Cookies helfen uns bei der Weiterentwicklung und Bereitstellung der Webseite. Durch die Bestätigung erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden.

Plenarsitzung

Transkript

Matthias Redlich (CDU):

Werte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schulsozialarbeit leistet vielfältige wichtige Aufgaben und unterstützt Schülerinnen, Eltern und Lehrkräfte. Darin sind wir uns weitestgehend einig. Die Kollegen der AfD meinen zwar, dass das nicht der Fall sei. Aber sie räumen selber ein, dass selbst die Lehrkräfte, die Eltern und auch die Schülerinnen und Schüler durchaus sehr wertschätzen und auch anerkennen, was dort geleistet wird und welche Aufgaben erfüllt werden.

Es gibt übrigens auch wissenschaftliche Studien - darauf habe ich bereits hingewiesen, Herr Dr. Tillschneider -, die Sie sich angucken können und die das auch belegen.

Die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter kritisieren aber auch - das wurde hier schon angesprochen - natürlich das Hauptproblem, dass im Augenblick sehr viel bzw. fast ausschließlich mit vom Land befristeten Stellen gearbeitet wird und dass sie dadurch keine Sicherheit für die Zukunft haben.

Das ist auch ein großes Problem. Wenn man das einmal selbst durchgemacht hat, dann weiß man das. Einmal kann man das machen. Ich habe zehn Jahre lang befristete Stellen gehabt. Versuchen Sie einmal, einen Kredit zu kriegen. Versuchen Sie einmal, ein Haus oder irgendein ein Auto zu kaufen. Das wird alles sehr schwierig. Sogar der Kauf einer Küche ist ein Problem.

Insofern brauchen Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter in Sachsen-Anhalt eine langfristige Perspektive. Sie müssen wissen, wie es in der Zukunft mit der Schulsozialarbeit im Land weitergeht. Ich sage bewusst, dass sie eine Perspektive brauchen, ohne dass ich dabei eine Zahl nenne; denn wir müssen uns darüber verständigen, wie viel wir uns leisten wollen, wie viel wir uns leisten können und wer sich daran beteiligen soll. Wir sind uns aber darin einig, dass sie eine Perspektive brauchen.

Für die Weiterfinanzierung der Schulsozialarbeit in der zweiten EU-Förderperiode muss im Haushalt Vorsorge getroffen. Das ist, glaube ich, auch unstrittig. Die Frage ist natürlich, wie wir mit Auswahlkriterien und Entscheidungskriterien umgehen. Aber hierbei sind wir eben auch in gewisser Weise nicht frei. Wenn DIE LINKE in ihrem Antrag jetzt sagt, wir legen da einfach einmal Kriterien fest, dann sage ich dazu, das ist ja schön, dass Sie das machen, aber wir haben eine Projektförderung der EU und sind da an bestimmte Kriterien gebunden. Wir müssen deshalb bestimmte Sachen einhalten.

(Zustimmung bei der CDU)

Insgesamt glaube ich nicht, dass es jetzt für das Thema Schulsozialarbeit Ihres Antrages direkt bedurft hätte; denn viele Punkte sind auf der Agenda. Dass wir uns im Ausschuss mit der Frage, wie es weitergeht, beschäftigen müssen, und dass das Ministerium dazu auch transparent berichten muss, ist auch klar.

Die Schulsozialarbeit wird aber in § 13a des Sozialgesetzbuches XIII als Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe festgelegt. Damit ist es eben der kommunalen Ebene zugeordnet worden. Sie kommen jetzt immer mit der Forderung, na ja, dann soll doch das Land das finanzieren. Wenn man von der rechtlichen Zuordnung und von der Aufgabenzuordnung ausgeht, dann stellt man fest, dass es eine kommunale Aufgabe ist.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Steht doch drin!)

Fast 400 Stellen werden zurzeit mithilfe von EU- und Landesmitteln vollständig über uns, das Land, finanziert. 400 Stellen - das ist der Großteil der in Sachsen-Anhalt vorhandenen Schulsozialarbeit, die ohne einen Cent der kommunalen Ebene gestemmt wird.

Hier muss ich ehrlicherweise sagen: Hierbei sehe ich auch die Kommunen in der Verantwortung. Auch die Kommunen müssen sich an der Finanzierung der Schulsozialarbeit beteiligen. In Ihrem Antrag schreiben Sie das sogar. Sie schreiben, dass das eine gemeinsame Aufgabe ist und dass eine Beteiligung notwendig. Das schreiben Sie im ersten Abschnitt, um dann aber interessanterweise in der Begründung Ihres Antrages das Ganze gleich wieder zu negieren. Dort liest man nämlich dann, dass das Land das Ganze komplett finanzieren soll, die gesamte Schulsozialarbeit. Da steht nichts von 400 Stellen, sondern da stehen die 800 Stellen. Es geht um eine komplette Finanzierung. Das ist das Ziel, was Sie in der Begründung ausgeben. Da frage ich Sie: Was wollen Sie denn nun? Soll jetzt die Beteiligung da sein, oder soll es dann doch komplett sein?

(Zuruf: Ja, das ist die Frage nun!)

Das Landesprogramm soll parallel zum ESF-Förderprogramm entstehen und erst einmal- im Antrag steht es so - bis zu 400 weitere Einsatzstellen ermöglichen und dann irgendwann plötzlich auch noch die ESF-Stellen übernehmen. Das Land soll dabei mindestens 90 % der Kosten tragen. Wie ist es hier mit einer gerechten Aufteilung? Sie sprechen am Anfang von einer gleichen Aufteilung zwischen Land und Bund. Das sehe ich bei 90 % ehrlicherweise nicht.

Sie sagen aber auch, dass die Kriterien für die Projektförderung da sind und dass wir die besprechen müssen. Sie gehen in Ihrem Antrag darauf ein, dass wir die Verantwortung gemeinsam tragen. Das sehe ich auch. Ich glaube, darin sind wir uns dann auch einig. Aber das heißt eben auch, dass wir eine gemeinsame Finanzierungsverantwortung haben. Einig sind wir uns darin, dass rechtzeitig vor dem Auslaufen der aktuellen EU-Förderperiode Klarheit für die Zukunft geschaffen werden muss.

Ein Recht darauf, dass wir jetzt hier Strukturen schaffen, besteht eben nicht. Deswegen glaube ich, dass wir mit unserem Alternativantrag richtig liegen. Ich bitte deshalb um Zustimmung zu diesem Alternativantrages und um die Ablehnung Ihres Antrages. - Vielen Dank.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Redlich. - Es gibt eine Intervention, Herr Redlich, von Herrn Dr. Tillschneider und eine Frage von Herrn Gebhardt, wenn Sie diese zulassen.


Matthias Redlich (CDU):

Bitte.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Also zunächst Herr Dr. Tillschneider.


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Sie haben gesagt, es gebe Studien, die den Nutzen der Schulsozialarbeit beweisen. Ja, es gibt Studien, die beweisen etwas, und es gibt Studien, die beweisen das Gegenteil. Wenn ich den Nutzen von etwas nicht sehe und eine Studie beauftragen muss, um den Nutzen nachzuweisen zu können, dann ist schon etwas faul.

(Dr. Falko Grube, SPD: Ja?)

Wie gesagt, wir haben in Sachsen-Anhalt eine Abbrecherquote von ungefähr 10 % seit 30 Jahren. Wir haben den Zeitpunkt davor, wir haben den Einsatz der Schulsozial und wir haben den Zeitpunkt danach. Es verändert sich nichts. Das Programm wirkt nicht.

Und das Allerdümmste, was ich in den Zusammenhang gehört habe, wirklich das Allerallerdümmste war: Ja, Moment mal, ohne Schulsozialarbeit hätten wir aber mehr Schulabbrecher. Das bewegt sich auf dem Niveau der Begründung der Coronamaßnahmen. Es hieß: Ohne diese Maßnahmen wäre es noch viel schlimmer gewesen. Damit sind wir im Bereich nicht nur der unbewiesenen, sondern der unbeweisbaren Annahmen, also beim dummen Geschwätz.

