Cookies helfen uns bei der Weiterentwicklung und Bereitstellung der Webseite. Durch die Bestätigung erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden.

Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 26

Erste Beratung

Reform der juristischen Ausbildung

Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 8/2770


Einbringer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist Herr Striegel. - Herr Striegel, Sie haben das Wort. Bitte sehr.


Sebastian Striegel (GRÜNE): 

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herrn! Die juristische Ausbildung besteht in ihren Grundstrukturen seit rund 150 Jahren unverändert. Wir reden von einer Zeit, in der Otto von Bismarck Reichskanzler war, als es noch keine einheitliche Kodifikation des Privatrechts gab - das BGB trat bekanntlich erst im Jahr 1900 in Kraft - und als es nur Studenten der Rechtswissenschaften gab - Frauen durften erst ab dem Jahr 1922 ein Staatsexamen ablegen.

(Ulrich Siegmund, AfD: Frauen können auch Studenten sein, Herr Striegel!)

Ja, das Bild, das einem im Kopf entstehen mag, ist doch sehr antiquiert und verstaubt. Es wäre aber zu einfach, die Analogie zum Jurastudium zu ziehen. Seither ist in der juristischen Ausbildung viel passiert, strukturell, inhaltlich und insbesondere natürlich auch in den Köpfen.

Das Jurastudium hat mit dem Schwerpunktbereich einen wichtigen Teil des Studiums hinzugewonnen, in dem sich Studierende in einen Themenbereich vertiefen und dabei auch wissenschaftliches Arbeiten erlernen. Mit der Schwerpunktprüfung legen die Studierenden einen universitären Pflichtteil des ersten Staatsexamens ab. Dieser macht in Sachsen-Anhalt sogar 40 % des Staatsexamens aus, alles sehr zum Frust vieler altehrwürdiger Herren, deren es weiterhin viele zu geben scheint. 

Auch sonst ist Sachsen-Anhalt bei seiner juristischen Ausbildung reformfreudig. Als erstes Bundesland boten wir den Studierenden an, das zweite juristische Staatsexamen elektronisch zu schreiben. Offene Stellen am Daumen, Sehnenscheidenentzündung an der Schreibhand, Krämpfe in der fünften Prüfungsstunde und frustrierte Korrektor*innen ob der unleserlichen Schrift - all das soll der Vergangenheit angehören. 

Die Attraktivität des Ausbildungsstandortes konnte durch diese Maßnahme gesteigert werden. Zum ersten Mal seit Jahren wurde wieder eine vierte Referendar-AG in Stendal und dann in Magdeburg eröffnet. An dem Erfolgsmodell soll festgehalten werden. In der Zukunft soll das Modell nun endlich auch für das erste Staatsexamen eingeführt werden - gut so.

Insgesamt, so scheint es, läuft die Ausbildung an der Universität Halle-Wittenberg gut. Seit Jahren kommt sie im bekannten CHE-Hochschulranking zu mehr als passablen Bewertungen. Auf universitärer Ebene wird viel getan, um die Qualität der Ausbildung hochzuhalten und die Studierenden bestmöglich auf das Examen vorzubereiten. So sei auch hier noch einmal der hohe Einsatz der Professor*innen und Dozierenden zu nennen, die seit Jahren mit starkem Einsatz und über ihre Kapazitäten hinaus insbesondere für eine enge Betreuung zu Studienbeginn sorgen und die Studierenden in einem seit den Anfängen als Vorbild für viele andere Fakultäten dienenden universitätsinternen Repetitorium auf das erste Staatsexamen vorbereiten.

(Zustimmung von Olaf Meister, grüne)

Wieso also vor diesem Hintergrund unser Antrag, werden manche möglicherweise denken - die altehrwürdigen Herren vielleicht, weil es schon immer so war, und die anderen, weil wir in Sachsen-Anhalt bereits so viel Gutes machen.

Aus der Perspektive eines Nichtjuristen, so scheint es mir, gibt es enorm starke Behaarungskräfte unter den Jurist*innen, egal in welchem Gewand sie daherkommen. Das mag daran liegen, dass die juristischen Staatsexamen als anspruchsvollste Prüfungen überhaupt gelten und deutsche Jurist*innen international einen sehr guten Ruf genießen. Das mag auch daran liegen, dass die negativen Seiten des Studiums in der Erinnerung verblassen, dass Stress und Qualen im Jurastudium rückblickend als notwendige Feuertaufe gerechtfertigt werden, um in der hitzigen und konfrontativen juristischen Praxis bestehen zu können - Narrative, die das Selbstbild eines unangreifbaren, über alle Zweifel erhabenen Juristen stützen mögen, die es jedoch zu hinterfragen gilt.

Mit der juristischen Ausbildung an der Universität Halle-Wittenberg und am OLG Naumburg sichert das Land Sachsen-Anhalt die Funktionsfähigkeit des Rechtsstaates. Dort werden Richter*innen, Staatsanwälte, Verwaltungsjurist*innen, Notar*innen und Rechtsanwälte ausgebildet, Letztere übrigens als unabhängiger Teil der Rechtspflege, eine Rolle, die in der öffentlichen Auseinandersetzung oftmals untergeht. 

Es ist unsere Pflicht, die Qualität der Ausbildung zu sichern und zu fördern. Das Land hat ein wohlverstandenes eigenes Interesse daran, wohlüberlegt und mit Blick nach vorn die Weichen für eine zukunftsfähige juristische Ausbildung zu stellen, die die Belange aller Akteur*innen und Akteure in den Blick nimmt und auskömmlich finanziert wird. Das gelingt bspw. im Bereich der Gewinnung von Richter*innen auf Probe schon sehr gut. Ich will die Ministerin - sie ist heute leider nicht da, weil sie auf der Verbraucherschutzministerinnenkonferenz ist - ausdrücklich loben.

Im Parlament haben wir den Raum dafür, die verschiedenen Akteure anzuhören 

(Oliver Kirchner, AfD: Akteur*innen!)

und Argumente auszutauschen, um die besten Impulse, maßgeschneidert für unser Land, für unsere Ausbildungsstandorte und für die verschiedenen Berufsgruppen zu gewährleisten. Es ist daher richtig, dass wir Reformbemühungen auch vonseiten des Parlaments anstoßen und moderieren.

Anlass zu unserem Antrag gab die jüngst veröffentlichte Studie von „iur.reform“. An der Umfrage hat die stattliche Anzahl von rund 12 000 Studierenden, Referendaren, Lehrenden und Praktiker*innen teilgenommen. Abgefragt wurden darin Reformthesen, über die in den letzten 20 Jahren intensiv in der Fachwelt diskutiert wurde. Erstmals bekommen wir mit den Ergebnissen der Umfrage einen Überblick über Zustimmungswerte zu den verschiedenen Thesen, aufgeschlüsselt nach Teilnehmer*innengruppen. Es sei vorangestellt, dass ein Curriculum natürlich nicht allein anhand der bloßen Zustimmungswerte der Betroffenen konzipiert werden sollte. Dennoch bieten die Zahlen eine Grundlage für eine strukturelle Analyse, von der wir etwaige Reformansätze abhängig machen müssen.

Die Mehrheit der Teilnehmenden an der Umfrage ist unzufrieden mit der aktuellen juristischen Ausbildung. Ein Grund dafür könnte die hohe emotionale Belastung im Studium sein. Das Studium ist noch immer stark auf das Staatsexamen selbst ausgerichtet. Nach einem langjährigen Studium, das im Durchschnitt mehr als fünf Jahre dauert, zahlt insbesondere die staatliche Pflichtfachprüfung in die Endnote ein. Ein Scheitern am Ende des langen Studiums bedeutet einen Rückfall auf das Abitur. Ein Sicherheitsnetz wird hier nicht gezogen.

(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE)

Auch ohne die Gefahr des Scheiterns erleben die Studierenden im Jurastudium einen hohen Druck, den Druck der Abschlussnoten. In kaum einem anderen Studiengang ist die Examensnote so entscheidend für den weiteren Berufsweg wie in Jura. Der Performancedruck treibt Studierende oft in die Hände der privaten Anbieter von Repetitorien, zu deren Geschäft ein Stück weit auch die Angst zählt.

(Andreas Silbersack, FDP, lacht - Kathrin Tarricone, FDP: Mann! Ehrlich! - Guido Kosmehl, FDP: Also wirklich! Unglaublich!)

Manche Studierenden können sich ein das Studium zunächst verlängerndes Scheitern nicht leisten. Erfolgsdruck und Stress in der Vorbereitung zum Staatsexamen können Angstzustände und eine klinische Depression befördern. In einer Umfrage des Bundesverbandes rechtswissenschaftlicher Fachschaften rieten 70 % der Befragten aufgrund des psychischen Drucks vom Studium ab. 

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP - Andreas Silbersack, FDP, lacht - Unruhe)

- Nehmen Sie doch einmal die Fakten zur Kenntnis, Herr Kosmehl. - Andere Studien, auch von der Universität Halle-Wittenberg, deuten darauf hin, dass jeder dritte Studierende an einer leichten bis schweren depressiven Symptomatik leidet. Ich glaube, das ist nichts, worüber man lachen könnte.

(Andreas Silbersack, FDP: Es geht um die privaten Anbieter! - Zuruf von Anne-Marie Keding, CDU - Unruhe)

Es war daher nicht überraschend, dass rund 75 % der Teilnehmenden sich dafür aussprachen, die Ausbildung emotional zu entlasten.

(Zurufe - Unruhe)

Über alle Teilnehmergruppen hinweg erfährt diese These Zustimmung. Dabei fällt etwas auf, das zentral ist und uns zu denken geben sollte: Unter den weiblichen Teilnehmenden erfährt die These bei 72 % volle Zustimmung, während das unter den männlichen Teilnehmenden nur bei 46,4 % der Fall ist.

(Unruhe)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Striegel, warten Sie einmal ganz kurz. - Es scheint einerseits eine interessante Fachdebatte zu sein, 

(Zuruf von der AfD: Nein! - Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

auf der anderen Seite bekomme ich einen besonderen Eindruck von der Disziplin vor allem von Juristen. Ich habe eigentlich gedacht, es gäbe nur einen besonderen Einschlag bei Pädagogen, aber offensichtlich ist das auch bei Juristen der Fall. Insofern würde ich darum bitten, ein bisschen mehr Ruhe einkehren zu lassen, um den Tagesordnungspunkt vernünftig zu Ende zu bringen. - Bitte, Herr Striegel.


Sebastian Striegel (GRÜNE):

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich würde mich insbesondere freuen, wenn die männlichen Juristen im Raum diesem Aufruf Folge leisten würden.

(Ulrich Siegmund, AfD: Woher wollen Sie denn wissen, wer männlich ist? Sie wollen doch alles gendern! - Lachen - Unruhe)

Hierbei besteht also der Verdacht, dass die Strukturen insbesondere Frauen benachteiligen. 

(Unruhe)

Dieses Ergebnis ist besorgniserregend. Eine staatliche und per Gesetz festgeschriebene Ausbildung sollte nicht krankmachen und darf nicht diskriminieren.

Wir haben daher mit unserem Antrag ein paar Maßnahmen aufgegriffen, die leicht umzusetzen sind und die die Symptomatik lindern können. Dazu gehören die diverse Besetzung der Prüfungskommission und die unabhängige Zweitkorrektur der Staatsexamensklausuren. Zwar gehört erstere zur gängigen Praxis, es wäre jedoch auch richtig, dies in die Verordnung hineinzuschreiben.

Weiterhin wollen wir dem verbreiteten „Lernen gegen das Vergessen“ etwas entgegensetzen; neuer Prüfungsstoff soll nur aufgenommen werden können, wenn alter Prüfungsstoff herausgenommen wird. Herr Kosmehl, der gerade ans Mikrofon geht, hat sich gestern schon um die Polizeiausbildung Sorgen gemacht. Vielleicht ist jetzt die Gelegenheit, dafür zu sorgen, dass es auch an dieser Stelle nicht zu einer Überforderung kommt, und klarzumachen: Wir nehmen an der einen Stelle etwas hinein und an der anderen Stelle etwas heraus.

Die Breite und Fülle des Prüfungsstoffs verhindert die Konzentration auf das Wesentliche: die juristische Methode. Auch das ist ein Beitrag zur emotionalen Entlastung.

Ein weiterer Baustein kann der integrierte Bachelor-Abschluss sein. Die Universität in Trier hat hierzu den ersten Schritt gewagt und diesen Studiengang eingeführt. Der integrierte Bachelor bedeutet im Kern, dass Studierende mit Hauptstudium, Schwerpunktstudium und Schwerpunktarbeit Leistungen erbringen, die einen Abschluss rechtfertigen. In der Folge können die Studierenden frisch und befreit in die Examensvorbereitung gehen, ohne die Angst - ich betone es  , im Falle eines Scheiterns nur mit ihrem Schulabschluss dazustehen. Das schafft Zugänge in den Arbeitsmarkt und eröffnet neue Möglichkeiten, sich mit einem Master weiterzuqualifizieren, ohne den Weg der Ausbildung zum Volljuristen weiterzugehen. Der Universitätsstandort könnte so sein Profil schärfen und seine Attraktivität steigern. Das Land sichert so auch die Qualität der Absolvent*innen. 

Das Staatsexamen selbst soll ausdrücklich nicht angefasst werden. Der Moment vor dem Examen, den Studierende oft mit den Worten beschreiben: „wenn einzelne Bäume zu einem Wald zusammenwachsen“ oder „wenn sich einzelne Sterne zu Sternbildern zusammenfügen“, wenn Studierende also den Moment der Durchdringung erleben, ist wichtig und soll erhalten bleiben.

Sie sehen, unser Antrag birgt keine Umsturzfantasien. Er ist ein Impuls, eine fundierte Reformdebatte zu führen. Weitere Reformbedarfe sind zu identifizieren und insbesondere die emotionale Belastung der Studierenden und die diskriminierenden Faktoren der Ausbildung sind dabei in den Blick zu nehmen. Wir wollen dies gemeinsam mit allen demokratischen Fraktionen tun und beantragen deshalb eine Überweisung in den Rechtsausschuss - sinnvollerweise nachdem wir hier miteinander debattiert haben. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN) 

Gleichzeitig könnte uns eine Anhörung im Rechtsausschuss auch Klarheit darüber geben, wie es um die juristische Ausbildung aktuell bestellt ist und wie sie in Zeiten 


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Striegel, warten Sie einmal kurz. Wir haben ein Problem. Sie liegen jetzt eine Minute über der Redezeit, die falsch angezeigt wird, weil sie mit 15 Minuten avisiert war. Sie haben aber nur zehn Minuten. Ich bin jetzt nachsichtig, aber kommen Sie bitte zum Schluss.


Sebastian Striegel (GRÜNE):

- ich bin tatsächlich beim letzten Satz - des demografischen Wandels und des großen Generationenwechsels für die Zukunft aufgestellt ist. Unterstützen Sie Sachsen-Anhalts Weg, die Qualität der juristischen Ausbildung zu sichern und die Studierenden vor vermeidbaren Überlastungen zu schützen. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Jetzt gibt es zwei Interventionen. Erst einmal Herr Kosmehl. - Bitte, Sie haben das Wort. Eine Minute, ja?


Guido Kosmehl (FDP):

Danke, Herr Präsident. - Herr Kollege Striegel, ich habe mich gemeldet, weil ich - abseits von inhaltlichen Debatten, die man führen kann und auch führen muss, weil sich Ausbildung immer wieder verändert - Ihre in der gesamten Rede immer wieder geäußerten Stereotype einfach nicht so stehen lassen kann.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustimmung bei der AfD)

Ich nenne ein Beispiel. Natürlich greifen Studenten, wenn Sie an einer Universität, an einer juristischen Fakultät oder an der Alma Mater, an der ich studiert habe - das ist die Juristenfakultät Leipzig  , ein gutes Repetitorium als Vorbereitung auf die Staatsexamina haben, genau darauf zu. 

(Dr. Katja Pähle, SPD: Ja!)

Wenn es das nicht gibt, gibt es eben auch private Anbieter. Und dabei gibt es einen Wettbewerb. Ihre Einlassung, dass privat wieder schlecht ist, dass private Anbieter mit der Angst der Studierenden ihr Geschäftsmodell betreiben, ist an den Haaren herbeigezogen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustimmung bei der AfD)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Danke, Herr Kosmehl, die Minute ist um. - Herr Striegel, Sie können reagieren.


Sebastian Striegel (GRÜNE):

Herzlichen Dank, Herr Kosmehl. Ich würde mich freuen, wenn die FDP in diesem Landtag und die Juristen in der FDP in diesem Landtag die Debatte darüber mit den GRÜNEN führen würden. Sie verweigern diese heute. Sie wollen hier heute keine Debatte führen, so entnehme ich es der Tagesordnung. Das ist ausdrücklich schade.

