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Plenarsitzung

Transkript

Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Der vorliegende Antrag der AfD zeugt von einer Verkennung der realen schwierigen Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen, die sich nicht mit dem ihnen bei der Geburt zugeschriebenen Geschlecht identifizieren. Diese erleben die Pubertät häufig als extrem belastend. Sie erfahren regelmäßig Abwertung, Diskriminierung und Gewalt. Eine Studie der Charité bestätigt, dass selbstverletzendes Verhalten, Angststörungen, Depressionen und Essstörungen bei Transjugendlichen überdurchschnittlich häufig auftreten.

In ihrem Antrag beklagt die AfD die jüngste Zunahme der Inanspruchnahme von Beratungs- und Behandlungsangeboten für junge Menschen und verunglimpft sie als Transhype. Tatsächlich erleben wir derzeit eine Entwicklung hin zu mehr Sichtbarkeit, Offenheit und Anerkennung von Transperson. Die gestiegene gesellschaftliche Akzeptanz und das gewachsene Problembewusstsein in der Bevölkerung tragen dazu bei, dass junge Menschen heute schneller den Mut finden, sich anderen anzuvertrauen und professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, anstatt still zu leiden.

Die steigende Inanspruchnahme von Beratungsangeboten ist daher ein gutes Zeichen; denn für die Betroffenen bedeuten stärkere Anerkennung und verbesserte Unterstützungsmöglichkeiten auch eine große Erleichterung.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Heute gibt es einen breiten wissenschaftlichen Konsens darüber, dass der Einsatz von Pubertätsblockern einen wichtigen Beitrag zu einer guten Entwicklung für diejenigen Jugendlichen leisten kann, die dauerhaft ihr angeborenes Geschlecht als falsch empfinden. Denn der mit dem Einsatz von Pubertätsblockern verbundene Zeitgewinn erlaubt es Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern, mittels professioneller Unterstützung in spezialisierten Beratungsstellen eine wohlüberlegte und selbstbestimmte Entscheidung zu treffen, bevor die körperliche Entwicklung zu weit vorangeschritten ist.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Selbstverständlich erfolgt die Gabe von Pubertätsblockern bei minderjährigen Transpersonen ausschließlich nach sorgfältiger medizinischer Indikation durch entsprechende Fachärztinnen und Fachärzte und auf der Grundlage wissenschaftlicher Leitlinien. Diese informieren auch über Risiken und Nebenwirkungen. Die körperliche und seelische Gesundheit der Kinder und Jugendlichen steht dabei stets im Mittelpunkt der Behandlung.

Zum Schluss möchte ich kurz auf das sogenannte Regenbogenportal eingehen. Dabei handelt es sich um eine Webseite der Bundesregierung, die unter anderem Transpersonen und ihre Angehörige unterstützen will und hierzu Anlaufstellen auflistet sowie eine Sammlung an Informationsartikeln und Materialien zu Fragen der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt, unter anderem auch zu Pubertätsblockern, bietet. Die Webseite informiert in altersgerechter, leichter Sprache, zu welchen Fragen sich betroffene Kinder, Jugendliche und Eltern beraten lassen sollen.

Nachdem im November 2022 Kritik an einem als zu leichtfertig wahrgenommenen Umgang mit der Einnahme von Pubertätsblockern geäußert wurde, hat die Bundesregierung bereits eine entsprechende Klarstellung vorgenommen. Es wird nicht die Einnahme von Pubertätsblockern, sondern eine tiefgehende Information und Beratung zur Thematik empfohlen. Informationsportale, wie das Regenbogenportal, sind dringend erforderlich, damit Betroffene einen niederschwelligen Zugang zu Informationen und Unterstützung erhalten und das Gefühl haben, in der Findung ihrer Identität ernst genommen zu werden.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Was betroffene Transpersonen vor allem benötigen, sind Zeit und professionelle spezialisierte Beratung.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Verbote sind dabei völlig fehl am Platz; sie können den Leidensdruck und im schlimmsten Fall auch Suizidtendenzen verstärken. Transidentitäten bei Kindern müssen entstigmatisiert werden, statt die betroffenen Kinder weiter zu pathologisieren. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)