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Plenarsitzung

Transkript

Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wieso wird in Deutschland subsidiärer Schutz nach § 4 des Asylgesetzes gewährt? - Die formelle Antwort lautet: Deutschland setzt damit zwingende europarechtliche Vorgaben in deutsches Recht um. Aber die inhaltliche Begründung lautet: Der subsidiäre Schutzstatus schließt eine Lücke, die neben dem Schutzstatus als Asylberechtigter und neben dem Schutzstatus eines Flüchtlings im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention besteht.

Asylstatus und Flüchtlingsschutz setzen eine individuelle oder gruppenbezogene Verfolgung voraus. Menschen können jedoch auch auf andere Weise als durch eine gezielte Verfolgung von schweren Menschenrechtsverletzungen so bedroht werden, dass sie ihr Heimatland verlassen müssen. Der subsidiäre Schutz wurde geschaffen, um diese Schutzlücke zu schließen. Er wird demjenigen Geflüchteten erteilt, dem bei der Rückkehr in sein Heimatland die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens droht.

Das Land Sachsen-Anhalt hat sich immer zu seiner humanitären Verantwortung für Menschen bekannt, die unseren Schutz benötigen. Dies schließt auch Schutzsuchende ein, deren Leben von Krieg oder Bürgerkrieg bedroht ist. Das heißt aber nicht, dass in der Migrationspolitik alles so bleiben kann, wie es ist - im Gegenteil. Vielmehr bedarf es einer Kehrtwende in der Migrationspolitik. Dies habe ich auch auf dem Flüchtlingsgipfel in der vergangenen Woche in Berlin deutlich gemacht.

(Zustimmung von Markus Kurze, CDU, von Sandra Hietel-Heuer, CDU, und von Olaf Feuerborn, CDU)

Humanitäres Handeln ist im Bereich der Migration auf Dauer nur möglich, wenn es mit wirksamer Ordnung und Steuerung verknüpft ist. Das heißt, illegale Migration muss begrenzt werden und legale Migration muss besser gesteuert werden.

(Zustimmung bei der CDU, bei der AfD und bei der FDP)

Wie Sie wissen, fordere ich seit Langem, dass gegen irreguläre Migration auf nationaler wie auch auf europäischer Ebene deutlich entschlossener vorgegangen wird. Dazu zählt auch, dass die EU-Außengrenzen wirksam geschützt werden.

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

In diesem Zusammenhang begrüße ich ausdrücklich die Schlussfolgerungen, die der Europäische Rat auf seiner außerordentlichen Tagung im Februar in Brüssel zur Migration beschlossen hat. Die Staats- und Regierungschefs haben sich unter anderem darauf verständigt, den Ausbau von Grenzeinrichtungen an den EU-Außengrenzen unverzüglich und mit umfangreichen europäischen Mitteln zu unterstützen. Eine effektive Grenzsicherung ist insbesondere auch eine sicherheitspolitische Notwendigkeit.

Erfreulicherweise hat sich die Bundesinnenministerin auf dem Flüchtlingsgipfel in der letzten Woche zu diesen Schlussfolgerungen des Europäischen Rates und explizit auch zu einem besseren Schutz der EU-Außengrenzen bekannt. Nun erwarte ich aber auch, dass sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene an die Spitze der Bewegung setzt, wenn es um die Umsetzung dieser Beschlüsse geht.

(Oliver Kirchner, AfD: Darauf können Sie lange warten!)

Im nächsten Schritt muss die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zum Abschluss gebracht werden. Wir benötigen ein europäisches Asylsystem, das Verantwortlichkeiten eindeutig regelt und dabei die Lasten zwischen den Mitgliedstaaten gerecht verteilt.

Zu dieser Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems gehört für mich die Einführung sogenannter Grenzverfahren für Asylbegehrende nach dem Muster des deutschen Flughafenverfahrens. Mit solchen Vorprüfungen direkt an der EU-Außengrenze kann die Zahl jener, die ohne Aussicht auf die Zuerkennung von Schutz nach Europa einreisen, deutlich reduziert werden.

Zudem sollten Asylbegehrende zukünftig verpflichtet werden, während der Prüfung ihres Antrags in dem für sie zuständigen Mitgliedstaat zu verbleiben. Dies sind meines Erachtens einige wichtige Ansatzpunkte, um illegale Migration zu begrenzen. Der subsidiäre Schutz sollte indessen nicht infrage gestellt werden. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU, bei der FDP und von Matthias Büttner, Staßfurt, AfD)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Frau Dr. Zieschang. Es gibt eine Intervention von Herrn Scharfenort.


Jan Scharfenort (AfD):

Vielen Dank, Frau Zieschang, der Presse war zu entnehmen, dass Sie in den letzten Tagen das Vorgehen beim Flüchtlingsgipfel sehr kritisch beurteilt haben und auch kritisieren, die Verantwortung aber doch sehr stark auf die Bundesregierung schieben. Ich frage Sie - denn es ist auch in Ihrer Verantwortung  : Was tun Sie, was können wir noch mehr tun, um die Anreize für Migranten zu senken, damit wir das Problem hier nicht haben?

Wir sehen, dass die Zahlen wieder zunehmen, dass die Erstaufnahmeeinrichtung überläuft, dass die Landräte jetzt auch in Sachsen-Anhalt beklagen, dass es zu viel wird. Kann man nicht einmal darüber nachdenken, z. B. die Residenzpflicht in den Erstaufnahmeeinrichtungen zu verschärfen? Ob man die 18 Monate-Regelung ausnutzt, das weiß ich jetzt nicht. Und genauso: Kann man denn nicht von Geldleistungen auf Sachleistungen umstellen?

Ich denke, dass auch das Land durchaus Möglichkeiten hat, um die Anreize weiter zu verringern, sodass wir das Problem zumindest in Sachsen-Anhalt in Zukunft in geringerem Umfang haben. Meine Bitte ist, dass Sie das einmal mitnehmen.

Denn das liegt auch in Ihrer Verantwortung und nicht nur in der der Bundesregierung. Ich denke, wenn wir nur an Frau Faeser appellieren, werden wir wenig Chancen haben. Wir müssen als Land hier den Druck erhöhen, damit Frau Faeser endlich zum Handeln gezwungen wird.

(Beifall bei der AfD)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Dr. Zieschang, wollen Sie darauf reagieren? Das war eine Intervention, also keine Frage im Wortsinne.


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):

Ich möchte das tun. - Es wird ja suggeriert, dass das Land Sachsen-Anhalt gesonderte Anreize dazu setzen würde, dass Menschen nach Sachsen-Anhalt kommen. Dem ist nicht so. Insofern verstehe ich die Intervention nicht. Das Land Sachsen-Anhalt setzt keine gesonderten Anreize, damit Menschen von anderswo hierherkommen. Insofern verstehe ich diese Intervention nicht.