Jetzt frage ich Sie einmal abseits des dummen Geschwätzes nach Ihrer Meinung als Lehrer, nicht als Politiker. Ich frage Sie jetzt als Lehrer - Sie sind ja auch Lehrer  : Was macht    


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Dr. Tillschneider, Sie machen eine Intervention und stellen keine Frage.


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Ich mache eine Intervention und frage dazu.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Oder ist es eine rhetorische Frage?


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Genau. Ich darf in der Intervention noch einen Fragesatz formulieren. Gott verdammt, das lasse ich mir doch nicht nehmen. Ich formuliere es als Fragesatz im Rahmen meiner Intervention. Er kann den Fragesatz als Frage verstehen. Aber ich formuliere ihn jetzt.

Und zwar: Was macht denn Ihrer Meinung nach die Schulsozialarbeit nicht nur nützlich, sondern unverzichtbar, sodass wir sie als Land bezahlen müssen?


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Redlich, wollen Sie antworten? Ansonsten kommt     


Matthias Redlich (CDU):

Ja, ich würde antworten. Aber wir können auch gern Herrn Gebhardt noch die Frage stellen lassen. Vielleicht ergibt das zusammen. Dann kann ich auf beides gemeinsam antworten. Dann sparen wir ein bisschen Zeit.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Gebhardt, bitte schön.


Stefan Gebhardt (DIE LINKE):

Ja, ich muss ja warten, bis die Präsidentin mir das Wort gibt.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Bitte schön, Herr Gebhardt.


Stefan Gebhardt (DIE LINKE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kollege Redlich, ich will Sie fragen zu Ihrer These, dass die Kommunen, also die Landkreise, sich stärker daran beteiligen müssen. Wir haben in unseren Antrag eine Beteiligung der Kommunen in Höhe von 10 % mit hineinformuliert. Nachdem wir uns die kommunalen Haushalte in den Landkreisen angesehen haben, sind wir zu der Auffassung gelangt, dass diese sehr unterschiedlich sind. Aus unserer Sicht gibt es Landkreise, denen tatsächlich nicht mehr zuzumuten ist, wenn wir die Schulsozialarbeit aufrechterhalten wollen.

Jetzt frage ich Sie einmal konkret - wir haben das Glück, dass wir beide aus demselben Landkreis kommen  : Wie schätzen Sie denn die Finanzkraft des Landkreises Mansfeld-Südharz und die aktuelle Haushaltslage ein?

Wenn Ihre Vorstellungen nach mehr Beteiligung der Kommunen sich durchsetzen würden: Sagen Sie bitte, wie viele Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter wir uns dann im Landkreis Mansfeld-Südharz dann noch leisten könnten.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Redlich, bitte schön.


Matthias Redlich (CDU):

Ich bin nicht der Landrat und ich bin nicht im Kreistag. Und ich bin auch nicht der Kreistag, der für den Landkreis Mansfeld-Südharz beschließt, wie viel Schulsozialarbeit sich der Landkreis leisten kann oder, besser gesagt, möchte. Das ist ja auch eine Frage nach der Verteilung der Mittel. Als Haushaltsaufsteller kann ich natürlich selbst entscheiden, wie viel ich haben möchte.

Ihre Frage zielt aber auf etwas anderes ab. Der Punkt ist - darin haben Sie recht  , wir müssen darüber nachdenken, wie wir die Kommunen in gewisser Weise unterstützen. Frau Dr. Pähle hat schon einen Ansatz angesprochen, der von unserer Fraktion eingebracht wurde. Er lautet, dass man sich vielleicht auch beim FAG Gedanken machen muss. Wir sind ja immer sehr kommunalfreundschaftlich gewesen und haben die FAG-Änderung gerade auch vorangebracht. Das ist genau der Punkt, mit dem man Anreize setzen kann. Es geht also darum, dass man sie da setzt.

