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Plenarsitzung

Transkript

Stefan Ruland (CDU):

Ja, ein bisschen Zeit ist noch, Herr Kosmehl. 

(Guido Kosmehl, FDP: Gerne! Wir hören zu!)

Die nehmen wir uns auch. Wir wollen ja heute möglichst lange hierbleiben. Es schneit und der Heimweg ist dann gefährlich und rutschig. 

Vorweg eines: Auch wenn jetzt und hier, anders als gestern Abend, kein Orchester zugegen war, haben wir trotzdem schon das große Wunschkonzert gehört. Wir als CDU-Fraktion werden uns die Mühe machen, das sauber durchzudirigieren. 

Auf die Kollegin Frau von Angern kann ich jetzt nicht erwidern. Sie hat leider den Plenarsaal verlassen. 

Zu Frau Dr. Pähle. Beim Thema Landesbesoldungs- und  versorgungsanpassungsgesetz, heute um 17:50 Uhr unter TOP 15, haben wir bereits die Gelegenheit. Wir als Koalition, treibend durch die CDU-Fraktion, haben für die Gitterzulage, für die Mutter aller genannten Zulagen, bereits etwas getan. Ich lade alle herzlich ein, dieser Beschlussvorlage um 17:50 Uhr zu folgen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 13 539 362 600 € - das ist der Betrag, den der von der Landesregierung vorgelegte Haushaltsplanentwurf für das Haushaltsjahr 2023 vorsieht. Getreu dem Motto „Besser spät als nie“ werden wir nun damit beginnen, uns im parlamentarischen Verfahren mit diesem Entwurf zu befassen. 

Auch wenn der Haushaltsplanentwurf in der vorliegenden Fassung in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen ist, belastet er die Folgejahre bereits mit Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von rund 4,7 Milliarden €.

Mit Blick auf den Kalender erwarte ich, dass wir durch diszipliniertes und zielorientiertes Arbeiten in den Fachausschüssen die Beschlüsse zum Haushaltsgesetz und zum Haushaltsbegleitgesetz im März des kommenden Jahres fassen können.

(Zustimmung bei der CDU)

Wenn wir in die nahe Vergangenheit blicken und uns gemeinsam an die Kabinettsbeschlüsse zu den Gesetzentwürfen erinnern, dann wissen wir, dass auch dieses Mal die aktuellen Krisen prägend sind. Ich danke dem Minister für Finanzen dafür, dass die Ergebnisse der Oktober-Steuerschätzung bereits in den Gesetzentwurf Einzug gehalten haben. Ich mahne jedoch an zu akzeptieren, dass prognostizierte Steuereinnahmen sich nicht automatisch kapitalisieren. Ob die Einnahmen der Steuerschätzer Realität werden, bleibt abzuwarten. 

Exemplarisch führe ich die Chemie- und die Pharmaindustrie in das Feld. Der Verbandspräsident Markus Steilemann sagte in dieser Woche - ich zitiere  , „der Chemiebranche stehen weitere düstere Monate bevor“. Die Branche ist unter anderem wichtiger Zulieferer für die Bauindustrie. Unterbrechungen von Lieferketten haben schnell weitreichende Folgen. 

Mittelständische Unternehmen und Freiberufler in energieintensiven Branchen, die seit Jahrzehnten stabil am Markt agiert haben, haben akute Existenzängste. Erste gewachsene Familienunternehmen haben auch in unserem Bundesland bereits aufgegeben. Kommt jetzt die nächste Welle der Kurzarbeit? Das Schreckgespenst geht bereits um. Dabei haben wir nicht einmal die schuldenfinanzierte Coronakurzarbeiterregelung hinter uns lassen können. 

Wenn Sie kurz über das gerade Gehörte nachgedacht haben, dann werden Sie mir darin zustimmen, dass es wahrscheinlich ist, dass das prognostizierte und das reale, also tatsächliche Steueraufkommen künftig auseinanderfallen werden. Folglich haben wir finanzpolitisch eine besondere Verantwortung für unser Sachsen-Anhalt, eine Verantwortung für die Gegenwart und eine Verantwortung für die Zukunft.

(Zustimmung bei der CDU)

Eine Zeit, in der sich die Krisen die Klinke in die Hand geben, ist eben nicht die Zeit für das große Wunschkonzert, für das Verplanen eventuell, vielleicht, möglicherweise entstehender Steuermehreinnahmen. Natürlich ist die Versuchung groß, einen beherzten Griff in den berühmten Topf voller Gold am Ende des Regenbogens zu machen. Solide, nachhaltige und zukunftsorientierte Finanzpolitik sieht anders aus. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden wir als CDU-Fraktion all diejenigen, die hier aus dem Vollen schöpfen wollen, allein zum Ende des Regenbogens laufen lassen. Ich wünsche eine angenehme Reise. 

