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Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 1

Befragung der Landesregierung nach § 45a GO.LT


Wir starten mit der Fraktion der SPD. - Herr Hövelmann.


Holger Hövelmann (SPD):

Vielen herzlichen Dank, Herr Präsident. - Die Grundsteuerreform hat in den letzten Monaten nicht nur in Sachsen-Anhalt erheblichen Wirbel ausgelöst und verunsichert durchaus Steuerpflichtige in unserem Land. Deshalb will ich uns daran erinnern, dass zu Beginn der Grundsteuerreform Konsens war, dass die Reform aufkommensneutral erfolgen soll.

Ich frage die Landesregierung: Wie stellt die Landesregierung sicher, dass die für die Festsetzung der Grundsteuerhebesätze zuständigen Gemeinden in diesem Land ein Höchstmaß an Transparenz sicherstellen und den Hebesatz ermitteln und veröffentlichen, der zu unveränderten Steuereinnahmen führen würde?

(Frank Bommersbach, CDU: Kommunale Selbstverwaltung!)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Bei der Steuer könnte ich mir glatt den Finanzminister als Ansprechpartner vorstellen. - Sie haben das Wort, Herr Richter.


Michael Richter (Minister der Finanzen):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie sagten, die Grundsteuer beschäftigt uns schon seit längerer Zeit. Ich bringe auch jedes Mal zur Regierungsbefragung wieder die neuesten Daten mit, weil auch ich mir die nicht alle merken kann. Ich tue das, damit ich nicht etwas Falsches sage.

Wir alle haben uns die nicht ausgesucht. Ich muss es einmal so deutlich sagen. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Festlegung der Einheitswerte auf den 1. Januar 1935 und auf den 1. Januar 1964 heute nicht mehr das widerspiegeln, was für die Grundsteuerbemessung letztlich erforderlich ist.

Wir können letztlich nicht sicherstellen, dass das Grundsteueraufkommen erhöht wird, weil wir uns hier auf der kommunalen Seite im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung befinden. Es ist die Absicht aller, dass es nicht zu einer Erhöhung kommt. Aber letztlich kann das Land das nicht sicherstellen.

Ein Land, Niedersachsen, hat Folgendes gemacht. Niedersachsen hat ein eigenes Modell und hat in § 7 des Grundsteuergesetzes zum Hebesatz mit aufgenommen, dass der neutrale - in Anführungsstrichen - Hebesatz zu veröffentlichen ist, damit nachvollziehbar ist, ob eine Kommune letztlich dann mehr einnehmen wird und über das, was aufkommensneutral ist, hinausgeht.

Alle anderen Länder, seien es die, die das Bundesmodell übernommen haben, aber auch die Länder, die eigene Modelle haben, haben solch eine Regelung mit den Landesgesetzgebern und dem Bundesgesetzgeber bisher nicht für sich verabschiedet. Das ist auch nicht beabsichtigt.

Es ist auch bei uns im Land nicht beabsichtigt. Wir haben das in der Finanzstrukturkommission noch einmal angesprochen. Aber sowohl auf der Regierungsseite als auch auf der kommunalen Seite sind wir übereingekommen, solch eine Regelung hier nicht zu verankern.

Dass es nachher Unterschiede geben wird, bezogen auf den Einzelnen, das wird so sein. Ansonsten wären wir nicht in der Lage, eine Grundsteuerreform zu machen. Das liegt einfach schon in der Natur der Sache. Ich gehe aber davon aus, dass die Kommunen im Rahmen ihrer Verantwortung sehr wohl darauf achten werden, dass es hierbei nicht zu großen Ausschlägen kommen wird. Wie gesagt: Insoweit werden wir uns das sehr genau anschauen und letztlich auch sehen, ob dann die Zielsetzung, aufkommensneutral zu sein, eingehalten wird.

