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Plenarsitzung

Transkript

Olaf Meister (GRÜNE): 

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In der aktuellen, von ernsten Krisen und finanzpolitischen Unsicherheiten geprägten Situation ist die Aufstellung eines Landeshaushalts besonders schwierig. Das gilt sowohl für die Regierungsseite als auch für die Opposition

Heftige Kritik an dem Entwurf der Landesregierung hagelte es gerade vom Landesrechnungshof und vom Steuerzahlerbund, die die Schuldenaufnahme trotz deutlicher Steuermehreinnahmen aufgegriffen haben, während gleichzeitig die Möglichkeit der globalen Minderausgabe vollständig ausgereizt wird, ein finanzpolitisch tatsächlich unerfreuliches Setting.

Ich komme im Ergebnis zu einer deutlich anderen Lageeinschätzung als der Rechnungshof. Einen wichtigen Punkt setzt er aber. In der Vergangenheit war hier in den finanzpolitischen Debatten, naturgemäß insbesondere seitens der jeweiligen Landesregierung, die Konsolidierung des Haushalts immer ein wichtiger, zentraler Aspekt. Aufgabenkritik, Angemessenheit von Stellenausstattungen und VZÄ-Quoten - dazu gab es früher durchaus schmerzhaft und ernsthaft geführte Diskussionen. Diese erlebe ich in letzter Zeit nicht mehr. Sie werden auch vonseiten der Landesregierung zumindest im Ausschuss nicht mehr geführt. Auch kam früher, wenn wir hart um die Mittel gerungen haben, ganz typisch von der FDP, sozusagen von der außerparlamentarischen Opposition, die Erinnerung an die Haushaltsdisziplin. Ich nehme diesen Gestaltungswillen aktuell nicht mehr wahr. 

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Das ist tatsächlich eine Fehlstelle. Die Kritik an diesem unkritischen Umgang mit den Finanzen ist richtig. Die Kritik an der Gesamtsituation geht aber aktuell leider an der Lebensrealität vorbei. 

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Der in normaleren Zeiten wichtige Blick, insbesondere auf die Verschuldung, also auf die Belastung zukünftiger Generationen, tritt in Zeiten elementarer Krisen, die auch über das Leben dieser zukünftigen Generation mitentscheiden, zurück. Die schwarze Null ist daher aktuell kein realistisches Szenario und ich empfinde sie auch als Erwartungshaltung an die Finanzpolitik im Moment als nicht sinnvoll. Der Minister hat korrekt auf die Frage der Zinslast hingewiesen. Wenn man Schulden aufnimmt, dann muss einem das klar sein. Bei der jetzt bestehenden Inflation muss man aber auch den Punkt bedenken, dass durch die Inflation zwar die Vermögensseite geschmälert wird, aber auch die Verschuldung wird geschmälert -nicht in ihrem nominellen, aber doch realen Wert. 

Der Landeshaushalt muss die finanzielle Antwort auf die aktuellen Krisen geben; sei es auf die Folgen von Krieg und Inflation, sei es auf den Klimawandel oder sei es auf die Folgen des Strukturwandels im Kohlerevier oder im ländlichen Raum. Das tut er nicht, zumindest nicht hinreichend. 

Man muss bei der Bewertung des Haushaltes bei diversen Punkten leider zu der Auffassung gelangen, dass es nicht gelungen ist, nötige Aufgaben auszufinanzieren. Dass die zweifellos große Summe von 369 Millionen € - das ist wirklich ein Riesenkloß - reichen wird, um die landesseitige Kofinanzierung der Bundesmaßnahmen zur Ukraine- bzw. Energiekrise zu erbringen; geschweige denn eigene Maßnahmen zu finanzieren, muss man bezweifeln. Ich halte das für unrealistisch. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Dass die deutlich gesenkte Summe bei der GRW-Förderung ausreichen wird, um die nötigen Förderungen vorzunehmen - Intel sollte eigentlich auch über unsere GRW-Töpfe laufen  , ist zu hinterfragen. Die Wasserstoffförderung ist mit null angesetzt, obwohl das der technologische Schlüssel 

(Zuruf von der FDP)

für den Weg heraus aus der Gaskrise sein müsste. 

Obwohl die freien Schulen im Klageverfahren gewonnen haben und Nachzahlungen sowie erhöhte laufende Zahlungen anstehen werden, erfolgt keine Vorsorge im Haushalt. Die Erhöhung der Zahlungen für Grundschullehrerinnen und  lehrer - das war eben schon Thema  , auch eine Forderung aus dem Bildungsministerium, um die bisherige Position umzusetzen, dass die Lehrversorgung nicht vom Geld abhängen darf, die wir finanzpolitisch immer vertreten haben - auch das ist im Haushalt nicht enthalten. Auch die Mittel für das 49 €-Ticket - insgesamt ca. 63 Millionen € - sind nicht veranschlagt. 

Bemerkenswert finde ich insbesondere die Kürzungen im Bereich Wald. Die forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse erhalten weniger, für die naturnahe Waldbewirtschaftung ist weniger vorgesehen, für Extremwetterereignisse gehen die Ansätze zurück. Wenn Claudia Dalbert hier mit so einem Vorschlag gekommen wäre, dann wäre aber was losgewesen in der Koalition. Doch auch bei den entsprechenden Interessenvertretern nehme ich diesbezüglich überhaupt nichts wahr. Das ist unverständlich, muss ich wirklich sagen. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Das wäre jetzt tatsächlich angezeigt. 

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Angesichts der im Wald wartenden Aufgaben ist das wirklich eine schlechte Entwicklung. Da passt die Kürzung bei der Artensofortförderung - finanzpolitisch völlig unproblematisch, ein relativ kleiner Wert, in Zeiten des Artensterbens aber naturschutzpolitisch wichtig - sehr gut ins Bild. Auch die Kürzung bei der Landeszentrale für politische Bildung passt nicht in die Zeit. 

Sehr speziell - da möchte man fast sauer werden - ist die Nummer mit den 61 Millionen € für die Kommunen, die in Höhe von 60 Millionen € aus Mitteln für den kommunalen Straßenbau, der auf null geht, finanziert werden. 

(Lachen von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Das ist ja nun böse. Wenn man bei den Kommunen einen finanziellen Mehrbedarf sieht, kann man das doch nicht ernsthaft 1 : 1 aus dem kommunalen Bereich finanzieren. Das kann unmöglich der Vorschlag sein. 

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Meine Redezeit neigt sich dem Ende zu. Es bleibt die Frage: Wie sollen diese vielen offenen Punkte finanziert werden? Aus dem Haushalt ist das nicht zu quetschen. Ich sehe auch nicht, dass wir in der Lage sein werden, reale Einnahmeerhöhungen zu generieren. Auch eine Aufgabenkritik etc. wirkt nur mittelfristig. Bei diesen Summen bleibt nur eine Verschuldung über die krisenbedingte Notlage. Das ist alles andere schön, aber die nötige Reaktion auf die aktuellen Krisen. Aber man darf das nicht so machen wie beim Corona-Sondervermögen, dass sich alle etwas wünschen dürfen, und dann kommt auch der Laserschießstand noch mit hinein, sondern dabei geht es tatsächlich um die Dinge, die wir machen müssen. 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Ja, Herr Meister.


Olaf Meister (GRÜNE): 

Damit bin ich am Ende meiner Rede. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN)