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Plenarsitzung

Transkript

Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!

(Unruhe)

Rauchen schadet Ihrer Gesundheit - das gilt für Tabak wie für Cannabis. Beide sind auch in anderen Konsumformen gesundheitsschädlich. Gleichzeitig hat Cannabis therapeutische Einsatzbereiche, z. B. in der Schmerzbehandlung. 

Man geht davon aus, dass etwa 9 % der Cannabiskonsumierenden eine Abhängigkeit entwickeln.

(Unruhe)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Dr. Richter-Airijoki, Entschuldigung. - Herr Pott, bitte, jetzt ist die nächste Rednerin an der Reihe.


Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD):

Es gibt also 9 % Abhängige vom Cannabiskonsum - eine hohe Zahl, aber immer noch relativ gering im Vergleich zu der legalen Droge Tabak mit einem mehrfach höheren Suchtfaktor.

(Zuruf: Wieso?)

Gemäß einer Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO hat die Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen Cannabis aus der Liste der gefährlichsten Drogen wie Chrystal Meth und Heroin gestrichen und als weniger gefährlich eingestuft.

Cannabis ist in verschiedenen Ländern bereits entkriminalisiert. Die Eckpunkte der Bundesregierung sehen vor, den Anbau in nicht gewinnorientierten Vereinigungen und den privaten Eigenanbau bundesweit zu ermöglichen. Die Abgabe in Fachgeschäften wird in einem zweiten Schritt als wissenschaftlich konzipiertes, regional begrenztes und befristetes Modellvorhaben umgesetzt. Wenn wir also von „Modellvorhaben“ sprechen, sprechen wir von dem, was hier als zweiter Schritt vorgeschlagen wurde. 

Die Pläne zur Entkriminalisierung sind gut begründet; denn der Cannabiskonsum ist Realität und darf nicht ignoriert werden. Verbote und Kriminalisierung zeigen keine Reduzierung, behindern Suchtprävention und Jugendschutz. Zudem binden sie enorme Ressourcen von Justiz und Polizei, die beim Vorgehen gegen die weitaus gefährlicheren Drogen, bspw. Chrystal Meth, und gegen den Schwarzmarkt zielführender eingesetzt sind. 

Priorität ist bei Cannabis ein sicherer Konsum. Wir setzen auf kontrollierten Zugang zu Cannabis, um Gesundheitsrisiken zu minimieren. Regulierte Abgabe, Alterskontrollen und Qualitätskontrollen sollen den Erwerb von verunreinigtem oder zu potentem Cannabis oder durch Jugendliche verhindern. 

Es ist richtig, Cannabis aus der Schwarzmarktzone herauszuholen. Dabei ist es auch wichtig, eine unangemessene Verharmlosung zu vermeiden. 

Der Wirkstoff THC hat starke Auswirkungen auf das Gehirn und auf die mentale Gesundheit. Vergesslichkeit, Konzentrationsstörungen, Panikattacken bis hin zu psychotischen Episoden können auftreten. Man geht auch davon aus, dass die Verbrennungsprodukte, die beim Rauchen von Cannabis entstehen, vergleichbar schädigend und krebserregend sind wie die von Tabak. Diese führen bekanntlich zu Schädigungen der Lunge und des Herz-Kreislauf-Systems.

(Zuruf: Was?)

Zu erwähnen ist noch der sehr verbreitete Mischkonsum mit Tabak. Hierbei ist davon auszugehen, dass sich die Abhängigkeitspotenziale in gegenseitiger Wechselwirkung intensiv erhöhen. 

Ein regulatorisches Rahmenwerk ist nötig, welches auf Präventionsarbeit, Jugendschutz, Risikominimierung, Suchtberatung und gesundheitliche Aufklärung setzt. Kanada kann hierbei als Vorreiter gelten. Dort stehen schon Umsetzungshilfen wie Leitlinien zur Risikosenkung zur Verfügung. 

Um auf die Legalisierung oder auf eine Änderung der Strategie vorbereitet zu sein, brauchen wir in Sachsen-Anhalt belastbare Beratungsstrukturen. Seien es Zigaretten, Alkohol, Cannabis, chemische Drogen oder Spielsucht - wir müssen die Beratungsangebote ausweiten und miteinander verknüpfen. 

(Unruhe)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Meine Damen und Herren, ein bisschen mehr Ruhe, bitte.


Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD):

Danke. - Nur so kann ein strategisches Gesamtkonzept, die sogenannte integrative Suchtberatung, erreicht werden. Dabei gibt es zahlreiche Synergien bezüglich Prävention, Suchtberatung, Therapien, auch der Ursachenerforschung. 

Ich bin der begründeten Überzeugung, dass Sachsen-Anhalt in diesem Bereich a) auf hervorragende Arbeit und Expertise bei der Landesstelle für Suchtfragen und deren Netzwerken bauen kann, b) noch sehr viel Arbeit vor sich hat, um die bestehenden Ansätze der Suchtprävention und -beratung im Hinblick auf die Herausforderungen und Chancen einer neuen Strategie und integrativen Suchtberatung zu stärken. Keinesfalls sollten wir einzelnen Kommunen gerade in diesem sensiblen Bereich Modellprojekte unvorbereitet überlassen. 

Das heißt aber auch, nicht passiv nur zu warten, bis das neue Bundesgesetz da ist. Ess gibt viel zu tun, um auf die Strategieänderung vorbereitet zu sein und sie für eine insgesamt starke Suchtprävention und  beratung gerade für unsere Jugendlichen zu nutzen. 

Lassen Sie uns darüber vertieft beraten! Wir empfehlen eine Überweisung zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Soziales und zur Mitberatung in den Ausschuss für Inneres sowie in den Ausschuss für Recht. 

(Zuruf: Super!)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Frau Dr. Richter-Airijoki. Ich sehe keine Fragen.


Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD):

Schade.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Manchmal klappt das nicht.

(Unruhe)