Vielleicht noch Folgendes für Sie: Auch Niedersachsen hat in § 7 seiner gesetzlichen Regelung nicht hineingeschrieben, wann zu veröffentlichen ist. Wir gehen mit den Kommunen jetzt die Daten durch. Die gehen online weiter. Ich meine das, was wir erhoben haben. Die Kommunen werden dann, wenn sie einen bestimmten Datensatz haben, ihrerseits die Berechnungen anstellen, die dann ergeben, wie hoch das Grundsteueraufkommen sein muss, bezogen auf das, was sie vorher hatten. Danach wird der Hebesatz dann sicherlich entsprechend berechnet.

Niedersachsen hat zwar die Regelung aufgenommen. Es wurde aber nicht gesagt, wann die Kommunen das zu veröffentlichen haben. Daran sehen Sie auch schon einmal, wie schwierig diese Regelung ist. Wir gehen davon aus, dass die Kommunen in der Lage sein werden, den Hebesatz festzulegen, wenn sie 75 % bis 80 % der Daten haben.

Vielleicht noch eine Information zu der Frage, wie es insgesamt mit der Datenerhebung aussieht. Wir haben die Daten jetzt so in Richtung 90 % vorliegen und sind mittlerweile dabei, nach und nach die Grundsteuerwert- und Grundsteuermessbetragsbescheide nach und nach zu erlassen. Wir haben mittlerweile rund 320 000 Bescheide erlassen. Wir reden also hier davon, dass 35 % bis 40 % der Erklärungen, die vorliegen, schon umgesetzt worden sind.

Was auch interessant ist: Wir haben rund 16 000 Einsprüche. Das ist überschaubar. Sie kennen die Diskussion, die auch insbesondere von den Steuerberatern jetzt immer wieder angeschoben wird. Sie stellen die Frage, ob die Bescheide vorläufig gemacht werden können. Wir haben das auch bei der Finanzministerkonferenz, die in der letzten Woche stattfand, erörtert. Es gibt keine rechtlichen Voraussetzungen, um hierbei die Vorläufigkeit mit aufnehmen zu können.

Insoweit warten wir aber die weitere Entwicklung ab. Es ist auch so zwischen den Finanzministern besprochen worden, dass wir uns bei jeder Finanzministerkonferenz das weitere Geschehen anschauen werden.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Herr Hövelmann hat eine Nachfrage.


Holger Hövelmann (SPD):

Vielen Dank. - Vielen Dank für die Erläuterungen. Mir ist bewusst, dass wir uns im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung bewegen und dass wir auch nicht den Kommunen den Hebesatz vorschreiben können. Das wollen wir auch nicht.

Sie haben deutlich gemacht, dass Sie das begleiten und dass Sie auch genau hinschauen. Wie darf ich mir das vorstellen? Gibt es Empfehlungen in die Richtung der kommunalen Verantwortlichen? Gibt es Handreichungen? Gibt es verbindliche oder unverbindliche Angebote als Beratung und Begleitung dieses Prozesses?

Es folgt eine Frage, die sich aus den Veröffentlichungen oder Aussagen des Präsidenten des Städte- und Gemeindebundes Sachsen-Anhalt ergeben hat. Er hat darauf hingewiesen hat, dass es auch Kommunen gibt, die sich in der Haushaltskonsolidierung oder in der Haushaltsnotlage befinden und für die, ich sage mal, die zusätzlichen Einnahmen, die mit den gesetzlichen Veränderungen jetzt ermöglicht werden, willkommene zusätzliche Einnahmen sein könnten, um die Haushaltssituation zu verbessern. Das widerspräche dem gemeinsamen Ziel der Aufkommensneutralität.

Also: Wie beabsichtigt die Landesregierung, den Kommunen bei dieser Gesamtproblematik auch dort zur Seite zu stehen?


Michael Richter (Minister der Finanzen):

In der letzten Woche tagte die Finanzstrukturkommission. Die Finanzstrukturkommission müssen Sie sich so vorstellen: Dort treffen sich Vertreter des Innenministeriums, des Finanzministeriums und der kommunalen Spitzenverbände. Es werden unterschiedliche Themen besprochen. Dazu werden auch andere Ressorts hinzugezogen. Dort wurde auch über Thema Grundsteueraufkommen beraten.

Wir waren uns alle darin einig gewesen, dass dieses Ziel anzustreben ist und dass wir uns zusammensetzen, wenn wir weitere Entwicklungen sehen, die möglicherweise in eine ganz andere Richtung gehen.