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Diejenigen, die mit uns der Auffassung sind, dass wir im Sinne der finanzpolitischen Notwendigkeiten und mit festem Blick auf Nachhaltigkeit und Zukunftssicherheit auch über lieb gewordene Standards zu sprechen haben, lade ich recht herzlich ein, mit uns sachliche Diskussionen im Rahmen der Haushaltsberatungen zu führen. 

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Können Sie konkret benennen, was Sie damit meinen? - Frank Bommersbach, CDU: Abwarten!)

- Das können Sie mich gern hinterher fragen.- Wir können uns finanzpolitische Tabus und Denkverbote nicht leisten. Die bereits hier und da andiskutierte 41 Stunden-Woche für Landesamte sei hier exemplarisch genannt. Die Landesregierung ist ressortübergreifend dazu aufgefordert, sich ehrlich zu machen bei den Fragen: Was können wir uns tatsächlich leisten? Was müssen wir uns tatsächlich leisten? Wo wollen wir welche Prioritäten setzen? 

Der Verteiler Gießkanne, gepaart mit der Devise „Viel hilft viel“, wird, so scheint mir - ich bin sehr zuversichtlich, dass Sie mir darin zustimmen werden, liebe Kolleginnen und Kollegen  , mittelfristig zum finanzpolitischen Knock-out führen. 

Auch der gegenseitige Respekt gebietet es, bei einem Gesetzentwurf der Landesregierung wie dem Gesetzentwurf zur Änderung des KiFöG nicht zu versuchen, ihn im Schweinsgalopp durch das parlamentarische Verfahren zu peitschen, und das gerade dann, wenn der Bund neue Anforderungen an die Verwendung bereitgestellter Mittel stellt. Sozialpolitisch mag der Prozess schlüssig seien, finanzpolitisch bleiben Fragen. Diese werden wir im Rahmen der Beratungen natürlich stellen, und das auch gern bereits in der Sitzung des Finanzausschusses in der kommenden Woche. 

Wir - ich spreche insbesondere die Kolleginnen und Kollegen Finanzpolitiker an - müssen alle möglichen Haushaltsrisiken erkennen und analysieren und die Ergebnisse in unsere Empfehlungen und Entscheidungen einfließen lassen. 

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Bei einem voraussichtlichen Schuldenstand am Ende dieses Jahres in Höhe von 23 510 023 707,07 € - diese Prognose dürfte wesentlich verlässlicher sein als die Steuerschätzung für künftige Haushaltsjahre - wird die Entwicklung des Zinsmarktes zunehmend Haushaltsmittel in Form von Zinszahlungen binden. 

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Die Zinspolitik „Whatever it takes” ist vorbei. Die Notenbanker werden keine Rücksicht auf einen konjunkturellen Abschwung nehmen können, wenn sie die Inflationsrate auf ein Niveau innerhalb des EZB-Zielpfades absenken wollen. 

Als aufmerksame Zuhörer haben Sie längst durchschaut, worauf ich abziele: Konjunktureller Abschwung und Steuermehreinnahmen gehen nicht zusammen auf einen Bierdeckel.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

In Anbetracht der aktuell hohen Inflationsrate werden enorme Lohnsteigerungen gefordert. Für den öffentlichen Dienst stehen 10,5 % auf der Forderungsnote.

(Tobias Rausch, AfD, lachend: 10,5 %!)

Der Begriff der Lohn-Preis-Spirale ist Ihnen bekannt.

Nimmt man das Agieren der Notenbank mit Zinsanhebungen zur Inflationsbekämpfung dazu, ergibt sich ein Teufelskreis.

Rechnen Sie dies doch einfach einmal kurz selbst durch: 4,2 Milliarden € Personalkosten des Landes, wir hörten es vom Finanzminister, gepaart mit Lohnforderungen von 10,5 %. Lassen Sie Ihre Handys ruhig stecken, es wären ungefähr 441 Millionen € mehr Personalaufwendungen.

Wir haben also neben dem stark steigenden Zinsniveau die galoppierenden Personalkosten, die uns in diesem Haushalt und in zukünftigen Haushalten in den gestalterischen Möglichkeiten einschränken werden. Maß und Mitte zu halten, ist das Gebot der Stunde. 

