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Plenarsitzung

Transkript

ebastian Striegel (GRÜNE):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Rassismus ist bei der AfD kein Erkenntnisproblem, sondern immer eine Haltungsfrage.

(Zuruf von Christian Hecht, AfD)

Die Kollegin Richter-Airijoki hat sehr deutlich die historischen Kontinuitäten aufgebracht. Frau Kollegin Quade hat darauf verwiesen, und auch Herr Kosmehl: Es geht bei der AfD nicht darum, dass sie klüger wird. 

(Daniel Roi, AfD: Schön, dass Sie sich das einreden!)

Sie will hier ihre rassistischen Motive immer wieder darlegen; sie fischt damit. 

(Zuruf von der AfD: Oh!)

Ich glaube, wir sollten uns noch einmal überlegen, ob wir uns dann auch an dieser Stelle zu Debatten auffordern lassen. Das kann nicht zum Erfolg führen.

Klar, es lohnt, im Bereich der Innen- und Rechtspolitik den Blick über die Landesgrenzen hinweg zu wenden. Man kann auf Best-Practice-Beispiele aus anderen Ländern schauen. Voraussetzung dafür ist aber: Wir müssen ähnliche Problemlagen haben und die zu treffenden Maßnahmen müssen geeignet sein, einer Lösung näher zu kommen. Beides ist an dieser Stelle erkennbar nicht der Fall.

Ihre Forderung, die japanische Flüchtlingspolitik zu kopieren, ist nicht hilfreich. Sie würde Deutschland sogar schaden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Henriette Quade, DIE LINKE)

Zunächst   die Kollegin hat dazu bereits ein paar Andeutungen gemacht  : es gibt historisch einige Unterschiede. Japan ist ein Inselstaat, der sich über Jahrhunderte hinweg von der Außenwelt isoliert hat; der seine Abschottungspolitik nur für einen kurzen Zeitraum im vergangenen Jahrhundert aussetzte. Man kann diese Politik aus einem kultur- oder machthistorischen Verständnis heraus betrachten, ohne sie als richtig oder falsch bewerten zu müssen.

Deutschland hingegen liegt mitten in Europa und braucht offene Grenzen; davon leben wir, davon lebt unsere Wirtschaft. Deutschland ist   das ist in diesem Plenum nun bereits öfter festgestellt worden   ein Einwanderungsland.

(Zuruf von der AfD: Falsch!)

Und es gilt diese Einwanderung auszugestalten.

(Christian Hecht, AfD: Zu stoppen!)

In Japan führt die Abschottungspolitik im Flüchtlings-und Zuwanderungsbereich aktuell zu einem Altersmedian von ca. 48,5 Jahren.

(Zuruf von der AfD)

Das heißt   falls sie mit dem Begriff Median nichts anfangen können  , die Hälfte der Bevölkerung dort ist über 48,5 Jahre alt; Tendenz steigend, eher schnell steigend.

Manche Sektoren betrifft es besonders stark   das wird den einen oder anderen hier in der Runde vielleicht interessieren  : Im Bereich der Landwirtinnen und Landwirte in Japan liegt der Altersdurchschnitt bei 67 Jahren. Ich glaube, ich muss Ihnen nicht erklären, was es für eine Gesellschaft bedeutet, wenn im Landwirtschaftssektor dieser Altersdurchschnitt herrscht. Wir sind davon noch ein Stückchen weit entfernt, Herr Kollege Feuerborn. Ich hoffe, dass wir niemals dort hinkommen. Wenn wir das nicht wollen, dann müssen wir die Zuwanderung in die Bundesrepublik organisieren.

Die Gesamtbevölkerung verzeichnet seit ein paar Jahren Rekordrückgänge. Japan wird daher aktuell und in Zukunft verstärkt mit enormen sozialen und wirtschaftlichen Problemen konfrontiert sein. Und nein, diese lassen sich nicht durch Roboter technisch lösen. Dafür braucht es stattdessen auch Zuwanderung, gelingende Zuwanderung, in einem wesentlich stärkeren Maße.

In diesem Jahr sind weltweit erstmals über 100 Millionen Geflüchtete unterwegs. Ich fürchte, wenn wir die Klimakrise nicht in den Griff bekommen und wenn wir an dieser Stelle nicht endlich anfangen    

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Ich kann das Wort nicht mehr hören!)

  Es ist egal, ob Sie das hören können. ‚Wissen Sie, wer das heute nicht hören will, der wird sich morgen umschauen, wie unangenehm es für ihn werden wird.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Zuruf von Matthias Büttner, Staßfurt, AfD)

Die Klimaflüchtlinge fragen Sie nicht, ob Sie das hören wollen. Sie sind schlicht da, und zwar durch die Art und Weise wie wir leben.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Zuruf von Matthias Büttner, Staßfurt, AfD)

Durch sie wird die Staatengemeinschaft vor enorme Herausforderungen gestellt. Wir haben Leute hier im Saal, die sich tatsächlich damit, auch aus erster Hand, beschäftigt haben. Wir müssen daher die Fluchtursachen anerkennen, sie bekämpfen und unsere humanitären Verpflichtungen erfüllen.