Aber es kann auch nicht so weitergehen, dass die Kommunen sozusagen entscheiden und festlegen, wo sie die Bedarfe sehen. Es kann also nicht sein, dass sie im Kinder- und Jugendhilfeausschuss sagen, wir haben da einen enormen Bedarf und das Land soll zahlen. Darin sind wir uns wahrscheinlich auch einig. Vielmehr muss es dabei eine angemessene Beteiligung geben. Es muss klar sein: Wer den Bedarf für sich festlegt, der muss auch irgendwo mit beteiligt werden, weil man ansonsten die Prioritäten anders oder falsch setzt.

Herr Dr. Tillschneider hat jetzt eine andere Frage angesprochen. Die Frage lautet: Was sind nachgewiesene Effekte? Die haben Sie ja schon einmal gestellt. Das ziehen Sie ja auch wie eine Leier durch. Da könnten wir in die letzte Debatte gehen. Da hatte ich Ihnen das auch schon ausgeführt.

(Zurufe von der AfD)

Ich gebe Ihnen aber recht. Das ist ein Grundproblem. Das ist das, was wir auch angesprochen haben. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir die Aufgaben der Schulsozialarbeit definieren. Wir sind jetzt natürlich im EU-Rahmen auch daran gebunden,

(Tobias Rausch, AfD: Wie lange denn noch?)

dass es die    

(Tobias Rausch, AfD: Wie lange wollen Sie noch definieren?)

- Was möchte Sie jetzt noch?

(Tobias Rausch, AfD: Wie lange wollen Sie denn noch definieren? Das Programm läuft ewig!)

- Das Programm läuft nicht ewig.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Aber     


Matthias Redlich (CDU):

Das Programm hat ja ein festgesetztes Ziel. Da sind ja die Aufgaben definiert worden. Aber danach müssen wir als Land festlegen - da sind wir auch freier  :

(Zuruf: Ja, was ist jetzt danach?)

Wie sollen wir es finanzieren, welche Aufgaben wollen wir haben?


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Nein, nein, nein, Herr Rausch, das nicht. Herr Redlich antwortet jetzt auf die Intervention - die Möglichkeit muss er auch haben - von Herrn Dr. Tillschneider, nachdem er die Frage von Herrn Gebhardt beantwortet hat. Aber es gibt jetzt hier kein Zwiegespräch. - Herr Redlich.


Matthias Redlich (CDU):

Dazu müssen wir natürlich definieren, welche Ziele verbinden wir damit, welche Aufgaben hat die Schulsozialarbeit auch über das eine Ziel hinaus, das Sie nennen, nämlich dass man die Schulabbrecher senkt.

Die Schulsozialarbeit hat nämlich ganz andere Effekte, die natürlich von den Lehrern und von den Schülern, aber auch von den Eltern genannt werden und dazu führen, dass Bildungsbiografien sich anders entwickeln und dass es weniger Unruhe und weniger Gewaltkonflikte an den Schulen gibt. Das ist alles alles nachweisbar. Das ist in den Studien auch belegt worden.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Redlich.


Matthias Redlich (CDU):

Ein letzter Punkt, ein letzter Punkt noch.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Ja.


Matthias Redlich (CDU):

Ein letzter Punkt noch.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Aber ein wirklich letzter Punkt.


Matthias Redlich (CDU):

Wir haben im Moment auch - die Sozialministerin ist noch anwesend, Frau Grimm-Benne ist ja da - ein Problem. Wir haben die Schulsozialarbeit interessanterweise im


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Redlich, aber jetzt nicht


Matthias Redlich (CDU):

im Schulgesetz.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

noch ein neues Thema ansprechen.


Matthias Redlich (CDU):

Nein, wir haben es nur im Schulgesetz festgelegt und wir müssen dazu übergehen, dass wir es auch im Sozialbereich definieren und dass wir es dahin überführen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)