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Plenarsitzung

Transkript

Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt): 

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich stehe heute Morgen vor Ihnen, und vermutlich nicht das letzte Mal, in Vertretung von Kollegin Grimm-Benne, die zur Stunde an den Bund-Länder-Gesprächen in Berlin teilnimmt mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Sie wissen, es geht um die Krankenhausreform und vor allem um deren Finanzierung. Niemand könnte das für Sachsen-Anhalt besser vertreten als Kollegin Grimm-Benne. Ich erlaube mir daher, ihre Rede zu Gehör zu bringen.

In dem Zeitraum von 2007 bis 2021 hat sich die Zahl der jungen Menschen in Sachsen-Anhalt, die die Schule abgeschlossen haben, ziemlich genau halbiert, von 34 000 auf 17 000. Der Grund: die demografische Entwicklung nach der Wende. Es gab im Land weniger junge Menschen, die die Schule besuchten. Im Bereich der dualen Berufsausbildung hat sich in der Folge seit zehn Jahren die Zahl der neu geschlossenen Ausbildungsverträge pro Jahr zwischen 10 000 und 11 000 eingependelt.

Unser Berufsbildungssystem ist umso wertvoller. Wir sollten die Attraktivität der beruflichen Ausbildung für junge Menschen in Sachsen-Anhalt nicht kleinreden. 44 % der jungen Menschen zwischen Arendsee und Zeitz entscheiden sich nach der Sekundarstufe I für eine schulische oder berufliche Berufsausbildung. Diese Zahl liegt weit über dem Bundesdurchschnitt, der derzeit bei 36,3 % liegt. Sachsen-Anhalt ist weiterhin ein Land der Berufsausbildung.

Wie stärken wir nun als Landesregierung die Anziehungskraft der Ausbildung? Hierzu möchte ich einige Beispiele anführen. Im Jahr 2021 haben wir als Landesregierung das Azubi-Ticket in Sachsen-Anhalt eingeführt. Es entlastete die Azubis bei der Benutzung von Bussen und Bahnen sowohl auf dem Weg in den Betrieb als auch in die Berufsschule. Inzwischen gibt es das Deutschlandticket, mit dem bekanntlich alle Bevölkerungsgruppen entlastet werden.

Im Jahr 2020 hat der Bund die Mindestausbildungsvergütung eingeführt. Dies wirkt insbesondere in Ausbildungsberufen, in denen traditionell eine geringe Ausbildungsvergütung gezahlt wurde. Diese gewannen damit an Attraktivität. Das betrifft insbesondere auch die Handwerksberufe. 

Über das Landesberufsorientierungsprogramm „BRAFO“ werben wir als Landesregierung jährlich bei 11 000 Schülerinnen und Schülern für die Vielfalt der Berufsausbildungen. Die jungen Menschen können sich in verschiedenen Formaten ausprobieren, bspw. in einer Lernwerkstatt, im Betrieb oder in einer sozialen Einrichtung. 

Deutlich stärker sollten zudem die Karrieremöglichkeiten in der beruflichen Bildung betont werden. Unterschiedliche Wege der Weiterentwicklung, bspw. bis zum Bachelor Professional und Master Professional, auch ohne Hochschulstudium, machen die Ausbildung für junge Menschen attraktiv. Um sie zu stärken, fördert das Land den Erwerb von Zusatzqualifikationen mithilfe der neu aufgelegten Richtlinie „Sachsen-Anhalt Weiterbildung“ für Privatpersonen und für Betriebe. In diesem Rahmen soll es auch Fördermöglichkeiten für den Führerscheinerwerb für Lkw, Busse und Zugmaschinen und für die Fahrerlaubnis der Klasse B als Zusatzqualifikation geben, soweit die Fahrerlaubnis nicht Teil der Ausbildung ist, wie es z. B. bei Berufskraftfahrerinnen und  fahrern der Fall ist.

