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Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 7

Beratung

Wegfall der „Heranwachsenden“ im Jugendstrafrecht

Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/2355


Einbringen wird den Antrag der Abg. Dr. Tillschneider.


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der 18-jährige, türkischstämmige Deniz E. aus Bad Cannstatt hat im Sommer 2007 den 19-jährigen deutsch-französischen Gymnasiasten Yvan S. auf einen Feldweg locken lassen, lauerte ihm dort auf, schlug ihn zusammen und ermordete ihn brutal mit einem Baseballschläger. Daraufhin schleppte er zusammen mit seinen Mordkumpanen die Leiche in eine Fabrikhalle, in der sie den Körper mit einer Axt und einem Trennschleifer zerstückelten. Nachdem Deniz E. mit dem abgetrennten Kopf des Yvan S. ein wenig Fußball gespielt hatte, haben er und seine Komplizen die Leichenteile in große Blumenkübel einbetoniert und im Neckar versenkt; daher die Bezeichnung „Zementmord“, unter dem diese abartige Tat in die Kriminalgeschichte eingegangen ist.

Das Motiv war schlicht Eifersucht. Die albanischstämmige Freundin des Deniz E. und zugleich Mittäterin hatte ihm wahrheitswidrig ein Verhältnis mit Yvan S. vorgegaukelt. Der Täter, Deniz E., war, wie gesagt, 18 Jahre alt. Er war zum Tatzeitpunkt volljährig. Da aber ein Gutachter Reifeverzögerungen feststellte, wurde dieser bestialische Mörder nach Jugendstrafrecht zu lächerlichen zehn Jahren Gefängnis verurteilt.

Deniz E. war sich dessen bewusst, hat die Ermittlungsbehörden und das Gericht verhöhnt und vor seinen Mitinsassen während der Untersuchungshaft wiederholt damit geprahlt, dass er, wenn er einen auf gaga mache, schon glimpflich davonkommen werde. Das Gericht hat davon erfahren, hat sich dadurch aber nicht veranlasst gesehen, die angeblichen Reifeverzögerungen zu hinterfragen.

Als im Jahr 2018 schließlich die Freilassung des Deniz E. anstand, hat die Staatsanwaltschaft zwar einen Antrag auf Sicherungsverwahrung gestellt; das Gericht war jedoch der Auffassung, Deniz E. sei nicht gefährlich genug. Immerhin ist es gelungen, diesen bestialischen Mörder in die Türkei abzuschieben - immerhin!

Dass dieser Deniz E. heute ein freier Mann ist, in seiner Heimat ein neues Leben beginnen konnte und vielleicht jetzt irgendwo in einem Café in Istanbul sitzt und an einem Espresso nippt, das ist ein himmelschreiendes Unrecht und beleidigt jede Gerechtigkeitsvorstellung.

(Zustimmung bei der AfD)

Wäre auf Deniz E. kein Jugendstrafrecht angewendet worden, sondern wäre er nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt worden, säße er noch heute im Knast, und das wäre auch gut so.

Ich habe diesen Fall herausgegriffen, weil sich an ihm besonders deutlich die Defizite einer Anwendung von Jugendstrafrecht auf junge Erwachsene zeigen lassen. Es ist ein einzelner Fall, aber es ist kein Einzelfall, sondern er ist repräsentativ für einen Tätertypus.

Die sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht von 2015 auf 2016 in Köln, die Gewaltexzesse während der Silvesternacht 2022 in Berlin, die ausufernden Probleme mit kriminellen Jugendbanden in unseren Städten, die Raubüberfälle, die Vergewaltigungen und die Messerstechereien, die vor allem infolge der ungezügelten Masseneinwanderung in den letzten Jahren extrem zugenommen haben, werden zu einem bedeutenden Anteil von Tätern verübt, die zur Tatzeit 18, aber noch nicht 21 Jahre alt sind, also von Heranwachsenden im Sinne des Jugendgerichtsgesetzes.

Nach § 105 Abs. 1 des Jugendgerichtsgesetzes wird auf einen Heranwachsenden Jugendstrafrecht angewendet, wenn   ich zitiere aus dem Gesetz  :

„[…] die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, dass er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand.“

Steht der Täter nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung einem Jugendlichen gleich, liegt eine sogenannte Reifeverzögerung vor. Ob eine Reifeverzögerung vorliegt, wird gutachterlich ermittelt, wobei die Gutachter oft so argumentieren, dass jemand, der abartige Verbrechen verübt, zwangsläufig unter Reifeverzögerungen leiden muss; ein reifer Mensch macht doch so etwas nicht. Das ist ein Zirkelschluss, der dazu führt, dass Täter zwischen 18 und 20 Jahren gerade dann, wenn sie besonders schwere Straftaten begehen, in den Genuss der diversen Strafermäßigungen des Jugendstrafrechts kommen.

In 90 % der Tötungsdelikte, in 97 % der Raub- und Erpressungsdelikte und in 93 % der Vergewaltigungsfälle wird mittlerweile bei Heranwachsenden das Jugendstrafrecht angewendet. Bei Straßenverkehrsdelikten dagegen wird überwiegend das Erwachsenenstrafrecht angewendet.

(Tobias Rausch, AfD: Das gibt’s doch nicht!)

Was soll man davon halten? Gerade bei schweren Verbrechen, die eine besondere Rohheit des Täters offenbaren, reicht das Jugendstrafrecht ins Erwachsenenstrafrecht hinein und der Täter kann auf eine milde Strafe hoffen. Das ist paradox. Das ist eine rechtssystematische Schwäche, das ist der Rechtssicherheit abträglich und das beeinträchtigt die Rechtsklarheit. Der 18- bis 20-Jährige oszilliert gewissermaßen zwischen den Systemen.

Vor allem aber spricht dagegen, dass eine solche Strafmilderung mit dem Strafzweck der Vergeltung nicht zu vereinbaren ist. Schwere Straftäter sind auch schwer zu bestrafen. Die Herabsetzung der Strafobergrenzen im Jugendstrafrecht führt regelmäßig zur Unterschreitung der schuldangemessenen Mindesthöhe.

Die Täter wissen sehr genau, wie sie sich im Gutachtergespräch anstellen müssen, und spekulieren auf eine milde Strafzumessung. Unter den Tätern herrscht die Einstellung: Solange ich noch nicht 21 Jahre bin, kann mir eh nicht viel passieren. Die Täter nehmen angesichts der milden Strafe das Risiko, erwischt zu werden, in Kauf. Die Strafe entfaltet kaum Abschreckungswirkung.

Zwar steht beim Jugendstrafrecht nicht die Abschreckungswirkung, sondern der Erziehungsgedanke als Strafzweck im Vordergrund, aber das Jugendstrafrecht bezieht sich primär auf 14- bis 17-Jährige. Abgesehen davon, dass Erziehung Sache der Eltern und nicht Sache des Staates ist, kann bei 18-jährigen Kriminellen nicht mehr von Erziehung die Rede sein. Das Jugendstrafrecht soll ein Erziehungsvakuum durch abwesende oder gescheiterte Erziehungsberechtigte ausgleichen.

Mit Erreichen der Volljährigkeit endet aber die Erziehungsberechtigung jedes Erziehungsberechtigten. Allein deshalb bleibt für erzieherisches Jugendstrafrecht ab 18 Jahre kein Raum mehr. Abgesehen davon zeigt allein der Umstand, dass jemand mit 18 Jahren kriminell geworden ist, dass seine Erziehung endgültig gescheitert ist. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Wer mit 18, 19 oder 20 Jahren schon morden und rauben kann, der kann auch wie ein Erwachsener bestraft werden und wie ein Erwachsener im Gefängnis sitzen.

(Zustimmung bei der AfD)

Weshalb sollen denn Kriminelle nach Vollendung ihres 18. Lebensjahres so etwas wie eine dreijährige Schonfrist erhalten, während derer sie kriminelle Tätigkeiten entfalten können, ohne die härteren Strafen des Erwachsenenstrafrechts fürchten zu müssen? Sollte der Staat angehenden Kriminellen so etwas wie Verbrecher-Lehrjahre zubilligen? Ich denke, nicht.

Hinzu kommt, dass es sich, wie in dem von mir gewählten Beispiel, bei den Tätern oft um junge Erwachsene aus dem migrantischen Milieu handelt. Es sind insbesondere Migranten, die von der Anwendung des Jugendstrafrechts auf Heranwachsende profitieren. Sie profitieren außerdem deshalb in ganz besonderem Maß, weil allein der Wechsel in einen fremden Kulturkreis in der gerichtlichen Praxis schon als Indiz für Reifeverzögerungen gilt. Wer als Jugendlicher von Syrien nach Deutschland kommt und dann als Erwachsener Messestechereien anfängt, dem wird regelmäßig unterstellt, dass der Kulturschock seine Persönlichkeitsreifung verzögert haben muss, wodurch er dann in den Genuss des Jugendstrafrechts kommt.

Gerade diese Personen, die aus archaischen, gewaltaffinen Milieus kommen, brauchten aber im Grunde eine noch härtere Strafe, als sie unser Erwachsenenstrafrecht vorzieht, und maximale Strenge, sodass die Schonfrist für 18- bis 21-Jährige und die pädagogische Nachsicht gerade bei dieser Klientel das völlig falsche Signal und in jeder Hinsicht kontraproduktiv ist.

(Beifall bei der AfD)

Deshalb fordern wir mit unserem Antrag: Weg mit dem § 105 des Jugendgerichtsgesetzes. Erwachsene Verbrecher müssen auch nach Erwachsenenstrafrecht bestraft werden. Basta! Die Anwendung des Jugendstrafrechts auf 18- bis 20-Jährige begünstigt gesellschaftliche Fehlentwicklungen, vereitelt alle denkbaren Strafzwecke und führt zu himmelschreienden, jedes Gerechtigkeitsempfinden verletzenden Ungerechtigkeiten.