Für Sie allerdings noch eines: Die Kommunen sind jederzeit und natürlich auch heute schon dazu in der Lage, die Hebesätze anzuheben. Das machen Kommunen auch. Es gibt auch Verabredungen innerhalb der Gemeinde- oder Stadträte, die Hebesätze auch wieder abzusenken. Das ist auch schon heute jederzeit möglich und wird auch in der Zukunft möglich sein.

Selbst wenn wir im Jahr 2025 ein Grundsteueraufkommen haben werden, welches dem der Vorjahre entspricht, ist damit noch lange nicht sichergestellt, dass im Jahr 2026 aufgrund ganz anderer Umstände in der Kommune die Verwaltung wie auch das Parlament, Stadtrat, Gemeinderat, nicht zum Ergebnis kommt, wir müssen die Hebesätze anheben. Das hat aber möglicherweise gar nichts mit der Reform zu tun, sondern mit ganz anderen Themen.

Wir werden es uns anschauen. Sie wissen, wir sind zurzeit auch im Bereich des FAG unterwegs, Stichwort Kommunen, die, ich sage einmal, ganz weit unter der Wasserlinie sind, und schauen, wie wir helfen können. Er stellt sich immer die Frage nach dem Steueraufkommen. Was haben sie gemacht bei der Gewerbesteuer? Was haben sie gemacht bei der Grundsteuer? Liegen Sie unter dem Durchschnitt des Landes? Liegen sie über dem Durchschnitt des Landes? Diese Fragen sind dann immer mit zu beantworten.

Sie können davon ausgehen, alle haben das Problembewusstsein, darauf zu achten, dass diese Grundsteuerreform nicht dazu führt, dass die Bürger und Unternehmen in großem Maße zusätzlich belastet werden.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Herr Rausch, bitte.


Tobias Rausch (AfD):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrter Finanzminister Richter, Sie haben gerade von selbst ausgeführt, wie viele Erklärungen schon abgegeben worden sind und wie viele Widersprüche es gibt. Das Problem der Bemessungsgrundlage durch die Kommunen ist auch schon da. Ich frage Sie, ist Ihnen bekannt - da die Grundsteuerbescheide auf der Bewertung des Grundvermögens beruhen, auf der Steuermesszahl und auf dem Hebesatz der Kommunen, worüber gerade diskutiert wird  , wie viele die Bescheide bzw. die Bewertung des Grundvermögens schon angefochten haben oder sagen, es sei falsch berechnet worden. Mir sind Fälle bekannt, dass in den Bescheiden für Immobilien Vermögenswerte ausgewiesen werden, die den dreifachen Kaufpreisen der Immobilien von vor zwei oder drei Jahren entsprechen. Ist Ihnen das Problem bekannt? Wenn ja, wie stehen Sie dazu? Wie sieht es damit aus, sich gegebenenfalls an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen? Da wir in den Bescheiden mit Sollzahlen arbeiten, werden Mieterträge errechnet, die gar nicht erzielt werden können. Ist Ihnen das Problem bekannt? Wenn ja, was wollen Sie dagegen tun?


Michael Richter (Minister der Finanzen):

Sie sprechen das Thema der Einsprüche gegen die entsprechenden Bescheide an. Wir haben damit unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Es geht teilweise um Angaben, die nicht zutrafen, die im Einspruchsverfahren aufgeklärt werden müssen. Es gibt Einsprüche, dass sozusagen der Grundsatz bemängelt und gesagt wird, wir akzeptieren es nicht. Es ist klar, dass die Finanzverwaltung diese Einsprüche abarbeitet. Wenn möglicherweise durch unzutreffende Angaben Bescheide ergangen sind, die nicht den Wert widerspiegeln, dann werden sie entsprechend bearbeitet und korrigiert.

Einzelfälle, dass es das Drei- oder Vierfache des Kaufpreises von vor zwei oder drei Jahren ist, sind mir nicht bekannt. Das ist dann tatsächlich mit dem Finanzamt zu klären.

