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Plenarsitzung

Transkript

Tagesordnungspunkt 23

Erste Beratung

Rahmenbedingungen für das kommunale Ehrenamt verbessern - Kommunale Entschädigungsverordnung überarbeiten - Ehrenamt stärken

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 8/1287


Frau Buchheim wird uns diesen Antrag vorstellen. - Bitte schön, Frau Buchheim.


Christina Buchheim (DIE LINKE):

Vielen Dank. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wer sich in der Kommunalpolitik engagiert, entscheidet mit über das Zusammenleben vor Ort. Man übernimmt Verantwortung für eine lebenswerte Kommune und stellt schnell die Grenzen der Kommunalpolitik bei der Frage der Finanzierbarkeit fest. Oftmals macht sich bereits nach kurzer Zeit Verdrossenheit breit.

Kommunalpolitik ist davon geprägt, dass verschiedene Interessen aufeinanderstoßen und Kompromisse gesucht werden müssen. Letztlich sind die Kommunen das Fundament unseres Landes und die Keimzelle der Demokratie. Wichtig ist es daher, dass möglichst viele Menschen aus verschiedenen Lebensbereichen sich ehrenamtlich in der Kommunalpolitik engagieren, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen und breite Interessen zu vertreten. Es ist daher eine landespolitische Verpflichtung, dieses Fundament zu stärken und die Rahmenbedingungen für das kommunale Ehrenamt zu verbessern, sodass auch in Zukunft die Bereitschaft für ein kommunales Ehrenamt gesichert wird.

Tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen, sei es in der Arbeitswelt oder bei der demografischen Entwicklung, erfordern auch in Zukunft entsprechende Anpassungen oder Veränderungen. Wir müssen zeitnah auf aktuelle Entwicklungen und Bedürfnisse reagieren und uns den neuen Bedingungen und Herausforderungen stellen.

Kommunalpolitiker sind das Sprachrohr oder auch der Kummerkasten der Bürgerinnen und Bürger. Aufgrund der Bürgernähe sind auch sie gerade Hass und Hetze unmittelbar ausgesetzt. Ehrenamtliches Engagement ist mitunter geprägt unter negativen Erfahrungen, seien es die politischen Umgangsformen oder auch die institutionellen Rahmenbedingungen.

Dies alles macht das Amt nicht gerade attraktiv. Diese Situation hat sich gerade in den letzten Jahren verschärft. Wie das Leben eines ehrenamtlichen Kommunalpolitikers aussieht, dürfte hier im Raum vielfach bekannt sein. Der Montagabend ist in der Regel der Fraktionssitzung vorbehalten. In den Abendstunden von Dienstag bis Donnerstag finden regelmäßig Gremiensitzungen statt. Die Vorbereitung der Sitzungen durch ein umfangreiches Studium der Sitzungsunterlagen muss schließlich zumeist am Wochenende erfolgen. Ehrenamt bedeutet schließlich, dass die Tätigkeit in der Freizeit neben der beruflichen Tätigkeit ausgeübt wird.

Die pauschalen Aufwandsentschädigungen sollte man daher lieber nicht ins Verhältnis zum Zeitaufwand setzen. Oftmals sind 15 Wochenstunden und mehr keine Seltenheit. Die Rücksicht und Unterstützung der eigenen Familie, allen voran des Partners, ist in den meisten Fällen maßgeblich für die Ausübung des kommunalen Mandats.

Die gesetzlichen Entschädigungsregelungen in § 35 der Kommunalverfassung sichern sowohl das passive Wahlrecht als auch das Recht der freien Mandatsausübung in tatsächlicher Hinsicht ab. Niemand soll aus finanziellen Gründen auf die Übernahme des Mandats verzichten und wegen der Mandatswahrnehmung finanzielle Einbußen erleiden. Andererseits gilt aber auch, dass aus der Mandatswahrnehmung keine finanziellen Vorteile geschöpft werden sollen. Letztlich wurde deshalb die Ausübung des Mandats grundsätzlich als Ehrenamt ausgestaltet.

Die notwendigen Entschädigungsleistungen werden aber oftmals zum Spielball kommunalpolitischer Auseinandersetzungen oder der haushaltspolitischen Lage, wenn die Gremien ihre Entschädigungssatzung beschließen. Den Rahmen dafür gibt die kommunale Entschädigungsverordnung vor.

Um diese Auseinandersetzungen zukünftig zu vermeiden, halten wir es für erforderlich, diese Aufwendungen strikt dem Konnexitätsprinzip zu unterwerfen.

Neu hinzugekommen ist die fortschreitende Digitalisierung. Mandatsträger*innen müssen Kosten für Internet, Technik und Verbrauchsmaterialien oftmals aus dem Budget der Aufwandsentschädigung finanzieren. Die gestiegenen Kraftstoffpreise schlagen ebenso zu Buche. Diesem Aspekt sollte mit der Bestimmung neuer Pauschalen unbedingt Rechnung getragen werden; die Angemessenheit der Entschädigung sollte überprüft werden.

Geboten ist unseres Erachtens eine finanzielle Aufwertung der Arbeit der sachkundigen Einwohner*innen. Diese erhalten derzeit lediglich eine Aufwandsentschädigung in Form eines Sitzungsgeldes für ihre Tätigkeit im beratenden Ausschuss. Für die Vorbereitung dieses Ausschusses im Rahmen einer Fraktionssitzung werden weder ein Sitzungsgeld noch notwendige Fahrtkosten erstattet. An dieser Stelle sehen wir dringenden Anpassungsbedarf.

