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Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 29

Erste Beratung

Theater- und Orchesterlandschaft sichern

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 8/2797


Einbringer ist Herr Gebhardt. - Sie haben das Wort, bitte sehr.


Stefan Gebhardt (DIE LINKE):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch hierzu haben wir uns darauf verständigt, auf eine Debatte zu verzichten und lediglich den Antrag einzubringen, weil rechtzeitig signalisiert worden ist, dass es eine Ausschussüberweisung geben soll. Ich freue mich ausdrücklich darüber, dass die Koalitionsfraktionen die Debatte zu diesem Antrag mit uns im Ausschuss führen wollen.

(Zustimmung bei der CDU)

Herzlichen Dank schon einmal dafür.

(Frank Bommersbach, CDU: Danke für die Wahrheit!)

Wenn ich schon einmal im freundlichen Ton bin, will ich auch gern dabei bleiben. Ich will gern gleich zu Beginn meiner Rede - es geht um die Theater und Orchester - zwei Dinge lobend herausstellen. Das Erste sind natürlich die Theater und Orchester in unserem Land selbst. Sie leisten seit vielen, vielen Jahren eine großartige Arbeit. Die deutlich steigenden Zuschauerzahlen nach der Pandemie sprechen hierzu eine klare Sprache. Das sind erfreuliche Entwicklungen. Die Theaterlandschaft in Sachsen-Anhalt kann sich wirklich sehen lassen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Zustimmung bei der LINKEN, bei der CDU, bei der SPD und von Guido Kosmehl, FDP)

Damit bin ich auch schon bei dem zweiten Lob, das ich genauso ehrlich meine. Ich will mich an dieser Stelle ausdrücklich bei unserem Kulturminister Herrn Robra bedanken.

(Zuruf von der CDU: He!)

Er hat in den letzten Jahren viel zur Stabilität der Theater- und Orchesterlandschaft beigetragen - das sage ich aus voller Überzeugung, auch als Oppositionspolitiker  , weil ein hohes Maß an Verlässlichkeit gegeben war. Dabei will ich daran erinnern, dass wir in der Vergangenheit, vor Herrn Robra, schon die eine oder andere Debatte hier im Landtag hatten, weil es mit dem Kulturminister nicht so funktioniert hat und weil diese Verlässlichkeit nicht gegeben war.

Herr Robra, Sie sind tatsächlich auch ein Kulturmensch. Ich weiß, dass Sie mit Herz und Leidenschaft und ebenso mit viel Sachverstand dabei sind. Ich sage das in der Hoffnung, dass das auch bei den zukünftigen Theater- und Orchesterverträgen so bleibt und dass wir Ihnen heute mit diesem Beschluss, mit diesem Text vielleicht die notwendige Rückendeckung für die Verhandlungen geben können, die für die Theater- und die Orchesterverträge jetzt anstehen.

(Beifall bei der LINKEN und bei der CDU - Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD)

Ich finde es ausdrücklich gut, dass wir im letzten Landeshaushalt von Anfang an eine Dynamisierung bei den Theater- und den Orchesterverträgen beschlossen haben. Das beruht auf dem alten Dynamisierungsansatz. Aber auch in der Vergangenheit war es keine Selbstverständlichkeit, dass wir uns als Land an den Tarifsteigerungen bei den Theatern und den Orchestern mit beteiligen. Denn sie gehören uns nicht. Wir sind nicht die Träger der Theater, aber wir haben natürlich eine große Verantwortung für die Theater- und die Orchesterlandschaft selbst. 

Ich will daran erinnern, dass die Tarife oder die Löhne an den Häusern in der Vergangenheit - na ja, ich sage es einmal vorsichtig - nicht zufriedenstellend waren. Es wurden wirklich zu Recht Debatten über unsägliche Haustarife geführt. Wir hatten einen breit geöffneten Niedriglohnsektor zu verzeichnen, weniger im Orchester, aber hauptsächlich im Theaterbereich. Diesbezüglich hat sich in den letzten Jahren doch einiges Erfreuliches getan.

Ich will einmal drei Beispiele nennen. Die Mindestgagen an öffentlichen Bühnen stiegen vom 1. September 2022 bis Anfang 2023 in zwei Schritten von 2 000 € auf immerhin 2 715 €. Das macht unter dem Strich 37,5 % mehr für Soloselbstständige sowie Bühnentechnikerinnen und Bühnentechniker aus.

Zweites Beispiel. Teil des Abschlusses ist auch die Einführung einer Stufe in Form einer ebenfalls dynamisierten Beschäftigungszulage in Höhe von 200 € auf die Mindestgage in der Spielzeit 2023/2024.

Drittes Beispiel. Solobeschäftigte und Bühnentechniker, die länger als zwei Jahre an den Theatern arbeiten und dem Deutschen Bühnenverein angehören, erhalten mindestens 2 915 €. Das macht eine Steigerung um 47,5 % aus. Damit erhalten die ca. 2 700 €, von denen ich am Anfang gesprochen habe, tatsächlich nur die Anfänger im ersten Jahr.