Sie können davon ausgehen, dass die Finanzämter entsprechend dabei sind, diese Einsprüche abzuarbeiten. Ich habe Ihnen schon die Zahlen genannt. Wir liegen mit 16 000 Einsprüchen bei 5 %. Das ist im Verhältnis nicht außergewöhnlich.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Herr Dr. Schmidt, bitte.


Dr. Andreas Schmidt (SPD):

Unabhängig davon, dass die kommunale Selbstverwaltung die kommunale Selbstverwaltung ist, geht es um die Glaubwürdigkeit einer gesamtstaatlichen Operation. Das Recht der Kommunen zu handeln ist unbenommen, aber es transparent zu machen, das könnte man nicht nur als eine freiwillige Aufgabe sehen, sondern man könnte sagen, es ist auch eine Pflichtaufgabe der Kommunen, wenn man - ich glaube, es ist § 80 des Kommunalverfassungsgesetzes - es ernst nimmt, dass die Bürgerinnen und Bürger regelmäßig an den Angelegenheiten der Gemeinden mindestens nachrichtlich zu beteiligen sind.

Vor dem Hintergrund ist meine Frage - das ist zugegebenermaßen keine Finanzministerfrage, sondern eine Innenministerinnenfrage  , hat die Landesregierung die Absicht, an der Stelle die Kommunen dazu anzuhalten, tatsächlich für die Offenlegung des Teils zu sorgen, für den die Grundsteuerreform verantwortlich ist, und es von dem Teil abzugrenzen, für den man möglicherweise noch selbst Satzungspläne hat, damit alle Bürgerinnen und Bürger auch den Unterschied sehen können.


Michael Richter (Minister der Finanzen):

Ich habe vorhin schon gesagt, Herr Schmidt, dass wir es in der FSK gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden besprochen haben und dass wir keine gesetzliche Regelung vorsehen, die die Gemeinden dazu verpflichtete, den aufkommensneutralen Hebesatz bekannt zu geben.


Dr. Andreas Schmidt (SPD):

Vielen Dank für die Möglichkeit der Nachfrage, Herr Präsident. - Das hatte ich mir erlesen. Meine Frage ist - das ist eigentlich eine Frage an Frau Zieschang  , ob das Innenministerium oder ob die Landesregierung beabsichtigt - in dem Fall wäre das Innenministerium dasjenige, das handeln würde  , die Gemeinden kommunalaufsichtlich dazu anzuhalten, von sich aus zu veröffentlichen, welcher Hebesatz ist aufkommensneutral, unabhängig davon, was sie ansonsten an Satzungen machen, damit das sozusagen auseinandergehalten wird. Es ist aus meiner Sicht möglich, das zu tun, weil die Kommunalverfassung - ich will nicht schwindeln, aber ich meine, es ist § 80 - die Gemeinden im Grundsatz eigentlich zu solchem Handeln verpflichtet.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Gut. Dann kommt die Innenministerin. Wir nutzen die Zeit, um Schülerinnen und Schüler der Kooperativen Gesamtschule Wilhelm von Humboldt aus Halle zu begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause - Ministerin Dr. Tamara Zieschang tritt an das Rednerpult - Minister Michael Richter tritt einen Schritt zurück)


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):

Herr Abg. Schmidt, Michael Richter hat schon angedeutet, dass in der Finanzstrukturkommission auch das Innenministerium sitzt. Insofern hat er eigentlich für uns beide gesprochen.

Wir haben im Augenblick eine solche Regelung nicht vor, weil - das hat Michael Richter gerade gesagt - wir in der Sitzung der Finanzstrukturkommission, die wir in der vergangenen Woche hatten, gesagt haben, wir schauen uns erst einmal an, ob es entsprechenden Handlungsbedarf gibt.

Ohne dass ich mich vertieft mit der Frage beschäftigt habe, stelle ich mir auch die Frage, ob nicht jede Kommunalvertretung auch selbst um eine entsprechende Offenlegung bitten könnte, wenn sie Zweifel daran hat, dass die Festlegung des Hebesatzes in Ordnung ist.

