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Plenarsitzung

Transkript

Carsten Borchert (CDU):

Herr Präsident, vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin gerade gelaufen und ein bisschen außer Atem.

(Zuruf von Guido Heuer, CDU)

Den Ausführungen meiner Ministerin und meines sehr geehrten Ausschussvorsitzenden zu der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung zu den Anträgen „Masterplan zur Sicherung der Schulbildung in Sachsen-Anhalt“ und „Lehrerkräftemangel aktiv bekämpfen - Den Lehrberuf von Beginn an attraktiver gestalten“ ist, glaube ich, nicht allzu viel hinzuzufügen. Dahin gehend möchte ich jetzt nichts wiederholen.

Unsere Landesregierung hat acht konkrete Aufgaben bekommen, die abgearbeitet und die dabei helfen werden, dem Lehrkräftemangel entgegenzuwirken. Das wird keine Lösung sein, aber ein Schritt. Ich bitte ich an dieser Stelle dringlichst - gerichtet an unseren Wissenschaftsminister  , die aktuell gesamte Lehrerausbildung auf den Prüfstand zu stellen, um endlich dahin zu kommen, dass wir in Halle keine Wissenschaftler, sondern Lehrerinnen und Lehrer ausbilden. Das wiederhole ich gern. Die Ausbildung unserer Studentinnen und Studenten ist nicht mehr dazu geeignet, im heutigen Schulalltag zu bestehen. 

(Zustimmung bei der CDU)

Ich zitiere junge Referendare.

(Unruhe bei der AfD - Zuruf von der AfD: Hör mal zu!)

- Ich höre bei der AfD auch zu. - 90 % dessen, was sie an der Uni in Halle an Inhalten studieren müssen, hat mit der Lehrerpraxis nichts zu tun. Gleiches gilt für die Weiterqualifizierung von Seiteneinsteigern. Vorbild im positiven Sinne und lobend in Bezug auf Inhalte bei der Qualifizierung von Seiteneinsteigern unseres Landes ist übrigens das Institut zur Weiterqualifizierung im Bildungsbereich an der Uni Potsdam, zu der wir unsere Seiteneinsteiger schicken.

Gestern war ich mit der Ministerin an einer Schule. Ein junger Mann, der gerade fertig geworden ist, hat gesagt: Dort geht man auf uns ein; dort kriegen wir genau das Wissen vermittelt, was wir brauchen, um draußen zu bestehen; dort geht man sogar auf unsere Familien ein - denn das sind alles keine 18-Jährigen mehr  ; meine Kumpels, Kolleginnen und Kollegen, die in Halle dasselbe machen, die kommen nach Hause und sagen: nur Wissenschaft, damit können wir überhaupt nichts anfangen. An der Stelle sollten wir doch endlich einmal darüber nachdenken: Was Potsdam kann, das können wir auch.

(Zustimmung von Anne Marie Keding, CDU)

Zum Antrag der AfD zum Thema Klassenstärken. Herr Lippmann hat dazu einiges gesagt, was richtig war.

(Thomas Lippmann, DIE LINKE, lacht - Zuruf von der AfD: Einiges! - Weiterer Zuruf: Hört, hört!)

An dieser Stelle möchte ich mich nicht wiederholen. Ich bitte ausdrücklich darum: Wenn Sie solche Anträge stellen, dann stellen Sie sie doch nicht, wenn das alles schon vorhanden ist. Das kostet uns hier wahnsinnig viel Lebenszeit und bringt uns überhaupt nichts; denn alles das, was Sie in Bezug auf die Klassenstärken beantragt haben, gibt es schon. Ich habe das hier.

(Der Redner hält ein Blatt Papier hoch)

Sie können das im Internet nachlesen. Das Ministerium hat das für dieses Schuljahr herausgebracht. Dort gesteht genau, dass es möglich ist, sämtliche Klassen so zu koordinieren oder größer zu machen, wenn es denn gewollt wird. Glauben Sie, dass, wenn wir das jetzt beschließen würden, dann ein Schulleiter oder ein Lehrer sagen würde: Oh, das machen wir, obwohl die Klassenräume gar nicht groß genug sind - ich will mich nicht wiederholen - und obwohl die Lehrkräfte gar nicht in der Lage dazu sind, mit 40 bis 50 Schülerinnen und Schülern zu arbeiten?

