurf das erste Mal vorgelegt bekommen. Doch wir bekamen ihn nicht. 

Wir haben da so eine Erfahrung mit dieser Koalition

(Guido Kosmehl, FDP: Was?)

Immer, wenn gute Dinge angekündigt werden und dann nicht kommen, hat man den Eindruck: Na ja, Leute, mal gucken, irgendwann ist das Ende der Legislaturperiode und es funktioniert nicht. 

(Guido Kosmehl, FDP: Wir haben noch nicht mal Halbzeit! Es ist noch lange hin!)

Insofern sage ich: Das ist reine Lebenserfahrung. Herr Kosmehl, das kann bei Ihnen immer noch einen anderen Eindruck geben, 

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

aber wir wissen schon, worum es hierbei geht. 

Deshalb haben wir diesen Gesetzentwurf vorgelegt. Ich habe ausdrücklich gesagt, dass der Thüringer Gesetzentwurf die Grundlage dafür war. Aber unser Gesetzentwurf ist nicht der Thüringer Gesetzentwurf. 

(Zustimmung bei der LINKEN - Zuruf von der LINKEN: Genau!)

Ich sage noch einmal ganz klar: Es gab - das will ich ehrlich sagen - bei uns eine kontroverse Debatte darüber. Wir haben dezidiert etwas anderes hineingeschrieben als die Thüringer. Bei den Thüringern ist es nämlich so, dass sie ausdrücklich nur Windkraftanlagen aufgenommen haben, die im EEG erfasst sind. Wir haben uns dazu entschieden, auch Freiflächenfotovoltaikanlagen aufzunehmen. 

Ich gebe zu, das ist ein kontroverses Thema. Denn wir haben hier die Flächenkonkurrenz zwischen landwirtschaftlicher Nutzfläche und Freiflächenfotovoltaikanlagen. Die Frage - darüber können wir gern diskutieren - ist doch, ob es vernünftig, gut und richtig ist, unter diesen Bedingungen die Kommunen und die Bürger zu ermutigen, Freiflächenfotovoltaikanlagen anzulegen oder ob wir - auch darüber können wir gern diskutieren - das z. B. nicht an Agrofotovoltaikanlagen binden sollten, die in der Entwicklung sind und die mir aufgrund der vielfach zu verzeichnenden geringen Niederschlagsmengen unter Umständen sogar sehr wertvoll zu sein scheinen, die aber, das muss man fairerweise sagen, deutlich teurer sind als die klassische Freiflächenfotovoltaikanlage. Über all diese Dinge können wir diskutieren. 

Ich will auch sagen, wie wir das Geld an die Leute bringen. Wir sind gern bereit, darüber zu diskutieren. Es gibt die unterschiedlichsten Möglichkeiten. Natürlich könnte man sagen: Das Einfachste ist immer das Beste. Für den Bürger gibt es ein Sparkonto, und die Gemeinde bekommt es in einen Extratopf - das ist schon wichtig, ansonsten fließen die Mittel in den kommunalen Finanzausgleich  , aus dem sie dann bestimmte Dinge finanzieren kann. 

Es gibt aber auch die Möglichkeit, den Strom für die Leute zu verbilligen. Das Direktstromprinzip erfolgt im Übrigen nicht über eine separate Leitung; aber gut, das ist mir jetzt wirklich zu doof, das noch einmal zu erklären. Nein, es gibt die unterschiedlichen Möglichkeiten. Man kann einige Dinge vielleicht noch hinzufügen, man kann aber auch Dinge wegnehmen. Das ist überhaupt keine Frage. 