(Zustimmung bei der CDU und von Guido Kosmehl, FDP)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Frau Dr. Pähle, bitte.


Dr. Katja Pähle (SPD):

Jetzt geht die Innenministerin gerade wieder vom Rednerpult weg.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Also, nicht dass wir die ganze Regierung hier vorn stehen haben.

(Ministerin Dr. Tamara Zieschang tritt wieder an das Rednerpult - Minister Michael Richter tritt wieder einen Schritt zurück)

Aber die beiden, es freut mich.

(Dr. Falko Grube, SPD: Ist aber ein ganz schönes Bild!)


Dr. Katja Pähle (SPD):

Deswegen habe ich es ja angezeigt, an wen sich die Frage richtet.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Alles gut.


Dr. Katja Pähle (SPD):

Michael Richter hat in seinen Ausführungen dankenswerterweise auf die finanzielle Situation einzelner Kommunen hingewiesen und auch auf unterschiedliche Bedarfe zur Veränderung des Hebesatzes, die nicht immer eins zu eins auf die Grundsteuerreform zurückzuführen sind, sondern es können auch andere Sachen sein. In dem Zusammenhang ist mir die Frage gekommen     Wir wissen, dass die Kommunalaufsicht bei der Genehmigung kommunaler Haushalte gern auf Möglichkeiten der Einnahmesteigerungen hinweist, wenn die Kommunen mit dem Geld, dass sie zur Verfügung haben, nicht auskommen. Deshalb ist es tatsächlich eine Frage an die Innenministerin.

Vor der Aufgabe als gesamtgesellschaftliches Projekt stellt sich die Frage, ist daran gedacht, die Kommunalaufsicht in der Richtung zumindest zu bitten und darauf hinzuweisen, dass eine Anhebung des Hebesatzes zur Schließung des Haushaltsdefizits in dieser Situation vielleicht nicht das geeignete Instrument ist. Auch das ist eine Gefahr, in die wir durch die Kommunalaufsicht hineinlaufen, dass gesagt wird, wir haben keine andere Möglichkeit, als an dieser Schraube zu drehen. Deshalb die Frage an die Innenministerin.


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):

Wir würden trotzdem beide, ich würde sagen, nacheinander antworten,

(Minister Michael Richter: Ich antworte für den Ausgleichsstock!)

weil wir auch noch den Ausgleichsstock haben.

Es ist ja immer so, bei der Genehmigung von Haushaltssatzungen - das haben Sie in Ihrer Frage auch angedeutet - schreiben wir weder vor, wo Ausgaben gemindert werden könnten, noch schreiben wir vor, wo Einnahmen gesteigert werden müssten. Insofern zeigen wir am Ende im Rahmen der Genehmigung vielleicht Optionen auf, aber die Entscheidung bleibt vor Ort.

Es ist ja nicht so - das hat der Finanzminister auch schon dargelegt  , dass die Hebesätze in den letzten Jahrzehnten unverändert geblieben wären. Ich kann natürlich nicht ausschließen, dass eine Kommune, die ihren Hebesatz aufgrund der Berechnung etwas senken könnte, aber seit Jahren in der Haushaltskonsolidierung ist, sagt, es bleibe bei dem alten Satz.

Da die kommunale Selbstverwaltung auch immer in einem politischen Kontext lebt, gehe ich davon aus, wenn ansonsten kommunale Haushalte klug aufgestellt werden und solche Hebesatzentscheidungen sehr klug getroffen werden, dass man das jetzt auch so tut.

Wir sind ein bisschen im spekulativen Bereich, wo wie reagiert wird. Es gibt immer einmal Veränderungen. Wenn es jemand sowieso vorhatte,

(Dr. Katja Pähle, SPD: Das war nicht die Frage!)

zu Zwecken der Haushaltskonsolidierung eine Erhöhung anzustreben, dann kann ich jetzt nicht sagen, nur weil es die Gesetzesänderung gibt, verbiete ich es, sodass dies jetzt nicht möglich ist.

Aber jetzt kommen wir noch kurz zum Ausgleichsstock.


