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Plenarsitzung

Transkript

Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Thomas. - Es folgt der Abg. Herr Meister als letzter Debattenredner. 


Olaf Meister (GRÜNE): 

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mir ging es, als ich die Debatte sah, ähnlich wie dem Kollegen Gallert, weil mir nicht ganz klar war, welche Zielrichtung das ist. Intel, Mindestlohn, mittelständische Wirtschaft - das ist relativ schwierig in einen Bereich zu fassen. Ich bin jetzt nicht in Richtung Mindestlohn abgebogen, sondern mehr in Richtung wirtschaftliche Entwicklung. Titel und Zielrichtung dieser Aktuellen Debatte: Wir loben uns und vor allem die SPD als Antragstellerin einmal ordentlich, was das Zeug hält. Das ist zwar durchaus das übliche politische Tagesgeschäft, das wir hier betreiben, wirkt aber, meine ich, aus der Zeit gefallen.

Wir leben in einer Zeit, in der sich die verschiedenen Krisen geradezu überschlagen. Die Pandemie mit ihren Opfern und den harten Folgen für Gesellschaft und Wirtschaft wirkt noch nach. Ein ausgedehnter Krieg in Europa erschüttert uns und die in den vergangenen Jahrzehnten gewachsenen Gewissheiten über das Zusammenleben auf unserem Kontinent. Menschen sterben, und wir führen eben noch undenkbare Diskussionen über Waffen und ihre Lieferung. Unsere Energieversorgung steht über Nacht auf wackligen Füßen, da sich die einseitige Abhängigkeit, eben noch von der SPD begeistert gefeiert, als gravierender Fehler erweist. Gerade heute wurde Alarmstufe 2 bei der Gasversorgung ausgelöst. 

Der Klimawandel nimmt an Fahrt auf. Wir sehen das am Zustand der Wälder, an trockenen Bächen. Der Klimawandel zwingt uns zu deutlichem und beschleunigtem Strukturwandel in verschiedensten Bereichen: Energie, Verkehr, Landwirtschaft. Eine Inflation belastet Wirtschaft und Gesellschaft, und die alten Probleme sind auch noch da: demografischer Wandel. Daraus folgen Fachkräftemangel, Strukturwandel zum Nachteil des ländlichen Raums. Das wird immer nicht so betrachtet, ich halte das für ein ganz zentrales Problem.  

Ich will hier nicht die gute Stimmung versauen. Es gibt auch keinen Grund zu schlichter Schwarzmalerei, aber die Lage ist ernst. Die multiplen Krisen fordern uns. So richtig Lust zum begeisterten Fähnchenschwingen haben wir nicht. Dass die Landesregierung bei der Bewältigung der Krisen immer ganz vorn dran ist, wird man vielleicht kaum behaupten wollen, zumindest nicht die Opposition

Trotzdem macht der Antrag auf die Aktuelle Debatte tatsächlich einen wichtigen Punkt deutlich. Die Krisen, die uns schütteln, sind auch immer eine Chance. Sachsen-Anhalt ist ein Land mit seiner eigenen schwierigen Struktur. Die FDP gewann hier mal eine Wahl - das liegt schon ein bisschen zurück - mit einer Rote-Laterne-Kampagne. Das muss man auch erst mal machen. Der Gundermann-Text „Hier bin ich geboren, wo die Kühe mager sind wie das Glück“ hat auch bei uns im Land durchaus Kultstatus und fasst unsere Mentalität besser zusammen als die Hochglanz-Marketingbroschüren, die wir so drucken. 

Unser Land ist gezeichnet von seinen geschichtlichen Brüchen - darauf wurde schon eingegangen  , also vom Niedergang der Industrie am Ende der DDR und einer daraus resultierenden Wirtschaftsstruktur, die kleinteilig ist, die aus vielen verlängerten Werkbänken besteht, die vom Strukturwandel und von Transformation geprägt ist.

Neue, disruptive Entwicklungen sind daher wie für uns gemacht. Neuanfänge sind unsere Chance, um vorn mit dabei zu sein. Der Wandel im Energiesektor ist unsere Möglichkeit für einen neuen wirtschaftlichen und industriellen Kern, angefangen beim wissenschaftlichen Know-how über den Bau von Anlagen bis hin zur Erzeugung des Stroms. 

Das gilt auch für die anderen wirtschaftlichen Bereiche, wenn man mal an den Verkehr denkt und an die anderen Dinge, die der Klimaschutz mit sich bringt. Nicht Braunkohle und Diesel sind die Zukunft des Landes, sondern tatsächlich das mutige Gestalten der Umbrüche, die sich zeigen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Neuansiedlungen mit modernen Technologien kommen in unser Land. Zum Beispiel bei Speichertechniken haben wir Ansiedlungen gesehen. 