Einen Unterschied will ich noch einmal ganz klar nennen: All das, was der Minister bisher angekündigt hat, ist lediglich die verpflichtende Umsetzung von § 6 EEG. Das finanzielle Volumen des vorliegenden Gesetzentwurfs ist doppelt so groß, weil es nämlich außerdem Direktauszahlungen an die Leute vorsieht, die neben einem Windrad leben. Das ist nicht im EEG enthalten und das ist bisher auch in den Ankündigungen des Energieministers überhaupt nicht enthalten. Das heißt, das finanzielle Volumen dieses Gesetzentwurfs ist doppelt so hoch wie die bisherigen Ankündigungen und wie eine obligatorische Umsetzung des Bundesgesetzes. Denn dieses Kriterium, dass die Leute, die neben so einem Ding leben, Geld bekommen, und zwar direkt in die private Kasse, das EEG des Bundes bisher nicht kennt. Das kennt auch der Energieminister, zumindest in seinen Ankündigungen, nicht. Deswegen gibt es hier einen gewaltigen Unterschied.

Ich will noch etwas zum Ausbau sagen und gehe vor allem auf die Windenergie ein. Die Landesregierung hat gesagt, dass sie, wenn sie ihre Ziele umsetzen wollte, etwa 330 neue Windräder mit ca. 5 MW brauchte. 

Das sind die richtig großen Dinger, die jetzt vor allen Dingen installiert werden. Das, was beantragt ist, ist übrigens im Durchschnitt in Sachsen-Anhalt mit einer noch höheren Leistung als 5 MW ausgewiesen. Insofern sind auch die 30 000 € pro Windrad, von denen der Minister immer spricht, eher die untere Grenze. Das, was neu dazugebaut wird, scheint zum Teil noch größer zu sein.

Der eigentliche Punkt ist aber ein anderer; darauf bin ich vorhin nicht eingegangen. Wir haben hier bereits mehr als 2 800 von den Dingern stehen. Der Landesverband Erneuerbare Energien sagt: Ein Drittel davon, 900, gehen in der nächsten Zeit vom Netz. Die sind einfach, sage ich jetzt einmal, Schrott. Selbst wenn sie nicht Schrott sind, dann sind sie von ihrer Leistungsfähigkeit her inzwischen so überholt, dass man mit den Dingern einfach kein Geld mehr verdienen kann. 

Das Entscheidende vor Ort ist   deswegen reden wird bei Neuanlagen natürlich über Repowering; Repowering ist Neuanlage  , dass wir bei den Leuten, die die Dinger vor der Nase haben, eine Akzeptanz erwirken, sodass sie nicht sagen: Das Ding ist weg und hier kommt nichts mehr hin. Das ist sozusagen die Zielsetzung des Gesetzentwurfs. Das schafft man nicht nur über eine Beteiligung der Gemeinden, sondern auch darüber, dass man sagt: Wenn du einen Kilometer entfernt von dem Ding wohnst, dann hast du selbst direkt etwas im Portemonnaie. 

Das ist eben nicht das, worüber in der Landesregierung bisher diskutiert worden ist. Dieser Passus ist völlig raus. Der ist bisher nicht angekündigt und nicht diskutiert worden. Darüber müssen wir uns unterhalten. Wenn wir bei den Menschen echte Akzeptanz erreichen wollen, dann müssen wir sagen: Auch du persönlich kriegst zusätzliche Knete in dein Portemonnaie. Das ist der Grund für ein solches Gesetz.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will noch eines sagen: Jetzt gibt es endlich Stadtwerke, die sich auf den Weg machen, auch mit Partnern, manchmal in einer Minderheitsbeteiligung, aber auch an verschiedenen Stellen, die sagen: Mensch, Leute, wir waren blöd, dass wir das verschlafen haben, lasst uns da jetzt richtig reingehen. Dazu motivieren wir übrigens mit dem Gesetz. Es gibt nämlich einen Passus, dass dann, wenn Gemeinden oder Energiegenossenschaften mit mehr als 50 % an einem solchen Projekt beteiligt sind, dieses gesamte Umlagesystem entfällt. Also haben wir das natürlich in gewisser Weise berücksichtigt. Das Gesetz soll dazu motivieren, dass die Leute hier vor Ort investieren. Wir wollen nicht immer nur Leute von woanders heranholen, die hier ihr Geld investieren, die Windräder drehen lassen und die Gewinne einstecken.

Ich beantrage die Überweisung zur federführenden Beratung in den Energieausschuss und zur Mitberatung in den Finanzausschuss. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN)