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Plenarsitzung

Transkript

Dr. Falko Grube (SPD):

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir erinnern uns alle an den Sommer. Damals haben wir mit dem 9-€-Ticket eine Schallmauer durchbrochen.

(Guido Kosmehl, FDP: Na ja!)

Ich meine nicht die Wartezeiten auf die Bahn, sondern die Tatsache, dass wir etwas geschafft haben, was es seit 150 Jahren in Deutschland nicht mehr gab; nämlich die Kleinstaaterei zu überwinden.

(Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD)

Man konnte ein Ticket kaufen, einsteigen, losfahren, umsteigen, irgendwo ankommen; man musste nicht fünf oder sechs oder wie viele Ticket auch immer kaufen - ein Ticket, eine Fahrt, keine Grenzen. Diese Schallmauer haben wir durchbrochen. Das, meine Damen und Herren, ist auch eine der großen Errungenschaften, die für das Nachfolgeticket, das 49 € Ticket, spricht. Deswegen ist es gut, dass wir diese Nachfolgelösung haben.

Wir als SPD sagen klar, dass wir mit dem Blick auf die ambitionierten Klimaziele im Verkehrssektor die Angebote im öffentlichen Verkehr noch attraktiver gestalten und die Anzahl der Nutzer erhöhen wollen. Ja, wir wollen, dass die Menschen umsteigen. Aber, meine Damen und Herren, dazu müssen sie auch umsteigen können.

(Zustimmung bei der SPD und von Olaf Meister, GRÜNE)

Einige der Vorrednerinnen und Vorredner haben bereits gesagt, woran die Mobilität hängt. Sie hängt an zwei Sachen: einmal am Preis und einmal an der Frage des Lebenszeitverbrauchs, also an den Fragen, wie komme ich von A nach B, was zahle ich dafür und wie viel Zeit benötige ich dafür.

Wenn ich morgens zur Arbeit fahre, ist es relativ klar, wenn ich zweieinhalb Stunden mit dem Bus oder eine halbe Stunde mit dem Auto fahre, nehme ich das Auto. Dabei ist es im Übrigen völlig egal, ob das im ländlichen Raum oder in der Stadt ist - niemand möchte fünf Stunden unterwegs sein, um zur Arbeit zu fahren oder von der Arbeit zu kommen.

(Tobias Rausch, AfD: Richtig! Genau so ist es!)

Aber mit einer besseren Taktung, auch und gerade im ländlichen Raum - wir reden vielleicht nicht mehr von zweieinhalb Stunden, sondern vielleicht von einer Stunde; es gibt ja auch Wegebeziehungen, die deutlich kürzer sind als jene, die Herr Rausch geschildert hatte  , fragen wir uns: Okay, wenn ich morgens eine halbe oder eine ganze Stunde unterwegs bin, zahle ich dann für 10 000 km mit dem Auto 3 000 € im Jahr oder für das 49 € Ticket 600 €? Dann stellt sich schon die Frage, ob mir die halbe Stunde am Morgen die 2 400 € im Jahr mehr wert sind. Sie können auch 20 000 € für das Auto nehmen, dann sehen die Zahlen noch ein wenig anders aus.

(Zustimmung bei der SPD und von Olaf Meister, GRÜNE)

Das heißt, unser Ziel ist es, einen ÖPNV im ländlichen Raum anzubieten, bei dem die Leute die Wahl haben, bei dem die Leute die Freiheit haben. Niemand möchte das Auto wegnehmen. Ich würde auch bezweifeln, dass es im ländlichen Raum     

(Guido Kosmehl, FDP: Bei „niemand“ würde ich vorsichtig sein!)

- Niemand in der SPD möchte das Auto wegnehmen.

(Zuruf von der AfD: Dann unterschreibe ich sogar!)

Aber es muss die Möglichkeit geben zu entscheiden, ob ich für einen vernünftigen Preis ein bisschen mehr Lebenszeit aufwende oder ob ich unbedingt auf das Auto angewiesen bin. Das, meine Damen und Herren, ist die Frage: Bekomme ich das im ländlichen Raum hin?

Wir haben im Ausschuss eine spannende Ankündigung des VDV, des Verbands der Verkehrsunternehmen, gehabt. Der VDV wird bald eine Studie vorlegen und darin ausführen: Wir haben einen Preis für einen flächendeckenden ÖPNV - das sind 100 Millionen €. Darin sollen Investitionen, Betrieb usw. enthalten sein. Darauf bin ich gespannt.

Ich bin auch gespannt darauf, wie viel davon Investitionen sind, was davon laufende Kosten sind. Ich glaube im Übrigen nicht ganz an diese Zahl. Ich weiß auch nicht, was die im VDV unter einem flächendeckenden ÖPNV verstehen.

Wir sind gespannt, und wir sind auch bereit, darüber zu diskutieren, ob wir das Geld, das für einen flächendeckenden ÖPNV verwendet werden muss, um tatsächlich die Wahl zu haben - die Frage ist doch, ob man den Bus nehmen kann oder ob man mit dem Auto fahren muss  , dann irgendwo finden und ausgeben können.

Ich habe nicht mehr so viel Zeit. Ich versuche, mich irgendwie zu beschränken. Ein Aspekt, der an dieser Stelle wahrscheinlich kriegsentscheidend ist, ist das Thema Personal.

(Guido Kosmehl, FDP: Richtig!)

Ich kann mir die Taktung auf dem Papier hinrechnen, aber wenn ich niemanden habe, der oder die den Bus fährt, dann ist all das Makulatur. Wir haben heute schon nicht nur das Problem mit dem Thema Krankheit, sondern wir haben das Problem, bei Neuausschreibungen überhaupt Leute zu finden, die Busse fahren können. Die Verkehrsunternehmen in Magdeburg, in Halle, in Naumburg und in Halberstadt, wo Straßenbahnen fahren, können selbst ausbilden. Bei Busfahrerinnen und Busfahrern ist das deutlich anders. Das wird ein Problem. Deswegen haben wir als Koalition hier vor ein paar Landtagssitzungen das Thema autonomes Fahren thematisiert. Das wird für den ländlichen Raum an dieser Stelle tatsächlich ein Hoffnungsschimmer sein.

(Zustimmung von Katrin Gensecke, SPD, und von Dr. Katja Pähle, SPD)

Denn natürlich ist es dem Auto egal, ob es nachts jemanden abholt, wenn es mit der App gerufen wird. Dem, der in dem Bus sitzt und der seine Familie auch am Wochenende oder nachts nicht sieht, ist das nicht egal.

Insofern freue ich mich auf die Debatte. Das, was die GRÜNEN beantragt haben, lehnen wir ab. Eine ganz kleine Anmerkung: Wir lassen uns von der Opposition ungern Hausaufgaben geben. Es gab einmal ein Mitglied der GRÜNEN-Fraktion, das die Opposition beschimpft hat, dass sie keine eigenen Gesetzentwürfe macht.

(Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD)

Die Beschimpfung war berechtigt. Ich möchte mich der Beschimpfung nicht anschließen, auch wenn sie berechtigt ist.

(Zustimmung bei der SPD und von Thomas Krüger, CDU)