Zukünftig müssen auch sachkundige Einwohner*innen Sitzungsgelder für die Teilnahme an Fraktionssitzungen erhalten, wenn die Teilnahme im Rahmen ihrer Tätigkeit erfolgt. Eine solche Regelung hat bspw. das Land Brandenburg neu in seine Kommunalverfassung aufgenommen. Landräte und hauptamtliche Bürgermeister bekommen im Falle ihrer Wiederwahl zukünftig die nächsthöhere Besoldungsstufe und zusätzlich eine höhere Aufwandsentschädigung. Nach dem Willen der brandenburgischen Landesregierung soll dies ein Anreiz für eine erneute Kandidatur sein.

Eine höhere Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und alle übrigen ehrenamtlichen Kommunalpolitikerinnen hat die Landesregierung allerdings bisher nicht in Betracht gezogen. Auch ehrenamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister haben eine hohe Verantwortung, einen hohen Zeitaufwand, ähnlich dem ihrer hauptamtlichen Kollegen, und sind Ansprechpartner und Kümmerer in ihren Gemeinden.

Mit unserem Antrag wollen wir gemeinsam über eine angemessene Anhebung der Aufwandsentschädigung für alle ehrenamtlich Tätigen

(Zustimmung bei der LINKEN)

in Gemeinden, Verbandsgemeinden, Landkreisen und Zweckverbänden diskutieren und damit einen Anreiz für eine Kandidatur für die anstehenden Kommunalwahlen schaffen. Es geht um eine zeitgemäße Anerkennung des ehrenamtlichen Engagements in den Kommunen.

In anderen Bundesländern gab es bereits entsprechende Novellierungen des Kommunalrechts. Brandenburg habe ich bereits erwähnt. In Sachsen wurde mit der Kommunalrechtsnovelle in diesem Jahr ein monatlicher pauschaler Ehrensold in Höhe von 200 € für ehemalige ehrenamtliche Bürgermeisterinnen beschlossen.

Überlegenswert ist es auch, analog zu der Regelung in Thüringen die Mindestbeträge der Entschädigung an die Preisentwicklungsrate zu koppeln. Der Freistaat Thüringen hat bereits im Jahr 2018 die möglichen Mindest- und Höchstsätze erheblich erhöht, um die Mitarbeit in den kommunalen Vertretungen angemessen zu entschädigen, Preis- und Lohnsteigerungen zu berücksichtigen und die Bereitschaft für ein Engagement zu steigern. Lassen Sie uns diesem Beispiel folgen!

Die Fraktionsfinanzierung in den Kommunen war wiederholt Stein des Anstoßes bei Prüfungen des Landesrechnungshofes. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung dazu findet sich in unserer Kommunalverfassung nicht. So ist es Sache der Kommunen, finanzielle und sächliche Leistungen aus kommunalen Haushaltsmitteln zu gewähren. Die Entscheidung, ob, wie und in welcher Höhe den Fraktionen Zuwendungen aus dem kommunalen Haushalt zur Verfügung gestellt werden sollen, steht grundsätzlich in der Entscheidungshoheit der Vertretung. An dieser Stelle kommen dann schnell wieder der Sparzwang und die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommune auf die Tagesordnung.

Wir möchten Ihren Blick nach Sachsen richten. Dort müssen nach der letzten Fortentwicklung des Kommunalrechts in Kommunen mit mehr als 5 000 Einwohnern Haushaltsmittel für die personellen Aufwendungen für die Fraktionsgeschäftsführung gewährt und eine sächliche Mindestausstattung garantiert werden. Es besteht mithin nun ein Rechtsanspruch auf eine angemessene Mindestausstattung.

Wir haben wiederholt die Schaffung einer einheitlichen gesetzlichen Regelung für eine verbesserte Fraktionsfinanzierung gefordert, die in allen Gemeinden und Landkreisen eine angemessene sächliche und personelle Mindestausstattung der Fraktionen vorsieht. Deshalb richten wir auch heute den dringenden Appell an die Koalitionsfraktionen, dieses Ansinnen bei der Novellierung der Kommunalverfassung analog zu dem Bundesland Sachsen aufzugreifen.

Ein erster Schritt zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für das kommunale Ehrenamt ist die Überarbeitung der Kommunal-Entschädigungsverordnung. Das Ehrenamt muss wieder attraktiver werden, damit die Bereitschaft steigt, sich zukünftig ehrenamtlich zu engagieren.

Ein weiterer Schritt ist gesetzgeberischer Handlungsbedarf bei der Novellierung der Kommunalverfassung. Einzelne Punkte wurden hier bereits angerissen.

Zum Schluss möchte ich unseren Dank an alle Ehrenamtlichen richten, die sich kommunalpolitisch engagieren oder eine sonstige ehrenamtliche Tätigkeit bei der Feuerwehr oder in anderen Organisationen ausüben.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Sie alle nehmen sich neben ihren alltäglichen Pflichten Zeit, etwas für andere und das Gemeinwohl zu tun. Ihnen gebühren Respekt und Dank für ihr Engagement im Ehrenamt. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der LINKEN)