Es kommt bei dieser Fördermöglichkeit darauf an, dass für die inhaltliche Durchführung der Berufsausbildung im ausbildenden Betrieb eine eigenständige Fahrtätigkeit erforderlich ist. 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir setzen auf die Stärkung eines guten ÖPNV-Angebotes, welches für die Azubis wie auch für den Rest der Bevölkerung bezahlbar ist. Darüber hinaus setzen wir auf Zukunftsthemen wie die Digitalisierung. Im Jahr 2021 haben die Berufsschulen die Erfahrungen aus dem digitalen Distanzlernen während der Pandemie ausgewertet. Auf der Basis der Erfahrungen wird seit 2022 an einer Vielzahl von berufsbildenden Schulen digitales Lernen erprobt. Dieser Einsatz kann die im Antrag benannten langen Fahrwege teilweise reduzieren. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Herr Prof. Willingmann, es gibt eine Frage von dem Kollegen Keindorf.


Thomas Keindorf (CDU):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister, es tut mir leid, dass Sie die Rede jetzt nur verlesen. Ich möchte die Frage trotzdem an Sie richten. Sie können sich vorstellen, dass ich persönlich diesem Antrag recht aufgeschlossen gegenüberstehe, erhöht er doch die Mobilität unserer Auszubildenden. 

Ich muss aber in Richtung der AfD sagen: Mit diesem Antrag versucht die AfD, auf einen fahrenden Zug aufzuspringen.

(Oh! bei der AfD - Zuruf von der AfD: Was?)

Denn ich weiß, dass bereits im letzten Jahr Gespräche des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks mit dem Bundes    

(Frank Otto Lizureck, AfD: Dann steigen Sie doch einfach mit ein in den Zug, und fertig ist! - Zurufe von der CDU und von der SPD - Tobias Rausch, AfD: Da passiert doch gar nichts! Ihr erzählt immer nur!)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Der Zug fährt schon. - Bitte.


Thomas Keindorf (CDU):

Ich weiß, dass dort Gespräche mit Christian Lindner bezüglich dieser Frage stattgefunden haben. Folgende zwei Varianten wurden erörtert: eine Bezuschussung des Führerscheins oder eine anteilige Übernahme der Kosten durch den Ausbildungsbetrieb. Beides birgt steuerliche Probleme: In dem einen Fall geht es um einen geldwerten Vorteil, in dem anderen um die Möglichkeit, dass ein Ausbildungsbetrieb die entstehenden Kosten als Betriebsausgabe geltend machen kann. Herr Lindner hat uns eine Prüfung zugesagt. Meine Frage aufgrund Ihres Drahtes nach Berlin lautet: Welche Möglichkeiten sehen Sie dafür, diese Prüfung zu beschleunigen? 

(Daniel Roi, AfD: Ihr Zug fährt anscheinend viel zu lange! - Weiterer Zuruf von der AfD: Nein, der fährt in die falsche Richtung!)


Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt):

Herr Abg. Keindorf, wir haben uns in der letzten Legislaturperiode über verschiedene Wege unterhalten, wie wir die Ausbildung attraktivieren können. Die Praktikumsgutscheine und Ähnliches waren dabei Modelle, mit denen wir das gemeinsam auch schon nach 2016 durchgeführt haben. Ihre konkrete Frage allerdings adressiert nun ausgerechnet zwei Kolleginnen, die Ihnen dazu viel besser Auskunft geben können als ich: selbstverständlich die Sozialministerin, deren Rede ich verlesen durfte, aber auch die Kollegin Hüskens, der eine gewisse Nähe zum Bundesfinanzminister nicht abzusprechen ist. 

(Lachen)

Deshalb überfordern Sie mich ein bisschen, wenn Sie mich fragen, wie die Prüfung dort ausgehen wird. Ich gehe davon aus, dass auch Kollegin Hüskens Ihrem Beitrag gelauscht hat. Wir nehmen das dann mit. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der FDP)