Nun kommt die enorme, wirkliche Wahnsinnsinvestition von Intel, also auch die Chipproduktion, zu uns. Herr Dr. Grube ist auf das eingegangen, was das für Magdeburg bedeutet, sowohl natürlich vom Wirtschaftlichen her, aber auch in Bezug auf die moralische Verfasstheit der Stadt. Wir müssen das weiterentwickeln und die Chancen nutzen, gute Rahmenbedingungen schaffen, Hochschulen aus- und nicht abbauen, die eigene Gründungsszene stärken, um auch aus eigener Kraft von unten zu wachsen und um die natürlichen Ressourcen unseres Landes zu bewahren und zu nutzen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wir müssen Weltoffenheit als Bereicherung und nicht als Bedrohung empfinden. Ich werde nie das sparsame Gesicht des AfD-Vertreters in der ersten vertraulichen Runde bei OB Trümper vergessen, als Lutz Trümper als einen ganz zentralen Punkt bei den damals noch schwebenden Ansiedlungsgesprächen, also bei der Anbahnungsgeschichte, die Frage nach der Fremdenfeindlichkeit stellte. Wie sieht das denn aus in Magdeburg? Wie ist denn Sachsen-Anhalt da drauf?

(Matthias Büttner, AfD: Das ist das, was Sie verbreiten! - Weitere Zurufe von der AfD) 

- Nein, nein. Das Gesicht des Kollegen wurde so ein bisschen fahl, als ihm klar wurde, dass er plötzlich hier so das Investitionshindernis ist. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN) 

Das wollte er gar nicht sein. Das war klar, ja. 

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Sie sind das Hindernis!) 

Die Intel-Leute sind da ganz deutlich. Es gibt einen regen Austausch zwischen den verschiedenen Standorten der Firma Intel. Es wird in Magdeburg zur Normalität gehören, dass eine indische Mitarbeiterin, ohne ein Wort Deutsch zu können, auf dem Hauptbahnhof in ihrem Sari aus dem Zug steigt. 

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Was für ein Ding? - Zuruf: Und das ist auch gut so!)

- Ein Sari ist typische indische Bekleidung. Sie fällt einfach auf. 

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD) 

Da ist etwas, was man hier momentan nicht so häufig sieht. Das hat er uns gesagt in der Fraktionssitzung. Das war sein Beispiel.

(Oliver Kirchner, AfD: Was völliger Blödsinn ist!) 

- Nein, nein, wieso? Ich weiß nicht, warum Sie sich so aufregen. Ich sagte nur, was der gesagt hat. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Oliver Kirchner, AfD: Weil es Blödsinn ist, was Trümper erzählt da!) 

- Sie können sich ja melden. Sie müssen mir erklären, wie Sie so aufgeregt sind. Ich schildere nur, was der Intel-Mensch mir sagt. Ich will, dass diese Mitarbeiterin, von der der Kollege da sprach, hier auf freundliche Menschen trifft.

(Oliver Kirchner, AfD: Was Sie wollen, interessiert doch gar keinen!) 

- Na, ein paar Wähler habe ich auch. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Unruhe bei der AfD) 

- Ja, ich möchte, dass freundliche Menschen auf diese Leute treffen. 

(Unruhe bei der AfD) 


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Herr    


Olaf Meister (GRÜNE): 

Da sind Sie jetzt nicht so das typische Beispiel für. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Zuruf von Oliver Kirchner, AfD) 


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Wir sind an sich in einer Debatte, und nicht in einem Zwiegespräch. Deshalb wäre es gut, wenn Herr Meister jetzt weitersprechen könnte. 


Olaf Meister (GRÜNE): 

Genau. - Ich will, dass diese Kollegin, die da aussteigt, auf freundliche Menschen trifft und nicht rassistisch oder fremdenfeindlich angepöbelt wird. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Oliver Kirchner, AfD: Das will ich auch nicht! Das sehen Sie auch nicht, und darum ist das Blödsinn!)

- Das ist doch gut. Dann weiß ich nicht, wieso Sie sich so aufregen. 

(Zuruf von der AfD) 

Sachsen-Anhalt kann seine Chancen nutzen. Dafür müssen wir aber auch bereit sein, uns ein Stückchen neu zu erfinden. Da dürfen wir nicht auf die bauen, die die Krisen leugnen, die meinen, das haben wir doch schon immer so gemacht, die meinen, was oder wer neu oder anders ist, ist des Teufels und gehört hier nicht her. Lassen Sie uns offen sein für neue Entwicklungen und gleichzeitig selbstbewusst unseren eigenen Weg weitergehen. Dann werden wir am Ende gestärkt aus diesen Krisen hervorgehen. - Danke. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Meister. - Damit sind wir am Ende der Rednerliste angelangt, es sei denn, jetzt kommt das Stichwort Schlusswort und jemand nickt? - Nein, Sie nicken nicht. Also sind wir am Ende der Aktuellen Debatte angelangt. Es ist kein Antrag damit verbunden und keine Abstimmung. Der Tagesordnung ist beendet. Vielen Dank, meine Damen und Herren.

Ein Nachtrag noch: Herr Minister Willingmann bittet um Dispens bzw. er hat sich eben entschuldigt, weil kurzfristig eine Videokonferenz der Energieminister angesetzt worden ist. Sie beginnt heute Mittag um 13 Uhr 

(Oliver Kirchner, AfD: Ja!) 

angesichts der aktuellen Entwicklungen auf dem Gasmarkt.

(Oliver Kirchner, AfD: Auf dem Gasmarkt, richtig! Zum Glück ist Sommer, zum Glück können wir noch mit Holz heizen!)