Sie sehen also, das sind deutliche Steigerungen. Das macht natürlich die Häuser und natürlich auch den Beruf einer Schauspielerin bzw. eines Schauspielers noch einmal deutlich attraktiver. Das ist auch gut, was die Nachwuchsgewinnung betrifft. Das ist etwas, worüber wir uns einfach freuen sollten. Wir sollten glücklich sein, dass die Zeit mit den Haustarifverträgen offenbar überwunden ist.

(Zustimmung von Eva von Angern, DIE LINKE, und von Andreas Schumann, CDU)

Aber natürlich sind die Mehrbedarfe, die zusätzlich zu den Mehrbedarfen aufgrund der Inflationsrate entstehen, die wir auch alle kennen, natürlich eine finanzielle Herausforderung, würde ich einmal sagen. Wir hatten zu der letzten Landtagssitzung die Kolleginnen und Kollegen des Nordharzer Städtebundtheaters vor der Tür. Ich will ausdrücklich sagen: Es war auch toll, dass Oppositionspolitiker und Koalitionspolitiker gemeinsam draußen standen und ihnen ihre Unterstützung zugesagt haben. 

Am Beispiel des Nordharzer Städtebundtheater lässt sich das deutlich machen. Es gibt einen Mehrbedarf von insgesamt 2 Millionen €. Die Forderung ist klar: Die Träger können eine 1 Million € übernehmen, aber die andere Million möge bitte schön vom Land kommen. Es wurde ein klarer Beschluss gefasst und gesagt: Wenn das nicht passiert, dann müssen wir uns von der Musiksparte verabschieden. - Das wäre insbesondere für den gesamten Harz, glaube ich, ein großes Drama. Wir brauchen diese Sparten im Nordharzer Städtebundtheater. Sie müssen erhalten bleiben und dafür sollten wir alles tun.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN und von Andreas Schumann, CDU)

Es gab letztens noch eine andere Situation, zu der ich den Bogen schlagen möchte, um aufzuzeigen, warum wir zu diesem Antragstext gekommen sind, der Ihnen vorliegt. Wir hatten in der vorletzten Kulturausschusssitzung eine spannende Anhörung von unseren beiden Stiftungen, nämlich der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz und der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt. Die beiden Chefs, Herr Prof. Meller und Herr Dr. Philipsen, waren anwesend und haben uns sehr deutlich beschrieben, wie die finanzielle Situation dieser beiden Stiftungen ist. Sie haben auch auf die Tarifentwicklung verwiesen und deutlich darauf hingewiesen, wie sich die Inflationsrate auf die beiden Stiftungen ausgewirkt hat. Dazu gab eine für uns doch beeindruckende Reaktion der Koalitionsfraktionen. Diese haben dem Ausschuss nämlich einen Text vorgelegt, der dann - ich glaube, sogar einstimmig - beschlossen wurde. Zumindest die Empfehlung wurde einstimmig beschlossen. Der Text lautete wie folgt - ich zitiere  :

„Die Staatskanzlei wird gebeten, im Dreiklang Staatskanzlei, Finanzministerium und Stiftungen im Rahmen des Haushaltsaufstellungsverfahrens die aktuellen Herausforderungen der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz und der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt entsprechend dem Aufgabenzuwachs und den heute beschriebenen Bedarfen abzubilden.“

Übersetzt heißt das: Die Landesregierung soll bereits im Rahmen der Haushaltsaufstellung die Bedarfe, die die Stiftungen geäußert haben, vollständig abbilden. Sie sollen so bereits im Haushaltsplanentwurf stehen. Der Ausschuss, die Parlamentarier haben der Landesregierung dafür Rückendeckung gegeben. Das ist eine tolle Geschichte. Aber ich sage: Wer A sagt, der muss auch B sagen. Was den Stiftungen recht ist, das ist den Theatern lieb und teuer.

(Dr. Katja Pähle, SPD, lacht - Cornelia Lüddemann, GRÜNE, lachend: „Teuer“ ist gut!)

Deswegen haben wir für unseren Antrag exakt die gleiche Formulierung gewählt. Auch bei den Theatern und den Orchestern sollen dementsprechend die Bedarfe gleich im Rahmen der Haushaltsaufstellung abgebildet werden.

Wir denken, dass das der richtige Zeitpunkt ist. Denn jetzt befindet sich die Landesregierung mit den jeweiligen Trägern in den Verhandlungen für die Theater und die Orchester. Ich bin sehr optimistisch in Anbetracht der Signale, so wie ich sie bisher von Herrn Robra zumindest in der Presse vernommen habe. Das ist die Unterstützung, die wir als Landtag Herrn Robra bei den Verhandlungen auch geben wollen. Das gilt auch für die Gespräche, die mit Sicherheit mit dem Finanzministerium zu führen sind. Deswegen haben wir das schöne Wort „Dreiklang“ mit aufgenommen. Das haben wir von der Koalition so abgeschrieben.

(Matthias Redlich, CDU, lacht)

Ich denke, wir sollten schauen, dass wir das gemeinsam hinbekommen. Aus den Erfahrungen von gestern, als es schon eine kulturpolitische Debatte gab, empfehle ich einfach nur: Lassen Sie uns uns vorher einigen. Sie wissen, wie es sonst ausgeht. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Katja Pähle, SPD, lacht - Marco Tullner, CDU, lachend: Das war eine Drohung! - Eva von Angern, DIE LINKE: Hoffnung! - Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)