Michael Richter (Minister der Finanzen):

Vielleicht zum Ausgleichsstock. Wir haben die gleiche Problematik, dass Kommunen kommen und Hilfen aus dem Ausgleichsstock brauchen, seien es Darlehen, seien es Zuschüsse. Sie können davon ausgehen, dass wir das Thema Grundsteuerhebesatz im Augenblick nicht berücksichtigen, weil in der Regel wird geprüft, haben die Kommunen alles gemacht, um ihrerseits, sage ich einmal, die Möglichkeiten auszuschöpfen, um entsprechende Hilfen nicht zu benötigen. Das Thema Grundsteuerhebesätze wird im Augenblick nicht weiter berücksichtigt. Das zum Ausgleichsstock.

Ich will noch einmal sagen, die Kommunen sind mittlerweile alle sehr problembewusst. Die Räte werden sich sehr wohl überlegen, ob sie in dieser Phase darangehen, die Hebesätze zu heben. Das ist nicht nur ein Thema der Grundsteuer, sondern auch der Gewerbesteuer. Von daher würde ich darum bitten, die Entwicklung einfach abzuwarten. Sie können davon ausgehen, sowohl das Innenministerium als auch das Finanzministerium sind sehr problembewusst und werden sehr wohl darauf achten, dass es nachher nicht zu Verwerfungen kommt.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Die Nachfrage habe ich gesehen.


Dr. Katja Pähle (SPD):

Vielen Dank, Minister Richter. Ehrlich gesagt, genau darum geht es bei der Kommunalaufsicht. Es geht nicht um das Verbot von Hebesatzanhebungen, sondern es geht darum, wie es Finanzminister Richter gerade für die Berechnung von Leistungen aus dem Ausgleichsstock gesagt hat, ob eine Regelung hinsichtlich der Kommunalaufsicht beabsichtigt ist, den Hinweis - in der jetzigen Situation kann man natürlich unterschiedliche Hinweise geben; in der Regel ist es meistens das Streichen von freiwilligen Aufgaben; dann ist man meistens nicht ganz frei darin, was man tut  , hebt doch die Grundsteuer an, jetzt für ein Jahr einfach einmal nicht zu geben - ich will es einmal ganz platt formulieren  , so wie es jetzt bei der Berechnung von Leistungen aus dem Ausgleichsstock vom Finanzminister beabsichtigt ist. Das war quasi die Frage, nicht, ob es ein Verbot gibt, das anzuheben, sondern ob darauf verzichtet werden, dass die Kommunalaufsicht darauf drängt,

(Daniel Roi, AfD: Für ein Jahr!)

die Grundsteuersätze in der jetzigen Situation anzuheben.


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):

Es wäre ein erheblicher Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung. Insofern kann ich im Augenblick nicht sagen, dass wir das tun werden. Das verabredete Verfahren ist ein anderes, auch weil wir in der Finanzstrukturkommission regelmäßig zusammensitzen und jederzeit zusammensitzen können.

Für den Fall, dass man das Gefühl hat, die Situation wird ausgenutzt, möchte ich einmal sagen, gucken wir es uns an. Im Augenblick haben wir aber gar keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kommunen nicht sehr sorgsam mit der Hebesatzerhöhung bei der Aufstellung ihrer Haushalte umgehen. Deswegen den Kommunen jetzt nahezulegen    

(Dr. Katja Pähle, SPD: Nur denjenigen, die in der Konsolidierung sind! Für den Rest trifft es ja nicht zu!)

- Ja, aber auch diejenigen, die in der Konsolidierung sind, können ein eigenes Konsolidierungspaket schnüren.

(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP)

Ich finde, es ist etwas anderes, wenn Sie sagen, dass wir nicht darauf drängen sollen, dass sie es gleichwohl tun sollen. Aber, wie gesagt, das würden wir nicht tun. Ihnen anzuraten, es sein zu lassen, halte ich auch für schwierig.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke, Frau Zieschang. - Herr Loth, bitte.


Hannes Loth (AfD):

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe zwei kleine Fragen. Die erste Frage ist, Stichwort aufkommensneutral: Für wen aufkommensneutral, für den Bürger, für die Gemeinde? In unserer Gemeinde zahlt der eine eklatant mehr, der andere eine bisschen weniger. Wenn man mit den Hebesätzen herumspielt, dann ist es für alle wieder ungerecht. Wie ist diese Frage zu beantworten? - Die erste Frage.

