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Plenarsitzung

Transkript

Sebastian Striegel (GRÜNE):

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Klimakrise bringt radikale Umbrüche besonders für die bislang fossil ausgerichtete chemische Industrie mit sich, und zwar hier und weltweit. Die durch den russischen Angriffskrieg ausgelöste Energiepreiskrise hat die Geschwindigkeit der notwendigen Transformation des Strukturwandels hin zu einer postfossilen Welt noch einmal erhöht.

Ich will als Grüner, der aus der Chemieregion um Leuna, Buna und Bitterfeld stammt, der zwischen noch stinkenden Chemiekombinaten aufgewachsen ist und der vielfältig, geografisch, familiär, als Abgeordneter mit der Chemieindustrie verbunden ist, die anstehenden Herausforderungen in den Blick nehmen.

Im mitteldeutschen Chemiedreieck wird die Wucht der Umgestaltung zu grüner Chemie deutlich. Wir haben bis zum 24. Februar 2022 von billigem Erdöl und Erdgas aus Russland gelebt. Unser Wohlstand gründete auf diesen Rohstoffen. Von russischen Quellen haben wir uns in kürzester Zeit unabhängig gemacht, mussten uns unabhängig machen.

Der Strukturwandel hinein eine Welt, die auf Kreislaufwirtschaft und Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffen setzt, ist derweil im Gange. Wobei zur Ehrlichkeit dazugehört, dass wir in der Zukunft weniger Stoffe in noch besserer Qualität produzieren müssen, weil ein Mehr-Mehr allein nicht nachhaltig sein kann.

(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE)

Ein solcher falscher Weg, der enden muss, zeigt sich z. B. in der Produktion immer neuer Verpackungen. Das führt dazu, dass wir inzwischen 230 kg pro Kopf und Jahr an Verpackungsmüll produzieren.

Wir ermöglichen im Chemiedreieck diesen Wandel auch durch ein Projekt, wie das mit mehr als einer Milliarde geförderte Center for the Transformation of Chemistry, mit dem Innovationen vom Labor auf Industrieproduktionsebene gehoben werden sollen. Das ist der Weg.

Die Raffinerie von Total Energies in Leuna ist ein wirtschaftliches Schwergewicht im Land und einer der großen Steuerzahler. Der zunehmende Grad der Elektrifizierung von Mobilität macht jedoch deutlich, dass diese fossile Perspektive endlich ist. Total wird zunehmend weniger Benzin und Diesel absetzen; stattdessen werden andere Produkte wichtiger und auch die müssen statt aus fossilen aus erneuerbaren Quellen stammen.

(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE)

Total hat mit der geplanten neuen Methanolanlage dafür die Weichen gestellt. Dort wird durch aus Elektrolyse gewonnenem grünen Wasserstoff und hochkonzentriertem CO2 aus den Produktionsprozessen der Raffinerie selbst grünes Methanol erzeugt. Die neue Bio-Raffinerie von UPM - im Übrigen mit 750 Millionen € eine der größten Investitionen am Standort Leuna - selbst setzt vollständig auf den nachwachsenden Rohstoff Holz, um Grundprodukte für die chemische Industrie zu erzeugen.

(Alexander Räuscher, CDU: Den die GRÜNEN abschaffen wollen!)

Das ist der Weg.

(Zuruf von Ulrich Thomas, CDU)

Ähnliche Zeichen zeigen sich quer durch die Branche.

(Zuruf von Alexander Räuscher, CDU)

Kein abrupter Abriss der derzeitigen Geschäftsmodelle, sondern eine bereits stattfindende Umwälzung der Märkte. Wer den Weg in die postfossile Welt nicht angeht, Herr Räuscher, der wird perspektivisch aus dem Markt ausscheiden.

In Abwandlung des zutreffenden Zitats von Jens Südekum wird man sagen können: Diejenige Industrie, welche als erste die Klima- und Ressourcenneutralität erreicht hat, hat ihre wirtschaftliche Basis auf den Weltmärkten für Jahrzehnte gesichert. Im Übrigen nicht die Industrie, die in Brüssel am besten gegen Umweltstandards lobbyiert, Herr Silbersack.

(Andreas Silbersack, FDP, lacht)

Es ist unser Job, für die deutsche Chemieindustrie Bedingungen zu schaffen, damit dieser Wandel bestmöglich umgesetzt und unterstützt wird. Wir haben dafür wenig Zeit und stehen unter großer Konkurrenz.

Während in Sachsen-Anhalt von CDU-Politikern gegen noch mehr Windkraftanlagen gewettert wird - ich gucke Sie an, Herr Kollege Räuscher, Herr Kollege Thomas  , wird jenseits des Atlantiks mit dem Inflation Reduction Act geklotzt. Dort fallen heute die schnellen Investitionsentscheidungen, und wir werden abgehängt, wenn wir die Zeichen der Zeit nicht begreifen.

(Alexander Räuscher, CDU: Weil die GRÜNEN immer im Weg stehen!)

Unsere Bundesregierung und besonders Bundesminister Habeck und sein Parlamentarischer Staatssekretär Michael Kellner arbeiten daran, dass das genau nicht passiert.

(Zuruf von Alexander Räuscher, CDU)

Am 13. Dezember 2022 haben die Bundesregierung und dort konkret das BMWK und die Länder die bisher größte GRW-Reform beschlossen. Damit soll der erforderlichen Transformation hin zu Klimaneutralität und den wirtschaftlichen Auswirkungen der Energiekrise Rechnung getragen werden.

Was erleben wir dazu in Sachsen-Anhalt? - Wie das Land die umfassendere Förderung bei Eigenerzeugung erneuerbarer Energien bei der GRW-Förderung nutzen und in Fördervorhaben umsetzen will, kann der zuständige Wirtschaftsminister bisher nicht darstellen. Auch das für Sachsen-Anhalt besonders wichtige GRW-Sonderprogramm zur Beschleunigung der Transformation in den ostdeutschen Raffineriestandorten und somit auch in Leuna erfährt bisher keine greifbare Umsetzung durch den Wirtschaftsminister.

(Minister Sven Schulze: Was erzählst du denn für einen Quatsch!)

Da eine verlässliche, günstige und nachhaltige Energieversorgung unerlässlich für unsere Chemieindustrie ist, brauchen wir den beschleunigten Ausbau der günstigen und sauberen erneuerbaren Energien sowie den dazugehörigen Netzausbau.

(Alexander Räuscher, CDU: Selbst noch nie gearbeitet!)

Das sind die zentralen Standortfaktoren. Der Arbeitsverweigerung des Wirtschaftsministers und dem wirklich gegenteiligen Arbeiten der CDU-Fraktion setzt unser Änderungsantrag in der Sache konstruktiv die Stärkung des Ausbaus der erneuerbaren Energien sowie des Netzausbaus entgegen.

(Zuruf von Ulrich Thomas, CDU, und von Alexander Räuscher, CDU - Unruhe)

Ich bitte um Zustimmung. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Minister Sven Schulze: Das war die dümmste Rede, die ich je gehört habe! Du hast doch noch nie gearbeitet! Arbeitsverweigerung! - Zuruf von Guido Heuer, CDU: Unglaublich!)