(Tobias Rausch, AfD: Das haben Sie doch mitgetragen! - Zuruf von Guido Kosmehl, FDP - Unruhe)

Dann hätten wir an dieser Stelle    

(Frank Bommersbach, CDU: Sie haben doch alle zugestimmt! - Weitere Zurufe - Unruhe)

Dann hätten wir an dieser Stelle miteinander sprechen können.

(Tobias Rausch, AfD: Herr Meister hat zugestimmt!)

- Hat er nicht. 

(Zurufe - Unruhe)

An dieser Stelle möchte ich ganz deutlich sagen, dass ich das für völlig falsch halte. 

(Zurufe - Lachen - Unruhe)

Ich möchte auch Herrn Kosmehl ausdrücklich sagen, dass ich an dieser Stelle mit Ihnen nicht einig bin. 

(Unruhe)

Natürlich wird das Geschäft der Repetitorien zum Teil auch mit einem Gefühl der Angst betrieben.

(Unruhe)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die vorsichtige Hoffnung, dass sich die Emotionen bereits in den beiden letzten Tagen ausreichend abgearbeitet haben, ist bei mir offensichtlich verfrüht gewesen. Noch einmal: Wir brauchen jetzt nicht quer über alle Reihen die Ergebnisse der Arbeitsgemeinschaft der Parlamentarischen Geschäftsführer zu diskutieren. Das werden wir hier jetzt nicht mehr klären können.

(Oliver Kirchner, AfD: Doch!)

Wir versuchen jetzt einmal, das zu einem Ende zu bringen. Falls es ganz schlimm ist, kann sich jemand von Ihnen mit einer persönlichen Bemerkung nach der Tagesordnung bei mir melden. Aber ich hoffe, wir kommen darum herum. 

Wir haben noch eine Intervention von Herrn Tillschneider. - Auch für Sie eine Minute, Herr Tillschneider. Sie haben das Wort.


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Ich verstehe, dass das Jurastudium den GRÜNEN ein Dorn im Auge ist. Denn das Jurastudium gehört neben dem Medizinstudium zu den wenigen Studienfächern, die dieser schädlichen BA/MA-Reform widerstanden haben und gegen diesen Unsinn, gegen diese Abwicklung der deutschen Universität ein Stück deutsche Universität hinübergerettet hat. Dafür bin ich den Juristen dankbar. Das deutsche Staatsexamen soll so bleiben. - Punkt 1.

Punkt 2. Eines haben Sie nicht verstanden. Man muss sich anstrengen für das Jurastudium. Ich habe das nicht studiert, aber bei meinen Kommilitonen habe ich es gesehen: Das sind extreme Stressphasen; sie müssen ein enormes Maß an Disziplin aufbringen. Ich habe Respekt vor ihnen. Ich finde aber, dass das erhalten werden sollte. 

(Zuruf von der AfD: Ja!)

Denn das ist Bildung. Bildung heißt nicht, es einem so leicht wie möglich zu machen und überall den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen. Bildung heißt sich anzustrengen, Gott verdammt, und dann Leistung zu bringen. Nur so entsteht etwas in diesem Land!

(Beifall bei der AfD)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Striegel, Sie können antworten.


Sebastian Striegel (GRÜNE):

Herr Tillschneider, es ist ja bekannt, dass bei Ihnen in der Partei die Zähigkeit oder die Schnelligkeit eine größere Rolle spielen.

(Oh! bei der AfD - Zurufe von der AfD und von Andreas Schumann, CDU)

Deutschsein allein ist allerdings noch keine Qualität.

(Christian Hecht, AfD: Sie sind nicht geeignet, Herr Striegel! - Weitere Zurufe - Unruhe)

Ich muss an dieser Stelle sagen: Nein, es geht nicht darum, das erste oder das zweite Staatsexamen abzuschaffen, sondern es geht darum, an dieser Stelle für die Möglichkeit zu sorgen, dass es auch andere Wege gibt. Menschen bewusst in emotionale Instabilitäten zu führen, 

(Zurufe - Unruhe)

ist an dieser Stelle der falsche Weg. Ich höre es doch von den Lehrenden, ich höre es von den Studierenden, von allen Fachleuten gibt es die klare Ansage: Wir müssen an dieser Stelle etwas tun.

(Zurufe - Unruhe)

Deutschsein allein macht einen Studiengang nicht besser. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung - Unruhe)