Die zweite Frage ist: Soweit ich weiß, ist die Zuweisung aus dem FAG an die Gemeinden irgendwie an die Umlagen gekoppelt. Wer also unter dem Durchschnitt der Hebesätze liegt, die im Land gelten, bekommt geringere Zuweisungen, wer darüber liegt, bekommt etwas mehr. Ist das so richtig? Es gibt ein Urteil dazu - ich habe das eben kurz quergelesen  , dass das so ist. Wenn sich die Hebesätze in den Gemeinden nun verändern, ist es dann möglich, dass sich dadurch Auswirkungen auf Zuweisungen aus dem FAG ergeben?


Michael Richter (Minister der Finanzen):

Herr Loth, wenn wir garantieren würden, dass jeder Bürger vorher wie nachher die gleiche Grundsteuer zahlt, dann könnten wir keine Grundsteuerreform machen, weil sich das einfach ausschließt.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es ist angestrebt, dass das Aufkommen insgesamt neutral bleibt, also nicht erhöht wird. Aber es ist klar, dass es Unterschiede geben wird. Das liegt in der Natur der Sache.

Zum Thema FAG und Schlüsselzuweisung: Wenn eine Gemeinde die Grundsteuer erhöht hat, dann wirkt sich das nicht aus.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Herr Kosmehl, bitte.


Guido Kosmehl (FDP):

Ich habe eine kurze Frage. Ich frage die Landesregierung, den Finanzminister: Sind Sie immer noch davon überzeugt, dass das Grundsteuerreformmodell für Sachsen-Anhalt, also die Anlehnung an den Bund durch die Kenia-Koalition, die richtige Entscheidung für Sachsen-Anhalt und für die Bürger war?


Michael Richter (Minister der Finanzen):

Herr Kosmehl, das wird sich zeigen, wenn wir die Grundsteuerreform umgesetzt haben. Sie waren damals nicht im Parlament. Wir hatten im Juni 2021 die Wahl, und damals war es von der Zeitschiene so, dass wir gesagt haben, wir können uns nicht darauf einlassen, ein eigenes Modell zu machen, insbesondere weil wir selbst nicht in der Lage waren, zu programmieren. Bayern hat das eigene Modell selbst programmiert. Das wird sich zeigen.

Im Übrigen: Ich habe viele Gespräche geführt. Dann schaut jeder bei sich selbst nach und fängt an zu rechnen und dann geht das los: der eine das eine Modell, der andere das andere Modell. Wir haben uns damals so entschieden. Wir sind doch jederzeit in der Lage, nach einer bestimmten Zeit, wenn wir uns das angeschaut haben, auch zu reagieren. Wir sind frei, an der Grundsteuer wiederum Veränderungen vorzunehmen.

(Guido Kosmehl, FDP: Sehr gut!)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Die nächste Frage, Herr Roi, bitte.


Daniel Roi (AfD):

Vielen Dank. - Die Frage ist ganz kurz. Sie sprachen vorhin davon, dass 90 % der Erklärungen abgegeben worden sind. Es gab im Parlament zwei Kleine Anfragen aus unterschiedlichen Fraktionen zu der Thematik, wie es das Land mit der Abgabefrist gehalten hat. Wo stehen wir da? Vielleicht können Sie heute eine Aussage dazu treffen, ob zum Stichtag 31. Januar 2023 für die landeseigenen Grundstücke und Immobilien alles abgegeben wurde, natürlich auch für die Landesbetriebe? Denn das wollten Sie nicht beantworten. Wenn Sie das zu dem Stichtag nicht wissen: Gibt es noch offene Fälle? - Das wäre meine Frage.


Michael Richter (Minister der Finanzen):

Herr Roi, nach meiner Kenntnis haben nicht alle zum 31. Januar abgegeben. Den genauen Stand kann ich Ihnen jetzt nicht sagen, den würde ich Ihnen aber nachreichen.