Die Lohnforderung nach A 13/E 13 klingt erst einmal nicht dramatisch, auch wenn man einen Stufenplan im Kopf hat. Das kann man einfach einmal in den Raum stellen, in den Plenarsaal, in die sozialen Medien, in die Presse. Doch der Betrag, der auf 30 Millionen € taxiert wird, ist nur ein Teil der Realität. Zulagen für Funktionsstellen, zusätzliche Pensionsrückstellungen und die eben angesprochenen Tarifsteigerungen bleiben bei dieser Argumentation sehenden Auges außen vor. Eine spürbare Verbesserung der Unterrichtsversorgung ist eine Hoffnung. Ob sie tatsächlich eintreten würde, ist fraglich. Ich lehne Personalkostensteigerungen, die ausschließlich mit einer Begründung nach dem Motto „weil das alle anderen auch machen“ einhergehen, ab, auch wenn das bedeutet, dass die Diskussion haarig wird.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU, und von Frank Bommersbach, CDU)

Eine besondere Priorität werden wir in den Haushaltsberatungen auf den präventiven Schutz unserer kritischen Infrastruktur legen. Das heißt, wir legen den Fokus auf den elementaren Brand , Katastrophen  und Bevölkerungsschutz, um unsere Unternehmen, Krankenhäuser, Schulen sowie jede einzelne Bürgerin und jeden einzelnen Bürger zu schützen. Das ist Teil des genetischen Codes der CDU.

(Rüdiger Erben, SPD: Oh, Oh!)

- Auch, wenn Herr Erben da raunt, ich kann Ihnen das genetische Gutachten vorlegen. - Die öffentliche Sicherheit und Ordnung ist für uns nicht verhandelbar.

(Zustimmung von Frank Bommersbach, CDU)

Bezug nehmend auf die Vorwürfe, die wir gehört haben, die Landesregierung habe für die Energiekrise und die daraus erwachsenen Folgen keine Vorsorge getroffen, empfehle ich den Kritikern die Lektüre des Einzelplans 13 - Allgemeine Finanzverwaltung. 393 640 700 € sind in Summe als Globale Mehrausgaben für die Bewältigung der Ukrainekrise veranschlagt worden, also deutlich mehr als ein Taschengeld. Im Übrigen informierte Minister Richter über die Gesamtsumme: 1,5 Milliarden €, die sich aus verschiedenen Töpfen speisen und unter anderem auch die Folge von Mindereinnahmen sind. 

Um mit Ihnen in intensive, sachliche und lösungsorientierte, vielleicht auch haarige Diskussionen und Debatten eintreten zu können, bitte ich um Überweisung der Gesetzentwürfe in alle Ausschüsse, außer in den Petitionsausschuss, und zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Finanzen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Es gibt eine Frage von Herrn Lange. Er könnte jetzt versuchen, diese zu stellen, weil sie offensichtlich beantwortet werden würde. - Bitte.


Stefan Ruland (CDU):

Gucken wir mal.


Hendrik Lange (DIE LINKE):

Das Fragestellen geht noch; das muss ich nicht versuchen. - Sie haben vorhin - diesen Zungenschlag haben Herr Heuer und auch der Finanzminister schon öfter gehabt - die Formulierung gewählt, dass man sich von liebgewonnenen Standards verabschieden muss oder sie überdenken muss. Ich möchte Sie bitten, zu konkretisieren, welche liebgewonnenen Standards Sie dabei im Blick haben und wie Sie sich eine Änderung dieser Standards vorstellen.

(Frank Bommersbach, CDU: Das machen wir in den Ausschussberatungen!)


Stefan Ruland (CDU):

Lieber Herr Lange, vielen Dank für die Frage. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass Sie sich nicht die Mühe machen, den Vorrednern zuzuhören

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Doch!)

oder dass es mit dem Gedächtnis nicht so gut läuft.

(Frank Bommersbach, CDU, Olaf Feuerborn, CDU, und Thomas Ulrich, CDU, lachen)

Wir werden solche Themen, die auch struktureller Natur sind, anders, als Sie das aus der Kenia-Koalition gewohnt sind, inhaltlich zunächst in der Koalition diskutieren. Wir vermeiden dabei öffentlich wirksame Formate wie den Plenarsaal, soziale Medien oder die Presse.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Sie können es nicht konkret benennen, ist okay! - Guido Heuer, CDU: Wollen nicht!)

Deshalb kann und werde ich Ihnen an dieser Stelle keine Antwort geben. Wir werden das in den Fachausschüssen diskutieren. Sie werden es zu gegebener Zeit erfahren. Sie haben dann die Chance, die Lösungsansätze, die wir uns als Koalition nachhaltig und zukunftsorientiert überlegt haben, mit Ihrer Stimme positiv zu begleiten. Dazu sind Sie herzlich eingeladen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU - Thomas Lippmann, DIE LINKE: Da kommt dann das große Überraschungspaket!)