Das bedeutet, wir bieten Schutz für diejenigen, die ihn bei uns suchen. Wir schieben keine Menschen ab, für die wir eine Schutzverantwortung tragen. Wir müssen andere Länder bei der Unterbringung von Geflüchteten finanziell unterstützen. Dafür könnten wir mehr tun. Dafür sollten wir mehr tun. Wir werden es nicht auf der Grundlage von rassistischen Anträgen der AfD tun. Wir lehnen Ihren Antrag entsprechend ab. - Herzlichen Dank.

(Unruhe - Zustimmung bei den GRÜNEN - Zuruf von Daniel Roi, AfD - Weitere Zurufe von der AfD)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Herr Striegel, wie Sie damit rechnen konnten, gibt es eine Intervention und eine Frage. Wollen Sie die Frage beantworten? - Herr Scharfenort als erstes.


Jan Scharfenort (AfD):

Herr Striegel, im Gegensatz zu Ihnen, differenzieren wir, und zwar sehr genau. Natürlich halten wir uns an unser Grundgesetz und sind an das Asylgesetz gebunden. Aber   um das einmal im europäischen Kontext einzuordnen  , wir befinden uns auch hierbei, wie in der Energiepolitik, auf einem völligen Sonderweg.

Wir machen nicht nur die dümmste Energiepolitik der Welt, sondern wir machen auch die dümmste Asylpolitik der Welt. Nehmen Sie das Beispiel Dänemark, wo die Sozialdemokraten eine Asylpolitik machen, die restriktiver ist, als das, was wir fordern   das einfach einmal zur Einordnung.

Würden Sie deshalb die anderen Europäer auch alle als rechtsextrem, als Rassisten bezeichnen? Warum müssen wir Deutschen immer einen Sonderweg gehen? Das führt letztendlich wieder in den Nationalismus; zu meinen, wir sind schlauer als andere Länder und Europäer. Das lehnen wir zutiefst ab.

(Beifall bei der AfD - Olaf Meister, GRÜNE, lacht)


Sebastian Striegel (GRÜNE):

Ich werde mich am Podium nicht von einem Nationalisten zum Thema Nationalismus belehren lassen.

(Unruhe - Zuruf von der AfD: Jetzt kommt die Gravitation! - Abgeordnete der AfD lassen wiederholt ihre Mobiltelefone auf die Tische fallen)

Aber ich möchte Ihnen ehrlicherweise etwas sagen. Wenn ich früher nach Hause gekommen bin und meinen Eltern erzählt habe, die Nachbarskinder dürfen aber auch ein bisschen länger draußen bleiben, dann haben meine Eltern mir immer zu verstehen gegeben: Wir, Sebastian, sind nicht andere Leute. Ich finde, das ist ein ziemlich guter Grundsatz. Handlungen müssen sich aus sich selbst heraus rechtfertigen und nicht, weil jemand anderer Blödsinn tut, muss ich es ihm nachmachen.

(Unruhe - Zustimmung bei den GRÜNEN und bei den LINKEN - Jan Scharfenort, AfD: Sie machen sich mitschuldig an den Morden, die hier passieren! - Weitere Zurufe von der AfD)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Herr Tillschneider möchte seine Frage stellen und es wäre gut, wenn wir alle zuhören.


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Herr Striegel, Sie haben gesagt: Deutschland ist ein Einwanderungsland. Ganz nüchtern betrachtet stimmt das nicht. Denn es gibt Länder, die sind Einwanderungsländer, die sich über Einwanderung konstituiert und gebildet haben, wie Australien, die USA und Kanada. Und es gibt Länder wie Deutschland, die sind historisch gewachsene Nationalstaaten.

(Zuruf: Oh!)

Das sind keine Einwanderungsländer. Wenn Sie also ehrlich sprechen würden, dann würden Sie sagen: Wir wollen, das aus Deutschland ein Einwanderungsland wird. Wir wollen aus Deutschland ein Einwanderungsland machen; denn wir sind es nicht.

Jetzt frage ich Sie: Was sagen Sie den Bürgern, die auf dem Standpunkt stehen und sagen: Wir wollen nicht, dass aus unserem Land ein Einwanderungsland wird. Was sagen Sie denen? Sind das alles Angehörige des Rassismus der Mitte, sind das alles Menschenfeinde oder können Sie deren Willen anerkennen?

(Zustimmung bei der AfD)


Sebastian Striegel (GRÜNE):

Herr Tillschneider, es entbehrt nicht einer gewissen Komik, dass jemand, der in einem anderen Land geboren ist und in dieses Land eingewandert ist, sich jetzt hier hinstellt, um zu behaupten, dieses Land wäre kein Einwanderungsland. Nehmen Sie doch einmal Realitäten zur Kenntnis.

(Unruhe - Zuruf von der AfD: Frage beantworten! - Zuruf von der AfD: Natürlich nicht! - Weitere Zurufe) 


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Man kann doch     Ich kann doch danach noch    

(Unruhe - Zuruf von der AfD: Er hat null Argumente!)