Aber wenn dort unten eine Schule eine Idee hat, mit den Trägern etwas zu verändern, dann kann das auch super passen. Meine Ministerin war gestern in einem kleinen Ort in der Altmark. Dort hat man einen „Klassenraum plus“ gebaut. Was haben die dort gemacht? - Dort haben der Träger und die Gemeinde aus zwei Räumen einen gemacht. An einer Grundschule haben sie in dem Raum eine Trennwand gesetzt. Das hat richtig Geld gekostet. Alle haben zusammengehalten. Und was ist das Resultat gewesen? - An den kleinen Grundschulen, die wir haben, hast du nur fünf Lehrer. Wenn zwei davon krank sind, dann ist die Schule tot. Die haben das so gebaut, weil sie gesagt haben: Wenn wirklich einmal eine solche Situation kommt, dass ein Lehrer nicht da ist, dann wird die Trennwand aufgeschoben und dann kann man auch zwei Klassen unterrichten. 

(Zustimmung von Jörg Bernstein, FDP)

Das sind Ideen, die nur von unten kommen können. Das können wir hier oben nicht festlegen; denn wir finanzieren es nicht. Das sind konkrete Beispiele, die uns helfen. Aber das, was Sie heute vorgeschlagen haben, können wir nur ablehnen.

Der Kollege hat gesagt: Wir können darüber im Ausschuss diskutieren, wie groß die Klassen werden sollen. Was wollen wir darüber diskutieren? Dazu können wir überhaupt nichts sagen. Das Ministerium hat es freigegeben. Die können unten selber entscheiden, wie sie es gestalten, wenn sie es können und wollen. Mehr ist dazu nicht zu sagen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. 

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Warten Sie einmal, Herr Borchert. Es gibt eine Frage von Herrn Lippmann. Wollen Sie diese beantworten?


Carsten Borchert (CDU):

Natürlich.


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Na dann, los. Eine Minute.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Ja, ja! - Lachen)


Thomas Lippmann (DIE LINKE):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Lieber Kollege Borchert, Sie waren lange Zeit Schulleiter an einer Grundschule. Können Sie vielleicht Herrn Hecht bestätigen, dass es seit ungefähr zehn Jahren eine sehr detaillierte Erfassung des Unterrichtsausfalls an den Schulen gibt; auch aufgelistet nach den Gründen, der Vertretung und den verschiedenen Maßnahmen? Unter diesen Maßnahmen wird auch die Kategorie Klassenzusammenlegung extra erfasst, damit der Unterrichtsausfall vermieden wird. Durch Klassenzusammenlegungen wird Unterrichtsausfall - das wissen Sie vielleicht nicht so ganz genau - in einer Höhe von ungefähr 170 000 Stunden im Jahr vermieden. Das kann man nachgucken. Diese Statistik gibt es. Herr Hecht könnte dort nachgucken, wie viel Unterrichtsausfall durch Klassenzusammenlegungen vermieden wird. Das wird ganz akribisch von den Schulleitungen gemacht.


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Sie können antworten.


Carsten Borchert (CDU):

Ich bin mir sicher, dass Herr Hecht das weiß. Der ist ja nicht blöd. Darüber muss ich ihn nicht belehren.

(Zuruf von Christian Hecht, AfD)

Das ist eine von vielen Methoden, die es gibt; denn dort unten wird einfach gearbeitet. Wir haben hier oben die Verantwortung, diejenigen zu achten und diejenigen zu stützen, die den Lehrberuf ausüben. Aber das, was mich teilweise stört, Herr Lippmann - denn Sie haben gerade das Thema angefasst - ist, dass Sie - Sie sind ja der bekannteste Landtagsabgeordnete in Sachsen-Anhalt, der die Schulen ständig von der Arbeit abhält - ständig solche Kleinen Anfragen stellen. 

(Zustimmung und Lachen bei der CDU und bei der FDP)

Die kann ich Ihnen auch beantworten. Das kann doch nicht so weitergehen. Das meine ich ganz sachlich. Die Schulen sagen immer: Schon wieder Herr Lippmann. Wie viele zig Kleine Anfragen kommen an das Ministerium? Das darf ich doch sagen. Sie haben mir diese Frage gestellt. 

(Thomas Lippmann, DIE LINKE, lacht)

- Nein, Sie lächeln. Darüber lächelt niemand mehr. - Wir lassen jetzt einmal überprüfen, wie viele Mitarbeiter im Ministerium dafür arbeiten müssen, damit ihre Kleinen Anfragen beantwortet werden, die ich Ihnen auch beantworten könnte. Also, an dieser Stelle könnte ich sagen: Herr Hecht kann das nachlesen, das können Sie auch. 

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Das muss ich in dem Fall auch einmal sagen dürfen; denn das wollen die Lehrer und die Schulleiter da draußen nicht mehr haben, dass wir hier oben Kleine Anfragen stellen, die teilweise sinnlos sind und nichts vorwärts bringen. Das muss ich sagen dürfen. - Danke.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Zuruf: Das ist aber unser Verfassungsrecht! - Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Wollen Sie ihm das jetzt verbieten? - Eva von Angern, DIE LINKE: Blöd nur mit der Verfassung! - Zuruf von Tobias Rausch, AfD)