Seien Sie bitte so gut und verweigern Sie sich dieses Mal nicht, wenn wir, die AfD, diesen Missstand endlich beenden wollen. Die Anwendung des Jugendstrafrechts auf 18- bis 20-Jährige ist neben der Kuschelpädagogik nur ein weiterer Ausdruck der grundsätzlichen Fehleinstellung einer permissiven Gesellschaft.

Genauso wie man den Schülern nicht mehr zumutet sich anzustrengen, um objektiv vorgegebenen Normen gerecht zu werden, genauso wird im Fall des Strafrechts die Strafe dem Täter angepasst. Allzu tief gehende Einzelfallgerechtigkeit ist aber irgendwann keine Gerechtigkeit mehr. Gerechtigkeit ist die Durchsetzung eines allgemeinen und objektiven Maßstabes.

§ 105 des Jugendgerichtsgesetzes stellt einseitig auf die Persönlichkeit des Täters ab. Der Täter bekommt viel Raum, sich zu erklären. Er bekommt alle Aufmerksamkeit und er bekommt alle Nachsicht. Das Gericht bemüht sich, die Tat zu verstehen und sie an den ganz individuellen Maßstäben des Täters zu messen. Die Perspektive des Opfers, dem es egal ist, wie alt sein Mörder, sein Vergewaltiger oder Erpresser ist, welche psychischen Probleme er mit sich herumschleppt, wird ausgeblendet. Die Opfer werden oft sogar mit einer sprachlos machenden Härte und Gefühlskälte behandelt.

So hat der ehemaligen Bundesrichter Thomas Fischer im Jahr 2021 in einem Interview zu dem „Zementmord“ gegenüber der „Stuttgarter Zeitung“ erklärt: Das Strafrecht setze nicht vorrangig die Interessen der Betroffenen um und ein Gerichtsverfahren sei keine Therapie für die Betroffenen. Richter seien keine Opferbetreuer. Das Strafrecht habe eine andere Aufgabe; es gehe nicht um die Empörung der Angehörigen, sondern um den oder die Täter.

Die Meinung dieses Richters ist genau das Problem, unter dem wir leiden. Hier brauchen wir einen Perspektivwechsel um 180 Grad. Es sollte bei einem Strafverfahren vor allem und in erster Linie um die Opfer gehen. Die Bedürfnisse desjenigen, dem Unrecht angetan wurde, wiegen um ein Vielfaches schwerer als die Bedürfnisse desjenigen, der Unrecht verübt hat. Die Opferperspektive sollte den Ausschlag geben und nicht die Täterperspektive. Sühne, Wiedergutmachung und Abschreckung sollten die Hauptziele des Strafens sein.

Die AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt bekennt sich uneingeschränkt und ohne Wenn und Aber zu dem Grundsatz: Opferschutz vor Täterschutz.

(Beifall bei der AfD)

Die Abschaffung des § 105 des Jugendgerichtsgesetzes wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung und ein wichtiges Signal. Damit kann es aber noch nicht getan sein.

Gerade auch angesichts des Mordes an der zwölfjährigen Luise aus Freudenberg, die von zwei gleichaltrigen Freundinnen erstochen wurde, müssen wir grundsätzlich umdenken. Denn es kann nicht sein, dass solche Mörder, auch wenn sie nur zwölf Jahre alt sind, straffrei davonkommen.

Wir werden nachdenken müssen über eine Absenkung der Strafmündigkeit auf zwölf Jahre oder auf zehn Jahre, wie in England, über die Ersetzung der Feststellung nach § 3 des Jugendgerichtsgesetzes durch eine Regelvermutung zugunsten der Schuldfähigkeit, die nur unter den Voraussetzungen des § 20 StGB widerlegt werden kann. Das heißt, ab Beginn des Strafmündigkeitsalters liegt Schuldfähigkeit vor, es sei denn, der Täter ist unter den gleichen Voraussetzungen wie ein Erwachsener nicht schuldfähig.

Wir werden den Vollzug verschärfen und dafür sorgen müssen, dass ausländische Straftäter ihre Strafe in ihren Heimatländern verbüßen.

Werte Kollegen, ich lade Sie ein: Helfen Sie mit, die überfällige Wende im Jugendstrafrecht einzuleiten. Wir müssen weg von einem Strafrecht für Jugendliche und Heranwachsende, das Unrecht ungesühnt lässt,

(Frank Bommersbach, CDU: Das ist aber alles Bundesrecht!)

nicht im Geringsten abschreckt und die Opfer verhöhnt, hin zu einem Strafrecht, das dem Unrecht mit maximaler Härte begegnet, echte Abschreckungswirkung entfaltet und die Interessen der Opfer in den Mittelpunkt stellt. Stimmen Sie unserem Antrag zu. Stimmen Sie für das Recht. Stimmen Sie für die Gerechtigkeit.

(Beifall bei der AfD)